Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB 9020-00
GRDrs 420/2012
Stuttgart,
07/06/2012


Zwischenbericht zur Finanzlage 2012



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
18.07.2012
19.07.2012

Bericht:


Zur Jahresmitte wird der Gemeinderat über die Entwicklung der mit der Leistungserstellung verbundenen Aufwendungen und Erträge, die mit den Investitionen verbundenen Auszahlungen, sowie insgesamt über die Finanzlage informiert. Ein detaillierter Rückblick auf das Jahr 2011 ist Gegenstand der Jahresabschlussvorlage (GRDrs 419/2012).

In diesem Zwischenbericht zur Finanzlage 2012 wird anhand der wichtigsten Einflussfaktoren ein Überblick über die finanzielle Gesamtsituation und die erkennbaren Abweichungen von der Haushaltsplanung gegeben.

Die Zusammenfassung unter Ziff. 3 gibt darüber hinaus eine Bewertung der Finanzlage unter Berücksichtigung des Vorjahres und einen Ausblick auf zukünftige mögliche Entwicklungen.


1 Ergebnishaushalt
Aus heutiger Sicht ist bei den wesentlichen Ertrags- und Aufwandsgruppen von folgenden Entwicklungen im Haushaltsjahr 2012 auszugehen:

1.1 Gewerbesteuer
Derzeit ist zu erwarten, dass das Gewerbesteueraufkommen dem Planansatz (520 Mio. EUR) entspricht. Bei der Gewerbesteuerumlage ergibt sich dadurch keine Veränderung. Mögliche Auswirkungen der vollständigen Übernahme der Porsche AG durch die Volkswagen AG zum 1. August 2012 sind hierbei nicht berücksichtigt.

1.2 Gemeindeanteil an der Einkommensteuer,
Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer,
Schlüsselzuweisungen vom Land Verbesserung 4,5 Mio. EUR
Die Mai-Steuerschätzung 2012 hatte nur geringfügige Veränderungen auf das prognostizierte Gesamtsteueraufkommen. Dementsprechend wird momentan davon ausgegangen, dass die geplanten Erträge beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer (251,6 Mio. EUR) und den Schlüsselzuweisungen (347,5 Mio. EUR) um 4,5 Mio. EUR überschritten werden.

1.3 Personalaufwendungen
Der Tarifabschluss 2012 sieht in der ersten Stufe eine lineare Anpassung der Vergütungen um 3,5 % ab 01.03.2012 vor und führt zu einer Mehrbelastung des Stadthaushalts von etwas über 10 Mio. EUR. Davon waren 7,6 Mio. EUR eingeplant, so dass 2,4 Mio. EUR aus der Deckungsreserve aufgefangen werden müssen. Im Übrigen kann nach der Hochrechnung das Personalkostenbudget (536,6 Mio. EUR) eingehalten werden, weil sich neben Mehr- auch Wenigeraufwendungen abzeichnen, die sich aus der verzögerten Besetzung neu geschaffener oder vorhandener offener Stellen ergeben.

1.4 Umsetzung der Sonderprogramme zur Schulsanierung
Im Haushaltsplan sind 52 Mio. EUR für die Sonderprogramme zur Schulsanierung enthalten. Durch Verzögerungen bei der Umsetzung einzelner Maßnahmen im SP II, die insbesondere durch die Abarbeitung der Maßnahmenüberhänge aus 2011 entstehen, werden im laufenden Jahr wohl nicht alle Mittel vollständig abgerufen. Durch die Bildung einer Instandhaltungsrückstellung werden jedoch sämtliche bereitgestellten Mittel in 2012 aufwandswirksam verbucht, wodurch es in der Ergebnisrechnung in diesem Bereich voraussichtlich zu keiner Planabweichung kommen wird.

1.5 Zinsaufwendungen an Kreditinstitute Verbesserung 5,3 Mio. EUR
Aufgrund des Jahresabschlusses 2011 und verzögerten Mittelabflüssen in 2012 müssen im laufenden Jahr voraussichtlich keine neuen Kredite aufgenommen werden. Da im Planansatz (7 Mio. EUR) anteilig Zinsaufwendungen für neue Kredite enthalten sind, wird die Ergebnisrechnung in Höhe von ca. 5,3 Mio. EUR entlastet.

1.6 Soziale Leistungen nach
SGB II, SGB VIII, SGB XII Verschlechterung 1 Mio. EUR

Bei den SGB II-Leistungen werden im Jahresdurchschnitt voraussichtlich ca. 200 Bedarfsgemeinschaften weniger im Leistungsbezug stehen als bei der Planaufstellung prognostiziert. Bei der Planaufstellung konnte zudem nicht vorhergesehen werden, dass – bedingt durch den fließenden Übergang der bei der Umstellung des Jobcenters auf die kommunale Trägerschaft - in einer gewissen Anzahl der Fälle die Weiterzahlung der Leistungen (bis z. T. Juni 2012) durch die Bundesagentur erfolgt. Deshalb werden insbesondere die Aufwendungen für die Passivleistungen des Bundes geringer ausfallen als geplant (ca. 2 Mio. EUR), während die Aufwendungen der Kommune für die Unterkunftskosten und einmaligen Leistungen um rd. 1 Mio. EUR unter dem Ansatz beleiben werden. Nach wie vor werden auch die Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) nicht im geplanten Maße nachgefragt (Wenigeraufwand ca. 1,5 Mio. EUR). Die Eingliederungsleistungen des Bundes werden hingegen um etwa 0,5 Mio. EUR höher sein als geplant.

