Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Recht/Sicherheit und Ordnung
Gz: RSO
GRDrs 847/2011
Stuttgart,
11/09/2011



Zwischenbericht über die Einführung des neuen Personalausweises



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich30.11.2011



Beschlußantrag:

1. Vom Zwischenbericht über die Einführung des neuen Personalausweises wird Kenntnis genommen. 2. Vom vorläufigen Stellenmehrbedarf in Höhe von 12,5 Stellen in EG 8 durch die erhöhten Bearbeitungszeiten des neuen Personalausweises wird Kenntnis genommen. 3. Über die Stellenschaffung in Höhe von 8,5 Stellen - zunächst befristet auf 2 Jahre - wird im Rahmen des Stellenplanverfahrens 2012/2013 entschieden.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Personalausweises zum 01.11.2010 wurden mit der GRDrs 420/2010 2 Stellen im Vorgriff auf den Stellenplan 2012 zum 01.01.2011 geschaffen. In Ziffer 3 der GRDrs 420/2010 wurde festgelegt, dass im Jahr 2011 ein Zwischenbericht zu den Bearbeitungszeiten, sowohl für die Antragstellung als auch für die bis dahin unberücksichtigten Bearbeitungszeiten für Änderungs- und Sperrdienste, vorgelegt wird. Auf dieser Basis sollte dann der vorläufige Personalbedarf ermittelt und im Rahmen des Stellenplanverfahrens 2012/2013 über diesen entschieden werden. Bei Erhebung hat sich herausgestellt, dass derzeit noch nicht für alle Änderungs- und Sperrdienste eine verlässliche Fall- und Bearbeitungszahl benannt werden kann, weshalb auch diese Geschäftsprozesse im Zuge einer für die Abteilung Einwohnerangelegenheiten geplanten Organisationsuntersuchung 2012 nochmals zu untersuchen sind.

Ein Ergebnis dieser Untersuchung wird u. a. die Feststellung des dauerhaften Personalmehrbedarfs für die Einführung des neuen Personalausweises sein.

Finanzielle Auswirkungen

Personal- und Sachkosten (laufender Betrieb)

Die gesamten Personal- und Sachkosten (EG 8) stellen sich wie folgt dar:

zugrundeliegende Fallzahl jährlich
60.000
Gebühreneinnahmen 1)
1.656.000
Sach- und Personalkosten (17,5 Stellen)2) 3)
943.250
Kosten Bundesdruckerei
1.368.000
Kostendeckung
72%
Zuschussbedarf
rd. 656.000

1) kalkulierte Gebühreneinnahmen insgesamt (1/5 zu 22,80 €, 4/5 zu 28,80 €)
2) Die Sach- und Personalkosten betragen je Stelle: 53.900€ in EG 8 (Basis: Rundschreiben Ref. AK 03/2010 - Kosten eines Arbeitsplatzes; Stellenschaffungen; Anlage 2.2)
3) 17,5 Stellen: 5 bisher für diese Aufgabe eingesetzten Stellen, 2 Stellen aus dem Bereich Lohnsteuerkarten und 2 im Vorgriff auf den Stellenplan 2012 geschaffenen Stellen, 8,5 Stellen Mehrbedarf

Fazit
Um rasch wieder einen annähernden „Normalbetrieb“ bei den Bürgerbüros gewährleisten und den gewohnten Bürgerservice, insbesondere hinsichtlich der Wartezeiten, wieder einigermaßen bieten zu können, müssten insgesamt 8,5 Stellen geschaffen werden. Eine angemessene Personalausstattung ist auch in Anbetracht der Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeiter/innen unabdingbar.

Durch die Gebühreneinnahmen wird ein Kostendeckungsgrad von 72% erreicht.

Bzgl. der Gebührenentwicklung kann bis dato, trotz des Einsatzes für eine kostendeckende Gebührenanpassung, nichts Abschließendes gesagt werden, da seitens des Gesetzgebers und des Städte-/Gemeindetags eine Evaluierung erst 2 Jahre nach Einführung des neuen Personalausweises durchgeführt wird.

Im Rahmen einer geplanten Organisationsuntersuchung 2012 sollen neben dem gesamten Aufgabenkomplex der Abteilung Einwohnerangelegenheiten, insbesondere auch die Bearbeitungszeiten und Fallzahlen für die tatsächliche Sperrung bei Verlust und Tod, die bis jetzt noch nicht verlässlich angegeben werden können, nochmals betrachtet werden. Ebenso die Bearbeitungszeiten und Fallzahlen für das Aktivieren und Deaktivieren der Online-Ausweisfunktion, sowie das Neusetzen der PIN.


