1.1 Existenzielle Hilfe für Stuttgarter Kultureinrichtungen in Höhe von 2.920.000 EUR

1.2 Erhöhung des Live Music-Fonds um 80.000 EUR auf 160.000 EUR

2. Der Gemeinderat beschließt die nachfolgenden Hilfspakete für den Sport für den Zeitraum bis zum 31.07.2020:

2.1 Strukturelle Hilfe für die Stuttgarter Sportvereine in Höhe von 1.000.000 EUR

2.2 Existenzielle Hilfe für die Stuttgarter Sportvereine und Bundesligisten (ohne VfB Stuttgart) in Höhe von 1.000.000 EUR

3. Die mit GRDrs 250/2020 bereitgestellten 5.000.000 EUR werden für diesen Zweck in die Teilhaushalte des Kulturamts (3.000.000 EUR) und des Amts für Sport und Bewegung (2.000.000 EUR) umgesetzt.

Begründung:


1. Einleitung

Die Corona-Krise hat der Kultur- und Sportstadt Stuttgart in besonderer Weise zugesetzt. Seit Mitte März ist das öffentliche Leben in einer Weise reduziert, wie es die Bürgerschaft der Landeshauptstadt zu Lebzeiten nicht erfahren hat. Zentrale Aktivitäten des stadtgesellschaftlichen Lebens sind seit über zwei Monaten stark eingeschränkt. Kulturelle und sportliche Betätigungen und Veranstaltungen sind aufgrund der Sicherheitsbestimmungen deutlich zurückgefahren. Und auch auf absehbare Zeit werden diese nur mit starken Einschränkungen möglich sein.

Die aktuelle Situation zeigt den Menschen allerdings umso deutlicher, welchen Stellenwert gerade Kultur und Sport für eine funktionierende, friedvolle und vielfältige Stadtgesellschaft insgesamt haben. Seit vielen Jahren wird Stuttgart in zahlreichen Städte-Rankings auf den oberen Plätzen verortet. In den Kultur-Rankings der Berenberg Bank belegt Stuttgart regelmäßig den ersten Platz vor allem aufgrund des Zweiklangs von großer Angebotsvielfalt und starker Nachfrage zugleich: 2,8 Theater- und Opernbesuche und 4,0 Museumsbesuche je Einwohner*in jährlich sowie die große Dichte an gut besuchten Musikveranstaltungen weisen auf den hohen Grad der Kulturrezeptionsgewohnheiten in der Landeshauptstadt hin. Dieser auch für die Außenwirkung der Stadt wichtige Aspekt hat sich über Jahrzehnte hin entwickelt und ist Manifestation des kulturellen Selbstbewusstseins der Bürgerschaft und der zunehmend soliden Finanzierung durch den sie vertretenden Gemeinderat.

Genauso ist der Sport ein zentraler Standortfaktor der Landeshauptstadt. 140.000 Menschen sind Mitglied in einem Sportverein. Zusammen mit dem Kurssystem treiben wöchentlich rund 250.000 Menschen Sport in unseren Vereinen. Allein 60.000 davon sind Kinder. Die Stuttgarter Bundesligisten in zahlreichen Sportarten sind ein Aushängeschild und Imageträger der Sportstadt Stuttgart. Sie strahlen in die Stadt und das Umland aus, schaffen ein großes Identifikationspotential und Gesundheitsbewusstsein und haben eine große Fangemeinde mit steigender Tendenz.

Die Einschränkungen beider Bereiche sind in der Krise am deutlichsten in der Stadtgesellschaft spürbar und zeigt deren existentielle Dimension im sozialen Leben der Landeshauptstadt. Der Erhalt dieser beiden zentralen Komponenten der erweiterten Daseinsvorsorge wird gerade in den nächsten Monaten für die entscheidenden Weichenstellungen auf dem Weg zu einer weiterhin zukunftsfähigen, friedfertigen und attraktiven Landeshauptstadt sorgen.

