Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit
Gz: SJG
GRDrs 925/2014
Stuttgart,
12/11/2014



Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge - Stellen-/Personalbedarf und Raumbedarf für Inobhutnahme und für Hilfen zur Erziehung in Jugendhilfeeinrichtungen



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
17.12.2014
18.12.2014



Beschlußantrag:

1. Von den Entwicklungen im Bereich der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge wird Kenntnis genommen.

2. Die Verwaltung des Jugendamtes wird ermächtigt bis Ende 2015 Personal im Umfang von bis zu 41,59 Planstellen (32 Stellen in S 15, 3 Stellen in S 17, 2 Stellen in EG 10, 1,5 Stellen in EG 5, 3,09 Stellen in EG 2Ü) für die Erweiterung bzw. Neuschaffung von Inobhutnahmeein-richtungen sowie die Einrichtung einer Sonderdienststelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) ohne Blockierung von Planstellen einzustellen bzw. bestehende Arbeitsverträge zu erhöhen. Die Stellenbesetzung erfolgt entsprechend der Belegungsentwicklung und unter der Voraussetzung, dass die im Inobhutnahmebereich anfallenden Aufwendungen durch die geltend gemachten Kostenerstattungen refinanziert werden können.
Sollte über 2015 hinaus der Bedarf weiterhin bestehen, wird über formale Stellenschaffungen im Rahmen des Stellenplanverfahrens zum Doppelhaushalt 2016/2017 entschieden.

3. Für Einrichtung und Betrieb der Unterkünfte werden folgende Mittel überplanmäßig bereitgestellt:


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Ausgangslage

Bisher konnte die Versorgung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) und die Bearbeitung der Hilfegewährung mit den vorhandenen Ressourcen der beteiligten Organisationseinheiten noch einigermaßen akzeptabel gewährleistet werden.
Aufgrund der derzeitigen weltpolitischen Lage ist in den letzten Monaten die Anzahl von jungen Menschen auf der Flucht drastisch gestiegen (siehe Anlage 1), mit einem Rückgang ist in absehbarer Zeit nicht zu rechnen.

Im Notaufnahmebereich und den Wohngruppen sind die Ressourcen mittlerweile weit überschritten. Auch die Bearbeitung der Hilfegewährung in den Verwaltungsbereichen kann den Massen und gestiegenen Anforderungen nicht mehr gerecht werden.

Die UMF-Bearbeitung soll zentral in einer Organisationseinheit gebündelt werden. Im Gegensatz zur sozialpädagogischen Begleitung, die nach der Clearingphase wieder an die zuständigen Beratungszentren abgegeben wird, soll die Bearbeitung der verwaltungs- und leistungsrechtlichen Hilfegewährung weiterhin in der zentralen Organisationseinheit verbleiben. Ein wichtiger Grund dafür ist die Komplexität des Kostenerstattungsanspruches. Hier besteht ein hohes Risiko von Einnahmeausfällen. Durch die zentrale Bearbeitung soll eine regelkonforme und rechtssichere sowie eine zeitnahe Abrechnung (Vermeidung von Zinsausfällen) gewährleistet werden.

Nachfolgend wird dargestellt, welche Stellen-/Personalressourcen und Raumbedarfe für Inobhutnahme und für Hilfen zur Erziehung in Jugendhilfeeinrichtungen dringend und umgehend benötigt werden.

1. Bildung einer Organisationseinheit zur Bearbeitung der Hilfegewährung
für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Aufgrund des massiven Anstiegs der Fallzahlen und der komplexen Rechtsmaterie soll künftig die Bearbeitung der Hilfegewährung für die UMF, die derzeit noch dezentral in den Regelstrukturen erfolgt, in einer Organisationseinheit konzentriert werden:


Eine Herauslösung von Stellenanteilen aus der Regelstruktur ist nicht realisierbar.
Die zur Verfügungsstellung von zusätzlichen Stellen-/Personalressourcen ist unabdingbar.

