Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz: 0322-05
GRDrs 343/2022
Stuttgart,
09/20/2022



Weiterentwicklung Jugendbeteiligung



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Jugendhilfeausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Beratung
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
26.09.2022
28.09.2022
29.09.2022



Beschlußantrag:

Beschlussanträge


1. Die Richtlinien zur Beteiligung Jugendlicher am kommunalen Geschehen (Jugendbeteiligungsrichtlinien, JBR) (Stadtrecht 0/5) gem. Anlage 1 werden erlassen.
Damit wird insbesondere der Weiterentwicklung der Jugendbeteiligung in Stuttgart mit folgenden Punkten zugestimmt:



2. Die Verwaltung wird beauftragt die aufgrund der neuen Jugendbeteiligungsrichtlinien notwendigen Änderungen im Stadtrecht auszuarbeiten und dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen. Insbesondere ist zeitnah eine Änderung der Hauptsatzung zur Ermöglichung der Einrichtung der Jugendratssitze in den Bezirksbeiräten vorzusehen. Die Aufnahme des Anhörungs-, Antrags- und Rederechts in den gemeinderätlichen Gremien ist im Zuge der Novellierung der Geschäftsordnung des Gemeinderats (GOG) umzusetzen. Die Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit (EntschS) ist dahingehend zu ändern, dass auch alle kooptierten Mitglieder (insb. auch der Projektgruppen) Sitzungsgeld erhalten.


3. Die Verwaltung wird beauftragt gemeinsam mit Jugendlichen auf gesamtstädtischer Ebene ein Konzept für die weitere Umsetzung des § 41a Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) zu erarbeiten, dieses Thema auch in der Novelle der GOG zu berücksichtigen und dem Gemeinderat zu berichten.




Begründung:


Seit 1995 bietet der Stuttgarter Jugendrat Jugendlichen die Möglichkeit sich an kommunalen Entscheidungen zu beteiligen und Politik aktiv mitzugestalten. Zu den Erfolgen des Jugendrates gehören u.a.:

Aufgrund des Erfolgsmodells des Stuttgarter Jugendrates hat die Landeshauptstadt Stuttgart lange Zeit eine Vorreiterrolle bei der Beteiligung Jugendlicher am kommunalen Geschehen eingenommen.

Durch die Einführung des § 41a in der Gemeindeordnung hat sich die gesetzliche Ausgangslage geändert, die Rechte der Jugendlichen zur Beteiligung am kommunalen Geschehen wurden ausgeweitet.

Mit der vorliegenden Gemeinderatsdrucksache möchte die Koordinierungsstelle Jugendbeteiligung dieser Entwicklung Rechnung tragen und die stadtweiten Beteiligungsmöglichkeiten entsprechend anpassen. Neben den institutionalisierten Beteiligungsformaten – Jugendräte auf Bezirksebene, Arbeitskreis Stuttgarter Jugendrat – sollen zusätzlich Aktionsgruppen angeboten werden. Die genaue Ausgestaltung der Weiterentwicklung wird im Folgenden erläutert.

Durch die Weiterentwicklung sollen die Jugendratswahlen im Jahr 2023 – trotz der Verschiebung um ein Jahr – zum Erfolg geführt und in möglichst allen Bezirken Jugendräte etabliert werden.

1. Institutionalisierte Jugendbeteiligung


1.1 Jugendräte auf Bezirksebene

Künftig gibt es drei Formen der Jugendbeteiligung, die aus den Wahlen auf Bezirksebene resultieren:

JugendratJugendrat (verringerte Sitzzahl)Projektgruppe
Ausreichend Kandidaten2/3 der notwendigen Kandidaten für eine WahlDeutlich verringerte Kandidatenanzahl (ab 3 Kandidaten)
3 Vertreter im JGR3 Vertreter im JGR1 Vertreter im JGR

