Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser
Gz: 0011-00
GRDrs 1232/2013
Stuttgart,
11/05/2013



Haushalt 2014/2015

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 11.11.2013



Leitantrag Demokratie:
Transparenz, Öffentliche Kontrolle und Beteiligungsrechte ausbauen.


Beantwortung / Stellungnahme

I. Transparenz und Zugang zu Informationen

Stellungnahme zu I. 1.:

Das Thema Bürgerbeteiligung ist Gegenstand einer Beschlussvorlage, die derzeit dem Oberbürgermeister zur Unterschrift vorliegt (GRDrs 1029/2013). Hierauf wird verwiesen.

Beantwortung zu I.2.:

Direkt nach der Freischaltung in der Verwaltungsdatenbank werden den BürgerInnen im Internet folgende Sitzungsunterlagen bereitgestellt und sind somit auch öffentlich dokumentiert

- Tagesordnungen aller öffentlichen Sitzungen (incl. Bezirksbeirat) und
- Anträge/Anfragen mit den dazugehörigen Stellungnahmen

Alle öffentlichen Vorlagen und Protokolle des Verwaltungsausschusses und des Gemeinderats werden vor ihrer Freischaltung auf datenschutzrechtliche Inhalte überprüft. Die Bereitstellung der Sitzungsunterlagen aller Ausschüsse kann mit dem vorhandenen Personal (derzeit lediglich eine Stelle) nicht erfüllt werden.

Es ist geplant, in den kommenden Jahren ein neues Ratsinformationssystem zu entwickeln. Hierfür wird die Verwaltung Anfang 2014 mit Vertretern des Gemeinderates einen Workshop durchführen. Erst danach kann ein Anforderungsprofil an das neue System erstellt und weitere Schritte veranlasst werden. Aussagen zu dem endgültigen Personalbedarf können erst nach Abschluss dieses Prozesses getroffen werden.

Beantwortung zu I.3.:

Öffentliche Sitzungen werden bereits jetzt grundsätzlich auch öffentlich zugänglich dokumentiert. Sofern derzeit aus technischen Gründen noch keine öffentlichen Protokolle im Internet abgerufen werden können, ist eine Einsichtnahme bei der Geschäftsstelle des Gemeinderats möglich.

Das Erstellen von Wortlautprotokollen aller öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats und seiner Gremien ist jedoch sachlich nicht zwingend geboten.

Für die Dokumentation in Form von Videoprotokollen ist das Einverständnis jedes einzelnen Mitgliedes des Gemeinderats erforderlich. Außerdem sind die persönlichkeitsrechtlichen Belange aller in der Sitzung Anwesenden zu berücksichtigen.

Stellungnahme zu I.4.:

Durch die beantragte Neugestaltung der Sitzungsplanung würde sich die abschließende Beschlussfassung von Gemeinderatsdrucksachen mehrere Wochen verlängern und so die politischen Gestaltungsmöglichkeiten des Gemeinderats beschränken. Der Vollzug der Beschlüsse würde sich durch das Abwarten des Ablaufes der Frist eines kassatorischen Bürgerbegehren dazu noch um weitere 6 Wochen verzögern.

Zeitnahe oder auch termingebundene Entscheidungen könnten nicht mehr vom Gemeinderat gefasst werden.

Stellungnahme zu I.5.:

Grundsätzlich gilt hierzu das in der Stellungnahme zum Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen Nr.49/2011 gesagte.

Das Land Baden-Württemberg beabsichtigt, in einem umfassenden Informationsfreiheitsgesetz gesetzliche Regelungen zu treffen, damit Bürgerinnen und Bürger unter Beachtung des Datenschutzes grundsätzlich freien Zugang zu Informationen der öffentlichen Verwaltung erhalten. Das Innenministerium hat hierzu auf eine Bürgeranfrage am 24. Juni 2013 geschrieben, dass es beabsichtigt, einen entsprechenden Gesetzentwurf im Laufe des Jahres 2013 zu erarbeiten.

Der Erlass dieses Landesgesetzes ist abzuwarten.