Bei den SGB II-Leistungen ist somit insgesamt von einer Unterschreitung der Aufwandsansätze (268,3 Mio. EUR) in Höhe von etwa 4 Mio. EUR auszugehen.

Allerdings werden auch die Erträge aus Erstattung der Passivleistungen des Bundes um 2 Mio. zurückgehen, so dass der Zuschussbedarf bei den Sozialleistungen nach dem SGB II insgesamt etwa 2 Mio. EUR geringer sein wird als geplant.

Bei den Sozialleistungen des Jugendamtes kann nach aktueller Einschätzung davon ausgegangen werden, dass der Planansatz (insgesamt rd. 69,5 Mio. EUR) um etwa 1 Mio. EUR unterschritten wird. Gleichzeitig wird mit Mehrerträgen von ca. 1 Mio. EUR gerechnet, so dass sich das Ergebnis um ca. 2 Mio. EUR verbessert.

Für Sozialleistungen nach dem SGB XII (Planansätze 223,3 Mio. EUR) muss mit einem Mehraufwand von 7 Mio. EUR gerechnet werden, der allerdings durch Mehrerträge in Höhe von etwa 2 Mio. EUR etwas abgemildert wird. Die Nettoaufwendungen werden sich demnach um etwa 5 Mio. EUR erhöhen. Ursache hierfür sind hauptsächlich steigende Aufwendungen für die Hilfe zur Pflege in Einrichtungen sowie steigende Fallzahlen in der Grundsicherung und im Flüchtlingsbereich. Hier steigen die Aufwendungen bzw. die Fallzahlen stärker als bei der Planung angenommen wurde.

Bei der Gesamtbetrachtung der Sozialleistungen ergibt sich eine voraussichtliche Überschreitung der Aufwandsansätze um knapp 2 Mio. EUR bei einer gleichzeitigen Verbesserung der Erträge um etwa 1 Mio. EUR, so dass per Saldo eine leichte Verschlechterung um ca. 1 Mio. EUR zu erwarten ist.


2. Eckdaten des Finanzhaushalts
2.1 Zahlungsmittelüberschuss/-bedarf
aus laufender Verwaltungstätigkeit Verbesserung 12,7 Mio. EUR

(davon verzögerter Mittelabfluss 8,4 Mio. EUR)
Unter Berücksichtigung der dargestellten Veränderungen im Ergebnishaushalt (Verbesserung 4,3 Mio. EUR) und der zeitlichen Verzögerungen im Haushaltsvollzug kann zum jetzigen Zeitpunkt gegenüber dem Plan von 78,5 Mio. EUR mit einem um 12,7 Mio. EUR höheren Zahlungsmittelüberschuss gerechnet werden. Dieser trägt wie unten erläutert zur verbesserten Liquidität bei.

2.2 Investive Auszahlungen Verbesserung 28,5 Mio. EUR
(Verzögerter Mittelabfluss)
Bei Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen (Summe 221,3 Mio. EUR) ist zum gegenwärtigen Stand mit einem reduzierten Mittelabfluss von ca. 28,5 Mio. EUR im investiven Bereich zu rechnen. Von knapp 11,5 Mio. EUR bei Tiefbaumaßnahmen entfallen etwa 2 Mio. EUR auf eine Umsetzung der Mittel in den Ergebnishaushalt und führen damit zu einer Reduzierung des Zahlungsmittelüberschusses aus laufender Verwaltungstätigkeit. Die übrigen Wenigerauszahlungen im Tiefbau sowie bei Schulbauten (- 14 Mio. EUR) und bei KiTa-Maßnahmen (- 3 Mio. EUR) sind ausschließlich darauf zurückzuführen, dass aus 2011 und früher Ermächtigungsübertragungen vorliegen, die zuerst bewirtschaftet werden.

Sie stellen damit keine echte Verbesserung dar. Es verschiebt sich lediglich der Mittelabfluss in die Folgejahre.


2.3 Kreditaufnahmen
Aus dem Jahresabschluss 2011 (vgl. GRDrs 419/2012) ergeben sich nach der Liquiditätsübersicht zum 31.12.2011 freie Finanzierungsmittel von 44,1 Mio. EUR. Unter Berücksichtigung der dargestellten zahlungswirksamen Verbesserungen im Ergebnishaushalt 2012 in Höhe von 8,8 Mio. EUR ist somit zur Finanzierung der Investitionen 2012 noch eine Kreditermächtigung von 17,8 Mio. EUR erforderlich (Planansatz 70,7 Mio. EUR).