Die Wahlwerbung läuft in allen Bezirken gleich ab. Oberstes Ziel bleibt es die maximale Kandidatenanzahl zu erreichen und einen vollständigen Jugendrat wählen zu lassen. Gleichzeitig haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass es in einigen Bezirken an Kandidatinnen und Kandidaten gemangelt hat. In Folge konnte dort kein Jugendrat gewählt werden. Um die Legitimation der Jugendvertretungen zu erhöhen, soll durch den Jugendrat mit verringerter Sitzzahl in mehr Bezirken ein gewähltes Gremium entstehen. Die Entscheidung, ob ein Jugendrat oder ein Jugendrat mit verringerter Sitzzahl gewählt wird, erfolgt nach dem Ende der Werbungsphase für Kandidatinnen und Kandidaten zur Jugendratswahl. Bei der Betreuung der beiden Jugendratsformen und ihren Rechten wird keine Unterscheidung getroffen, weshalb auch der Jugendrat mit verringerter Sitzzahl drei Vertreterinnen und Vertreter in den Jugendgemeinderat Stuttgart (JGR) entsendet. Projektgruppen werden in den Bezirken eingerichtet, in denen sich deutlich weniger Kandidaten aber mindestens drei finden. Die Projektgruppen können dann eine Vertreterin bzw. einen Vertreter in den Jugendgemeinderat entsenden.

Eine Erweiterung der Jugendratsgremien sowie der Projektgruppen durch Kooptation ist möglich und vor allem bei Projektgruppen und dem Jugendrat mit verringerter Sitzzahl in Ermangelung bzw. wegen geringer Anzahl von Stellvertreterinnen und Stellvertretern erwünscht. Die kooptierten Mitglieder werden in den Jugendräten wie Stellvertreter behandelt. Das heißt sie bekommen dann Sitzungsgeld, wenn sie als Nachrücker den Platz eines ordentlichen Mitgliedes einnehmen bzw. wenn sie ein ordentliches Mitglied vertreten. Bei Projektgruppen werden die kooptierten Personen direkt ordentliche Mitglieder und sollen zukünftig auch Sitzungsgeld erhalten.

Die Anzahl der ordentlichen Mitglieder des Jugendrates sowie des Jugendrates mit verringerter Sitzzahl sind wie folgt:

Stadtbezirk
Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren
Sitzzahl Jugendrat
Sitzzahl Jugendrat mit verringerter Sitzzahl
Bad Cannstatt
3168
17
11
Botnang
559
9
6
Degerloch
723
11
7
Feuerbach
1283
13
9
Mitte
612
11
7
Möhringen
1346
13
9
Mühlhausen
1222
13
9
Münster
247
9
6
Nord
1089
11
7
Obere Neckarvororte
1980
15
10
Ost
1760
13
9
Plieningen-Birkach
891
11
7
Sillenbuch
1178
11
7
Stammheim
497
9
6
Süd
1402
13
9
Vaihingen
2019
15
10
Weilimdorf
1601
13
9
West
1530
13
9
Zuffenhausen
1904
15
10
Stuttgart insg.
25011
235
157
Die Mindestzahl an Kandidatinnen und Kandidaten pro Bezirk entspricht der Sitzzahl plus 2.

Gerade den Projektgruppen soll mehr Flexibilität gegeben werden. Die Erfahrung zeigt, dass die Projektgruppenmitglieder Freunde für eine Teilnahme werben können. Diese kommen jedoch nicht zwangsläufig aus dem Stadtbezirk, in welchem die Projektgruppe aktiv ist. Wenn mit ¾ Mehrheit (mindestens der absoluten Mehrheit der Mitglieder des Jugendrates/der Projektgruppe) der Kooptation zugestimmt wird, kann das kooptierte Mitglied auf Vorschlag des Jugendrates bzw. der Projektgruppe von der Verwaltung bestellt werden. Einer Kooptation geht die regelmäßige Teilnahme an Sitzungen (mindestens vier Sitzungen) des Jugendrates/der Projektgruppe voraus. Weitere Voraussetzungen für eine Kooptation werden in den Jugendbeteiligungsrichtlinien sowie ggf. den Geschäftsordnungen der einzelnen Gremien festgelegt.

Mit diesem Zugewinn an Flexibilität soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass viele Schülerinnen und Schüler nicht mehr in dem Stadtbezirk zur Schule gehen, in dem sie wohnen. Häufig fühlen sie sich durch Freundschaften an der Schule eher an den Stadtbezirk gebunden, in welchem sie auch die Schule besuchen.