II. Beteiligungsrechte stärken

1. Weiterentwicklung des Bürgerhaushaltes

Beantwortung zu II.1.1.bis 1.5. (betrifft auch II.3. und III.1.2.):

Im Gegensatz zum ursprünglichen Bürgerhaushalt aus Porto Allegre sind die typisch deutschen Bürgerhaushaltsverfahren in der Regel indirekte demokratische Beteiligungsinstrumente. Die Bürger wirken an der Aufstellung des städtischen Haushalts beratend mit, entscheiden jedoch nicht direkt. Diese Ausgestaltung des Bürgerhaushaltsverfahrens ist vor allem dem in Deutschland und insbesondere auch in Baden-Württemberg geltenden kommunalen Haushaltsrecht geschuldet, das ausschließlich dem Gemeinderat das Recht zuspricht, den Haushaltsplan zu beschließen. Der Gemeinderat kann die durch die Gemeindeordnung zugewiesene Entscheidungsbefugnis nicht ohne weiteres auf die Gremien der Stadtbezirke oder die Bürgerschaft übertragen. Ein Beteiligungsverfahren, bei dem die Verteilung eines Stadtbezirksbudgets verbindlich im Rahmen eines Stadtbezirksbürgerhaushaltes erfolgt, müsste deshalb zunächst rechtlich intensiv geprüft werden.

Die Verwaltung schlägt deshalb vor, die Weiterentwicklung des Stuttgarter Bürgerhaushalts im Rahmen der geplanten Evaluation vorzunehmen. Wie in GRDrs 644/2013 dargestellt, soll das Bürgerhaushaltsverfahren 2013 gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Fraktionen sowie der Bezirksvorsteher analysiert und gegebenenfalls überarbeitet werden. Auch eine Beteiligung des Arbeitskreises Bürgerhaushalt, der sich aus ehrenamtlich tätigen Bürgern zusammensetzt, ist hierbei erneut vorgesehen. Es wird vorgeschlagen, diese Evaluation direkt im Anschluss an die Rechenschaftslegung im Februar 2014 zu beginnen. In diesem Rahmen kann auch entschieden werden, inwiefern über die Beteiligung des Arbeitskreises Bürgerhaushalt hinaus, die Bürgerschaft in die Weiterentwicklung des Bürgerhaushaltes einbezogen werden soll. Die Ergebnisse der Evaluation und das weiterentwickelte Bürgerhaushaltsverfahren sollen dem Gemeinderat spätestens im Sommer 2014 zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Auf Grundlage der erarbeiteten konzeptionellen Veränderungen können dann in der Gemeinderatsdrucksache die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen beziffert werden.


2. Schulverfassungen

Beantwortung zu II.2.:

Über die Verwendung der der Schule zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel (Schulbudget) im Rahmen ihrer Zweckbestimmung ist die Schulkonferenz zu den Beschlüssen der Gesamtlehrerkonferenz anzuhören (SchG § 47, Abs. 4). Eine Beteiligung der Eltern und Schüler/innen als Teil der Schulkonferenz ist damit im Schulgesetz ausdrücklich vorgesehen.

Die Erarbeitung einer Schulverfassung ist Aufgabe jeder einzelnen Schule im Rahmen der inneren Schulentwicklung und damit nicht Aufgabe des Schulträgers. Nach § 45 Abs. 2 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg (SchG) berät und beschließt die Gesamtlehrerkonferenz Angelegenheiten, die für die Schule von wesentlicher Bedeutung sind, wozu auch eine Schulverfassung zählt. Die Schulkonferenz ist nach §47 Abs.2 ebenfalls eingebunden.

Eine Moderation bei der Erarbeitung oder Bearbeitung von Schulverfassungen durch die städtische Schulverwaltung ist personell nicht leistbar.


3. Stadtteilzentren stärken

Stellungnahme zu II.3.:

Im Rahmen des Bundes-Förderprogramms „Die Soziale Stadt“ wurden in einigen Stadtbezirken sogenannte Stadtteilzentren eingerichtet. Diese dienen auch gemeinschaftlichen Aktivitäten der Zivilgesellschaft. Des Weiteren stehen gesellschaftlichen Gruppen auf Anfrage auch die Versammlungsräume in Bürgerhäusern zur Nutzung zur Verfügung.

Beratung in Partizipationsfragen und weitere Infrastruktur kann nur mit zusätzlichen Finanz- und Personalressourcen ermöglicht werden. Diese stehen derzeit nicht zur Verfügung.



