Landeshauptstadt Stuttgart
Technisches Referat
Gz: T
GRDrs 834/2012
Stuttgart,
05/16/2013



Zielsetzung für die Forsteinrichtungsplanung 2013 – 2022



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und Technik
Verwaltungsausschuss
Beschlussfassung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
11.06.2013
19.06.2013



Beschlußantrag:

1. Der Forsteinrichtungsplanung für den Stadtwald im Planungszeitraum 2013 – 2022 ist die in der Anlage dargestellte Zielsetzung zu Grunde zu legen. Dies schließt insbesondere die Umsetzung eines Alt- und Totholzkonzeptes mit den Komponenten Stilllegungsflächen („Waldrefugien“) und Habitatbaumgruppen ein. Der Umfang der Stilllegungsflächen soll ca. 5 % der Holzbodenfläche umfassen.


2. Für den Stadtwald Stuttgart soll bis zum 31.12.2014 eine Zertifizierung nach den Kriterien des Forest Stewardship Council (FSC) erfolgen. Von dem sich hieraus ergebenden, dauerhaften Personalmehrbedarf für die Abteilung Forsten des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes in Höhe von 0,5 Stellen EG 9 wird Kenntnis genommen.


3. Die sich aus der Neufestsetzung des Hiebssatzes sowie aus den Ziffern 1 und 2 ergebenden Belastungen des Deckungsbeitrages im Teilhaushalt Stadtwald sind auf 23.800 Euro je Jahr – ausgehend von den Haushaltsplanansätzen 2013 – zu begrenzen (nicht durch Sachmitteleinsparungen gedeckte Personalkosten des unter Ziff. 2 geltend gemachten Personalmehrbedarfs).

Über den Stellenmehrbedarf wird unter Berücksichtigung des finanziellen Gesamtrahmens für Stellenschaffungen sowie der Priorisierung aller anerkannten Stellenmehrbedarfe zum Stellenplan 2014 zu entscheiden sein.


4. Für die Bewirtschaftung der Stadtwaldflächen auf der schwäbischen Alb (Betreuung durch das Landratsamt Reutlingen) sind die Zielsetzungen – angepasst an die örtlichen Verhältnisse – analog umzusetzen. Das Garten-, Friedhofs- und Forstamt wird beauftragt, die dortigen Forsteinrichtungsplanungen entsprechend zu begleiten.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Der Bewirtschaftung des Stadtwaldes ist gemäß gesetzlicher Vorgabe des Landeswaldgesetzes ein Bewirtschaftungsplan („Forsteinrichtungswerk“) zu Grunde zu legen. Das Forsteinrichtungswerk wird alle 10 Jahre erneuert.

Um einen konsistenten Entwurf ausarbeiten zu können, müssen die Zielsetzungen – insbesondere hinsichtlich des Umfanges von Stilllegungsflächen – im Vorfeld festgelegt sein. Auf dieser Grundlage werden dann die zukünftig nachhaltig nutzbaren Holzmengen genau hergeleitet. Dem Ausschuss für Umwelt und Technik wird das neue Forst-einrichtungswerk voraussichtlich nach der Sommerpause 2013 zur Abnahme und Beschlussfassung vorgelegt werden. Diesem kann dann auch eine betriebswirtschaftliche Prognose (Betriebsanalyse) für das nächste Jahrzehnt beigefügt werden.

Die Hintergründe der folgenden Zielüberlegungen wurden im Rahmen der Waldumfahrt des Ausschusses für Umwelt und Technik am 12.10.2012 eingehend erläutert und am praktischen Beispiel vorgestellt. Die damalige Beratungsgrundlage ist als Anlage beigefügt. Wesentliche Neuerung gegenüber der bisherigen Zielsetzung ist die Umsetzung eines Alt- und Totholzkonzeptes mit den Komponenten „Waldrefugien“ auf ca. 5% der Holzbodenfläche sowie „Habitatbaumgruppen“ auf den bewirtschafteten Waldflächen.

Für die Umsetzung einer FSC-Zertifizierung im Stadtwald sind mit dem beigefügten Zielsetzungsbeschluss die wesentlichen Voraussetzungen geschaffen. Der sich aus der FSC-Zertifizierung ergebende Personalmehrbedarf in Höhe von 0,5 Stellen EG 9 kann durch Einsparungen an Sachmitteln zum Teil gegenfinanziert werden.