Eine Privilegierung der Kandidatinnen und Kandidaten zur Jugendratswahl erfolgt bei der Entsendung der Vertreterinnen und Vertreter in den JGR. Nur Mitglieder, die zur Wahl aufgestellt waren und die im jeweiligen Stadtbezirk wohnhaft sind, können in den JGR entsendet werden. Durch die Privilegierung der gewählten Mitglieder der Jugendräte soll die Legitimation des Jugendgemeinderats erhöht werden.
Ziel bleibt es, dass die Mehrheit der Jugendrätinnen und Jugendräte in den Gremien direkt durch die Jugendlichen im Stadtbezirk gewählt werden. Die Kooptation stellt nur eine ergänzende Möglichkeit dar, die im Zusammenhang mit der Kommunikation im Rahmen der Jugendratswahl nicht hervorgehoben wird. Die Neuerung soll lediglich eine eindeutige Grundlage für die Aufnahme neuer Mitglieder schaffen, da vor allem die Projektgruppen schon heute immer wieder Zuwachs auf diese Weise erfahren, wobei diese neuen engagierten Personen bisher keine Entschädigung erhalten.

Allen drei Jugendbeteiligungsformen ist gemein, dass sie eigene Anträge in den Bezirksbeirat einbringen und diese dort vertreten können. Der Jugendrat kann schon heute Vertreterinnen und Vertreter in den Bezirksbeirat entsenden, die sich die dortigen Diskussionen anhören und anschließend im Jugendrat darüber berichten können. Um die Jugendbeteiligung im Sinne des § 41a GemO zu stärken, sollen die Vertreterinnen und Vertreter des Jugendrates im Bezirksbeirat künftig mit zwei Sitzen als beratende weitere Mitglieder und damit unabhängig von eigenen Anträgen und Jugendbeteiligungsangelegenheiten ausgestattet werden. Damit wird den Jugendlichen die Möglichkeit eröffnet, die Interessen und Wünsche ihrer Generation gegenüber dem Bezirksbeirat und der Stadtverwaltung zu vertreten.

Die beiden Jugendratsformen sowie die Projektgruppe bestimmen bis zu zwei ordentliche und entsprechend viele stellvertretende Mitglieder für den Bezirksbeirat. Mit der Entsendung von zwei Mitgliedern in den Bezirksbeirat soll die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass sich die Jugendlichen auch im Kreis der Bezirksbeirätinnen und Bezirksbeiräte äußern.

Die Einrichtung eines Sitzes mit Stimmrecht für die Mitglieder des Jugendrates im Bezirksbeirat wird als nicht notwendig erachtet, es sei denn eine Partei möchte einen Sitz und damit ihr Stimmrecht an den Jugendrat abtreten. Es wird hierbei folgende Problematik gesehen: Um mit ihrem Stimmrecht etwas bewirken zu können, müssten Koalitionen für Mehrheiten mit Parteien eingegangen werden, was der parteipolitischen Neutralität des Jugendratsgremiums widersprechen würde. Zudem bedingt die Erteilung eines Stimmrechts die dauerhafte Anwesenheit eines Mitglieds des Jugendrates in den Bezirksbeiratssitzungen. Hier ist fraglich, ob dies zeitlich geleistet werden kann.

1.2 Jugendgemeinderat Stuttgart (JGR)

1.2.1 Allgemeines

Im Zuge der Weiterentwicklung soll der bisherige Arbeitskreis Stuttgarter Jugendrat (AKJ) in Jugendgemeinderat Stuttgart (JGR) umbenannt werden. Die Titulierung „Arbeitskreis“ geht noch auf die Anfänge der Jugendräte in Stuttgart zurück. Die Bezeichnung wurde zu einem Zeitpunkt eingeführt, als nur wenige Bezirke Jugendräte gestellt haben. Nachdem nun in den meisten Bezirken Wahlen stattfinden, passt der Titel Arbeitskreis aus Sicht der Jugendlichen nicht mehr zum gesamtstädtischen Gremium. Um das gesamtstädtische Gremium aufzuwerten und seiner Funktion sowie Arbeit Rechnung zu tragen, soll der AKJ in Jugendgemeinderat Stuttgart umbenannt werden.

Der JGR wird durch die oben beschriebene Änderung bei der Wahl der Bezirksjugendräte eventuell leicht vergrößert, sollten – wie vermutet – in mehr Bezirken Wahlen stattfinden können. Diese Vergrößerung ermöglicht es dem JGR sich vertieft mit den bisherigen stadtweiten Themen zu beschäftigen und neue Aufgabenfelder zu erschließen.

