Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
GRDrs 921/2012
Stuttgart,
11/21/2012


Demografiebericht 2012



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussKenntnisnahmeöffentlich05.12.2012

Bericht:


Stuttgarts Strategie und Maßnahmen zur Abmilderung des Demografischen Wandels – Stuttgarter Demografiebericht 2012

Der Demografiebericht der Landeshauptstadt Stuttgart erscheint seit 2008 alle zwei Jahre. Der erste demografische Zwischenbericht behandelte den Schwerpunkt „Bezirke“. Der Stuttgarter Demografiebericht 2012 orientiert sich wie sein Vorgänger aus 2010 sowohl am dezentral ausgerichteten Stadtbezirksansatz als auch am Stuttgarter Generationenvertrag der zentralen Fachbereiche. Er stellt die Bilanz der Strategien, Programme und Maßnahmen zur Abmilderung des Demografischen Wandels sowohl auf Bezirks- als auch auf Fachbereichsebene dar.


I. Statistische Grundlagen und Ziele (Seite 10 ff. des Berichts)

Nach den statistischen Grundlagen des Berichts folgt Stuttgart unverkennbar den demografischen Entwicklungen „älter“, „bunter“ und „vereinzelter“. In den meisten Bezirken sind die Auswirkungen deutlich spürbar. Aus der allgemeinen Zielsetzung „Abmilderung der demografischen Schieflage“ wurden für die demografische Gesamtstrategie die folgenden Einzelziele formuliert:


II. Strategie und Maßnahmen (Seite 23 ff. des Berichts)

1. Zentral: Fachbereiche (Seite 26 ff. des Berichts)

Die Fachbereiche, d. h. die Referate, Ämter, Eigenbetriebe und Stabsabteilungen haben sich hinsichtlich des Demografischen Wandels einer doppelten Herausforderung zu stellen: zum einen dem Demografischen Wandel in der Bevölkerung („Außensicht“), zum anderen dem Demografischen Wandel beim Personal („Innensicht“). Beides ist den Darstellungen von Kapitel 2 zu entnehmen.

In den Fachbereichen setzte sich in den vergangenen beiden Jahren zunehmend die Erkenntnis durch, dass ohne Generationensolidarität eine Zukunft nur schwer vorstellbar ist. Dies ist an den zahlreichen genannten Projekten und Aufgaben erkennbar, die häufiger als früher einen generationsübergreifenden Bezug aufweisen. Die Strategien und Maßnahmen der Ämter, Eigenbetriebe und Stabsabteilungen waren dabei zumeist auf den Fachschwerpunkt und auch auf eine spezielle Altersgruppe gerichtet, wiesen jedoch dieses Mal häufig Verbindungen und Schnittstellen zum Fach- und Generationenübergreifenden auf. Letzeres liegt teilweise in den Aufgabenzuschnitten begründet, die Tätigkeitsfelder klar umreißen und strukturieren. Seit einiger Zeit ist die Entwicklung bei den Fachbereichen erkennbar, dass eine strikte Trennung bei der Aufgabenerfüllung in der Praxis zugunsten des Kooperations- und Netzwerkgedankens abnimmt, bei dem der/die Bürger/in im Mittelpunkt steht.

Die Mitarbeiter/innen der Ämter und Eigenbetriebe werden im Durchschnitt immer älter. Weil Personaleinsparungen genau dazu führen, dass vorhandenes Personal umgesetzt wird und sich der Personalkörper so nicht merklich verjüngen kann, wird zwischen 2012 und 2030 pro Jahr das Vierfache an Personal gegenüber heute ausscheiden. Ein Blick auf das Personal zeigt, dass Maßnahmen beschlossen wurden, um den demografischen Umbruch beim Personal abzufedern und dem sich abzeichnenden Führungs- und Fachkräftemangel entgegenzuwirken. In den letzten beiden Jahren ist der Handlungsdruck in Sachen Personal stärker ins Bewusstsein von Verwaltung und Politik getreten: es wurde u. a. eine groß angelegte Kampagne gestartet und die unbefristete Übernahme eines Teils der Auszubildenden beschlossen, um Personal zu gewinnen. Beim Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie werden derzeit Mitarbeiter/innen mit pflegebedürftigen Angehörigen durch das neu aufgelegte Projekt „Zeit für Zuwendung“ unterstützt. Durch Maßnahmen der Personalentwicklung sollen die Mitarbeiterbindung gestärkt und eine zukunftsorientierte, leistungsfähige und qualitätvolle Verwaltung gewährleistet werden. Arbeitssicherheit, Arbeitsschutz und Gesundheitsvorsorge leisten ebenfalls ihren Beitrag.