Die Soforthilfemaßnahmen von Bund und Land konnten zunächst akute Engpässe, vor allem im Bereich der Freischaffenden und Solo-Selbständigen, überbrücken. Die Förderung der Kommune dient vorerst dem Erhalt der Infrastruktur. Ab Sommer jedoch werden insbesondere zur Erfüllung des Grundauftrages öffentliche Mittel entscheidend sein. Denn die schrittweise Wiedereinführung eines Spielbetriebs und die somit wieder ansteigenden Kosten einerseits und die reduzierte Zahl an Besuchen und damit einhergehenden niedrigen Einnahmeniveaus andererseits, verstärkt das Defizit in den Bereichen Kultur und Sport.

Im Rahmen der Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus wurde der gesamte Kultur- und Sportbetrieb in Stuttgart am 14. März 2020 eingestellt. Durch den Shutdown wurden Trainings oder Proben unmöglich, sämtliche Kurse und Bildungsangebote abgesagt und der Spiel- oder Veranstaltungsbetrieb ausgesetzt.

Im Sport waren alle Stuttgarter Sportvereine und kommerzielle Sportanbieter gleichermaßen betroffen. Der Zeitpunkt des Shutdowns hätte wirtschaftlich und sportlich betrachtet nicht schlechter sein können: Der Ligaspielbetrieb aller Sportarten war in vollem Gange, die Jahresplanung (Kurse, Sportcamps, Ferienangebote, Veranstaltungen etc.) der Vereine abgeschlossen und die Budgets geplant.

Das Hauptproblem beim Herunterfahren des kulturellen Lebens ist in erster Linie die damit verbundene Existenzbedrohung der kulturellen Akteure. Die Personalstruktur im Kulturbereich ist komplex: Viele Menschen arbeiten vor und hinter den Kulissen. Es sind neben Angestellten ohne Befristung vor allem befristet Angestellte, kurzfristig Beschäftigte, freie Mitarbeitende, Werkvertragsnehmende, Dienstleistende und Solo-Selbständige. Sie alle sind vom Herunterfahren der kulturellen Infrastruktur existenziell betroffen. Der abrupte Ausfall des kulturellen Angebots hat aber auch auf der Ebene der Nutzenden spürbare Defizite entstehen lassen. Das Kulturangebot als selbstverständliche Basis für stadtgesellschaftlichen Diskurs und persönliche Weiterbildung lebt vor allem von der direkten zwischenmenschlichen Begegnung. Neben der klassischen Klientel sind darüber hinaus auch jene Bevölkerungsgruppen besonders betroffen, für die sich Kultur als elementar und deren Wegfall existentiell darstellt: Kinder- und Jugendliche, Neubürger*innen, Ältere und Menschen mit besonderen Fähigkeiten.

Proben- bzw. Trainingsbetrieb ist für professionelle Ensembles bzw. Profimannschaften seit dem 10. April für bis zu fünf Personen wieder möglich. Seit dem
11. Mai ist die Wiederaufnahme des Proben- bzw. Trainingsbetriebs (Corona-Verordnung Sportstätten) auch für mehr als fünf Personen unter strengen
Hygiene- und Abstandsauflagen genehmigt.

Die Regelungen zur Wiederaufnahme des Sportbetriebs auf öffentlichen und privaten Freisportanlagen sind ein erstes positives Signal an den Sport. In der Praxis ist sie aber nur sehr schwer und mit erheblichem zeitlichen und finanziellen Mehraufwand der Sportvereine umsetzbar. Darüber hinaus können zahlreiche Sportvereine und Sportanbieter aufgrund ihrer Sportart bzw. der ihnen (nicht) zur Verfügung stehenden Freisportanlagen kaum oder keinen Gebrauch von dieser Regelung machen.

Die sukzessive Öffnung des Kulturlebens betrifft seit dem 20. April zunächst Bibliotheken und Archive, seit dem 6. Mai Museen und Ausstellungen. Ab 1. Juni sollen kleinere Veranstaltungen für bis zu 100 Personen wieder genehmigungsfähig werden, vorausgesetzt, entsprechende Hygiene- und Abstandsregeln werden eingehalten. Weitere Schritte zur Ermöglichung von Veranstaltungen sollen folgen. Den Planungshorizont eröffnet die Ende des Monats erscheinende Corona-Verordnung des Landes. Großveranstaltungen sind weiterhin bis voraussichtlich 31. August ausgeschlossen.

