Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: 0322-00
GRDrs 591/2016
Neufassung
Stuttgart,
02/28/2017



Leitlinie für Bürgerbeteiligung in der Landeshauptstadt Stuttgart



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Beratung
Beschlussfassung
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
15.03.2017
16.03.2017
05.04.2017
06.04.2017



Beschlußantrag:

1. Der Gemeinderat beschließt die sich im Anhang befindliche „Leitlinie für Bürgerbeteiligung in der Landeshauptstadt Stuttgart“. Sie tritt zum 01.07.2017 in Kraft.

2. Der Gemeinderat beschließt die Konstituierung eines Beteiligungsbeirats und beauftragt die Verwaltung alle notwendigen Schritte einzuleiten.

3. Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung die notwendigen Schritte zur Umsetzung der „Leitlinie für Bürgerbeteiligung in der Landeshauptstadt Stuttgart“ einzuleiten. Dies gilt insbesondere für die Einführung des neuen Instruments der Vorhabenliste.

4. Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung nach einer zweijährigen Erprobungsphase die Leitlinie zu überprüfen.



Begründung:


Mit dem Beschluss der Gemeinderatsdrucksache 1029/2013 hat der Gemeinderat die Verwaltung beauftragt, eine Leitlinie für Bürgerbeteiligung zu entwickeln. Hierdurch soll der steigenden Bedeutung des Themas Bürgerbeteiligung Rechnung getragen werden. Die Forderung der Menschen nach mehr Information und der Wunsch sich in die künftige Gestaltung „ihrer“ Stadt einbringen zu können, ist auch weit über die Grenzen der Landeshauptstadt Stuttgart zu vernehmen. Um diesem gerecht zu werden, werden seit vielen Jahren zahlreiche Vorhaben unter Beteiligung der Einwohnerschaft durchgeführt. Überdies bringt eine aktive Beteiligung der Einwohnerschaft diverse Vorteile für kommunale Planungs- und Entscheidungsprozesse mit sich. Beispielhaft seien hier das lokale Wissen der „Alltagsexperten“, das zu einer Verbesserung von Vorhaben und Projekten beitragen kann, und die Ermittlung von tatsächlich vor Ort gegebenen Wünschen und Problemlagen, die eine Planung vorbei an den vorhandenen Bedarfen vermeidet, genannt.
Insgesamt trägt eine systematisch durchgeführte Bürgerbeteiligung dabei nicht nur zur Qualifizierung städtischer Entscheidungen bei, sondern sie kann gleichzeitig die Identifikation der Einwohnerinnen und Einwohner mit der Stadt und die Übernahme von Verantwortung für das eigene Lebensumfeld fördern. Mit der Leitlinie Bürgerbeteiligung soll der hier thematisierten informellen Bürgerbeteiligung in der Landeshauptstadt Stuttgart ein verlässlicher und transparenter Rahmen (Standards und Abläufe) für Bürgerschaft, Politik und Verwaltung gegeben werden. Sie ergänzt damit die rechtlich verankerten, formellen Angebote der Bürgerbeteiligung bei Vorhaben der Stadt. Sollten Gesellschaften mit städtischer Beteiligung oder private Vorhabenträger bedeutsame Vorhaben planen, wird auch ihnen künftig die Anwendung der Leitlinie Bürgerbeteiligung empfohlen werden.

Entstehungsprozess
Ausgehend vom Auftrag des Gemeinderats zur Erarbeitung der Leitlinie wurde eine referatsübergreifende Arbeitsgruppe in der Verwaltung installiert. Diese hat unter anderem aufbauend auf den gesammelten Erfahrungen aus vergangenen Bürgerbeteiligungsprozessen einen Entwurf der Leitlinie erarbeitet. Da neben der verwaltungsinternen Umsetzbarkeit aber auch vor allem die Annahme der Leitlinie durch die Einwohnerschaft im Vordergrund stand, wurde der Entwurf zusätzlich öffentlich zur Diskussion gestellt. Über einen Zeitraum von gut sechs Wochen konnten die Stuttgarterinnen und Stuttgarter den Entwurf der Leitlinie auf dem Beteiligungsportal der Landeshauptstadt Stuttgart kommentieren und allgemein über das Thema Bürgerbeteiligung diskutieren. Hierauf folgten eine Überarbeitung des Entwurfs und eine öffentliche Diskussionsveranstaltung (offline), woraus wiederum Empfehlungen in die Leitlinie einflossen. Zudem wurde in einem Expertenworkshop weiteres Knowhow für die Bürgerbeteiligung in Stuttgart nutzbar gemacht.

Inhaltsübersicht
Mit dem Beschluss der Leitlinie Bürgerbeteiligung geht die Landeshauptstadt Stuttgart eine Selbstverpflichtung zur Einhaltung der Regelungen zur informellen Bürgerbeteiligung ein. Hierzu zählen auch die grundlegenden Qualitätskriterien, die eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung ermöglichen sollen. Unter anderem für deren Einhaltung sorgt der neu geschaffene Beteiligungsbeirat, der in die Erarbeitung von Beteiligungskonzepten eingebunden wird. Ein weiteres neu einzuführendes Instrument ist die Vorhabenliste. Sie soll die frühzeitige Information der Einwohnerinnen und Einwohner als grundlegende Voraussetzung einer Beteiligung gewährleisten. Weiterhin regelt die Leitlinie Bürgerbeteiligung einen festen Ablauf von Beteiligungsprozessen; angefangen von deren Anregung über die Vorbereitung und die Durchführung bis zum Umgang mit den Ergebnissen.


Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung sind vom Gemeinderat bzw. dem Oberbürgermeister im Rahmen der Selbstverpflichtung angemessen zu würdigen und in der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Er entscheidet auch über Zielkonflikte, die in einem Beteiligungsprozess nicht gelöst werden können. Ergebnisse eines Beteiligungsverfahrens fließen damit in den abschließenden Abwägungs- und Entscheidungsprozess mit ein, sind aber für den Entscheidungsträger nicht bindend.

Umsetzung
Zur Umsetzung der Leitlinie wurde eine Koordinierungsstelle im Referat AKR eingerichtet, die die koordinierte, zielführende und effiziente Umsetzung der Leitlinie verantwortet und für die Etablierung des Themas in der Verwaltung und Einwohnerschaft Sorge trägt. Sie berät sowohl die Verwaltung als auch den Gemeinderat und die Einwohnerschaft zum Gesamtthema Bürgerbeteiligung und übernimmt die Koordinierung von geplanten und laufenden Beteiligungsprozessen.

Dies dient einer Qualitätssicherung der Prozesse, die für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung Voraussetzung ist. Als zentrale Schnittstelle zum Thema Bürgerbeteiligung überprüft die Koordinierungsstelle stetig die Leitlinie auf ihre praktische Anwendbarkeit und initiiert ggf. eine auf den gesammelten Erfahrungen basierende Fortschreibung / Weiterentwicklung der Leitlinie. Hierfür ist eine zweijährige Einführungsphase der Leitlinie geplant, nach der diese einer Überprüfung unterzogen wird.

Die personelle Ausstattung der Koordinierungsstelle mit 1,5 Stellen wurde vom Gemeinderat im Rahmen der Haushaltsberatungen 2016 beschlossen.


Ergänzend wurde mit der GRDrs 811/2015 seitens des Gemeinderats ein Budget von 50.000 € / Jahr zur Verfügung gestellt, um unvorhergesehene oder nicht eindeutig einem Fachamt zuordenbare Bürgerbeteiligungsverfahren, ergänzende Informationsveranstaltungen o. ä. finanzieren zu können. Die bisherige Finanzierung von Bürgerbeteiligungsverfahren ändert sich damit nicht. Alle Projekte, bei denen eine Bürgerbeteiligung bereits durchgeführt bzw. vorgesehen oder gesetzlich vorgeschrieben ist, sind von den jeweils federführenden Fachämtern zu finanzieren.

Zur Umsetzung der Leitlinie Bürgerbeteiligung und weiteren Etablierung und Positionierung des Themas plant die Verwaltung folgendes Vorgehen:

- Erarbeitung einer Geschäftsanweisung zur Festlegung der verwaltungsinternen Zuständigkeiten und Abläufe zur Bürgerbeteiligung ab Inkrafttreten der Leitlinie Bürgerbeteiligung. Dies betrifft vor allem die Zusammenarbeit und Zeitläufe zwischen den Fachämtern, der zentralen Koordinierungsstelle sowie den zuständigen Referaten.
- Erarbeitung einer Schulungskonzeption zum Thema Bürgerbeteiligung.
- Weiterentwicklung des Beteiligungsportals www.stuttgart-meine-stadt.de: Zur Umsetzung des Instruments der Vorhabenliste ist die Schaffung eines neuen Bereiches im Portal erforderlich. Dieser muss zunächst entsprechend den Vorgaben der Leitlinie konzipiert und durch einen Dienstleister programmiert werden. Parallel sind umfangreiche Informationssammlungen über die aufzunehmenden Projekte und Vorhaben in der Verwaltung erforderlich.
- Einsetzung der Geschäftsstelle des Beteiligungsbeirats (Koordinierungsstelle für Bürgerbeteiligung) und Aufnahme ihrer Tätigkeit.
- Im Zuge des Inkrafttretens der Leitlinie Bürgerbeteiligung und damit der neuen Regelungen und Möglichkeiten für die Einwohnerschaft ist die Entwicklung einer Kommunikationsstrategie unumgänglich. Nur durch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit können die Stuttgarterinnen und Stuttgarter auf die Neuerungen hingewiesen und das Thema Bürgerbeteiligung noch weiter in der Stadtgesellschaft verankert werden.
- Mitgliedschaft im Netzwerk Bürgerbeteiligung der Stiftung Mitarbeit. Dies stellt einen strukturierten Rahmen zur Förderung des (interkommunalen) Austauschs und damit zum Knowhow-Transfer dar, von dem die Mitglieder voneinander profitieren durch ihre unterschiedlichen Erfahrungen, Herangehensweisen und Bereichen, die sie mit dem Thema Bürgerbeteiligung verbinden. Weiterhin stellt das Netzwerk ein adäquates Mittel zur positiven Positionierung Stuttgarts dar; auch durch die Mitwirkung an der Weiterentwicklung des Themas Bürgerbeteiligung im Allgemeinen. Mit der Leitlinie Bürgerbeteiligung wird ein verlässlicher Rahmen für den Trialog zwischen Einwohnerschaft, Politik und Verwaltung geschaffen.
Sie stellt dabei eine Verbesserung und Verstetigung der Beteiligungsmöglichkeiten der Einwohnerinnen und Einwohner dar. Damit leistet sie einen erheblichen Beitrag zur Förderung der Dialogkultur und untermauert den hohen Stellenwert des Themas bei der zukünftigen Entwicklung der Landeshauptstadt Stuttgart.








Finanzielle Auswirkungen

keine



Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Erledigte Anträge/Anfragen

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Fritz Kuhn
Oberbürgermeister


Anlagen

1.) Leitlinie für Bürgerbeteiligung in der Landeshauptstadt Stuttgart

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Leitlinie für informelle Bürgerbeteiligung in der Landeshauptstadt Stuttgart.pdfLeitlinie für informelle Bürgerbeteiligung in der Landeshauptstadt Stuttgart.pdf