Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 15.02.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Herr Häbe fr
Betreff: "Mehr Öffentlichkeit bei Verträgen wagen"
- Antrag Nr. 439/2016 (SÖS-LINKE-PluS) vom 22.12.2016

Der im Betreff genannte Antrag sowie die Stellungnahme des Herrn Oberbürgermeisters vom 10.02.2017 sind dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


In seiner Antragsbegründung trägt StR Urbat (SÖS-LINKE-PluS) vor, zwei Aspekte hätten seine Fraktionsgemeinschaft bewogen, den Antrag zu stellen. Zum einen stoße auf Missfallen, wie durch Auslagerungen zu Beteiligungsunternehmen Transparenzverluste entstünden, da dort Dinge, im Gegensatz zu Eigenbetrieben, nicht öffentlichen behandelt würden. Zum anderen werde das Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) als nicht weitgehend genug angesehen. An dieser Stellle wird von ihn auf das Hamburgische Transparenzgesetz (HmbTG).

Anschließend führt EBM Föll aus, der Antrag begehre eigentlich, dass alle Verträge der Landeshauptstadt und ihrer Beteiligungen veröffentlicht werden. Hiervon wären Hunderttausende von Verträgen des Konzerns Landeshauptstadt Stuttgart betroffen. Es müsste also bei all diesen Verträgen geprüft werden, ob das öffentliche Wohl bzw. die berechtigten Interessen Einzelner oder - wenn es um Verträge der Beteiligungsunternehmen gehe -, ob der Gesichtspunkt der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gegen Veröffentlichungen sprechen. Diese Prüfungen würden die Verwaltung, sofern der Gemeinderat dafür keine Stellen schaffe, auf Jahre beschäftigen, wobei damit nach Auffassung der Verwaltung für die Öffentlichkeit kein Mehrwert generiert werden könnte.


Dort, wo die Verwaltung Ermessen ausüben könne, bemühe sie sich, öffentliche Behandlungen durchzuführen. Die Einschränkung, die es nach § 35 Abs. 1 GemO gebe, nämlich dass öffentliches Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner einer Veröffentlichung entgegenstünden, werde also eng ausgelegt. Beispielsweise habe der Gemeinderat alle wichtigen Beschlüsse zu Beteiligungsunternehmen öffentlich getroffen. Auch die wesentlichen Vertragsinhalte seien stets veröffentlicht worden. Im Übrigen gebe es seit Herbst 2016 mit dem neuen § 41 b Abs. 2 GemO die Verpflichtung, alle Ratsdokumente und Protokolle im Internet zugänglich zu machen. Dies werde auch umgesetzt, und dies stelle eine deutliche Erweiterung der bisherigen Praxis dar.

Zudem gebe es das LIFG. Die begrenzte Anzahl entsprechender Anträge könne durchaus so interpretiert werden, dass bereits viel Transparenz bestehe. Bei solchen Anträgen bemühe sich die Verwaltung, soweit dies rechtlich zulässig sei, den Begehren der Antragsteller nachzukommen. Abschreckende Bearbeitungsgebühren würden nicht erhoben. Vielmehr bewege man sich hier an der unteren Grenze. Gegenüber dem Gemeinderat habe die Verwaltung dargelegt, erst dann reagieren zu wollen, wenn sich eine missbräuchliche Verwendung dieses Instrumentes zeigen sollte.

Im Interesse der Verwaltung liege es, so viel Transparenz wie irgend möglich herzustellen. Abhebend auf den jährlichen Beteiligungsbericht betont der Erste Bürgermeister, mit diesem Bericht bewege man sich an der Spitze vergleichbarer Städte in Deutschland.

Für die Verwaltung könne er zusagen, dass bei der Herstellung von Transparenz das Ermessen soweit rechtlich zulässig ausgeübt werde. Natürlich gebe es aber in gewissen Phasen für die Stadt bzw. für die Beteiligungsunternehmen berechtigte Interessen, Dinge nicht öffentlich zu halten. Ansonsten würden sich Nachteile in Verhandlungen mit Dritten ergeben. Da die Stadt viel transparenter agiere als ihre Verhandlungspartner, zeige sich dies bereits heute in Einzelfällen. Die umfangreichen Kenntnisse von Verhandlungspartnern über die Stadt erschwere es, in Verhandlungen möglichst optimale Ergebnisse für die Stadt zu erzielen. Dies gehöre in diesem Zusammenhang auch bedacht. Transparenz sei gut, aber sie sollte nicht zum Nachteil für die Landeshauptstadt Stuttgart sein.