Beteiligte Stellen

Die Referate AK und WFB haben die Vorlage mitgezeichnet.

Vorliegende Anträge/Anfragen

--

Erledigte Anträge/Anfragen

--



Dr. Martin Schairer
Bürgermeister


Anlagen

Ausführliche Begründung (Anlage 1)


Ausführliche Begründung

1. Ausgangslage:

Im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Personalausweises zum 01.11.2010 wurde ein rechnerischer zusätzlicher Personalbedarf in Höhe von 5,3 Stellen ermittelt. Als Basis wurde die von den kommunalen Spitzenverbänden im Vorfeld der Einführung des neuen Personalausweises als zu erwartende ermittelte Gesamtbearbeitungszeit von 18 Minuten für die Antragstellung bis zur Ausgabe als Berechnungsgrundlage anerkannt. Diese Bearbeitungszeit war Grundlage für den errechneten zusätzlichen Personalbedarf von 5,3 Stellen. Auf den Bedarf von gerundet fünf Stellen wurden zwei Stellen für die Vereinfachung des Lohnsteuerkartenverfahrens angerechnet. Die Schaffung einer Stelle wurde aufgrund der damals noch nicht exakt berechenbaren Bedarfslage zurückgestellt. Letztlich wurden zwei Stellen im Vorgriff auf den Stellenplan 2012 zum 01.01.2011 geschaffen. In Ziffer 3 der GRDrs 420/2010 ist festgehalten, dass im Jahr 2011 ein Zwischenbericht über die Entwicklung der Bearbeitungszeiten, sowohl für die Antragstellung als auch für die bis dahin unberücksichtigten Bearbeitungszeiten für Änderungs- und Sperrdienste erfolgen sollte. Auf dieser Basis sollte dann ein vorläufiger Personalmehrbedarf ermittelt und im Rahmen des Stellenplanverfahrens 2012/2013 über diesen entschieden.

Mit Start des neuen Personalausweises am 1. November 2011 zeigten sich bundesweit Anfangsschwierigkeiten beim praktischen Einsatz der von der Bundesdruckerei gelieferten Gerätetechnik in den Ausweisbehörden. Diese Störungen sind mittlerweile behoben. In den Stuttgarter Bürgerbüros bestehen darüber hinaus aber weitere technische Besonderheiten, die den Arbeits- bzw. Zeitaufwand bei der Bearbeitung der neuen Personalausweise bislang erhöhen. Die vielfältigen Dienstleistungsangebote, die in Stuttgart bei den Bürgerbüros aus einer Hand erledigt werden, erfordern eine hochkomplexe technische Infrastruktur. Die Adaptierung neuer technischer Komponenten in diese Struktur ist jeweils störanfällig. Die Einbindung der neuen Ausweistechnik ist in Stuttgart bisher nicht ausreichend gelungen, so dass ein reibungsloser Dienstbetrieb auch aus diesen Gründen bisher nicht erreicht werden konnte.


2. Erhebung der Bearbeitungszeiten

Die der Personalbedarfsberechnung zu Grunde liegenden Bearbeitungszeiten wurden ermittelt und liegen derzeit bei störungsfreiem Betrieb bei durchschnittlich 22,5 Minuten für die Antragstellung und Ausgabe des Personalausweises, sowie bei sieben Minuten für den Änderungsdienst bei Umzug und je zwei Minuten für die Sperrprüfung bei Verlust des Ausweises und Tod des Ausweisinhabers. In diesen Bearbeitungszeiten sind keine Rüstzeiten enthalten. Ebenso sind Ausfallzeiten durch die Stuttgart-spezifischen technischen Probleme in den ermittelten Bearbeitungszeiten nicht eingerechnet. Zudem können beim Änderungsdienst für die neu hinzugekommenen Vorgänge „Aktivieren und Deaktivieren der Online-Ausweisfunktion“, sowie „Neusetzen der PIN“ derzeit noch keine verlässlichen Bearbeitungs- und Fallzahlen benannt werden. Ebenso kann beim Sperrdienst derzeit nur der Prüfungsaufwand, ob eine Sperrung erforderlich ist, verlässlich benannt werden. Bzgl. der tatsächlichen Sperrung z.B. bei Verlust des Ausweises oder bei Tod des Ausweisinhabers, liegen noch keine belastbaren Fallzahlen vor, weil die Ausweise mit den neuen Funktionalitäten erst seit November 2010 in Umlauf sind.

