Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 06.05.2015
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:Herr Stammler (VVS)
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Ungleichbehandlung von Azubis beenden: Azubis ab 2016 mit einem besseren VVS-Ticket unterstützen!
- Antrag Nr. 43/2015 der SPD-Gemeinderatsfraktion vom
13.02.2015

Der im Betreff genannte Antrag ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokoll- exemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Zu diesem Tagesordnungspunkt begrüßt EBM Föll den Technischen Referenten, BM Thürnau, Herrn Stammler sowie Herrn Steimer (T/V-I).

Der Antrag Nr. 43/2015 wird eingehend von StR Körner (SPD) begründet. Dabei spricht er bezogen auf Auszubildende von einer Gerechtigkeitslücke im derzeitigen VVS-Tarifsystem. Auszubildende müssten mit 153 €/Monat nahezu das Vierfache im Vergleich zu den im Antrag angesprochenen Gruppen für das VVS-Ticket be- zahlen. Andere Verkehrsverbünde hätten für die Auszubildenden wesentlich bes- sere Angebote. Dringend müssten Finanzierungsüberlegungen angestellt werden, nicht zuletzt deshalb, da die Stuttgarter Unternehmen in den nächsten Jahren auf Auszubildende angewiesen sind. Vielleicht seien ja gemeinsame Überlegungen mit den Unternehmen darüber möglich, wie die Attraktivität für den Beginn dualer Aus- bildungsgänge erhöht werden kann. Diese Finanzierungsfrage, dies stehe außer Frage, sei für die Einführung eines Azubi-Tickets die wesentliche Frage. Im Rahmen der in den nächsten Monaten anstehenden VVS-Tarifentscheidung 2016 und der dabei stattfindenden Gespräche über Ticketpreiserhöhungen sehe es die SPD- Gemeinderatsfraktion als bedeutsam an, ein Azubi-Ticket einzuführen.

Anschließend folgt ein Sachvortrag durch Herrn Stammler. Er berichtet dabei im Sin- ne der diesem Protokoll beigefügten Präsentation. Von ihm wird die Gruppe der Schüler, Studenten und Auszubildenden als größte VVS-Kundengruppe bezeichnet (rund 36 % aller Kunden). Die nicht bezuschusste Gruppe junger Menschen (Auszu- bildende, Praktikanten, Bufdis, Angehörige des Freiwilligen Sozialen Jahres, nicht bezuschusste Schüler (z. B. International School of Stuttgart)) umfasse knapp über 100.000 Personen in der Region Stuttgart. An diese Gruppe würden 380.000 Mo- natstickets/Jahr (Umsatz rund 26,5 Mio. €/Jahr, durchschnittlich ca. 70 €/Monats- ticket) verkauft. Obwohl auch seitens des VVS eine Gerechtigkeitslücke gesehen werde und obwohl diese Gruppe angesichts der häufig langen und zwischen Schule und Ausbildungsort unterschiedlichen Anfahrtswege geradezu für ein verbundweit gültiges Ticket prädestiniert sei, könne angesichts des Volumens nicht „im Schnell- schuss“ ein günstigeres Tarifangebot erfolgen. Seitens des VVS müsse geprüft wer- den, ob ein attraktiver Preis für ein verbundweit gültiges Azubi-Ticket ermöglicht werden kann. Im Übrigen handle es sich um keinen neuen Vorschlag. Der Jugendrat und auch Landkreise hätten solche Anregungen bereits vorgelegt. Der VVS habe das Thema aufgenommen und eine Marktuntersuchung in der Gruppe der Betroffe- nen durchgeführt. Rund 1.000 Betroffene seien z. B. bezüglich ihrer Zahlungsbereit- schaft befragt worden. Die Befragung sei abgeschlossen, die Auswertung liege aller- dings noch nicht vor. Das beauftragte Institut werde die Ergebnisse in den nächsten Wochen vorstellen. Danach werde man die VVS-Gremien informieren, und dabei werde auch ein Vorschlag unterbreitet. Heute könne jedoch noch kein Finanzie- rungsvorschlag, allein verbunden mit der Hoffnung, zusätzliche Kunden zu gewin- nen, vorgelegt werden. Dem VVS werde wohl alleine keine Finanzierung gelingen, aber es werde ein Vorschlag für diese wichtige Kundengruppe, bei der das Potenzial wohl noch nicht ganz ausgeschöpft sei, unterbreitet.

Angesichts der Umstellung auf das E-Ticket zum 01.01.16 bittet Herr Stammler um Verständnis, dass strukturelle Änderungen im Tarifangebot nicht zum 01.01.2016 umgesetzt werden können. Für ein Azubi-Ticket könnte sich gegebenenfalls eine Einführung zum Schuljahreswechsel 2016/2017 oder zum 01.01.2017 anbieten.