Von StR Winter (90/GRÜNE) werden Überlegungen angeregt, im Gegensatz zu der bisherigen Vorgehensweise, künftig Einbringungen von Vorlagen öffentlich vorzusehen. Dem pflichtet EBM Föll bei. Bezug nimmt der Erste Bürgermeister dabei auf zwei Vorlagen-Einbringungen aus dem Schulbereich im heutigen nicht öffentlichen Teil der Tagesordnung. Solche Vorlagen könnten durchaus öffentlich eingebracht werden. Dem stehe weder das öffentliche Wohl noch ein schutzwürdiges Interesse Dritter entgegen. Zudem sei zu einer der beiden zur Einbringung vorgesehenen Vorlagen bereits in der Presse berichtet worden. Er sagt zu, und BM Dr. Mayer signalisiert dazu seine Zustimmung, diesbezüglich verwaltungsintern eine Überprüfung vorzunehmen, mit dem Ziel einer einheitlichen Vorgehensweise in allen gemeinderätlichen Gremien. Nicht öffentliche Tagesordnungen sollten sich auf Themen beschränken, die tatsächlich einer nicht öffentlichen Behandlung bedürften. Dem pflichtet auch StR Pfeifer (SPD) bei.

Im Vergleich zu der Vergangenheit, so StR Winter, gebe es aktuell mehr Öffentlichkeit. Insgesamt sieht er die Stadt hier auf einem guten Weg. Begrüßt würden Anstrengungen, die Flut an öffentlichen Daten im städtischen Internet auffindbarer zu machen. Seine Fraktion wolle dabei die Verwaltung unterstützen.

Er, StR Pfeifer und StR Dr. Reiners (CDU) schließen sich den Ausführungen des Vorsitzenden an. StR Pfeifer unterstreicht, dass auch die Stadt als Wirtschaftspartner ihre eigenen Interessen schützen muss. Darauf, dass das Verwaltungshandeln sich an der Gemeindeordnung bzw. an der Hauptsatzung orientiert, weist StR Dr. Reiners hin. Äußerungen wie im Antrag, dass die Geheimhaltung tendenziell eher zur Bevorteilung Dritter in ihren wirtschaftlichen Interessen führt, und damit pflichtet er StR Pfeifer bei, sollten unterbleiben. Im weiteren Verlauf merkt StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) mit Nachdruck an, für seine Fraktionsgemeinschaft gelte der Öffentlichkeitsgrundsatz, soweit § 35 GemO nicht greife. In der Vergangenheit habe es z. B. im Zusammenhang mit dem Thema Cross-Border-Leasing (CBS) Abläufe gegeben, bei denen die Nichtöffentlichkeit Teil des Geschäftsmodelles gewesen sei. Von StR Urbat (SÖS-LINKE-PluS) wird im Verlauf der Aussprache problematisiert, dass der VVS-Vertrag unter Verschluss gehalten wird. Dazu entgegnet EBM Föll, die VVS-Struktur könne in jedem VVS-Jahresbericht nachgelesen werden. Diese Berichte würden jährlich veröffentlicht.

Gegen Ende der Aussprache regt StR Rockenbauch an, die Intention des Antrages unter Beachtung des § 35 GemO für alle zukünftigen Verträge zu beschließen. Nachdem seitens des Vorsitzenden signalisiert wird, dies abzulehnen, fährt StR Rockenbauch fort, diese Haltung ergebe sich daraus, dass ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse der Stadt geltend gemacht werde. Diese nicht gesetzliche Einschränkung der Öffentlichkeit lehne seine Fraktionsgemeinschaft ab. Dies aufgreifend verweist EBM Föll nochmals darauf, dass der Antrag auf eine Offenlegung aller Verträge abziele. Natürlich könne man das Thema CBS unterschiedlich beurteilen, aber im Zusammenhang mit dem zur Beratung stehenden Thema sei dies ein falsches Beispiel. Der Gemeinderat habe den Abschluss der CBS-Verträge auf der Grundlage einer Vorlage mit den wesentlichen Vertragsinhalten in öffentlicher Sitzung beschlossen, obwohl es sich dabei um einen klassischen Vertrag gehandelt habe, bei dem es für eine Unterlassung einer Veröffentlichung berechtigte Interessen Dritter gegeben habe.

Grundsätzlich unterstreicht EBM Föll, wenn in Zukunft keine Verträge mit Dritten mehr abgeschlossen werden könnten, weil von Vertragspartner verlangt werde, keine berechtigten Schutzinteressen geltend zu machen, schränke sich die Zahl potenzieller Vertragspartner der Landeshauptstadt stark ein. Wenn also die Stadt nicht mehr in der Lage sei, in einem möglichst breiten Wettbewerb Vertragspartner auszuwählen, ergebe sich ein Nachteil für die Stadt. Schließlich wolle man ja seitens der Stadt bestmögliche Vertragsinhalte erreichen.


Nachdem StR Rockenbauch zu erkennen gibt, dass der Antrag aufrechterhalten wird, stellt EBM Föll fest:

Der Verwaltungsausschuss lehnt den Antrag Nr. 439/2016 bei 2 Ja-Stimmen und 15 Gegenstimmen mehrheitlich ab.
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