Aufgrund der dargestellten Verzögerungen im Mittelabfluss von 8,4 Mio. EUR im Ergebnishaushalt (Ziff. 1.4) und 28,5 Mio. EUR im Finanzhaushalt (Ziff. 2.2) ist davon auszugehen, dass sich die tatsächliche Inanspruchnahme zeitlich verschiebt und im laufenden Jahr keine Kreditaufnahme zu tätigen ist.


3 Zusammenfassung
3.1 Stand der Deckungsreserve
Von der Deckungsreserve muss ein Teil zur Finanzierung der Mehraufwendungen aus dem Tarifabschluss herangezogen werden. Weitere Deckungsmittel sind für die Fortschreibung der Belegungs- und Unterbringungskonzeption der Stadtverwaltung (1,37 Mio. EUR, GRDrs 339/2012), sowie für die Maßnahmen zur Luftreinhaltung (0,936 Mio. EUR, GRDrs 173/2012 – noch nicht beschlossen) reserviert. Da erfahrungsgemäß jedoch die weitaus meisten Überschreitungen der knapp bemessenen Ämterbudgets erst zum Jahresende erkennbar werden, kann derzeit keine Entlastung aufgrund nicht in Anspruch genommener Deckungsreserve in Aussicht gestellt werden.

3.2 Gesamtergebnis
Wie dargestellt werden keine größeren Änderungen im Ergebnishaushalt erwartet. Insgesamt wird gegenüber dem veranschlagten negativen Ergebnis von 8,4 Mio. EUR mit einer Verbesserung von ca. 8,8 Mio. EUR gerechnet. Demnach wird der Ergebnishaushalt voraussichtlich ausgeglichen abschließen.

3.3 Finanzhaushalt und Liquidität
Durch die vorhandene hohe Liquidität war die Zahlungsbereitschaft der Stadtkasse auch ohne Aufnahme von Kassenkrediten gewährleistet.

Aufgrund der Entwicklung in 2011 (vgl. GRDrs 419/2012 zum vorläufigen Jahresabschluss 2011) sowie wegen der oben dargestellten Verzögerungen im Mittelabfluss wird sich die noch erforderliche Darlehensaufnahme zur Finanzierung der im Haushalt 2012 veranschlagten Investitionen zeitlich verschieben.

3.4 Ausblick
Die Haushaltssituation der Landeshauptstadt hat sich trotz der Verbesserungen aus dem Jahresabschluss 2011 seit den Haushaltsberatungen nur unwesentlich verändert, sodass die Finanzlage weiterhin als angespannt zu bezeichnen ist, was auch der Einschätzung der Gemeindeprüfungsanstalt entspricht, die im Juni 2012 die überörtliche Prüfung der Jahresrechnungen 2006 bis 2010 abgeschlossen hat.

Auch wenn der Ergebnishaushalt in 2012 gerade so ausgeglichen ist, verbleibt für 2013 ein enormes Defizit von 107,3 Mio. EUR. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass aus dem Haushaltjahr 2012 noch die Kreditermächtigung von 17,8 Mio. EUR und im Haushaltsjahr 2013 die geplante Kreditaufnahme von 217,4 Mio. EUR in Anspruch genommen werden müssen. In der Finanzplanung ist für das Jahr 2014 bereits heute eine weitere Kreditaufnahme von 195 Mio. EUR vorgeshen.

Angesichts der bevorstehenden Aufgaben (Kommunalisierung der Wasserversorgung, Aufbau der Stadtwerke, Fortführung des Schulsanierungsprogramms, Ausbau der Kindertages- und Schulkindbetreuung, Finanzierung der Investitionen beim Klinikum, etc.), die bislang nur teilweise im Haushalt 2012/13 und in der Finanzplanung bis 2016 berücksichtigt sind, und unter Berücksichtigung der unklaren wirtschaftlichen Entwicklung einschließlich der möglichen Auswirkungen der Euro-Krise, den Belastungen aus dem Fiskalpakt, den Zensusauswirkungen im kommunalen Finanzausgleich und den Sparmaßnahmen des Landes, das den Eingriff in die kommunale Finanzmasse von 365 Mio. EUR/a. zu erhöhen und Aufgaben auf die Kommunen ohne entsprechenden Finanzausgleich zu übertragen beabsichtigt, ist erhöhte Vorsicht geboten.

Die vom Regierungspräsidium bei der Genehmigung des Stadthaushalts geforderte restriktive Haushaltsführung mit strikter Ausgabendisziplin, fortlaufender Aufgabenkritik bestmöglicher Einnahmenausschöpfung und angemessener Schuldenbegrenzung konsequent fortzuführen. Nach Auffassung der Aufsichtsbehörde ist der Konsolidierungsprozess ggf. punktuell sogar zu intensivieren.

Beteiligte Stellen








Michael Föll
Erster Bürgermeister






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