Die Erhebung der Bearbeitungszeiten ergibt eine Gesamtbearbeitungszeit für die Antragstellung einschließlich der Ausgabe in Höhe von 22,5 Minuten, also 4,5 Minuten mehr als die 2010 zugrunde gelegte Bearbeitungszeit von 18 Minuten /Fall und 14,5 Minuten mehr als vor Einführung des neuen Personalausweise (8 Minuten/Fall).

Hinzu kommen die Bearbeitungszeiten für die neuen Geschäftsprozesse Änderungs- und Sperrdienst (7 Minuten / Änderungsdienst bei Umzug, je 2 Minuten / Sperrdienst bei Verlust und Tod), die es vor Einführung des neuen Personalausweises nicht gab und die bis dato in der Personalbedarfbemessung nicht berücksichtigt wurden.


3 . Auswirkungen der erhöhten Bearbeitungszeiten und der Bearbeitungszeiten für die Änderungs- und Sperrdienste

Die um 14,5 Minuten erhöhte Bearbeitungszeit pro Personalausweis und auch die hohen zusätzlichen Bearbeitungszeiten für die Änderungs- und Sperrdienste schlagen sich in den Wartezeiten für die Bürger/Bürgerinnen nieder. Dies führt unweigerlich zu Verärgerungen und Unmutsäußerungen bei den Bürgern/innen, die inzwischen durchaus eine Wartezeit von mindestens 1 Stunde einkalkulieren müssen. Mit den bereits erwähnten Verzögerungen durch die technischen Störungen werden diese Zeiten teilweise sogar weit überschritten. Deutlich wird dies an den Gelben Karten. Während in früheren Jahren durchschnittlich 5 Gelbe Karten mit Kritik in Bezug auf die Wartezeit hauptsächlich an Brückentagen eingingen, sind in der ersten Jahreshälfte 2011 bereits 57 eingegangen. Die Kunden verlassen angesichts der langen Warteschlangen resigniert das Bürgerbüro, sie fühlen sich mittlerweile als Bittsteller, werden gereizt und beleidigend, verschiedentlich kam es schon zu Ausschreitungen im Wartebereich und die Polizei musste zur Deeskalation hinzugezogen werden. Die Bürgerbüros kommen ihrer Serviceverpflichtung gegenüber dem Bürger nicht mehr ausreichend nach.

Die Auswirkungen auf den Bürgerservice sind deutlich spürbar. Über die Sommerferien hat der Personalbestand durch urlaubsbedingte Abwesenheiten die für eine ordnungsgemäße Aufgabenerledigung notwendige Minimalgrenze unterschritten. Das Amt für öffentliche Ordnung sah sich deshalb gezwungen, an den publikumsintensiven Tagen donnerstags die kleineren Bürgerbüros der Stadtbezirke zu schließen und die dort üblicherweise eingesetzten Mitarbeiter auf die zentralen großen Bürgerbüros zu konzentrieren. Nur dadurch konnte ein optimierter Dienstbetrieb mit einigermaßen vertretbaren Warte- und Bedienzeiten erreicht werden.

Der erhöhte Bearbeitungsaufwand und die technischen Unzulänglichkeiten schlagen sich auch sehr stark in den Dienstzeiten und im Dienstbetrieb für die Mitarbeiter nieder. Die Mitarbeiter, die seit 10 Monaten diesen Belastungen ausgesetzt sind, sind mittlerweile an der Grenze ihrer gesundheitlichen Leistungsfähigkeit angekommen. Krankheitsausfälle von bisher gesundheitlich stabilen Mitarbeitern verschlimmern die Situation. Die tatsächlichen Sprechzeiten sind durchgängig über 1 Stunde verlängert, am Dienstleistungsabend am Donnerstag dauern sie oft bis 20 Uhr. Danach sind noch die Nacharbeiten erforderlich, die teils bis nach 21 Uhr dauern. Die regelmäßigen Arbeitszeiten der Mitarbeiter überschreiten darum anhaltend die arbeitsschutzrechtlich zulässigen Höchstgrenzen und können in Anbetracht der jüngsten Krankheitsausfälle nicht mehr länger ignoriert werden.

Die erhöhte Arbeitsbelastung führt schließlich auch zu einem erhöhten Überstundenaufkommen, welches aufgrund der dargestellten Situation kaum mehr durch Freizeit ausgeglichen werden kann.