Die Verwaltung des Jugendamtes ist zu ermächtigen, dass befristet bis Ende 2015 das nachfolgend aufgezeigte Personal ohne Blockierung von Planstellen im Umfang von 5,0 Stellen eingestellt werden kann bzw. bestehende Arbeitsverträge erhöht werden können.

Tätigkeit
Umfang
Eingruppierung
SGL / SB sozialpädagogische Begleitung*
100%
S 17
Sachbearbeitung sozialpädagogische Begleitung inklusive Personalressourcen für Alterseinschätzung
200%
S 15
Sachbearbeitung WJH
200%
EG 10

*Von den Personalressourcen für die sozialpädagogische Begleitung sind Anteile für eine Sachgebietsleitung vorzusehen, mit der Aufgabe der Dienst- und Fachaufsicht über das ihr nachgeordnete Personal und der Leitung des Sachgebiets UMF.

Über formale Stellenschaffungen wird ggf. im Rahmen des Stellenplanverfahrens zum Doppelhaushalt 2016/2017 entschieden.


2. Ausbau der Aufnahmekapazitäten

2.1 Inobhutnahme

Die Inobhutnahme der UMF (der Erstkontakt) erfolgt im Notaufnahmebereich des Jugendamtes. Dieser Bereich kann mit den vorhandenen Ressourcen die gegenwärtigen Massen nicht mehr aufnehmen. Daher ist es vorgesehen, den Notaufnahmebereich um eine weitere Jugendschutzgruppe, mit insgesamt 8 Plätzen, zu erweitern. Dafür wären die Räume im Erdgeschoss der Kernerstraße 36 geeignet. Hiermit ist allerdings ein Umzug der Julie-Pfeiffer Gruppe, die diese Räume derzeit belegt, verbunden.

Des Weiteren sollen 28 weitere Inobhutnahmeplätze für UMF in einem neuen Objekt zur Verfügung gestellt werden. Hierfür steht bereits ein geeignetes Objekt in Aussicht, die Anmietverhandlungen werden in Kürze abgeschlossen sein.

Für die 8 Plätze der Inobhutnahme der UMF in der Kernerstraße 36 entsteht folgender Personalbedarf:

Tätigkeit
Umfang
Eingruppierung
Pädagogisches Personal (8 Plätze)
670%
S 15
Leitungsanteil (für 8 neue Plätze + 15 bereits vorhandene Plätze)
100%
S 17
Sekretariat
50%
EG 5

Für die 28 Plätze der Inobhutnahme der UMF in einem neuen Objekt entsteht folgender Personalbedarf:

Tätigkeit
Umfang
Eingruppierung
Pädagogisches Personal (28 Plätze)
2330%
S 15
Leitungsanteil (28 Plätze)
100%
S 17
Sekretariat
100%
EG 5
hauswirtschaftliche Mitarbeiter
309%
EG 2 Ü

Die Verwaltung des Jugendamtes ist zu ermächtigen, dass befristet bis Ende 2015 das oben aufgezeigte Personal für den Bereich der Inobhutnahme ohne Blockierung von Planstellen im Umfang von 36,59 Stellen eingestellt werden kann bzw. bestehende Arbeitsverträge erhöht werden können. Über formale Stellenschaffungen wird ggf. im Rahmen des Stellenplanverfahrens zum Doppelhaushalt 2016/2017 entschieden.

Für die Fachberatung der Mitarbeiter-/innen in den Inobhutnahmeeinrichtungen werden zusätzlich Sachmittel im Gegenwert einer Stelle EG 13 (79.800 EUR) benötigt.

Des weiteren werden für Wach-und Pfortendienste im Inobhutnahmebereich Sachmittel benötigt. Durch die unterschiedlichen Belange, in den Räumlichkeiten der Inobhutnahme gibt es unabhängig von den Bewohnern viele Besucher/Mitarbeiter (Polizei, Alterseinschätzung, Dolmetscher, Eltern, fallzuständige BZ’s, Freunde der Jugendlichen usw.), die Zugang zum Gebäude benötigen. Aufgrund von diversen Vorfällen in der Vergangenheit ist eine besondere Kontrolle notwendig. Derzeit erfolgt dies u.a. mit einem Wachdienst in unzureichendem Umfang, der weder im Budget noch in der Pflegesatzberechnung berücksichtigt ist. Der Wachdienst ist weiterhin notwendig und muss verstärkt werden. Hierfür werden Sachmittel in Höhe von ca. 180.000 Euro benötigt, die im Haushalt zur Verfügung gestellt werden müssen.