Gleichzeitig soll das Gremium durch weitreichendere Rechte gestärkt werden. Der Beitrag des JGR in der Klimadebatte des Gemeinderates am 20.01.2022 hat gezeigt, dass der Jugendrat zu den für ihn relevanten Themen Stellung beziehen möchte. Bislang entsendet der AKJ zwei Vertreterinnen/Vertreter in den Gemeinderat, diese können sich jedoch nur dann zu Wort melden, wenn ein Antrag des Jugendrates auf der Tagesordnung steht.

Für die Zukunft soll den Vertreterinnen und Vertretern des JGR im Gemeinderat ein Rede-, Antrags- und Anhörungsrecht zu Jugendangelegenheiten erteilt werden. Gleichzeitig kann der Gemeinderat beschließen, dass der Jugendrat auch zu weiteren Themen angehört wird, die nicht unter Jugendangelegenheiten fallen. Bis zu zwei Vertreter des Jugendrats sollen zu diesem Zweck als sachkundige Einwohner gem. § 33 Abs. 3 GemO zugezogen werden. Die Verwaltung wird beauftragt dies bei der Novellierung der GOG zu berücksichtigen.

Ziel der Einführung dieser Rechte ist die konsequente Umsetzung des § 41a GemO.
Aufgrund der Vielzahl an Sitzungen der gemeinderätlichen Gremien und der anderweitigen Verpflichtungen der Jugendrätinnen und Jugendräte ist nicht davon auszugehen, dass die Jugendräte sich in jeder Sitzung zu Wort melden werden. Die meisten Mitglieder des AKJ sind noch schulpflichtig, eine Teilnahme an den Sitzungen der gemeinderätlichen Gremien steht damit in Konkurrenz zur geltenden Schulpflicht. Um sich in den Sitzungen einbringen zu können, muss eine Befreiung von der Schulpflicht beantragt werden, was nur die Ausnahme und nicht die Regel sein kann. Auch die Jugendrätinnen und Jugendräte, die ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Studium absolvieren, haben anderweitige Präsenzpflichten. Deshalb ist die Erteilung einer solchen Berechtigung vielmehr als Chance zu sehen, dass sich Jugendliche punktuell zu für sie relevante Themen (u.a. Schulen, Bildung, ÖPNV, Nutzung des öffentlichen Raums) in einem institutionalisierten Rahmen äußern können.

Die Koordinierungsstelle Jugendbeteiligung wird die Jugendlichen bei Bedarf anmelden und einen gemeinsamen Wortbeitrag des Jugendrates vorbereiten.

1.2.2 Mitgliedschaften und Internationalisierung

Aus Anlass des Europäischen Jahres der Jugend 2022 möchte sich der Jugendrat besser mit Jugendparlamenten auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene in bereits bestehenden Netzwerken zusammentun.

Auf nationaler Ebene wird eine Teilnahme an der Projektgruppe Deutsche Jugendparlamente angestrebt, in der die Landeshauptstadt Stuttgart bislang noch kein Mitglied ist.

Die Jugendräte auf Landesebene haben sich bereits im Dachverband der Jugendgemeinderäte vernetzt, der aktuelle Sprecher des gesamtstädtischen Jugendrates ist auch gleichzeitig Sprecher des Dachverbandes. Auf Ebene des Dachverbandes soll die Zusammenarbeit verstetigt werden, um die Interessenvertretungen der Jugendlichen zu stärken. Unter der Verstetigung wird ein intensiverer Austausch durch gegenseitige Besuche oder gemeinsame Seminare mit anderen Jugendparlamenten verstanden. Ein Beispiel aus der vergangenen Amtszeit hierfür ist der Besuch des Jugendrates Stuttgart in Heilbronn, in dessen Rahmen sich die beiden Jugendräte über digitale Jugendbeteiligung und Werbung auf Social Media ausgetauscht haben. In dieser Amtszeit hat bereits ein Austausch mit dem Jugendgemeinderat Sindelfingen stattgefunden.
Erste Ansätze zur besseren Vernetzung auf internationaler Ebene waren die Teilnahme am Future Mentors Programme des europäischen Städtenetzwerkes Eurocities sowie gemeinsame Online-Seminare mit den Stuttgarter Partnerstädten.