Für die Antragstellung durch die SPD-Fraktion und für die erfolgte Marktuntersu- chung durch den VVS bedankt sich StR Sauer (CDU) im Namen seiner Fraktion. Bezogen auf das Azubi-Tarifangebot, wird von ihm ebenfalls von einer Gerechtig- keitslücke gesprochen. Er erachtet ein besseres Angebot, das auch seitens des VVS finanzierbar ist, für erforderlich. Die CDU-Gemeinderatsfraktion unterstütze die Idee, und man sei gerne bereit, sich an weiteren Diskussionen konstruktiv zu betei- ligen. Im Namen seiner Fraktion erachtet StR Stopper (90/GRÜNE) es für sinnvoll, dieses Thema dann weiter zu diskutieren, sobald die Ergebnisse der Marktunter- suchung bzw. konkrete Empfehlungen/Vorschläge seitens der VVS-Geschäftsfüh- rung vorliegen. Er beantragt, Vorschläge der Geschäftsführung nicht nur in den Aufsichtsräten der SSB und des VVS, sondern auch im Verwaltungsausschuss zur Diskussion zu stellen. Seiner Meinung nach kann darüber nachgedacht werden, dass für Auszubildende, die in einem Vertragsverhältnis mit einem Betrieb stehen, ein Modell analog des Jobtickets eingeführt wird (Mitfinanzierung durch die Arbeit- geber). Er räumt ein, damit würden allerdings Praktikanten etc. nicht abgedeckt.

StR Körner bedankt sich bei Herrn Stammler für dessen Ausführungen. Die Ausfüh- rungen der StRe Sauer und Stopper, für die er sich ebenfalls bedankt, wertet er als Signale der grundsätzlichen Offenheit gegenüber der Einführung eines vergünstig- ten Azubi-Tickets. Dem Antrag von StR Stopper schließt er sich an. Zudem wird von ihm angemerkt, sicherlich müssten Gespräche mit der Wirtschaft zur Finanzierung eines solchen Tickets aufgenommen werden. Bei einer Beschränkung auf Firmen mit Jobticketangeboten würden sehr viele der heute thematisierten Gruppe außen vor bleiben. Von daher müsse die gesamte Gruppe bei den weiteren Gesprächen im Blick behalten werden.

Handlungsbedarf entsprechend des Antrags wird auch von StR Urbat (SÖS-LINKE- PluS) artikuliert. Von seiner Seite wird eine Solidarfinanzierung wie bei Studierenden für erforderlich angesehen. Für die Gemeinderatsfraktion Freie Wähler erklärt StRin von Stein (FW), auf entsprechende Vorschläge seitens des VVS werde gewartet.

Von EBM Föll wird zu bedenken gegeben, Auszubildende seien grundsätzlich bei Jobticketangeboten enthalten. So seien Auszubildende bei der Landeshauptstadt Stuttgart in das städtische Jobticketangebot involviert. Richtig sei, dass es das Firmenticket nicht flächendeckend gibt. Zudem bittet er, ohne die Themenstellung vollständig relativieren zu wollen, darauf zu achten, dass die aufgezeigte Problema- tik insbesondere Auszubildende betrifft, die in der Region wohnen und in Stuttgart ihren Ausbildungsplatz haben oder in Stuttgart Berufsschulen besuchen. Bei sol- chen Tarifangelegenheiten sei zudem darauf zu achten, wie sich neue Tarifange- bote auf der Erlösseite des VVS auswirken (Einnahmeaufteilungsvertrag zwischen den einzelnen Verkehrsunternehmen). Deshalb müsse sicher sein, dass es zu kei- ner Umverteilung zulasten der SSB kommt. Die Finanzierung anderer Angebote, exemplarisch nennt er das Sozialticket, erfolge auch nicht solidarisch vollständig über den Tarif. Das Sozialticket sei eine spezifische Maßnahme der Landeshaupt- stadt für die Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger.

EBM Föll bestätigend wird von Herrn Stammler angemerkt, das Thema betreffe ne- ben der Landeshauptstadt natürlich auch die Landkreise. Seitens des VVS werde ein Angebot für den gesamten Verbund vorgelegt. Selbstverständlich werde kein Angebot kreiert, darauf achte schon die SSB, das zulasten der SSB geht. Insgesamt habe der VVS von seinen Verkehrsunternehmen den Auftrag, die Einnahmen, die aktuell von der angesprochenen Gruppe generiert werden (ca. 26,5 Mio. €/ Jahr), zu sichern. Sollte bei einem neuen Angebot ein Delta entstehen, müsste geschaut wer- den, wie dieses finanziert werden kann. Bei der recht homogenen Gruppe der Stu- dierenden sei eine Solidarfinanzierung relativ einfach. Hier gebe es das Instrument des Beitrags über die Studierendenwerke. Und über die Studierendenwerke habe dieses nicht nur in Stuttgart, sondern bundesweit recht einfach abgewickelt werden können.

