Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 787/2010
Stuttgart,
11/09/2010



Aufstellung der Eröffnungsbilanz zum 01.01.2010



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Reform- und Strukturausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
nicht öffentlich
öffentlich
öffentlich
24.11.2010
01.12.2010
02.12.2010



Beschlußantrag:

1. Der Umstellung des Haushalts- und Rechnungswesens zum 1. Januar 2010 auf Kommunale Doppik wird zugestimmt.

2. Der Ausübung von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten gemäß Anlage 2 wird zugestimmt.

3. Von der Aufstellung der Eröffnungsbilanz der Landeshauptstadt Stuttgart zum 1. Januar 2010 (Anlage 1)

mit einer Bilanzsumme von 7.487.610.961,38 EUR

und einem Basiskapital in Höhe von 5.220.324.384,45 EUR

wird Kenntnis genommen.


Begründung:


Am 8. Mai 2009 wurde das Gesetz zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts veröffentlicht, nach dem bis zum Haushaltsjahr 2016 alle Kommunen in Baden-Württemberg ihr Haushalts- und Rechnungswesen auf Kommunale Doppik umgestellen müssen. Über die Absicht der Landeshauptstadt Stuttgart, bereits zum Doppelhaushalt 2010/2011 auf die Kommunale Doppik umzusteigen sowie den Start und die Entwicklung des Projekts „Umstellung kamerales auf doppisches Rechnungswesen bei der LHS“, wurde mit den GRDrs 907/2004, 444/2006 und 160/2008 im Reform- und Strukturausschuss sowie mit GRDrs 217/2007 im Verwaltungsausschuss regelmäßig berichtet.

Nachdem der Gemeinderat bereits dem auf der Grundlage der Kommunalen Doppik erstellten Doppelhaushaltsplan 2010/2011 am 18.12.2009 zugestimmt hat, erfolgte die Umstellung des gesamten Rechnungswesens zum 01.01.2010 mit der Aufstellung einer Eröffnungsbilanz. Neben der umfangreichen Migration der Daten aus dem kameralen System auf Kontierungen und Zuordnungen des doppischen Rechnungswesens, musste eine Vielzahl neuer Bilanzpositionen erhoben werden.

Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der Eröffnungsbilanz um eine Premiere bei der Landeshauptstadt Stuttgart mit umfassenden Neuerung beim Rechnungs- und Haushaltswesen über die gesamte Stadtverwaltung hin handelt, sowie wegen des frühzeitigen Umstellungszeitpunkts galt es, sich bei der Erstellung der Bilanz mit einer ganzen Reihe von Fragestellungen auseinanderzusetzen, wie z.B. unklare bzw. sich ändernde Entwürfe der neuen Rechtsgrundlagen, noch nicht ausgereifte und teilweise nicht fehlerfreie EDV-Verfahren, Bereinigung von Beständen aus dem kameralem System, wenig Erfahrung der städtischen Ämter mit dem neuen doppischen Rechnungswesen, Unklarheiten oder Auffassungsunterschiede bei der Beurteilung rechtlicher oder wirtschaftlicher Sachverhalte, Zeitdruck, knappe Personalressourcen.

Trotz aller benötigter Behelfsgrößen, Pauschalierungen, vorhandener Beurteilungsspielräume und Unsicherheiten gibt die Eröffnungsbilanz ein zeitnahes, aussagekräftiges Bild der Vermögenslage der Landeshauptstadt Stuttgart, auch wenn weitere Erfahrungen und zusätzliche Erkenntnisse noch Berichtigungen oder Anpassungen in den Folgebilanzen notwendig machen können.

Nachstehend wird das Vorgehen bei der Bewertung des Anlagevermögens sowie bei der Bildung von Rückstellungen näher erläutert. Weitere Informationen zur städtischen Eröffnungsbilanz können der Anlage 1 entnommen werden.

Die Feststellung der Eröffnungsbilanz durch den Gemeinderat kann erst nach Prüfung der Bilanz durch das Rechnungsprüfungsamt erfolgen. Im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss 2010 wird anschließend die Gemeindeprüfungsanstalt die festgestellte Eröffnungsbilanz prüfen.


