Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 30.11.2022
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Dr. Maier
Berichterstattung:Herr Dr. Stadler (AföO)
Protokollführung: Frau Schmidt th
Betreff: Außengastronomie um das Rathaus/Marktplatz und den Kleinen Schloßplatz
- mündlicher Bericht -

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.

Herr Dr. Stadler (AföO) berichtet gemäß der Präsentation über die rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Außengastronomie im Bereich Innenstadt und erklärt, die Anfrage beziehe sich insbesondere auf die Situation vor dem Rathaus (Ratskeller) und am Kleinen Schlossplatz (San's). Zunächst richtet er den Blick auf die Entwicklung der Außengastronomie in den letzten Jahren (Folie 2) und die deutliche Steigerung bei den Außenbewirtschaftungsanträgen bereits vor der Coronapandemie, da sich aufgrund der wärmeren Witterung ein verändertes Ausgehverhalten entwickelt habe. Darüber hinaus müssten viele Betriebe aufgrund der betriebswirtschaftlichen Kalkulation ihre Kapazitäten ausweiten, und während der Pandemie seien die Genehmigungen für Außenbewirtschaftung wohlwollender bearbeitet worden. Daraus ergebe sich eine Ausdehnung der Außenbewirtschaftungsflächen und eine zunehmende Konkurrenz unter den Betrieben. Im weiteren Verlauf seines Vortrages erläutert er die Grundunterscheidung im Verwaltungsverfahren zwischen privater Fläche und öffentlicher Verkehrsfläche (Folie 3). Um auf privater Fläche Außenbewirtschaftung betreiben zu dürfen, werde eine Baugenehmigung des Baurechtsamts benötigt. In der Folge erteile das Amt für öffentliche Ordnung (AföO) eine Gaststättenerlaubnis bei Alkoholausschank. Anders verhalte es sich bei öffentlichen Verkehrsflächen, bei denen für eine Außenbewirtschaftung eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis des AföO erforderlich sei. Er betont, hier griffen die Gestaltungsrichtlinien für die Innenstadt (Stadtplanungsamt), was bei einer privaten Fläche nicht der Fall sei. Auch hier gebe es bei Alkoholausschank eine Gaststättenerlaubnis.

Bezüglich der Außengastronomie auf privater Fläche verweist Herr Dr. Stadler auf den Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis (Folie 4). Wenn die Voraussetzungen gegeben seien, müsse das Baurechtsamt die entsprechende Genehmigung für eine Außenbewirtschaftung erteilen. Aufgrund der Bindungswirkung der baurechtlichen Dinge gebe es somit auch einen Anspruch auf eine Gaststättenerlaubnis des AföO. Das Baurechtsamt prüfe das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht. Dabei werde auch die Größe und Ausdehnung der Betriebsfläche festgelegt. Das Baurechtsamt prüfe darüber hinaus Lärm und Geruch, was zur Festlegung von Betriebszeiten führe. Zudem gebe es mannigfaltige Beteiligungen von Straßenverkehrsrecht, Arbeitsschutzrecht, Gewerberecht, Lebensmittelrecht etc., und abschließend werde eine dauerhafte Gaststättenerlaubnis erteilt. Herr Dr. Stadler betont, die Gestaltungsrichtlinien Innenstadt gelten auf privater Fläche nicht. Allein der Betreiber sei für die Gestaltung der Fläche verantwortlich. Dieser Sachverhalt führe automatisch zur Beantwortung der Frage nach dem Airstream-Wohnwagen auf der Terrasse des Ratskellers. Diese Fläche sei private, städtische Fläche und keine öffentliche Verkehrsfläche. Daher sei der Betreiber allein dafür verantwortlich, ob er diesen Wohnwagen aufstelle oder nicht.

Einen völlig anderen Sachverhalt stelle die Außenbewirtschaftung auf öffentlicher Verkehrsfläche dar (Folie 5), so Herr Dr. Stadler weiter. Als Berechtigung zur Nutzung der Fläche gebe es eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis und darauf aufbauend die Gaststättenerlaubnis. Für diese jährlich rund 600 Fälle stehe zur Kontrolle nur ein Außendienstmitarbeiter zur Verfügung, weshalb er einen Stellenplanantrag auf eine zweite Außendienstkraft ankündigt. Die Gaststättenbehörde höre die anderen Behörden (Straßenverkehrsbehörde, Tiefbauamt, Polizei, Stadtgestaltung, Branddirektion, Bezirksbeiräte) an, denn in diesem Fall erfolge die Erteilung nach Ermessen. Nach Erläuterung von Straßenverkehrs- und Immissionsschutzrecht lenkt er den Blick auf die Gestaltungsrichtlinien der Innenstadt, die auf öffentlichen Flächen gelten. Darin müssten stadtgestalterische Aspekte wie ein enger räumlicher Bezug berücksichtigt werden. Dieser werde in der Regel dergestalt ausgelegt, dass nur vor der Fassade des Bezugsgebäudes (Gaststätte) Außenbewirtschaftung stattfinden dürfe. Grundsätzlich dürften nur Tische und Stühle nach bestimmten Gestaltungsempfehlungen verwendet werden; Sonnenschirme hätten einheitlich auszusehen und dürften in der Nähe von Kulturdenkmälern keine Werbung enthalten. Darüber hinaus gebe es eine Reglung zur Eingrünung nur mit Pflanzkübeln, keine richtige Umbauung, keine Zäune oder Umhausungen. Am 19.05.2020 (nicht wie in der Präsentation vermerkt am 19.05.2022) habe der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik (STA) den Auftrag erteilt, auf öffentlicher Fläche wohlwollend Erweiterungen zu genehmigen (160 Fälle, davon 60 auf öffentlichen Parkplatzflächen). Darunter falle der Betrieb des San's, das über diese Regelung nahezu eine Verdoppelung der Außenbewirtschaftungsfläche erhalten habe. "Vorteil" des San's sei, dass sich auf dem Kleinen Schlossplatz viel öffentliche Fläche befinde, die nicht mit Brandschutz oder Feuergassen belegt sei. Abschließend betont Herr Dr. Stadler, eine Sondernutzungserlaubnis werde per Gesetz - im Gegensatz zur Baugenehmigung - nur befristet erteilt. In der Regel erfolge diese jährlich oder widerruflich, um regelmäßig Zugriff zu haben.

StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) dankt für die ausführliche Beantwortung seiner Anfrage, sieht das Problem damit aber nicht gelöst. Im Mittelpunkt stehe die Ausgangsfrage nach Gestaltung des öffentlichen Raumes in der Innenstadt. Dieser werde immer mehr in Richtung eingezäunter, eingehauster Außenbewirtschaftung verändert. Es gehe nicht um die Ausweitung der Flächen in der Coronaphase, die seine Fraktion unterstützt habe und wofür auch eine Befristung notwendig sei, sondern um die Konkurrenzsituation bei der Nutzung des öffentlichen Raumes zwischen jungen Menschen ohne Konsumabsicht und kommerzieller Außenbewirtschaftung. Am San's spiegelten sich mehrere Punkte wieder. Dort habe es jahrelange Auseinandersetzungen mit skatenden Jugendlichen gegeben, andererseits sei eine riesige Außenbewirtschaftung möglich. Es müsse eine Entscheidung getroffen werden, um das Niveau vor Corona wieder zu erreichen und die Ausweitungsmöglichkeiten enden zu lassen. Des Weiteren gehe es um die Richtlinien zur Eingrünung mit Pflanzen, unter denen sich mittlerweile "gebaute Infrastruktur" befinde. Damit schotte sich der Bereich komplett ab und müsse als Einhausung gewertet werden. Wenn sich dies nicht über die Gestaltungsrichtlinien lösen lasse, müsse über eine Gestaltungssatzung zur schärferen Definition diskutiert werden. Aus seiner Sicht konterkariere diese Abschottung den Wunsch, öffentlichen Raum erlebbar zu machen. Abschließend hält er fest, die Gestaltungsrichtlinien, die die Stadt erstelle, müssten selbstverständlich auch für sie selbst gelten. Eine Einzäunung direkt vor dem Rathaus - auch wenn sie auf privater Fläche erfolge - animiere niemanden, sich an die Richtlinien zu halten. Im letzten Jahr sei die Weihnachtshütte des Ratskellers über Monate nicht abgeräumt worden; dies müsse diesmal genauso schnell erfolgen wie bei allen anderen Standbetreibern des Weihnachtsmarktes.

Zum Betrieb San's erklärt BM Dr. Maier, die Ausnahmegenehmigung aufgrund Corona laufe noch bis Ende März 2023; danach werde auf die Regelungen vor Corona zurückgegangen und eine reduzierte Außenbewirtschaftungsfläche genehmigt. Die Frage nach Einhausungen und Abschottungen sei ein schwieriges Thema. In den Gestaltungsrichtlinien sei klar geregelt, dass eine Einhausung nicht erfolgen dürfe, um das Bild des öffentlichen Raumes nicht zu beeinträchtigen und die Fläche nicht als Privatfläche darzustellen, was sie nicht sei. Mit mehr Personal könne bei den Betreibern verstärkt auf die Einhaltung der Richtlinien hingewirkt werden. Die Art der Ausgestaltung, ob als Satzung oder Richtlinie, spiele keine Rolle, denn beide müssten in gleichem Maße eingehalten werden. Beim Ratskeller handle es sich um städtische Fläche, und man befinde sich im Gespräch mit dem Pächter. Selbstverständlich müsse am Rathaus nach außen sichtbar sein, dass sich die Stadt ebenso an die Regelungen halte wie private Gastronomiebetriebe. Abschließend merkt der Bürgermeister zu den Skatern vor dem Kunstmuseum an, durch die Außengastronomie sollten nicht die Skater vertrieben werden, sondern Skaten sei auf diesem Platz generell verboten. Darunter befänden sich die Räume des Kunstmuseums und es gebe durch das Skaten Beeinträchtigungen des dortigen Betriebes.

Die Argumentation zum Skaten kann StR Pantisano zwar nachvollziehen, aber in der Öffentlichkeit entstehe das Bild "die einen müssen weg und die anderen können drauf". Der Stadtrat begrüßt das Auslaufen der Ausnahmegenehmigung Ende März und bittet darum, alle Betreiber in der Stadt entsprechend zu informieren. Selbstverständlich unterstütze er die Forderung nach mehr Personal zur Kontrolle, verweist in diesem Zusammenhang aber auch auf die City-Initiative, die im Sinne eines selbstregulatorischen Handelns auf die Betreiber einwirken könne, um die Richtlinien einzuhalten und Einhausungen zu unterlassen. Es sei im eigenen Interesse des Innenstadthandels und der Außengastronomie, den öffentlichen Raum schön zu gestalten.

BM Dr. Maier erklärt, es gebe durchaus eine soziale Kontrolle zwischen den Gastronomen, die beobachteten, wie Mitbewerber agierten und der Stadt entsprechende Hinweise geben.


Nachdem sich keine Wortmeldungen mehr ergeben, schließt der Vorsitzende den Tagesordnungspunkt. Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik hat von dem Bericht Kenntnis genommen.

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