Die Gruppe, mit der man sich heute beschäftige, sei dagegen sehr heterogen. Es gehe nicht nur um die Auszubildenden, sondern auch um Praktikanten etc. Im Au- genblick gebe es für diese Gruppe noch kein Instrument, um eine Solidarfinanzie- rung zu ermöglichen. Eigentlich müsse geschaut werden, ob aus der Gruppe die Nutzung erhöht werden kann (z. B. Steigerung der Zahl der Auszubildenden, die Monatskarten erwerben). Hoffentlich ermögliche die Marktforschung Erkenntnisse darüber, ob es bei den Auszubildenden etc. durch die Platzierung eines günstigen Abonnements gelingen kann, Einnahmen zu erhöhen (wie bei den Berufstätigen). Die Erkenntnisse würden entsprechend bewertet.

Da seitens des Verkehrsverbundes ebenfalls eine Gerechtigkeitslücke gesehen werde, engagiere sich der VVS auch bei diesem Thema, jedoch wie bereits aus- geführt unter der Prämisse, dass die derzeitigen Gesamteinnahmen erhalten blei- ben.

Zum Jobticket berichtet Herr Stammler - und damit bestätigt er EBM Föll -, es gebe neben der Landeshauptstadt Stuttgart viele Arbeitgeber, die sich bereits für ein gün- stiges Ticket für ihre Auszubildenden einsetzen. Dies sei aber natürlich eine freiwil- lige Leistung. Gegebenenfalls könnten Arbeitgeber, eventuell mit einem Anreiz des VVS, zur Mitfinanzierung gewonnen werden. Dies praktiziere die Landeshauptstadt bereits.

Mit dem von StR Stopper gemachten Verfahrensvorschlag zeigt sich Herr Stammler einverstanden. Wenn seinen Aussagen zu einer möglichen Ticketeinführung gefolgt werde, gebe es die zeitliche Möglichkeit, dieses Thema vor einer Behandlung in den Gremien des VVS und der SSB nochmals im Verwaltungsausschuss zu beraten.

An StR Sauer gewandt informiert Herr Stammler, in Baden-Württemberg gebe es Verkehrsverbünde, die nicht zwischen bezuschussten Schülern an allgemeinbilden- den Schulen und Studierenden, Praktikanten etc. unterscheiden. Diese hätten diese Thematik sozusagen sozialisiert und in ein Angebot gefasst (z. B. Karlsruher Ver- kehrsverbund). Im Jahr 2000 habe der VVS diesen Weg nicht eingeschlagen.

Nachdem StR Sauer nachfragt, wie es dazu kam, dass in der letzten Woche in einer Stuttgarter Tageszeitung von einer 2,4%igen Tarifsteigerung ab dem Jahr 2016 ge- sprochen wurde, ohne dass weder im SSB- noch im VVS-Aufsichtsrat darüber bera- ten wurde, berichtet Herr Stammler, wie diese Veröffentlichung zustande gekommen sei, könne er nicht nachvollziehen. Der VVS sei entsprechend der Vorgehensweise der vergangenen Jahre noch bei der Erhebung der Kostensteigerungen von 2013 bis 2014 aller 40 im VVS vertretenen Verkehrsunternehmen. Sobald alle Zahlen vor- liegen, momentan sei dies noch nicht der Fall, würden diese entsprechend der Be- deutung der einzelnen Unternehmen gewichtet. Die sich letztendlich ergebenden Zahlen stellten die Basis für einen VVS-Vorschlag für eine Tarifsteigerung ab 2016 dar. Auf dieses transparente Verfahren habe man sich in der Vergangenheit geei- nigt. Damit könnten alle Beteiligten nachvollziehen, wie sich die Kostensteigerungen der Unternehmen darstellen. Die 2,4 % seien aber Stand heute eine reine Spekula- tion.

Zur weiteren Vorgehensweise merkt EBM Föll an, im Kontext mit der Gestaltung der von dem VVS erarbeiteten Tarifalternativen werde auch das Auswertungsergebnis eine Rolle spielen. Dies sei ja die Basis der Erkenntnisse, auf die sich die Vorschlä- ge gründen.

StR Prof. Dr. Maier (AfD), für den die Notwendigkeit eines finanziellen Engagements der Landeshauptstadt außer Frage steht, regt an, bereits heute darüber Klarheit her- zustellen,
- dass Handlungsbedarf für die Einführung eines Azubi-Tickets besteht,
- dass ein solch neues Ticketangebot für die Stadt Stuttgart nicht völlig zum Nulltarif eingeführt werden kann,
- und dass nicht erwartet werden kann, dass ein Finanzierungsdelta durch Einspa- rungen des VVS an anderen Stellen geschlossen werden kann.

Dem widerspricht der Vorsitzende, indem er betont, er sehe keine entsprechenden finanziellen Möglichkeiten der Stadt. Zudem werde der Gemeinderat in den näch- sten Wochen mit den finanziellen Realitäten der SSB konfrontiert. Bevor seitens der Fraktionen weitere Zuschüsse an den VVS in den Raum gestellt werden, sollte Kenntnis über die Finanzierungsnotwendigkeiten der SSB-Realitäten bestehen.


Mit den Worten, so wie dargestellt werde verfahren, schließt EBM Föll diesen Tagesordnungspunkt ab.

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