Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 827/2011
Stuttgart,
09/27/2011



Fortschreibung der Public Corporate Governance für die Landeshauptstadt Stuttgart



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
14.10.2011
26.10.2011
27.10.2011



Beschlußantrag:

1. Der in der Anlage 2 beigefügten Neufassung der „Public Corporate Governance für die Landeshauptstadt Stuttgart“ wird zugestimmt.

2. Die Verwaltung wird ermächtigt, den Teil B der „Public Corporate Governance für die Landeshauptstadt Stuttgart“ regelmäßig auf seine Zweckmäßigkeit zu überprüfen und ggf. fortzuschreiben und zu ändern.


Begründung:

Im Dezember 2010 hat der Gemeinderat der LHS entschieden, dass im Rahmen der jährlichen Behandlung eines Schwerpunkts aus dem Bereich der Beteiligungsverwaltung die Fortschreibung der PCG behandelt werden soll. Neben den im Anhang aufgeführten Neuregelungen sollen auch die Entwicklung und die Erfahrung mit der PCG in den fünf Jahren seit ihrer Einführung dargestellt werden.

Entwicklung der PCG für die LHS

Im Juni 2006 hat der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart der Einführung einer Public Corporate Governance für die LHS (PCG) zugestimmt, dessen wesentlichstes Element ein auf die Gegebenheiten der Stadt Stuttgart zugeschnittener Public Corporate Governance Kodex (PCGK) darstellt (GRDrs 279/2006).

Ausgangspunkt für diese Entwicklung war zum einen, dass 2002 erstmals ein Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) für börsennotierte Unternehmen vorgestellt wurde. Dieser legt Standards einer guter Unternehmensführung fest, um das Vertrauen der Kapitalanleger durch ein transparentes und nachvollziehbares System zu fördern. Die Formulierung von Standards zur Führung städtischer Beteiligungsunternehmen und zur Gewährleistung der Transparenz war auch das Anliegen, aufgrund derer die Verwaltung die Übertragbarkeit des Kodex auf öffentliche Unternehmen geprüft hat.

Zum andern wurde in der Beteiligungsverwaltung die Notwendigkeit gesehen, auch für die LHS eine Beteiligungsrichtlinie zu erarbeiten, die als Grundlage für eine effiziente Steuerung der städtischen Beteiligungen durch die Beteiligungsverwaltung dienen sollte.

Unter diesen Prämissen wurden Standards zur Steigerung der Effizienz, Transparenz und Kontrolle bei den städtischen Beteiligungsgesellschaften entwickelt, die in die Form eines Kodex gefasst wurden, zu deren Einhaltung sich die Unternehmen selbst verpflichten. Als wichtigste Ziele einer PCG für die LHS wurden darin formuliert:

· einen Standard für das Zusammenspiel aller Beteiligten (Gemeinderat, Stadtverwaltung und Beteiligungsgesellschaften) festzulegen und zu definieren;
· eine effiziente Zusammenarbeit zwischen dem Aufsichtsrat und der Geschäftsführung zu fördern und zu unterstützen;
· den Informationsfluss zwischen Beteiligungsunternehmen und -verwaltung zu verbessern, um die Aufgabenerfüllung im Sinne eines Beteiligungscontrollings zu erleichtern;
· das öffentliche Interesse und die Ausrichtung der Unternehmen am Gemeinwohl durch eine Steigerung der Transparenz und Kontrolle abzusichern;
· durch mehr Öffentlichkeit und Nachprüfbarkeit das Vertrauen in Entscheidungen aus Verwaltung und Politik zu erhöhen.

Im Teil A der PCG sind wesentliche Standards verantwortungsvoller Führung von öffentlichen Unternehmen im eigentlichen Public Corporate Governance Kodex zusammengefasst. Die Regelungen des Teils B sollen das effiziente Zusammenwirken von Unternehmen und Beteiligungsverwaltung als Vertreter der Gesellschafterin Stadt sichern.

Zum damaligen Zeitpunkt war der PCGK der Landeshauptstadt Stuttgart der erste Kodex einer Kommune in Deutschland und bildete bald die Grundlage einer Reihe von Kodizes anderer Städte (z.B. Potsdam, Bremen, Frankfurt/Main, Saarbrücken, Musterkodex des Dt. Städtetags).

