Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz:
GRDrs 617/2022
Stuttgart,
10/21/2022



Vorprojekt der Stadtkämmerei zur Umstellung des SAP-ERP-Systems auf SAP S/4HANA



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich26.10.2022



Beschlußantrag:

1. Dem Vorgehen der Stadtkämmerei zur Vorbereitung der Umstellung des SAP-ERP-Systems auf SAP S/4HANA wird zugestimmt.

2. Vom zusätzlichen vordringlichen Personalbedarf in Höhe von 1,0 Stellen in der Abteilung Haushalt (20-2) in Besoldungsgruppe A 13gD mit KW-Vermerk 01/2029 wird Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die Stellenschaffung ist im Vorgriff auf den Stellenplan 2024 zu treffen.

3. Vom zusätzlichen vordringlichen Personalbedarf in Höhe von 1,5 Stellen in der Abteilung Stadtkasse (20-4) in Besoldungsgruppe A 11 mit KW-Vermerk 01/2028 wird Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die Stellenschaffung ist im Vorgriff auf den Stellenplan 2024 zu treffen.

4. Vom zusätzlichen vordringlichen Personalbedarf in Höhe von 1,0 Stelle in der Abteilung Gewerbesteuer und Aufwandsteuern (20-7) in Besoldungsgruppe A 12 mit KW-Vermerk 01/2028 wird Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die Stellenschaffung ist im Vorgriff auf den Stellenplan 2024 zu treffen.

5. Vom zusätzlichen vordinglichen Personalbedarf in Höhe von 2,0 Stellen in der Abteilung Stadtkasse (20-4) in der Entgeltgruppe 7 TVöD mit KW-Vermerk 01/2028 wird Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die Stellenschaffung ist im Vorgriff auf den Stellenplan 2024 zu treffen.




Begründung:


Die SAP hat die Wartung für das derzeit im Einsatz befindliche SAP ERP-System zum 31.12.2027 gekündigt. Mit SAP S/4HANA bietet die SAP ein Nachfolgeprodukt an. Zeitgleich hat sich Komm.ONE, als Vertragspartner der Stadt Stuttgart, im Rahmen der erforderlichen Umstellung des SAP-Kommunalmasters entschlossen, weitere Anwendungen wie das Veranlagungsverfahren KM-V oder die Kreditorenbuchhaltung in SAP-FI durch neuere Anwendungen zu ersetzen. Zusätzlich ergeben sich seitens SAP weitere Veränderungen im Bereich Stammdaten und Budgetierung.

An das städtische SAP-Finanzwesen sind zahlreiche Fachverfahren angebunden, die Daten anliefern oder aus dem System abfragen. Die dargestellten erforderlichen Veränderungen bei der Buchungsweise (PSCD-Ausgaben) und der Stammdaten haben zur Folge, dass Daten aus den Fachverfahren mit veränderten Inhalten und Formaten angeliefert werden müssen.

Um auch über den 01.01.2028 hinaus eine funktionierende Haushaltsplanung, Rechnungslegung und Veranlagung der kommunalen Steuern und Abgaben zu gewährleisten, müssen in den genannten Bereichen umfangreiche konzeptionelle Vorarbeiten und technische Umstellungen geleistet werden. Diese Teilprojekte müssen zwingend vor der eigentlichen Umstellung abgeschlossen sein, um die Voraussetzungen für die Migration nach S/4HANA zu erfüllen.

Der städtische SAP-Dienstleister hat im Januar 2022 überraschend mitgeteilt, dass alle Bestandskunden bereits innerhalb der nächsten beiden Jahre auf das neue Budgetverwaltungssystem (BCS) umgestellt sein müssen. Da sich die Reihenfolge der Teilprojekte an den Aufstellungsverfahren der Haushaltspläne orientiert, muss mit den Vorbereitungen zum Aufbau eines neuen Stammdatenmodells sofort begonnen werden. Aus diesem Grund sind die im Zusammenhang mit der Umstellung auf SAP S/4HANA erforderlichen Stellenbedarfe im Rahmen des Vorgriffverfahrens zu behandeln.