4. Erhöhter Personalbedarf

Für die Ermittlung des vorläufigen Personalmehrbedarfs im Bereich der Antragsstellung wird auf Basis der Fallzahlen von Januar bis Juni 2011 eine Fallzahl von 60.000 Fällen/Jahr angesetzt. Auf dieser Grundlage und der zusätzlich erforderlichen Bearbeitungszeiten (vgl. Ziffer 2) ergibt sich ein rechnerischer zusätzlicher Personalbedarf von 10,3 Stellen (Basis 84.286 Jahresarbeitsminuten (inkl. 10% Rüstzeit) / Beschäftigte) für die Antragstellung einschließlich Ausgabe.

Im Bereich der Änderungs- und Sperrdienste wird für den Änderungsdienst bei Umzug eine Fallzahl von rund 26.000 Fällen/Jahr und für den Sperrdienst eine Fallzahl von rund 8.500 Fällen/Jahr zugrunde gelegt.

Für die Änderungsdienste ergibt sich auf dieser Grundlage bei einer Bearbeitungszeit von 7 Minuten ein zusätzlicher Personalbedarf von 2,15 Stellen (Basis 84.286 Jahresarbeitsminuten (inkl. 10% Rüstzeit) / Beschäftigte).

Analog ergibt sich für den Sperrdienst bei einer Bearbeitungszeit von 2 Minuten ein zusätzlicher Personalbedarf von 0,2 Stellen (Basis 84.286 Jahresarbeitsminuten (inkl. 10% Rüstzeit) / Beschäftigte).

Ingesamt ergibt sich somit ein vorläufiger rechnerischer Personalmehrbedarf von 12,65 Stellen. Abzüglich der bereits im Vorgriff geschaffenen zwei Stellen verbleiben 10,65 Stellen. Selbst unter Anrechnung von zwei weiteren Stellen für das vereinfachte Lohnsteuerkartenverfahren (vgl. GDRs 420/2010) bleibt ein Mehrbedarf von 8,65, gerundet 8,5 Stellen.

Wobei sich inzwischen gezeigt hat, dass im Rahmen des vereinfachten Lohnsteuerkartenverfahrens neue Aufgaben im Zusammenhang mit der Einführung der Steueridentifikationsnummer (Kommunikation mit dem Bundeszentralamt für Steuern, Auskünfte über Steueridentifikationsnummern) bei den Bürgerbüros anfallen. Die Anrechnung der 2 Stellen ist daher auch im Rahmen der vorgesehenen Organisationsuntersuchung zu überprüfen.


5. Fazit

Um rasch wieder einen annähernden „Normalbetrieb“, bei den Bürgerbüros gewährleisten und den gewohnten Bürgerservice, insbesondere hinsichtlich der Wartezeiten, wieder bieten zu können, müssten zunächst befristet 8,5 Stellen (kw-Vermerk 01/2014) geschaffen werden. Eine angemessene Personalausstattung ist auch in Anbetracht der Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeiter/innen unabdingbar.

Durch die Gebühreneinnahmen wird ein Kostendeckungsgrad von 72% erreicht.

Bzgl. der Gebührenentwicklung kann bis dato, trotz des Einsatzes der Stadt beim Bundesministerium des Innern - auch über den Deutschen Städtetag - für eine kostendeckende Gebührenanpassung, nichts Abschließendes gesagt werden, da seitens des Gesetzgebers und des Städte-/Gemeindetags eine Evaluierung erst 2 Jahre nach Einführung des neuen Personalausweises durchgeführt wird.

Im Rahmen einer geplanten Organisationsuntersuchung 2012 sollen neben dem gesamten Aufgabenspektrum der Abteilung Einwohnerangelegeheiten im Bereich der Bürgerbüros insbesondere auch die Bearbeitungszeiten und Fallzahlen für die tatsächliche Sperrung und Entsperrung bei Verlust und Tod, die bis jetzt noch nicht verlässlich angegeben werden können, betrachtet werden. Ebenso die Bearbeitungszeiten und Fallzahlen für das Aktivieren und Deaktivieren der Online-Ausweisfunktion, sowie das Neusetzen der PIN.

Es muss dabei auch betrachtet werden, ob dann die jetzt noch bestehenden Probleme der komplexen technischen Infrastruktur der Bürgerbüros die Bearbeitung des neuen Personalausweises weiterhin zusätzlich belasten werden.


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