Das Future Mentors Programme wurde vom diesjährigen Veranstalter der Eurocities-Jahreskonferenz, der Stadt Espoo (Finnland), ins Leben gerufen. Bei diesem Mentoring Programm sollten Jugendliche ihre Ängste und Träume in Bezug auf ihre Heimatstadt benennen und diese im Gespräch mit einem Bürgermeister/einer Bürgermeisterin diskutieren. In Stuttgart haben fünf Jugendliche – nicht nur Jugendräte – über drei Monate an diesem Programm teilgenommen. Ein Jugendlicher ist gemeinsam mit BMin Fezer nach Espoo gefahren. Im Rahmen der Jahreskonferenz haben sich die Jugendlichen vernetzt, ihr Wunsch ist es, dass dieser Austausch auf europäischer Ebene bestehen bleibt bzw. seitens der Städte aktiv gefördert und ausgebaut wird.

Im April 2022 fand ein Seminar zum Thema Climate Crisis Emergency mit dem Cardiff Youth Council und Vertreterinnen und Vertretern der beiden Stadtverwaltungen statt. Ziel des Jugendrates Stuttgart ist es, den Austausch mit Cardiff zu vertiefen, da viele Themenüberschneidungen vorhanden sind und Synergien genutzt werden können.

Zudem haben Stuttgarter Jugendräte gemeinsam mit den Jugendlichen aus der Partnerstadt St. Louis am German-American Sister Cities Youth Forum des American Council on Germany (ACG) teilgenommen. In verschiedenen Online-Meetings ging es um die Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit, Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration sowie um die Bedeutung von bürgerschaftlichem Engagement und Jugendbeteiligung in den beteiligten Kommunen.

Im Rahmen des 50-jährigen Städtepartnerschaftsjubiläums zwischen Stuttgart und Menzel Bourguiba wurde 2021 durch Jugendliche aus den Partnerstädten über die Sozialen Netzwerke der LHS eine Social Media Kampagne („Challenge“) mit eigens kreiertem Hashtag #futureproofchallenge für mehr Nachhaltigkeit im Alltagshandeln der Bürgerinnen und Bürger in beiden Städten und zur Mobilisierung für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen umgesetzt.

Im Zuge des diesjährigen 60-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft Stuttgart-Straßburg fand ein engerer Austausch mit dem dortigen Jugendrat statt. Im März 2022 waren die Straßburger Jugendräte in Stuttgart zu Besuch, der Gegenbesuch in Straßburg fand im Mai statt. Im Zuge der Besuche tauschten sich die beiden Gremien über ihre jeweiligen Projekte zum Klimaschutz, Radverkehr und öffentlichen Nahverkehr aus. Zudem wurden in beiden Städten Stadtplanungsprojekte besichtigt zu denen eine intensive Jugendbeteiligung stattgefunden hatte. Für die künftige Zusammenarbeit ist die gemeinsame Gestaltung eines Platzes in Stuttgart angedacht.

Vom 06. bis 09. Juli 2022 fand ein Städtepartnerschaftstreffen zu den Themen Klimaschutz, Verankerung der Agenda 2030, Umgang mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, sozialer Zusammenhalt sowie Jugendbeteiligung statt, in dessen Rahmen Jugendliche aus fünf der zehn Stuttgarter Städtepartnerschaften eingebunden waren. Der gemeinsame, dreitägige Austausch, u.a. einem Workshop zur Jugendbeteiligung, soll nun als Auftakt einer weiteren, vertieften Kooperation genutzt werden. Es konnten erste Kontakte zu Vertretern der Jugendräte in Menzel Bourguiba und Cardiff sowie Schülerinnen und Schülern von Partnerschulen aus Kairo, Straßburg und zum Jugendhaus in Brünn geknüpft werden. Ein weiterer, themenbezogener Austausch wird von Seiten der Partnerstädte, ebenso gewünscht wie von den Stuttgarter Jugendräten und den freien Trägern. Bestehende Kontakte der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft und des Stadtjugendringes sollen ebenfalls eingebunden werden.

Fazit:
Ziel und Wunsch der Jugendlichen ist es, die Kontakte mit den Stuttgarter Partnerstädten sowie auf Landes-, Bundes-, europäischer und internationaler Ebene auszubauen und gemeinsame Projekte durchzuführen. Dafür ggfs. notwendige Mittel werden zum Doppelhaushalt 2024/25 angemeldet.