2. Dezentral: die Bezirke (Seite 54 ff. des Berichts)

Die Maßnahmen, die von den Bezirken in den letzten beiden Jahren durchgeführt wurden, sind je nach den Gegebenheiten vor Ort unterschiedlich. Die genannten Maßnahmen aus den Bezirken lassen sich einteilen in „Jüngere im Bezirk“, „Älter werden im Bezirk“ und das „Miteinander der Generationen und der Stuttgarter/innen mit und ohne Migrationshintergrund im Bezirk“, um die Gemeinschaft vor Ort zu fördern.

In der Gesamtschau lässt sich bei den Bezirken erkennen, dass in den beiden letzten Jahren das Augenmerk vermehrt auf das Generationenübergreifende gerichtet wurde, während im Bericht 2010 noch weitaus weniger von generationenübergreifenden Zielen, Strategien und Maßnahmen die Rede war. Das Generationenübergreifende findet sich in der gesamten Bandbreite: von Stadtplanung bis hin zu gemeinsamen Projekten von Jung und Alt im Bezirk. Die Zukunftskonferenzen werden von vielen Bezirken als Grundlage für ihre Zukunftsstrategie bezeichnet, an deren Umsetzung noch gearbeitet wird, da manche Projekte längerfristig angelegt sind. Die Integrationspolitik der Landeshauptstadt ist mittlerweile ein gut entwickeltes Politikfeld. Es ist in den Bezirken die Tendenz zu erkennen, dass dort das Thema in den normalen Bezirksalltag integriert wird. Am besten ist dies in den Generationenhäusern sichtbar, wo die unterschiedlichen Generationen und Nationen die Gemeinschaft vor Ort leben.

Durch die Zukunftskonferenzen lebten die Bezirke Bürgerbeteiligung informeller (tendenziell die Außenbezirke) und formeller (tendenziell die Innenbezirke) Art, bei denen neue Themen generiert, ältere Themen aufgegriffen und umgesetzt wurden bzw. werden. Für die Nachhaltigkeit und die Verfestigung der Ergebnisse aus den Zukunftskonferenzen konnten in neun Bezirken Demografie-Lotsen/innen eingesetzt werden. Ein Blick auf die Bezirke zeigt zudem, dass das Thema Diversity – hauptsächlich im Sinne von Diversity-Management im Personalwesen anzutreffen – auf Bezirksebene derzeit eine Bedeutungserweiterung erfährt: dort wurde u. a. bei den Zukunftskonferenzen wiederholt das Ziel formuliert, dass jede/r sich, unabhängig von Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund, Behinderung oder religiöser Zugehörigkeit, in die Gemeinschaft einbringen soll und partizipieren kann.

Ein weiteres Pfund, mit dem Stuttgart wuchern kann und dessen Stärkung ein Plus für alle darstellt: die polyzentrische Struktur Stuttgarts. Sie bietet zahlreiche Vorteile, von denen die Stadt und ihre Bürger/innen seit Jahren profitieren wie z. B. bei der Sicherheit und Verwurzelung. In anderen Großstädten ist tendenziell erkennbar, dass in den Bezirken mehr verortet wird. Diese Überlegungen breiten sich auch zunehmend beim französischen Nachbarn aus: ein Vertreter von Bordeaux präsentierte im Oktober 2012 bei einer Veranstaltung des Euro-Instituts in Kehl die Verlagerung von Kompetenzen und Anlaufstellen für Bürger/innen in die Bezirke als die Lösung für eine bürgernähere Kommune. Diesen Weg verfolgt Stuttgart bereits seit Langem.


III. Handlungsempfehlungen für die nächsten zwei Jahre (Seite 102 ff. des Berichts)

Bei der Frage, was in den nächsten beiden Jahren getan werden sollte, wurden von den Fachbereichen und Bezirken die folgenden Punkte genannt.

Stuttgart sollte mehr denn je eine kinderfreundliche Stadt werden. Um die jüngere Generation besser zu unterstützen, sollte Kindern und Jugendlichen noch mehr Bildungs- und Teilhabechancen geboten werden, auch sollte der Jugendrat einen höheren Stellenwert und mehr Aufmerksamkeit erhalten. Die Öffnung der Stadtverwaltung bezüglich der neuen Medien sollte weiter vorangetrieben werden, um die Jüngeren für die Politik und damit für die Mitgestaltung ihrer Stadt zu gewinnen. Der Bau neuer Kinderbetreuungseinrichtungen sowie Wohnangebote für Familien in Stuttgart sollten ebenfalls zielstrebig verfolgt werden.