Die PCG wurde schnell durch Aufsichtsratsentscheidungen bei allen Mehrheitsbeteiligungen der LHS übernommen. Bei der Umsetzung der PCG bei den Minderheitsbeteiligungen ist die Beteiligungsverwaltung auf ein Mitwirken, bzw. die Zustimmung der Mitgesellschafter angewiesen. So wurde die PCG der LHS z.B. bei der Wohnanlage Fasanenhof und der Regio Stuttgart Marketing- und Tourismus-GmbH übernommen.

Bei einer neuen Beteiligung wird seit 2006 die Bindung an die PCG der LHS jeweils ausdrücklich im neu gefassten Gesellschaftsvertrag verankert (z.B. Stadion NeckarPark, Sportklinik Stuttgart, Stadtwerke). Dieses Ziel gilt auch für Unternehmensbeteiligungen mit gemischter Gesellschafterstruktur bzw. Gesellschaften mit nennenswerter Minderheitsbeteiligung der LHS. Gemäß der Regelung der PCG liefern Geschäftsführung (bzw. Vorstand) und Aufsichtsrat der Beteiligungsverwaltung jährlich einen Bericht über die Corporate Governance des Unternehmens, worin insbesondere eventuelle Abweichungen von den Empfehlungen des Kodexes erläutert werden. Diese Erklärung wird zuvor in den Aufsichtsräten der Unternehmen beraten und beschlossen.

Erfahrungen mit der PCG

Bei den Geschäftsführungen ist eine weitgehende Akzeptanz zu verzeichnen. Die Berichte der Unternehmen zeigen, dass generell nur ganz vereinzelt von den Empfehlungen des Kodex abgewichen wird. Ausdrücklich soll darauf hingewiesen werden, dass eine Abweichung von einer Empfehlung bei entsprechender Begründung nicht per se schon auf einen „Mangel“ in der Unternehmensführung oder -überwachung hinweist. Die im Kodex festgelegten Standards sind im Gegenteil darauf angelegt, flexibel und verantwortungsvoll angewendet zu werden, um damit als einheitliche Grundlage für die in allen Belangen so unterschiedlichen Beteiligungsunternehmen der Stadt dienen zu können. Solche Entscheidungen, Empfehlungen des Kodexes nicht zu entsprechen, können aus verschiedenen Gründen durchaus sinnvoll und notwendig sein, müssen aber transparent gemacht und begründet werden.

Als wesentliches Manko wurde im Vorfeld die fehlende Sanktionierung bei einer nicht oder nur unzulänglich begründeten Missachtung einzelner Empfehlungen gesehen. Hier zeigt die Praxis aber, dass die Beratung im Aufsichtsrat sowie die detaillierte Berichtspflicht an die Gesellschafterin LHS schon einen regulierenden Einfluss auch ohne direkte Sanktionsmöglichkeit ausüben. Im Übrigen bleibt als Korrektiv auch die nachträgliche Aufnahme einer verpflichtenden Regelung in den Gesellschaftsvertrag, die Geschäftsordnung oder den Arbeitsvertrag.

Aufgrund der ersten konkreten Erfahrungen erweist sich die PCG insgesamt als gute Hilfestellung für Geschäftsführung und Aufsichtsrat, insbesondere bei Wechsel der Organmitglieder. Die wesentlichen Pflichten und Anforderungen sind übersichtlich, unmissverständlich und vor allem nachlesbar fixiert. Eine solche Zusammenstellung erspart viel Abstimmungsaufwand und erleichtert Übergangsphasen.

Im Kodex werden die umfangreichen Pflichten und Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder der städtischen Beteiligungsgesellschaften explizit dargestellt und bewusst gemacht. Dies förderte die Auseinandersetzung der Aufsichtsräte mit diesem Thema und hat möglicherweise auch ein erhöhtes Problembewusstsein geschaffen. Indizien dafür können in der Diskussion um hohe Abwesenheitszeiten von Mandatsträgern und zusätzliche Anstrengungen in der Qualifizierung der Aufsichtsratsmitglieder gesehen werden. Darüber hinaus diskutieren die Aufsichtsräte jährlich die Effizienz ihrer Arbeit, d.h. darüber, wie sie ihre Arbeit beurteilen und wo noch Defizite und Verbesserungspotential gesehen werden.