4. Partizipation der Kinder und Jugendlichen in der Gesellschaft

Stellungnahme zu II.4.:

In Stuttgart gibt es vorhandene zentrale und dezentrale Strukturen, die die Beteiligung von Kindern wahrnehmen:
Das Jugendamt, übernimmt in Kooperation mit der Interessensgemeinschaft (IG) Kinderbeteiligung zentrale Aufgaben der Kinderbeteiligung, wie Lobbyarbeit, die Organisation von Fachtagen und Fortbildungen und die Vertretung des Themas in verschiedenen Arbeitsgruppen und Gremien. Die Geschäftsführung der IG Kinderbeteiligung liegt beim Jugendamt.
Das Jugendamt hat außerdem über die Struktur der Kinderforen in den Stadtbezirken Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder geschaffen.

Zudem bietet das Stadtlabor des Stadtmuseums als zentrale Stelle Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit Ideen zu städtebaulichen Themen in den Stadtteilen zu erarbeiten.

Die Kinderbeauftragten in den Stadtteilen, den städtischen Ämtern und Eigenbetrieben nehmen ebenfalls Kinderinteressen wahr und bieten in ihrem Rahmen Möglichkeiten der Beteiligung für Kinder (und Jugendliche).

Die Vernetzung dieser Strukturen und die Erarbeitung verbindlicher Standards ist Aufgabe der gesamtstädtischen Vertretung von Kinderinteressen durch die Kinderbeauftragte (ab Januar 2014).

Wir begrüßen es ausdrücklich, wenn die Beteiligungsrechte der jungen und der erwachsenen Bürger unserer Stadt verbessert werden. Insbesondere die Beteiligung von Kindern (und Jugendlichen) muss verlässlich vor Ort im wohnortnahen Lebensbereich ermöglicht werden.


III. Stärkung der demokratischen Gremien

1. Stärkung der Bezirke

Stellungnahme zu III.1.1.:

Die Direktwahl der Stuttgarter Bezirksbeiräte wurde zuletzt am 26. Juni 2003 vom Gemeinderat zurückgestellt. Bisher gab es vom Gemeinderat keinen weiteren Vorstoß hierzu.

Die Direktwahl ließe sich dann rechtfertigen, wenn die Bezirksbeiräte neben der Beratungsfunktion direkte und mittelbare Entscheidungskompetenzen hätten. Soweit eine Entscheidungskompetenz rechtlich möglich wäre, müssten den Stadtbezirken je eigene Etats zur Verfügung gestellt werden. Dies hätte zwingend Stellenneuschaffungen bei der Finanzverwaltung und den Bezirksämtern mit überschlägig geschätzten jährlichen Kosten von mehr als 10 Mio. € zur Folge.

Stellungnahme zu III.1.2.:

Nach §§ 65 Abs. 4, 70 Abs. 2 GemO ist der Bezirksbeirat erst dann befugt, über ein eigenes Stadtbezirksbudget zu verfügen, wenn er direkt von den Bürgern gewählt werden würde. Andernfalls wird das Haushaltsrecht des Gemeinderat (§ 81 Abs. 1 GemO) verletzt. Über das bereits vorhandene Bezirksbudget kann der Bezirksbeirat momentan nur im vom Gemeinderat vorgegebenen Rahmen verfügen.


2. Stärkung der Jugendräte und Einrichtung eines gesamtstädtischen Jugendgemeinderats

Stellungnahme zu Nr. III.2.1. bis 2.3.:

Die im Januar 2014 neu zu wählenden Jugendräte auf Stadtbezirksebene können sich mit möglichen Formen einer breiter verankerten Jugendbeteiligung im Sinne einer Weiterentwicklung auseinandersetzten.

2.1. Die Jugendräte haben seit 1996 ein eigenes Budget. Über die Verwendung dieser Mittel entscheiden in erster Linie die Jugendräte.

2.2. siehe Antwort zu Ziff. II. 1.

2.3. Die derzeitigen Jugendräte vertreten die Auffassung, dass die Beteiligung Jugendlicher auf kommunaler Ebene im Kontext der Lebenswelt- und Sozialraumorientierung, d.h. in den Stadtbezirken stattfinden soll.

Der Gesamtstädtische Arbeitskreis der Stuttgarter Jugendräte besitzt seit 2002 den Status als offizielles Vertretungsorgan aller Stuttgarter Jugendbeteiligungsformen.


Vorliegende Anträge/Anfragen



808/2013 SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft




Werner Wölfle
Bürgermeister




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