Eine Perspektive, wann und in welchen Schritten eine Rückkehr zur „Normalität“, wie wir sie vor der Krise kannten, möglich ist, gibt es heute - zwei Monate später – noch nicht. Sport- und Kulturwelt befinden sich nach wie vor im Krisenmodus und es ist davon auszugehen, dass sie diesen nicht wird verlassen können, bevor nicht ein Impfstoff oder ein wirksames Medikament gegen COVID-19 gefunden ist. Kein Veranstalter kann Anfang Mai sicher prognostizieren, wie es ab September weitergeht. Jedoch steht bereits jetzt fest: Die Gutscheinregelung der Bundesregierung kann zu risikoaversem Nutzungsverhalten von Kulturbesuchern führen. Hinzu kommt, dass die Verbindlichkeiten, die mit der Einlösung von ausgestellten Gutscheinen einhergehen, lediglich zeitlich verschoben werden. Der Einzug von Abonnentenzahlungen oder Mitgliedsbeiträgen wird auch nach der Sommerpause nur bedingt möglich sein, da die damit verbundene Gegenleistung nicht garantiert werden kann. Somit fehlt die finanzielle Grundlage für das operative Geschäft.

Bedeutsame Bestandteile der Finanzierungsgrundlage von Einrichtungen und Vereinen sind weggebrochen: Finanzielle Schäden entstehen aufgrund ausgefallener Veranstaltungen, Pacht- und Ertragsausfällen der Gastronomie, Rückforderungen bzw. Ausfällen von Mitgliedsbeiträgen und Kursgebühren sowie aufgrund fehlender Werbeeinnahmen, Sponsorengelder, Spenden oder öffentlicher Projektzuschüsse. Gleichzeitig sind die Fixkosten nahezu unverändert. Dazu gehören insbesondere die laufenden Kosten für die Infrastruktur inkl. Tilgungsleistungen und Zinsen. Für die Personalkosten für hauptamtlich Beschäftigte wurde, soweit möglich, Kurzarbeit beantragt.

Um das Ausmaß der finanziellen Schäden bei den Sportvereinen durch die Einstellung des Sportbetriebs beurteilen zu können, hat der Sportkreis Stuttgart die Stuttgarter Sportvereine ab ca. 500 Mitgliedern befragt. Von 67 Sportvereinen haben 40 die Umfrage beantwortet. Die Umfrage hat ergeben, dass den Vereinen in der Phase 1 „Shutdown“ zum jetzigen Zeitpunkt zwischen 780 EUR und 178.000 EUR pro Monat - je nach Art und Größe des Sportvereins - fehlen.

Eine aktuelle Umfrage des Amts für Sport und Bewegung unter den Stuttgarter Bundesligisten (ohne VfB Stuttgart) hat ergeben, dass diese von der Einstellung des Spielbetriebs wirtschaftlich massiv betroffen sind. Je nach Sportart sind die finanziellen Auswirkungen betragsmäßig sehr unterschiedlich, insgesamt belaufen sich die erwarteten Einnahmeausfälle auf rund 1.100.000. EUR/Monat, die laufenden Kosten auf ca. 500.000 EUR/Monat. Die Bundesligisten haben die für sie infrage kommenden staatlichen Unterstützungsleistungen beantragt. Da die Anträge teilweise noch laufen, kann zu deren Gesamthöhe derzeit noch keine Aussage getroffen werden.

Die Einnahmesituation ist in großen Teilen besorgniserregend. Besonders betroffen sind Angebote der kulturellen Bildung und personalintensive Einrichtungen im Bereich Darstellende Künste, aber auch jener freien Träger, die sich aus verschiedenen Projekten finanzieren. Gastspiele, Konzertreisen, Sonderausstellungen sind abgesagt, private Unternehmensstiftungen und Banken ziehen in Aussicht gestellte Förderbeiträge ab, öffentliche Förderprogramme werden z. T. eingefroren oder umgewidmet. Soziokulturelle Zentren oder Kunstvereine finanzieren ihre Angebote auf Grundlage oben beschriebener Mischkalkulation. Insgesamt wurden bei den 120 institutionell geförderten Kultureinrichtungen für die ursprünglich dreimonatige Schließzeit Umsatzeinbußen von 7.000.000 EUR errechnet. Nach Inanspruchnahme zur Verfügung stehender Hilfsmaßnahmen von Bund und Land zeigt sich bei der Bedarfsabfrage für die Nothilfe durch das Kulturamt: Um die Fixkosten weiterhin stemmen zu können melden kleinere Veranstalter einen Fehlbedarf von 3.000 EUR/Monat an, größere Veranstalter mit hoher Eigenfinanzierungsquote 50.000 EUR bis 200.000 EUR/Monat.