Durch die Veränderungen in der Bildungspolitik sind die Kommunen gehalten, am Umbau der Schullandschaft mitzuwirken, was dazu führt, dass Bezirke verstärkt die Sicherung ihrer Schulstandorte ins Visier nehmen müssen. Bei der Suche nach Bildungspaten/-innen für Kinder und Jugendliche gilt es zu unterstützen oder sich an den Bildungsregionen zu beteiligen. Dies stellt für Kommunen eine unabdingbare Notwendigkeit dar, um die Attraktivität des eigenen Bezirks für junge Familien zu bewahren.

Die Älteren verfügen über ein Reservoir an Lebenserfahrungen, Zeit und finanzieller Sicherheit. Dieses Potenzial sollte für die Allgemeinheit aktiviert werden. Ein ganz entscheidender Faktor beim Umgang der älteren Generation mit sich selbst sowie der Generationen miteinander ist das Altersbild. Dieses muss dahingehend weiterentwickelt werden, dass es das Potenzial, die Leistungsfähigkeit und den Wert der Älteren widerspiegelt und nicht die gezählten Jahre. Wie der Zukunftsforscher Opaschowski auf dem Demografie-kongress „Best Age“ 2012 in Berlin erklärte, dass man in Zukunft bei der gegenwärtigen „Generation des langen Lebens“ nicht mehr den Begriff „Alter“, sondern den der „Lang-lebigkeit“ verwenden und sich auf ein neues Koordinatensystem beziehen werde, d. h. man wird nicht mehr „alt“ und „jung“ als Hauptbezugspunkt nehmen, sondern die „Mitte des Lebens“ als Hauptreferenz definieren.

In den Bezirken wird das Generationenübergreifende entwickelt, gefördert und umgesetzt. Große Chancen werden im Bau von Mehrgenerationenhäusern und alternativen Wohnformen gesehen. Aus diesem Grund sollten diese Vorhaben der Bezirke unterstützt werden. Die Stadt hat die Chance, eine bürgernahe Kommune zu werden, in der die Bürger/innen ihr ehrenamtliches Potenzial gerne einbringen. Dazu sollte die Stadt zum eingeworbenen ehrenamtlichen Engagement auch die entsprechende ideelle und materielle Unterstützung in den Bezirken durch ausreichende Finanzmittel bereitstellen. Aus diesen Mitteln könnten z. B. weitere Zukunftskonferenzen in den Bezirken finanziert werden, die bisher nicht durchgeführt werden konnten.

Bei der Innensicht, d. h. im Personalbereich könnte sich die Landeshauptstadt Stuttgart im Rahmen ihrer Möglichkeiten an der Weiterentwicklung des Berufs des/der Erziehers/in und des Pflegeberufs beteiligen. Außerdem sollten eine Konzeption über „altersgerechte“ Arbeitsplätze, die „Alterstauglichkeit“ von Arbeitsplätzen sowie mögliche weitere Einsatzbereiche von älteren Mitarbeiter/innen entwickelt werden.

Des Weiteren wäre zu überlegen, einen Demografie-Check einzuführen, mit dem gemessen werden kann, ob und inwieweit ein städtisches Vorhaben einen Beitrag zur Abmilderung der demografischen Schieflage leistet.

Bezüglich der Abmilderung des Demografischen Wandels befindet sich Stuttgart auf einem guten Weg. Die Erkenntnis, dass ein erheblicher Handlungsdruck besteht, setzt sich in den Fachbereichen und Bezirken immer mehr durch und wird in die Tat umgesetzt.

Dieser Sachverhalt soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es permanenter Anstrengungen bedarf, dieses hohe Niveau zu halten und weiter auszubauen, um Stuttgarts Attraktivität im Standortwettbewerb zu behaupten. Um weiterhin den Demografischen Wandel wirkungsvoll zu gestalten, bedarf es seitens der Stadt ein strategisch durchdachtes und konsequentes Handeln, bei dem alle an einem Strang ziehen.

Beteiligte Stellen








Dr. Wolfgang Schuster
Oberbürgermeister





Anlagen:

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