Für die Ausstattung des neuen Objekts (z.B.: Möblierung, Küche mit Speisesaal) werden Sachmittel in Höhe von 84.200 € benötigt.

2.2 Hilfen zur Erziehung in Jugendhilfeeinrichtungen

Ca. 50% der Inobhut genommenen UMF werden von der Alterseinschätzungskommission als minderjährig eingeschätzt.
Die Flüchtlinge, die als minderjährig eingeschätzt werden, erhalten anschließend Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27 ff SGB VIII in einer Jugendhilfeeinrichtung. Auch hier sind alle vorhanden Ressourcen restlos ausgeschöpft. Es sind rund 5 neue Wohngruppen mit jeweils 8 Plätzen erforderlich.

Es ist bereits gelungen, dass 7 weitere Plätze bei einem Freien Träger eingerichtet werden. Schon aufgrund des Subsidiaritätsprinzips ist es Ziel, dass möglichst Freie Träger die zusätzlich notwendigen Plätze in Jugendhilfeeinrichtungen (z.B. Wohngruppen) schaffen. Sollte dies nicht gelingen, wird der städtische Erziehungshilfeträger diese Plätze schaffen müssen, was zu weiteren Bedarfen an Personal und Sachkosten beim Jugendamt führen würde.


3. Raumbedarfe
(Anmietung durch das Amt für Liegenschaften und Wohnen und Nutzung durch das Jugendamt im Standard des Vermieter-Mieter-Modells)

Es ist dringend geboten, dass das Amt für Liegenschaften und Wohnen zuständigkeitshalber die vom Jugendamt benötigten Räumlichkeiten für die Inobhutnahme von UMFs verfügbar macht. Hierfür wurde bereits ein geeignetes Projekt gefunden und sollte so schnell als möglich angemietet werden.

Auch die entsprechenden Räumlichkeiten für die Verlagerung der Julie-Pfeiffer-Gruppe werden dringend benötigt (siehe unter 2.1).

Die Möglichkeiten der Freien Träger -was Raumressourcen zum Ausbau der Jugendhilfeeinrichtungen (z.B. in Form von Wohngruppen oder im betreuten Jugendwohnen) anbelangt- sind völlig ausgeschöpft. Deshalb ist es dringend notwendig, dass 23 auch die jeweiligen freien Träger bei der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten unterstützt.


4. Weitere Entwicklungen im Bereich UMF

Im Rahmen der Haushaltsplanberatungen 2016/2017 wird über die weitere Entwicklung im Bereich UMF berichtet. Sollte die Anzahl der ankommenden UMF unerwartet stark von der derzeitigen Prognose abweichen, werden wir umgehend berichten.


Finanzielle Auswirkungen


Über Entgelte (Pflegesätze) finanzierte Bedarfe
Bereich
Tätigkeit/Bedarf
Umfang des (Personal-) Bedarfs
Eingruppierung
*Kosten
Kernerstr. 36
Pädagogisches Personal (8 Plätze)
670%
S 15
435.071 €
Leitungsanteil
100%
S 17
75.829 €
(für 8 neue Plätze + 15 bereits vorhandene Plätze)
Sekretariat
50%
EG 5
20.180 €
Fachberatung (Budget)
Sachkosten
39.900 €
Zwi.summe Kernerstr. 36
820%
570.980 €
Neue Einrichtung Pädagogisches Personal (28 Plätze)
2330%
S 15
1.513.008 €
Leitungsanteil (28 Plätze)
100%
S 17
75.829 €
Sekretariat
100%
EG 5
40.360 €
hauswirtschaftliche Mitarbeiter
309%
EG 2 Ü
131.717 €
Fachberatung (Budget)
Sachkosten
39.900 €
Miete/Nebenkosten (900 qm *15,5 € * 12 Monate + 5.040 Möblierungszuschlag)
Sachkosten
172.440 €
Zwi.summe neue Einrichtung
2839%
1.973.254 €
gesamter Inobhutnahmebereichexterne Dienstleistungen für Wach- und Schließdienste
Sachkosten
180.000 €
Aufwand Gesamt
3659%
2.724.234 €
Zu erwartende Mehrerträge8 Plätze Kernerstraße + 28 Plätze Neue Einrichtung
2.742.782 €