Die Umsetzung der strengen Hygienevorschriften ist mit zusätzlichen Investitionskosten, wie z. B. Spuckschutz und Sachkosten für Desinfektionsmittel, Seifenspender, Papierhandtücher, Einmalhandschuhe etc. sowie Personalkosten zur Überprüfung der Einhaltung von Hygiene-, Zugangs- und Abstandsgeboten verbunden.

Die Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs ist für die Sportvereine mit erheblichem zeitlichen und finanziellen Mehraufwand verbunden. Trainer*innen, Übungsleiter*innen und hauptamtlich wie ehrenamtlich tätiges Personal müssen aktiviert und geschult werden. Im Gegenzug können die Vereine in Kleinstgruppen mit maximal fünf Personen pro 1.000 qm auf Freisportanlagen „trainieren“. Die Anstrengungen der Vereine unter diesen Bedingungen dienen maximal der Mitgliedererhaltung, aber weder der Gewinnung neuer Mitglieder noch der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Im Gegenteil: Die wirtschaftliche Lage der Vereine verschlechtert sich weiter, auch weil in dieser Phase staatliche Programme wie Kurzarbeit nicht mehr genutzt werden können.

Die Stuttgarter Bundesligisten haben mit Ausnahme der 2. Liga-Mannschaft des VfB Stuttgart den Spielbetrieb noch nicht wiederaufgenommen. Je länger der Spielbetrieb ausgesetzt ist, desto existenzgefährdender wird die Situation für die Vereine. Auch bei den Bundesligisten ist davon auszugehen, dass in einer möglichen Phase 2 (z. B. Geisterspiele) erhebliche Mehrkosten entstehen bei gleichzeitigem Ausbleiben von Zuschauereinnahmen, TV-Geldern und Sponsorenleistungen.

In der Kultur sollen zunächst „kleine Formate“ mit bis zu 100 Personen möglich sein, weitere Schritte zur Ermöglichung von größeren Veranstaltungen sollen folgen. Einschränkungen sind aber insbesondere durch die Hygiene- und Abstandsregelungen gegeben. Für professionell arbeitende Institutionen sind „kleine Formate“ unter Umständen sogar kostenintensiver. Je nach Raum können Auditorien bis maximal 57 % unter geltenden Abstandsregelungen ausgelastet werden. Angebote der kulturellen Bildung bzw. der Besuch außerschulischer Veranstaltungen sind zunächst bis zu den Sommerferien laut Weisung des Kultusministeriums untersagt.

4.1. …für den Sport in Stuttgart

Die Corona-Krise zeigt, wie wichtig Sport und Bewegung für jeden einzelnen von uns und für eine funktionierende Stadtgesellschaft sind. Sport und Bewegung verbinden Menschen über soziale Grenzen hinweg, leisten einen wertvollen Beitrag zu Integration und Inklusion und vermitteln Werte wie Fairplay, Teamgeist und Leistungsbereitschaft. Deshalb muss es Ziel der Landeshauptstadt Stuttgart sein, auch nach der Corona-Krise eine funktionierende Sport- und Vereinslandschaft zu haben.

Zur Erhaltung der vielfältigen Sportvereinslandschaft in Stuttgart schlägt die Sportverwaltung das nachfolgende Hilfspaket, bestehend aus drei Komponenten, vor:

Um die vielfältige und aktive Sport- und Bewegungslandschaft Stuttgarts in ihrer grundsätzlichen Struktur auch für die Zeit nach Corona zu erhalten, ist eine schnelle und unbürokratische finanzielle Hilfe für die Stuttgarter Sportvereine erforderlich. Daher schlägt die Sportverwaltung vor, jeden Verein auf Antrag (formlos) mit einem strukturellen Zuschuss in Höhe von 7 EUR/Mitglied zu unterstützen.