Einführung neues Budgetverwaltungssystem (BCS), Erarbeitung eines Stammdatenkonzepts gemäß dem neuen optimierten Stammdatenmodell (OSM)

Die Weiterentwicklung des Kommunalmasters sieht vor, dass die bisherige klassische Budgetierung durch das neue Budgetverwaltungssystem abgelöst werden muss. Die Ablösung ist Voraussetzung, um vom SAP ERP-System auf SAP S/4HANA migrieren zu können. Ergänzend ist in Vorbereitung auf die notwendigen Umstellungen die Überarbeitung des SAP-Stammdatenkonzepts notwendig, um im Zuge der Einführung von S/4HANA die inhaltlichen Anforderungen an die Budgetierung und deren Umsetzbarkeit zu verifizieren. Aktuell erfolgt die Steuerung und Überwachung der Budgetierung mittels 500 Budgeteinheiten, denen über 68.000 Kontierungsobjekte zugeordnet sind.

Die Einführung des neuen Budgetverwaltungssystems muss im Rahmen der Projektplanungen von Komm.One zwingend vor dem Beginn des neuen Doppelhaushaltsverfahrens 2024/2025 erfolgen. Daran anschließend muss die Überarbeitung des SAP-Stammdatenkonzepts erfolgen. Für dieses Projekt sind durch die Haushaltsabteilung (20-2) umfangreiche Vor- und Nachbereitungen zu leisten. Insbesondere die zentrale Projektplanung und -steuerung, konzeptionelle Überlegungen und Planungen zu notwendigen technischen und prozessualen Anpassungen, Abstimmung der Konzepte und Planungen mit weiteren beteiligten und betroffenen Stellen innerhalb der Stadtverwaltung sowie mit Komm.One, Prüfung, Customizing und Testungen in einer Testumgebung. Veranlassung von Fehlerbehebungen durch die Vertragspartner sowie Customizing im eigenen Verantwortungsbereich sowie Beratung und Unterstützung der Anwender und Durchführung von Schulungen verursachen einen personellen Mehrbedarf, der mit den vorhandenen Ressourcen nicht abgedeckt werden kann.

Die Umstellung des Budgetverwaltungssystems und des Stammdatenmodells muss im Vorfeld zur Migration auf S/4HANA abgeschlossen sein. Der Rollout des neuen Stammdatenmodells auf die Fachämter ist daher auf den 01.01.2027 avisiert. Der notwendige sofortige Projektbeginn noch im Jahr 2022 bedingt die Schaffung der zusätzlichen Stelle bereits zum 01.01.2023.

Im Rahmen des Rollouts des neuen Stammdatenmodells auf die Fachämter sind ggfs. weitere Stellenschaffungen notwendig. Dies kann jedoch erst beurteilt werden, wenn die ersten Erfahrungen im Projekt gemacht wurden. Die hierfür ggfs. erforderlichen Stellenschaffungen würden im Vorfeld rechtzeitig beantragt werden.


Umstellung Kreditorenbuchhaltung auf Geschäftspartnerbuchhaltung (PSCD-A)

Sowohl SAP als auch Komm.One setzen in ihrer Entwicklungsstrategie für die Ausgabenbuchführung auf die sogenannte Geschäftspartnerbuchhaltung. Um den SAP-Kommunalmaster weiterhin nutzen zu können und auch nicht bei Weiterentwicklungen abgehängt zu werden, muss die LHS im Bereich der Ausgabenbuchhaltung daher zwingend die Kreditorenbuchhaltung auf die Geschäftspartnerbuchhaltung im Modul PSCD umstellen. Für die Debitorenbuchhaltung und bei der Buchhaltung für den Sozial- und Jugendhilfebereich wird das Modul PSCD bei der LHS bereits eingesetzt.