2. Aktionsgruppen

Unter Aktionsgruppen werden alle Beteiligungsformate verstanden, die nicht aus der Jugendratswahl resultieren. Die Aktionsgruppen verfolgen dabei zwei Ziele. Zum einen sollen sie die bestehende Lücke zwischen der Kinderbeteiligung z.B. in Form der Kinderversammlungen und der Jugendbeteiligung in Form des Jugendrates schließen. Zum anderen bieten die Aktionsgruppen den Jugendlichen die Möglichkeit in einem weniger formellen Setting zusammenzukommen und sich gemeinsam für ein Projekt einzusetzen. Damit soll die Jugendbeteiligung für den Personenkreis geöffnet werden, der sich nicht fest für zwei Jahre in einem Gremium verpflichten, der sich jedoch stadtweit oder im Bezirk für ein konkretes, zeitlich begrenztes Projekt einsetzen möchte. Themen für ein solches Projekt können sowohl Masterpläne, Bauvorhaben im Stadtbezirk, Sportmöglichkeiten oder Räume für einen Treffpunkt von Jugendlichen, wie auch kulturelle Angebote oder Veranstaltungen sein. Die Altersspanne der Projektgruppenmitglieder kann dabei von 11 bis 21 Jahren reichen. Mit dieser großen Altersspanne soll den Zielen Rechnung getragen werden, die Kinder- und Jugendbeteiligung besser zu verknüpfen und ein flexibles Angebot außerhalb des Jugendrates auch für Ältere zu schaffen.

Anders als beim Jugendrat findet bei den Aktionsgruppen keine offizielle Bestellung der Mitglieder statt. Die Aktionsgruppen stehen allen Interessierten offen, somit ist die Mitgliederzahl variabler, als bei den Jugendratsgremien, in denen nur ein fest gewählter Personenkreis partizipieren kann.

Aktionsgruppen werden, wenn möglich und nötig von den freien Trägern betreut. Die Koordinierungsstelle Jugendbeteiligung ist grundsätzlich über das Entstehen einer solchen Aktionsgruppe zu informieren, um bestmögliche Unterstützung und eine Vernetzung z.B. mit dem Jugendrat oder Initiativen in den Stadtbezirken bieten zu können. Beim Entstehen von Aktionsgruppen mit Kindern oder einer Überführung aus dem Bereich der Kinderbeteiligung in eine Aktionsgruppe ist die Fortführung der bisherigen Betreuung erwünscht und das Kinderbüro ebenfalls zu informieren.

Anders als die Jugendratsgremien verfügen die Aktionsgruppen über kein eigenes Budget. Da sie themenbezogen entstehen, gibt es verschiedene Wege ihre Projekte zu fördern. Zum einen bietet sich hier der Projektmittelfond „Mein Ding“ an, der sich gezielt an die Jugendlichen richtet, zum anderen räumt das Bezirksbudget In der Anlage 1 zur GRDrs 217/2018 wird unter Ziffer 2.1 die Gruppe 4 „Förderung von Ergebnissen aus Kinder- und Jugendbeteiligungsprozessen“ aufgeführt. die Möglichkeit ein, die Umsetzung von Ergebnissen aus Kinder- und Jugendbeteiligungsprozessen zu fördern. Unterstützung bei der Antragstellung kann durch die Koordinierungsstelle Jugendbeteiligung erfolgen. Das Jugendratsbudget wird dann als Finanzierungsmöglichkeit gesehen, wenn eine Kooperation zwischen dem Jugendrat und der Aktionsgruppe gegeben ist.

Eine Kooperation von gewähltem Jugendrat und Aktionsgruppen ist ausdrücklich gewünscht und wird wo immer möglich angestrebt. Auf diese Weise können



Eine Zusammenarbeit mit dem Jugendrat ist hier sowohl auf Bezirksebene als auch auf gesamtstädtischer Ebene denkbar.

In Fällen einer besonders engen Kooperation kann über eine Kooptation der Aktionsgruppenmitglieder durch den Jugendrat nachgedacht werden. Voraussetzung hierfür ist ein beiderseitiges Einverständnis sowie Abstimmung im Jugendrat. Sofern die Mitglieder des Jugendrates einer Kooptation mit ¾-Mehrheit zustimmen, können die Teilnehmenden der Aktionsgruppe in den Jugendrat aufgenommen werden. Damit erhalten sie – nach der offiziellen Bestellung - dieselben Rechte (Abstimmungen, Sitzungsgeld), wie die direkt gewählten Jugendratsmitglieder (siehe hierzu auch 1.1 der Begründung und Jugendbeteiligungsrichtlinien § 9 Abs. 6).