Anlagevermögen

Insbesondere die flächendeckende Erfassung und Bewertung des städtischen Vermögens war aufgrund der großen Menge an Vermögensgegenständen (ca. 27.000 Flurstücke, rund 1.200 Gebäude/-teile und 5.000 Straßen) nur mit hohem zeitlichem Vorlauf zu bewerkstelligen. Der Verwaltungsausschuss hat diesbezüglich bereits am 18.09.2007 (GRDrs 217/2007) dem von der Verwaltung vorgeschlagenen Vorgehen bei der Erfassung und Bewertung des städtischen Anlagevermögens zugestimmt.

- Grundstücke

Die ab 1990 erworbenen Flurstücke wurden grundsätzlich mit Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertet. Sofern die Grundstücke jedoch in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Veränderungen erfahren haben (bspw. durch Zu- und Abmessungen, Verkauf von Teilflächen) erfolgte gemäß § 62 Abs. 1 bis 3 GemHVO eine Bewertung analog der Erwerbe bis 1990 auf Basis der Bodenrichtwerte zum 01.01.1974.


Die Ermittlung dieser Erfahrungswerte erfolgte für folgende Typen von Bodenrichtwerten auf Basis der Bodenrichtwertkarte zum 31.12.1973:

W Wohnbaugrundstücke Wert je Stadtteil
Da für die Innenstadtgrundstücke keine Bodenrichtwerte vorlagen, erfolgte eine gesonderte Auswertung von Kaufpreisen für die Innenstadtgrundstücke für die Jahre 1972 bis 1974 aus der Kaufpreissammlung.

Bei Waldgrundstücken wurde entsprechend § 62 Abs. 4 GemHVO ein einheitlicher Wert von 2.600 EUR/ha angesetzt.

Für die Bewertung der Straßenflurstücke war aufgrund eines fehlenden eigenen Bodenrichtwertes ein Erfahrungswert nach § 62 GemHVO zu ermitteln; hierzu wurden die Bodenwerte für Grünland, Gartenland und Ackerland herangezogen. Zusätzlich war bei der Bewertung der Straßengrundstücke zu berücksichtigen, dass der Grunderwerb für Straßenflächen bis ca. 1940 ohne entgeltliche Gegenleistung der Stadt erfolgte und ein Teil der Grunderwerbskosten über die Zuschüsse und die Erhebung von Erschließungsbeiträgen an die Stadt zurückfließt. In Anlehnung an den für die Landeshauptstadt ermittelten pauschalen Fördersatz für die Straßen aus Zuschüssen und Beiträgen in Höhe von 65 Prozent ergab sich im Ergebnis ein Netto-Bodenwert im Jahr 1974 von 5 DM/m², der für die Bewertung zugrunde gelegt wurde.

- Gebäude

Die städtischen Gebäude wurden grundsätzlich mit Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertet. Bei Bau- und Erwerbsjahren vor 2004 waren diese jedoch häufig nicht ermittelbar, so dass in diesen Fällen eine Bewertung auf Basis des Gebäudeversicherungswertes des Jahres 2004 erfolgte.

- Kinderspielplätze, Grünanlagen, Wald, Sportfreianlagen

Die öffentlichen Kinderspielplätze wurden in der Regel ab 1995 mit echten Anschaffungs- und Herstellungskosten auf Basis der Abrechnungsentschließungen erfasst. Alle vor 1995 erstellten öffentlichen Kinderspielplätze wurden mit Erfahrungswerten bewertet, hatten jedoch aufgrund der durchschnittlichen Nutzungsdauer von 15 Jahren im Zeitpunkt der Eröffnungsbilanz keinen Restbuchwert mehr. Als Erfahrungswert wurde der vom Gemeinderat im Jahr 2003 beschlossene Baukostenrichtwert für Spielplätze in Höhe von 60 EUR/m² angesetzt (GRDrs 1367, 1234, 1433/2003 sowie Anlage 1 zu GRDrs 1433/2003). Von den rund 500 öffentlichen Kinderspielplätzen wurden rund 220 mit Erfahrungswerten bewertet.

Bei den öffentlichen Grünanlagen lagen in den meisten Fällen keine echten Anschaffungs- und Herstellungskosten vor, weil deren Herstellung bereits Jahrzehnte zurückliegt. Es wurden deshalb zur wertmäßigen Differenzierung der Grünanlagen fünf Kategorien gebildet. Diese reichen von einfachen Standard wie die Geländegestaltung in Außenbereichen bis hin zu besonderes hochwertigen Anlagen mit hohem Repräsentationscharakter, wie Parkanlagen oder den Höhenpark Killesberg. Um eine möglichst wirklichkeitsgetreue Bewertung zu erhalten, wurden innerhalb der Kategorien zusätzlich Preisspannen auf Basis der Baukosten von 1992 bis 2008 ermittelt und auf das jeweilige Herstellungsjahr (Jahr der Herstellung oder grundlegenden Erneuerung) indiziert.