Die geänderten Anforderungen an Dateninhalte und -formate in PSCD müssen in der elektronischen Rechnungseingangsbearbeitung DirectInvoiceControl (DIC) übernommen sowie Eingabehilfen und Prüfungsroutinen neu aufgesetzt werden. Hierfür sind umfangreiche Anpassungen bzw. Neuentwicklungen sowie Vor- und Nachbereitungen erforderlich. Die Umstellung ist verbunden mit konzeptionellen Planungen in Bezug auf technische und prozessuale Anpassungen, Abstimmungen mit beteiligten und betroffenen Stellen innerhalb der Stadtverwaltung sowie mit Komm.One, dem Erstellen von Entwicklungsaufträgen, Prüfung, Customizing und Testungen von PSCD Ausgaben, der Beratung von Fachämtern bei der Implementierung von PSCD-Ausgaben in der dezentralen Buchführung sowie in Bezug auf erforderliche Anpassungen der Fachverfahren, der Beantwortung von Anwenderfragen und Durchführung von Schulungen.

Die Umstellung der Ausgabenbuchhaltung muss im Vorfeld zur Migration auf S/4HANA abgeschlossen sein. Die Umstellung auf PSCD-Ausgaben ist daher auf den 01.01.2027 avisiert. Unter Berücksichtigung des zeitnahen Projektbeginns im Frühjahr 2023 sind für den dargestellten Umstellungsprozess bei der Stadtkasse Personalkapazitäten im Umfang von 1,5 Vollzeitkräften im gehobenen Dienst über einen Zeitraum von 5 Jahren notwendig.

Im Hinblick auf die durchzuführenden Schulungen im Vorfeld des Umstellungstermins sind angesichts der hohen Anzahl an SAP- und DIC-Usern ggfs. noch zusätzliche Assistenzkräfte erforderlich, die bei der Vorbereitung der Schulungen unterstützen (Anlage von Usern im Schulungsmandanten usw.). Die hierfür ggfs. erforderlichen Stellenschaffungen würden im Vorfeld rechtzeitig beantragt werden.


Ablösung bzw. Umstellung der Veranlagung von Kommunalmaster Veranlagung (KM-V) auf Kommunalmaster Steuern und Abgaben (KM-StA)

Das bisherige Fachverfahren für die Gewerbesteuer- und Hundesteuerveranlagung, der sog. Kommunalmaster Veranlagung (KM-V), wird seitens Komm.One zum 31.12.2026 eingestellt. Um die städtischen Steuern und Abgaben, die bisher über KM-V abgebildet werden, weiterhin veranlagen zu können, muss daher auf das Nachfolgeprodukt Kommunalmaster Steuern und Abgaben (KM-StA) umgestellt werden. Unter Berücksichtigung der Entwicklungsstrategien und zur optimalen Nutzung des Kommunalmaster Steuern und Abgaben sind die Anforderungen an die Digitalisierung im Bereich Gewerbe- und Aufwandssteuer umzusetzen.

In diesem Zusammenhang soll die Bekanntgabe von Steuerbescheiden auf ein elektronisches Format unter Einbindung in die verschiedenen Fachverfahren umgestellt werden. Ziel ist die Einführung einer digitalen Akte für alle Steuerarten unter Berücksichtigung der besonderen Belange der Steuerverwaltung. Vor der Umstellung muss eine Bedarfsanalyse für die einzelnen Steuerarten durchgeführt werden, da wegen der unterschiedlichen Festsetzungsverfahren auch unterschiedliche Anforderungen erfüllt sein müssen. Zu berücksichtigen ist auch der Datenträgeraustausch mit allen Bundesländern, da bei der Gewerbesteuer die Steuermessbescheide und die Zerlegungsbescheide von den Finanzämtern aus dem gesamten Bundesgebiet kommen. Außerdem soll auch eine Schnittstelle zum Amt für öffentliche Ordnung, Bereich Gewerbean-, -um- und –abmeldungen geschaffen werden, damit nach Überprüfung der Daten (Namens- und Adresserfassung bei den Gewerbeabmeldungen) der Stammsatz automatisch im Veranlagungskonto angelegt wird. Weitere Ziele sind die Umstellung auf die Möglichkeit einer elektronischen Abgabe der monatlichen Steuererklärungen bei der Vergnügungssteuer und die Integration der erforderlichen Unterlagen mit einer Schnittstelle zum Dokumentenmanagementsystem sowie das Überführen des Posteingangs Hundesteuer über das Serviceportal Baden-Württemberg in die digitale Akte.

