Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Recht/Sicherheit und Ordnung
Gz:
GRDrs 1269/2011
Stuttgart,
11/30/2011



Haushalt 2012/2013

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 05.12.2011



Haushalt 2012/13 Stellen – Arbeit macht sich nicht von alleine
Überwachung von Gewerbe- und Gaststättenbetrieben


Beantwortung / Stellungnahme

Insbesondere Gaststättenbetriebe und erlaubnispflichtige Gewerbetreibende wie Makler, Pfandleiher und Bewacher können derzeit nur sporadisch überwacht werden. Als direkte Folge hieraus verfestigen sich zunehmend unzuverlässige Gewerbetreibende, die im Gegensatz zur seriös handelnden Konkurrenz durch die Nichtbeachtung von gesetzlichen Vorgaben häufig auch noch einen Wettbewerbsvorteil haben.

Verbesserte Kontrollen kommen insbesondere bei der Außengastronomie, in der Alkoholprävention, im Jugendschutz und bei der Durchsetzung der vom Gemeinderat beschlossenen Sondernutzungs- und Gestaltungsrichtlinien in Betracht.

Darüber hinaus werden u.a. die hier ansässigen Maklerbetriebe bereits seit Jahren nicht mehr auf die Einhaltung der gesetzlichen Prüfberichtspflichten, die Pfandleihbetriebe nicht auf korrekte Abrechnung und Abführung der Verwertungsüberschüsse, die Bewachungsunternehmen nicht auf die Beschäftigung zuverlässiger und geschulter Mitarbeiter hin kontrolliert, obwohl dies gesetzliche Pflichtaufgaben sind und Verstöße der Gewerbetreibenden massive negative Auswirkungen auf rechtmäßig handelnde Geschäftspartner haben und diese in existenzielle Nöte bringen kann.

Maßnahmen im Bereich des Widerrufs von Erlaubnissen bei feststehender Unzuverlässigkeit der Gewerbetreibenden oder die vollständige Untersagung jeglichen Gewerbebetriebes finden erst statt, wenn der bereits eingetretene Schaden für öffentliche und private Dritte die durch die Rechtssprechung vorgegebenen Unzuverlässigkeitsgrenzen überschritten hat.

Die Gewerbe- und Gaststättenbehörde des Amts für öffentliche Ordnung fungiert als Zusammenarbeitsbehörde nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz. Sie erhält Hinweise insbesondere von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamtes, den Finanzbehörden und dem Polizeivollzugsdienst in Bezug auf Schwarzarbeit im Handwerk und nicht angezeigter Gewerbetätigkeit. Diesen Mitteilungen kann nur in den schwerwiegenden Fällen nachgegangen werden.

Die Entwicklung der letzten Jahre ist gekennzeichnet durch Aufgabenzuwächse, gestiegene Fallzahlen und - neben diesen quantitativen Faktoren - komplexere Sachverhalte und damit höheren qualitativen Anforderungen. All dies führt zu einer zunehmenden Arbeitsverdichtung und in der Folge zu einer höheren Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter. Eine personelle Anpassung dazu hat nicht stattgefunden.

Die Umsetzung neuer Regelungen (z.B. Landesnichtraucherschutzgesetz, Gestaltungs- und Sondernutzungsrichtlinien durch den Gemeinderat, Makler- und Bauträgerverordnung, Bewachungsverordnung) bedeutet einen personellen Mehraufwand, der bisher durch organisatorische Maßnahmen und durch Priorisierung in der Aufgabenerledigung zu Lasten anderer Aufgaben aufgefangen wurde. Insbesondere der Aufgabenbereich der Kontrollen kann nur noch sporadisch erledigt werden. So wird nur auf Beschwerden in Ausnahmefällen eine Kontrolle durchgeführt oder wenn ein weiterer Aufschub von Maßnahmen mit Blick auf die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht mehr vertretbar ist.

Die Anzahl der von Maklern einzureichenden Prüfberichte sank in den letzten Jahren, obwohl die Zahl der am Markt tätigen Makler in Stuttgart stetig anstieg. Das Personal der gewerblichen Bewachungsunternehmen wird entgegen der gesetzlichen Verpflichtung von den Unternehmen oft nicht gemeldet, ohne dass diese weitere Sanktionen befürchten müssen. Gemeldete Personen können durch die Behörde nicht auf Ihre Zuverlässigkeit überprüft werden, obwohl dies eine gesetzliche Pflichtaufgabe ist und die Nichterfüllung Schadensersatzansprüche auslösen kann. Pfandleihbetriebe, die seit Jahren keine Meldung oder Negativmeldungen über Pfänderverwertung machen, können ebenfalls nicht überprüft werden.

Das über Jahre gewachsene Kontroll- und Vollzugsdefizit wurde und wird von den Gewerbetreibenden erkannt und „ausgenutzt“. Dies zeigt sich z.B. im Bereich der „Bekämpfung illegales Glückspiels“ nachweislich und deutlich. In diesem Bereich wurden im Jahr 2009 in ca. 90% der kontrollierten Betriebe Zuwiderhandlungen festgestellt. Zum Stellenplan 2010 hat der Gemeinderat für diesen Aufgabenbereich eine Planstelle geschaffen. Im Jahre 2010 gelangten 118 Verstöße zur Anzeige und es wurden Bußgelder in Höhe von 115.000 € und Verwaltungsgebühren von insgesamt rund 200.000 € festgesetzt.