Alle in der vorstehenden Tabelle genannten Personal- und Sachkosten fließen in die entsprechenden Pflegesätze für Inobhutnahme ein.

Nicht über Pflegesatz finanziert
Bereich
Tätigkeit/Bedarf
Umfang des (Personal-) Bedarfs
Eingruppierung
*Kosten
Neue Org.einheitSGL / SB sozialpädagogische Begleitung
100%
S 17
75.829 €
Neue Org.einheitSachbearbeitung sozialpäd. Begleitung inklusive Personalressourcen für Alterseinschätzung
200%
S 15
129.872 €
Neue Org.einheitSachbearbeitung WJH
200%
EG 10
127.134 €
Aufwand Gesamt
500%
332.835 €
*Die durchschnittlichen Personalkosten wurden entsprechend des Schreibens vom Haupt- und Personalamt vom 19.11.2014 berechnet.


Bei einem ordnungsgemäßen Verfahren werden für alle ankommenden UMF die Pflegesätze für die Inobhutnahme (derzeit 287,63 € am Tag) vom zuständigen erstattungspflichtigen Bundesland übernommen. Die Kosten für die Folgeunterbringung, der Flüchtlinge/UMF die als minderjährig eingestuft werden, werden auch zu 100% erstattet.

Die Pflegesätze für die Jugendhilfeleistungen, die den UMF gewährt werden, (insb. Inobhutnahme und Heimerziehung) sind so kalkuliert, dass der Träger Jugendamt ab einem gewissen Auslastungsgrad (der in der Inobhutnahme bei 80% und in den Wohngruppen bei 95% liegt) die Leistungen kostendeckend erbringen kann. Liegt der Auslastungsgrad höher als der kostendeckend kalkulierte Auslastungsgrad, hat der Träger Jugendamt in diesem Bereich mehr Einnahmen als Ausgaben.

Personalkosten, die sonst im Kontext mit den UMF anfallen (wie z.B. Stellen für sozialpädagogische Betreuung/Unterstützung, Stellen für die Sachbearbeitung in der WJH) werden nicht erstattet und sind von der Stadt zu tragen.

Die Ermächtigung zur Besetzung der 36,59 Stellen sowie die Betriebskosten der Inobhutnahmeeinrichtungen wird finanziert aus Mehrerträgen aus den o.a. Pflegesätzen, die von den kostenerstattungspflichtigen Bundesländern getragen werden. Bei der Stellenbesetzung ist die tatsächliche Refinanzierung durch die Kostenerstattungen zu beachten. Die Personalaufwendungen für die Sonderdienststelle UMF im Umfang von 5 Stellen sowie die einmaligen Ausstattungskosten (84.200 EUR) werden durch Inanspruchnahme von Mitteln der Deckungsreserve gedeckt.

Die laufenden Mehraufwendungen für den Betrieb der Inobhutnahmeeinrichtungen werden entsprechend der vorgesehenen Betriebsdauer bei der Budgetaufstellung für den Doppelhaushalt 2016/2017 berücksichtigt.


Beteiligte Stellen

Die Referate WFB und AK haben die Vorlage mitgezeichnet.




Isabel Fezer
Bürgermeisterin


Anlagen

Anlage 1




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Anlage 1_GRDrs925_2014.pdfAnlage 1_GRDrs925_2014.pdf