Als Besonderheit ist zu beachten, dass Bäume in Grünanlagen nicht abgeschrieben werden, weil deren Lebensdauer auf einen sehr langen Zeitraum ausgelegt ist. Sofern keine Anschaffungs- und Herstellungskosten vorlagen, wurden die Bäume mit dem auf das Pflanzjahr indizierten Wert aus der Erschließungsbeitragssatzung vom 07.12.2006 in Höhe von 720 EUR je Baum bewertet.

§ 62 Abs. 4 GemHVO sieht für die Bewertung des Aufwuchs des Waldes eine Preisspanne von 7.200 EUR/ha bis 8.200 EUR/ha vor. In Stuttgart wurde der Wert von 7.200 EUR/ha für den Aufwuchs angesetzt, weil der Wald aus rund 80 Prozent Laubwald und rund 20 Prozent Nadelwald besteht und die Aufforstung von Laubwald aufgrund des langsameren Wachstums nicht so häufig notwendig ist wie bei einem schnell wachsenden Nadelwald.

Bei den Sportfreianlagen konnten rund 85 Prozent auf Basis der jeweiligen Bauerwerbsakten oder die Beantragung von Landeszuschüssen ermittelt werden. Sofern keine Anschaffungs- und Herstellungskosten vorlagen wurden Durchschnittswerte je m² anhand der bekannten Kosten vergleichbarer Anlagen für jede Belagsart pro Jahrzehnt errechnet.


Rückstellungen

Nach § 41 der Gemeindehaushaltsverordnung sind für bestimmte ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Aufwendungen Rückstellungen zu bilden. Diese Rückstellungen sind in den Erläuterungen zur Eröffnungsbilanz (Anlage 1) unter Ziffer 4.3.1 bis 4.3.5 dargestellt. Eine Rückstellung für den Ausgleich von ausgleichspflichtigen Gebührenüberschüssen war in der städtischen Bilanz nicht zu bilden.

Darüber hinaus wurden für weitere bestehende oder drohende Verpflichtungen, die bis zum Bilanzstichtag entstanden bzw. verursacht sind und in künftigen Haushaltsjahren zu Ausgaben führen, gemäß des gesetzlichen Wahlrechts weitere Rückstellungen ausgewiesen (Anlage 1, Ziffern 4.3.6 bis 4.3.10). Den größten Posten davon stellt die Rückstellung für Beihilfeverpflichtungen auf Grund beamtenrechtlicher oder vertraglicher Ansprüche dar. Die Landeshauptstadt hat sich zur Bildung dieser Rückstellung entschlossen, da bis zum Stichtag der Aufstellung der Eröffnungsbilanz der Gesetzgeber den kommunalen Versorgungsverband nur zur Bildung der Rückstellung für Versorgungs- und nicht auch für die Beihilfeleistungen verpflichtet hat. Es gibt nun Bestrebungen, dass beide Rückstellungen ausschließlich beim KVBW ausgewiesen werden sollen, was wohl zur Folge hätte, dass künftig keine Beihilferückstellung mehr im städtischen Haushalt ausgewiesen werden dürfen. Es bleibt abzuwarten, wie hierzu entschieden wird.

Da die Kreditorensalden aus dem kameralen Rechnungswesen aus technischen Gründen nicht ins neue doppische Rechnungswesen zu migrieren waren, konnten beim Übergang keine Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung ausgewiesen werden. Für fehlende oder erst nach dem Bilanzstichtag zu zahlende Rechnungen, die das Jahre 2009 betreffen, wurden Rückstellungen für Haushaltsreste des Verwaltungshaushalts 2009 bzw. Rücklagen für Haushaltsreste des Vermögenshaushalts 2009 gebildet.


Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen






Michael Föll
Erster Bürgermeister

Anlagen



1 Eröffnungsbilanz der Landeshauptstadt Stuttgart zum 01.01.2010
2 Übersicht über die auszuübenden Wahlrechte


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Anlage 2 GRDrs 787_2010.doc