Bei insgesamt 300 zuschussberechtigten, überwiegend ehrenamtlich strukturierten Sportvereinen, hält die Sportverwaltung diesen Weg der Bezuschussung sowohl für die Vereine als auch für die Verwaltung für kurzfristig leistbar. Durch die Bemessung der Zuschusshöhe nach Mitgliederzahlen wird der strukturellen Aufstellung der Vereine Rechnung getragen.

Nach der WLSB-Mitgliederstatistik 2020 sind rund 140.000 Personen Mitglied in Stuttgarter Sportvereinen. Diese Zahl beinhaltet auch den Anteil der Mitglieder des VfB Stuttgart, der üblicherweise im Rahmen der Stuttgarter Sportförderung berücksichtigt wird. Bei einer Förderung von 7 EUR/Mitglied ergibt sich damit eine Gesamtsumme von 1.000.000 EUR.

Die Einstellung des kompletten Sportbetriebs Mitte März 2020 bedeutet für die Stuttgarter Sportvereine, abgesehen von den Mitgliedsbeiträgen, einen fast 100%igen Einnahmeausfall bei laufenden Kosten.

Die Sportverwaltung geht davon aus, dass trotz der bestehenden Corona-Soforthilfen von Bund und Land und einer möglichen strukturellen Förderung durch die Landeshauptstadt Stuttgart (siehe Punkt 1) einzelne Vereine ohne weitere finanzielle Hilfen Insolvenz anmelden müssen. Die Sportverwaltung hat bereits Kenntnis darüber, dass bei einzelnen Vereinen die Liquidität nur bis Juli 2020 ausreichen wird.

Eine Aussage darüber, wie viele Vereine betroffen sein werden und in welcher Höhe, ist derzeit nicht möglich. Zur Umsetzung der Existenziellen Hilfe schlägt die Sportverwaltung einzelfallbezogene Prüfungen sowie die Entwicklung und Durchführung individueller Maßnahmen und finanzieller Hilfen vor.

Die Bundesligisten haben die für sie infrage kommenden staatlichen Unterstützungsleistungen beantragt. Da die Anträge teilweise noch laufen, kann zu deren Gesamthöhe derzeit noch keine Aussage getroffen werden. Bereits heute ist jedoch abzusehen, dass ohne finanzielle Unterstützung der Stadt davon auszugehen ist, dass nicht alle Bundesligisten an einem zukünftigen Spielbetrieb werden teilnehmen können.

Das tatsächliche finanzielle Ausmaß hängt davon ab, ob, wann und in welcher Form der Spielbetrieb wiederaufgenommen werden kann. Eine seriöse Bewertung des finanziellen Aufwands kann deshalb erst nach Abschluss aller laufenden Ligen und mit Blick auf die Ausgestaltung des jeweiligen Ligabetriebs im zweiten Halbjahr 2020 erfolgen. Gemeinsames Ziel aller Beteiligten (Verein, Sponsoren, öffentliche Hand) muss sein, dass die Bundesligisten - unter Einsatz ihrer finanziellen Reserven - auch nach Corona in ihrer jeweiligen Liga spielen können.

Die Sportverwaltung schlägt vor, die Bundesligisten auf Antrag im Rahmen einer Defizitbezuschussung auf Grundlage der tatsächlichen Kosten- und Einnahmesituation sowie der vorgelegten und geprüften Finanzpläne finanziell zu unterstützen.

Für die unter den Punkten 2 und 3 genannten existenziellen Hilfen sowohl für die Stuttgarter Sportvereine als auch die Bundesligisten geht die Sportverwaltung von einem Finanzbedarf in Höhe von 1.000.000 EUR aus.

Ziel der städtischen Nothilfe ist es nicht nur, Insolvenzen zu vermeiden: Die kulturellen Einrichtungen müssen handlungsfähig bleiben, um Ihren Auftrag erfüllen zu können. Die hier dargestellten Hilfsmaßnahmen gleichen bestenfalls das Kosten-Delta bis August aus. Wenn die Einrichtungen den Kulturbetrieb im Herbst wiederaufnehmen sollen, werden diese Angebote in der Regel kostenintensiver. Über den Umfang dieser Möglichkeiten wird der Gemeinderat erneut vor der Sommerpause beschließen müssen, wenn die Mittel ausgeschöpft sein werden. Komplex wird dies in Bereichen, in denen ein kompletter Angebotsausfall wirtschaftlicher ist, als ein Teilbetrieb mit reduziertem Publikum und strengen Hygienevorschriften.