Als Vorstufe kann ein/e Sprecher/in bzw. zwei Sprecher/innen der Aktionsgruppe in den Jugendrat entsandt werden. Dieser kann die Interessen der Aktionsgruppe gegenüber den Mitgliedern des Jugendrates vertreten.

Fazit:
Um eine Vernetzung der Aktionsgruppen mit den Jugendräten in den Stadtbezirken herzustellen, bedarf es einer Betreuung durch die Koordinierungsstelle Jugendbeteiligung. Ggfs. notwendige Stellenbedarfe werden zum Doppelhaushalt 2024/25 angemeldet. Finanzielle Auswirkungen auf das Jugendratsbudget werden nicht gesehen.

3. Fazit und Ausblick

Im Allgemeinen setzt es sich die Koordinierungsstelle Jugendbeteiligung zum Ziel die Möglichkeiten zur Beteiligung Jugendlicher am kommunalen Geschehen zu erweitern und neben institutionalisierten Angeboten wie dem Jugendrat auch offenere Formate wie die Aktionsgruppen zu schaffen. Gleichzeitig soll das Thema Jugendbeteiligung in all seinen Formen in Politik, Verwaltung, Schulen und Stadtgesellschaft weiter etabliert werden. Die bisherige Kooperation mit den Ämtern der Stadtverwaltung soll hierzu verstetigt und der Austausch mit den Jugendratsbegleitern und Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorstehern vertieft werden. Die Verzahnung der Kinder- und Jugendbeteiligung wird hinsichtlich Aufgabenverteilung, Zuständigkeiten und Zusammenarbeit laut Aktionsplan Kinderfreundliche Kommune, Maßnahme 6.4 bis Ende 2022 beschrieben und kommuniziert.

Neben der Erweiterung der Partizipationsformate und der besseren Vernetzung mit Stadtverwaltung und freien Trägern vor Ort, soll auch der Austausch mit Jugendparlamenten in Baden-Württemberg, Deutschland und Europa intensiviert werden. Auch die Kontakte mit den Stuttgarter Partnerstädten im Bereich der Jugendbeteiligung sollen auf ausdrücklichen Wunsch beider Seiten vertieft werden. Die Partizipationsformate vor Ort bilden eine gute Grundlage die Ergebnisse daraus in Beteiligungsformate des Landes Baden-Württemberg, der Bundesregierung, der Europäischen Union sowie europäischen und internationalen kommunalen Netzwerken zu tragen bzw. die aktive und erfolgreiche Teilnahme an diesen Formaten zu gewährleisten.

Die beschriebene Weiterentwicklung geht mit zusätzlichen Aufgaben einher, weshalb mit zusätzlichen Personal- und Mittelbedarfen gerechnet wird. Die Koordinierungsstelle Jugendbeteiligung beabsichtigt, diese zum kommenden Doppelhaushalt 2024/25 anzumelden.

Das vorgelegte Konzept soll zur Jugendratswahl 2023 umgesetzt werden. Im Laufe der Zeit werden die geplanten Neuerungen evaluiert und weiterentwickelt. Die Jugendbeteiligung muss stetig verändert und der Welt der Jugendlichen angepasst werden, da gerade diese Zielgruppe schwer zu greifen ist. Hierzu braucht es innovative Konzepte und neue Ideen.


Finanzielle Auswirkungen

Die zusätzlichen Sitzungsgelder, welche durch die Jugendräte mit verringerter Sitzzahl sowie die kooptierten Mitglieder und durch die Sitze in den Bezirksbeiräten anfallen, können durch das vorhandene Jugendratsbudget bzw. Budget für ehrenamtliche Entschädigung der Bezirksbeiräte abgedeckt werden.



Beteiligte Stellen

Ref. JB
Ref. WFB
OB-KB


Vorliegende Anträge/Anfragen

-

Erledigte Anträge/Anfragen

-



Dr. Fabian Mayer
Erster Bürgermeister


Anlagen

Anlage 1: Richtlinien für die Beteiligung Jugendlicher am kommunalen Geschehen in der Landeshauptstadt Stuttgart (nebst Anlage zu den Sitzzahlen der Jugendratsgremien)
Anlage 2: Änderungsübersicht zwischen den bisherigen Rahmenbedingungen und den künftigen Richtlinien für die Beteiligung Jugendlicher am kommunalen Geschehen





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