Gerade die problemlose Anwendbarkeit der PCG bei den unterschiedlichen und zum Teil untypischen Gesellschaftskonstruktionen der LHS (wie GmbH & Co. KG, GmbH ohne Aufsichtsrat, GmbH ohne eigene Mitarbeiter, GmbH, deren operatives Geschäft durch städtische Ämter erfolgt) beweisen die enorme Flexibilität der PCG und deren positiven Nutzen.

Wesentlichste Merkmale der Umsetzung sind aber eine ausdrückliche Festlegung der Aufgaben und klare Verantwortlichkeiten bei der Unternehmensführung und -steuerung, was beim Stuttgarter Kodex in der Fachliteratur ausdrücklich hervorgehoben wird. Insbesondere konnte hier bewusst gemacht werden, dass die Vorgabe strategischer Unternehmensziele im Wesentlichen Aufgabe des Gesellschafters ist. Solche qualifizierten Aufsichtsstrukturen sind auch ein besonderes Qualitätsmerkmal einer am Gemeinwohl orientierten Unternehmenssteuerung. Die operative Umsetzung und Realisierung des Unternehmenszwecks und der strategischen Ziele bleibt in der Zuständigkeit der Geschäftsführung.

Nicht zuletzt schafft die PCG auch (verhandlungs-)strategische Vorteile bei Beteiligungen an Gesellschaften mit gemischter Gesellschafterstruktur. Durch Gemeinderatsbeschluss ist der Gesellschafter Landeshauptstadt Stuttgart an die einzelnen Bestimmungen der PCG gebunden und hat sich an ihnen zu orientieren; dadurch können zeitaufwändige Diskussionen über die Aufnahme und Formulierung vieler einzelner Regelungen in die Gesellschaftsverträge vermieden werden.

Als Grund für die breite Akzeptanz und die Funktionalität der PCG wird auch deren weitgehende Beschränkung auf die Steuerungsstrukturen gesehen. Inhaltliche Entscheidungen, Festlegungen oder Wertungen in Bezug auf Unternehmens- bzw. „Konzern“-ziele sollen mit dem Instrumentarium einer PCG ausdrücklich nicht getroffen werden. Die PCG soll zeigen, durch wen und wie gesteuert werden soll, nicht wohin! Die Standards selbst sind aber so gestaltet, dass vorgegebene gesamtstädtische Ziele oder verbindliche Strategieentscheidungen der Gesellschafter Maßstab für unternehmerische Entscheidungen im jeweiligen zuständigen Organ sein müssen.

Fortschreibung der PCG

Diese Erfahrungen wie auch die sich verändernden Anforderungen an eine kommunale Beteiligungsverwaltung bestärken die Verwaltung, die Public Corporate Governance als Maßstab guter Unternehmensführung und Kontrolle in öffentlichen Unternehmen der LHS regelmäßig im Hinblick auf neue Entwicklungen zu überprüfen und fortzuschreiben.

Neben der eigenen Erfahrung wurden für die beigefügte Neufassung der PCG für die LHS neuere vergleichbare Kodizes anderer Städte oder Organisationen, die Beurteilung des Kodexes in der Fachpresse sowie neuere privatrechtliche Regelungen berücksichtigt und eingearbeitet. Neben einigen Neuregelungen (z.B. Berücksichtigung von Gleichstellungsaspekten, Geschäftsführervergütung, derivative Finanzprodukte, Umgang mit der Scientology Church) wurde eine Anpassung der bisherigen Formulierungen nur in den Fällen vorgenommen, in denen nach Auffassung der Beteiligungsverwaltung eine Ergänzung, Klarstellung oder Vereinheitlichung angezeigt ist.


Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen






Michael Föll
Erster Bürgermeister

Anlagen



1 Übersicht über die Änderungen
2 Neufassung der PCG für die LHS


zum Seitenanfang
PCG LHS 2011 alt-neu.pdfPCG LHS 2011 alt-neu.pdf PCG Neufassung 2011.pdfPCG Neufassung 2011.pdf