Im August und September 2009 (insgesamt 4 Wochen) wurden schwerpunktmäßig unter Zurückstellung anderer Aufgaben Kontrollen der Straßenwirtschaften durchgeführt. Von den 45 kontrollierten Objekten hielten sich lediglich 11 Betriebe an die genehmigten Flächen. Die Gesamtsumme der Nachberechnungen an Sondernutzungsgebühren belief sich auf 14.986 €. Zwangsgelder wurden in Höhe von 1.000 € beigetrieben und es wurden Bußgelder in Höhe von 4.390 € festgesetzt. Die Zahl und das Ausmaß der festgestellten Flächenüberschreitungen zeigen, dass Kontrollen der Straßenbewirtschaftungen permanent und nahezu ganzjährig angezeigt wären.


Zuordnung der Anzahl der Planstellen (Sachbearbeitung) auf die Aufgabenblöcke.


Themenbereiche
Planstellen
Gewerbeuntersagungen bei Straftaten, Erlaubniswiderruf, Schwarzarbeitsbekämpfung, Handwerksrecht, Ladenöffnungsgesetz, Alkoholverkaufsverbot, Ausbildung, IUK-Angelegenheiten, EU-DLR (Einheitlicher Ansprechpartner)
3
Einheitssachbearbeiter; Gewerbeuntersagungen bei finanzieller Leistungsunfähigkeit, Erlaubniswiderruf, Gewerbeanzeigen (mit Anordnungen/Zwangsgeldern), Erlaubniserteilung aller Art, Prüfung erlaubnispflichtiger und überwachungsbedürftiger Gewerbe, Verwaltungsrechtliche Maßnahmen, Geeignetheitsbestätigungen (Geldspielgeräte in Gaststätten), Meldebehördenfunktion (Führungszeugnis, Gewerbezentralregister), Beschwerdenmanagement, Ordnungswidrigkeitenverfahren
4
Sachbearbeitung Gewerbeanzeigen, Zwangsgeldanordnungen, Prüfung und Erlaubniserteilung (ohne Gaststätten)
3
Gaststättenrecht (Versagung, Widerruf von Erlaubnissen, Untersagung), Marktrecht (Messen, Märkte, Volksfeste), Ausnahmen nach Sonn- und Feiertagsrecht, Jugendschutz, Spielrecht (Versagung, Widerruf Erlaubnis), Wett- und Lotterierecht, Landesnichtraucherschutzgesetz, Stellungnahme in baurechtlichen Verfahren
3
Gaststättenrecht (Erlaubnisse, Bestätigungen, Anordnungen, Zwangsgelder), Beschwerdemanagement, Prüfung und Erlaubniserteilung Straßenwirtschaften und Straußwirtschaften, Automatenaufstellung, Sperrzeitverkürzung, Reisegewerbe, Wanderlager, Ordnungswidrigkeitenverfahren zu den Erlaubnisverfahren
2


Prognosen

Die Zahl der Ordnungswidrigkeiten, die nicht zu Anzeige gelangen und Auflagenverstöße die nicht festgestellt werden können sind letztlich Fiktion. Mit einem verstärkten Personaleinsatz könnten jedoch Kontrollen und Überprüfungen in nennenswertem Umfang wieder durchgeführt werden.

Um Missstände in den genannten Arbeitsbereichen zu kompensieren, ist bei einer zurückhaltenden Einschätzung nachfolgendes Szenario vorstellbar:

Im Sachgebiet Gewerbe lassen sich bei Schaffung von 2 Stellen (1x A 10, 1X A 9M – Personalkosten: 132.600 Euro) durch Bußgelder und verwaltungsrechtliche Maßnahmen nach vorsichtiger Schätzung voraussichtlich folgende Einnahmen erzielen:


OWi im Bereich GU/Illegales Wirtschaften:
36 Fälle pro Jahr: 36 à 1.500 Euro Bußgeld := 54.000 Euro
OWi im Bereich Schwarzarbeit
29 Fälle pro Jahr: 29 à 3.000 Euro Bußgeld := 87.000 Euro
OWi im Bereich Bewacher
10 Fälle im Jahr (geschätzt) 10 à 500 Euro Bußgeld := 5.000 Euro
Gesamt Bußgelder 146.000 Euro
zzgl. Gebühreneinnahmen 42.320 Euro

Gesamt Einnahmen: 188.320 Euro


Im Sachgebiet Gaststätten lassen sich bei Schaffung von 3 Stellen (A10 und 2xA8 – Personalkosten: 221.300 Euro) durch Bußgelder und verwaltungsrechtliche Maßnahmen nach vorsichtiger Schätzung voraussichtlich folgende Einnahmen erzielen:

Bußgelder:
179.000 €
Zwangsgelder:
8.000 €
Nachberechneten Gebühren:
25.000 €
Gesamt Einnahmen:
222.000 €

Innerhalb der Verwaltung bestehen Zweifel daran, ob die Einnahmen für die o.g. Stellen tatsächlich dauerhaft erwirtschaftet werden können. Daher wurde vereinbart eine Stelle (vgl. GRDrs 770/2011 Anlage 2) zur Schaffung vorzuschlagen, mit der ein Nachweis über die Kostenneutralität erbracht werden kann und ggf. zum nächsten Doppelhaushalt über weitere Stellenschaffungen zu entscheiden.




Vorliegende Anträge/Anfragen

401/2011. Ziffer 3, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, 569/2011 SPD




Dr. Martin Schairer
Bürgermeister




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