Bei der Digitalisierung der Steuerverwaltung sind u.a. rechtliche Vorgaben nach der EU-Datenschutzgrundverordnung, der Abgabenordnung, dem Kommunalabgabengesetz, der Verwaltungsgerichtsordnung, dem Verwaltungsverfahrensgesetz und dem Onlinezugangsgesetz zu beachten. Die Erarbeitung eines entsprechenden Konzepts unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorschriften und Anforderungen, die Programmpflege, die Programmanpassung an Gesetzesänderungen, die Fehlerbehebung und die Weiterentwicklung ist mit den vorhandenen Ressourcen nicht leistbar.


Bereinigung Geschäftspartnerstammdaten

Im SAP-Finanzwesen befinden sich aktuell 1,2 Millionen aktive Geschäftspartner. Da die Mehrzahl der Stammdaten über unterschiedlichste Fachverfahren angeliefert werden, ist es für die zentrale Stammdatenpflege nicht möglich, alle Fehler im Aufbau der Adressen oder die Anlage von Dubletten zu verhindern. Die programmseitige Unterstützung seitens des Kommunalmasters ist hierfür schlicht nicht ausreichend.

Bereits zum Doppelhaushalt 2022/2023 wurden 2 Stellen für den Bereich Stammdatenpflege geschaffen, um den Datenbestand möglichst vor der Umstellung auf S/4HANA bereinigen zu können sowie dauerhaft die laufende Pflege der Stammdaten zu verbessern. Bei der Berechnung des Stellenbedarfs ging man damals aufgrund einer Auswertung aus dem Kommunalmaster und einer Hochrechnung von rund 150.000 zu bereinigenden Datensätzen aus.

Im Zusammenhang mit dem o.g. Projekt zur UmsteIlung auf SAP S/4HANA wurden im Juni dieses Jahres, mit Unterstützung einer externen Firma, erstmals alle Geschäftspartner ausgewertet und systematisch analysiert. Dabei hat sich herausgestellt, dass der Bestand an fehlerhaften oder doppelten Geschäftspartnern mit knapp 390.000 Fällen mehr als doppelt so hoch ist, wie ursprünglich angenommen. Mittlerweile hat sich zudem herausgestellt, dass die zum Stellenplan 2022 geschaffenen 2,0 Stellen vollständig in der Pflege der laufenden Neuanlagen eingesetzt werden müssen, damit sich der Bestand an fehlerhaften Anlagen und Dubletten nicht noch weiter erhöht.

Da die erfolgreiche Umstellung bzw. der reibungslose Einsatz von SAP S/4HANA vom Datenbestand und der -qualität abhängig ist, müssen die fehlerhaften oder doppelt angelegten Geschäftspartner zeitnah korrigiert werden. Unter Berücksichtigung der dargestellten Zeitschiene sowie der zu bereinigenden Datenmenge, ist ein Stellenbedarf von 2 Stellen über einen Zeitraum von 5 Jahren erforderlich.


Finanzielle Auswirkungen

Ziffer 2: Es entstehen zusätzliche durchschnittliche Personalaufwendungen in Höhe von 128.800 EUR jährlich.

Ziffer 3: Es entstehen zusätzliche durchschnittliche Personalaufwendungen in Höhe von 152.700 EUR jährlich.

Ziffer 4: Es entstehen zusätzliche durchschnittliche Personalaufwendungen in Höhe von 113.400 EUR jährlich.

Ziffer 5: Es entstehen zusätzliche durchschnittliche Personalaufwendungen in Höhe von 109.000 EUR jährlich.

Für die Beauftragung von Neuentwicklungen der Drittanbieter sowie erforderliche Workshops mit Komm.One und Drittanbietern im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Rechnungswesens auf S/4HANA wurden bereits Mittel im Doppelhaushaltsplan 2022/2023 veranschlagt. Ggfs. notwendige zusätzliche Finanzierungsmittel würden zum DHH 2024/2025 angemeldet.


Mitzeichnung der beteiligten Stellen:

Referat AKR hat die Vorlage mitgezeichnet.





Thomas Fuhrmann
Bürgermeister







Anlagen

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