Bei dem Nothilfefonds Kultur der Stadt Stuttgart werden eingehende Anträge auf ihre Dringlichkeit hin bewertet. Dabei sind die Höhe der Eigenfinanzierungsquote, gelistete Maßnahmen zur Kostenreduktion, die Höhe der weiterhin existierenden Fixkosten und der Einsatz etwaiger Rücklagen ausschlaggebend. Antragssteller sind Kultureinrichtungen der Stadt Stuttgart, die seit mindestens 2018 institutionell gefördert werden oder eine regelmäßige Projektförderung durch das Kulturamt erhalten. Ausgeschlossen hiervon sind Einrichtungen, die auf Verträgen mit dem Land basieren (Lindenmuseum, Württembergische Staatstheater und Hotel Silber) und die gesondert betrachtet werden müssen. Eine erste Prüfung der bis zum 20. Mai eingegangenen Anträge summiert sich auf einen Zuschussbedarf in Höhe von 2.920.000 EUR bis August 2020. Bei den auch durch das Land Baden-Württemberg geförderten Einrichtungen wird das bestehende Förderverhältnis von Stadt zu Land auch bei den Nothilfen angewendet. Der Zuschuss wird als Fehlbedarfsfinanzierung gewährt und dessen Verwendung zusammen mit dem Jahresabschluss 2020 der Einrichtung überprüft. Eine Berichterstattung über die gewährten Nothilfen erfolgt gegenüber den kulturpolitischen Sprechern.

Neben den geförderten Kultureinrichtungen sind es auch die Einrichtungen, die als Wirtschaftsbetriebe organisiert sind, häufig aber nicht ausschließlich renditeorientiert arbeiten, die das kulturelle Angebot Stuttgarts wesentlich ergänzen und bereichern. Im popmusikalischen Bereich werden Live-Musik-Spielstätten bzw. Veranstalter*innen über die neu eingeführte Förderung, den Live Music-Fonds Stuttgart, unterstützt. Die hiervon nur rudimentär betroffenen Clubs, Spielstätten und Veranstalter*innen werden separat in der Mitteilungsvorlage 400/2020 behandelt.

In der ersten Vergaberunde des Live Music-Fonds Stuttgart haben sich 22 Veranstalter*innen auf den Förderfonds beworben. Die Antragslage für den Live Music-Fonds zeigt, dass - wie beabsichtigt - verstärkt kleinere und mittlere Clubs und Spielstätten mit einem vielfältigen Musikprogramm sowie kleinere Veranstalter*innen von dem Fonds profitieren. Gefördert werden Livekonzerte/Live-DJ-Sets mit bis zu 400 Besuchern und Eintrittspreisen bis zu 20 EUR, die keine Profite generieren. Aus dem beschlossenen Corona-Soforthilfepaket wird das Volu-
men des Live Music-Fonds Stuttgart um 80.000 EUR auf insgesamt 160.000 EUR verdoppelt.

Das Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes hat am
30. März eine erste Analyse zur Betroffenheit der Kultur- und Kreativwirtschaft von der Corona-Pandemie vorgelegt. Untersucht werden die ökonomischen Auswirkungen mit Hilfe einer Szenario-Analyse. Die Kulturwirtschaft, also z. B. die Teilmärkte Musik-, Filmwirtschaft, Buchmarkt, Markt für Darstellende Kunst und Kunstmarkt, sind zufolge der Analyse stärker betroffen als die Teilmärkte aus der Kreativwirtschaft, wie z. B. die Gameswirtschaft. Im milden Szenario wird von Einbußen von 20 % bis 30 % der jährlichen Einnahmen ausgegangen, im mittleren Szenario von 30 % bis 40 % Einnahmeeinbußen und im gravierenden Szenario von 70 % bis 80 %. Ein zentraler Parameter ist dabei die Dauer der Einschränkungen. Die stärksten Einbußen werden für Selbständige und Unternehmen aus dem Kunstmarkt und den Darstellenden Künsten erwartet. Die Verwaltung muss zur Unterstützung der Kultureinrichtungen kurzfristig handlungsfähig sein, um etwaige Insolvenzen abzuwenden. Eine erneute Berichterstattung erfolgt im Juli.

Gemäß Subsidiaritätsprinzip sind zunächst Hilfsmaßnahmen von Bund und Land in Anspruch zu nehmen. Städtische Zuwendungen zur Abmilderung der Auswirkungen der Corona-Krise sind diesen nachgeordnet. Seitens des Bundes und des Landes („Masterplan Kultur BW | Kunst trotz Abstand“) sind insbesondere für Projekte und Investitionsmaßnahmen weitere Hilfspakete zu erwarten.

Für die Soforthilfe sind Unternehmen antragsberechtig, die regelmäßig einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen und fest angestelltes Personal haben. Das bedeutet, dass gemeinnützige Einrichtungen nur für den Teil ihrer Tätigkeit antragsberechtigt sind, die zum wirtschaftlichen Zweckbetrieb zählen. In den meisten Fällen ist dies weniger als 50 %: Unter Aspekten des Gemeinnützigkeitsrechts kann der wirtschaftliche Zweckbetrieb als Nebenzweck der satzungsgemäßen (Vereins-)arbeit existieren, darf im Verhältnis zum ideellen Bereich aber nicht überwiegen. Vereine und Einrichtungen, die keine hauptamtlichen Mitarbeiter*innen haben, erhalten keine Förderung. Das Programm endet am 31. Mai.

Freischaffende Künstler*innen sind von der Corona-Krise existenziell bedroht. Durch die Absage von Veranstaltungen bricht ihnen die Lebensgrundlage weg. Das Land Baden-Württemberg hat für freie Kulturschaffende eine Sonderförderung der „Corona-Soforthilfe“ eingerichtet. Die auf drei Monate begrenzte Soforthilfe wird ohne Vermögensprüfung gewährt und unterstützt den Lebensunterhalt der Künstler*innen mit einer Pauschale von bis zu 1.180 EUR bei entsprechenden Liquiditätsengpässen.

Die Mehrzahl der Einrichtungen mit festangestelltem Personal haben Kurzarbeit angemeldet. Hiervon ausgenommen sind Mitarbeiter*innen, die alternative, virtuelle und damit eintrittsfreie Angebote erstellen bzw. die zur Bewältigung der Anpassung des Betriebs an die coronabedingten Umstände nötig sind.
Nachdem am 3. Mai die aktuelle Spielzeit für Staatstheater abgesagt wurde, ermöglichte dieser längerfristige Planungshorizont die Einführung von Kurzarbeit an kommunalen Theatern und Orchestern. Auf einen Vertrag hierfür haben sich der Deutsche Bühnenverein für die Arbeitgeber und drei Künstlergewerkschaften geeinigt. Trotz Einigung muss allerdings mit Beginn der Theaterpause wieder das volle Gehalt gezahlt werden.

Größere Institutionen können Kredite beantragen, die, so die Bundesregierung, in unbegrenzter Summe zur Verfügung stehen. Doch die meisten Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft, dazu gehören z. B. auch Privattheater oder privatwirtschaftliche Museen, produzieren nichts, was nach dem Shutdown vermehrt nachgefragt wird. Die sogenannten Nachholeffekte existieren in Kultureinrichtungen nicht: Viele arbeiten gerade so an der Deckungsgrenze. Brechen, speziell bei Museen, Privattheatern und anderen Veranstaltern, die Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten weg, ist dies sehr schnell existenzbedrohend. Zudem ist angesichts der drohenden Rezession mit einer geringeren Kaufkraft seitens der Bürger*innen und zurückgehender Reisefreudigkeit von Tourist*innen zu rechnen – Faktoren, die die Nachfrage negativ beeinflussen wird.

Die dynamische Entwicklung der Auswirkungen der Corona-Krise erfordert eine regelmäßige Neubeurteilung der Situation des Kultur- und Sportbereichs. Die Kultur- und Sportverwaltung wird dem Gemeinderat in der letzten Sitzung vor der Sommerpause über die bis dahin eingetretenen bzw. dann absehbaren Entwicklungen berichten.