Finanzielle Auswirkungen

Entscheidungen zu Stellenmehrbedarf werden im Rahmen der Stellenplanbearbeitung zum Haushalt 2014/15 entschieden. Der geltend gemachte Stellenmehrbedarf von 0,5 Stellen EG 9 kann zu ca. 30% (entsprechend 10.000 Euro) haushaltsneutral geschaffen werden.

Über die vorstehend genannten Personalkosten hinaus entstehen durch die FSC-Zertifizierung direkte Zertifizierungskosten in Höhe von ca. 3.000 – 5.000 Euro je Jahr.


Beteiligte Stellen

WFB
AK


Vorliegende Anträge/Anfragen

-

Erledigte Anträge/Anfragen

-



Dirk Thürnau
Bürgermeister


Anlagen

1. Begründung
2. Weitere Erläuterungen zu Zielsetzungen im Stadtwald
3. Weitere Erläuterungen zur Umsetzung eines Alt- und Totholzkonzeptes



Begründung

Zu Beschlussantrag 1: Zielsetzung Stadtwald
Der Stadtwald der Landeshauptstadt Stuttgart umfasst auf den Stuttgarter Gemarkungen rund 2.700 Hektar „Forstbetriebsfläche“, davon sind ca. 2.500 Hektar mit Bäumen bestanden, die restlichen 200 Hektar sind im Wald befindliche, baumlose Flächen (Wiesen, Grill- und Spielplätze, Holzlagerplätze, Waldparkplätze und ähnliches).

Das Garten-, Friedhofs- und Forstamt schlägt eine Fortführung der bisherigen, multifunktionalen Bewirtschaftung des Stadtwaldes mit einer ausgewogenen Berücksichtigung von Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktionen des Waldes vor.

Die Verkehrssicherheit entlang von Infrastrukturlinien sowie an speziellen Erholungseinrichtungen ist entsprechend der rechtlichen Rahmenbedingungen herzustellen und hat im Zweifel auch in Zukunft Vorrang vor anderen Zielsetzungen.

Die Waldbewirtschaftung soll auch zukünftig in erster Linie die Erholungsnutzung der Bevölkerung berücksichtigen. Daraus folgt insbesondere die Unterhaltung eines entsprechend abgestuften Wegenetzes für alle Bevölkerungsgruppen sowie ein zeitgemäßes Angebot an Erholungseinrichtungen. Die Waldbewirtschaftungsmaßnahmen haben auf die Erholungsnutzung der Bevölkerung besonders Rücksicht zu nehmen.

Zur Stärkung der Schutzfunktionen (Biodiversitätsschutz) soll ein Alt- und Totholzkonzept umgesetzt werden, das die Elemente Waldrefugien und Habitatbaumgruppen umfasst. Für die Waldrefugien wird eine Zielgröße von ca. 5% der Holzbodenfläche definiert. Auf der bewirtschafteten Waldfläche werden so genannte Habitatbäume und Habitatbaum-gruppen im Zuge der normalen Bewirtschaftung jeweils vor anstehenden Durchforstungsmaßnahmen ausgewiesen und von der Durchforstung ausgenommen. Die Elemente „Waldrefugien“ in einer Größenordnung von 5% der Holzbodenfläche sowie Habitatbaum-gruppen greifen zwei wesentliche Punkte des Zertifizierungsstandards von FSC-Deutschland auf (siehe Ziffer 2).

Die Stilllegung von Waldflächen als „Waldrefugium“ sowie die Ausweisung von Habitat-baumgruppen führt zu einer Verringerung der Waldfläche, die für Holznutzungen zur Verfügung steht. Die Maßnahmenplanung auf der bewirtschafteten Waldfläche orientiert sich an der dort jeweils vorgesehenen Waldentwicklung in der Fortführung der bisherigen Bewirtschaftungsweise. In Summe wird daher die Holzmenge, die jedes Jahr im Stadtwald geerntet werden kann, sinken. Eine genaue zahlenmäßige Analyse liegt mit dem Abschluss der Forsteinrichtungsarbeiten vor.

Der Klimawandel erfordert Anpassungsmaßnahmen sowohl in der Waldbewirtschaftung als auch in der forstbetrieblichen Steuerung. So ist der Anteil klimatoleranter Baumarten in der Waldverjüngung gegenüber dem Status quo zu steigern. Um teure Pflanzmaßnahmen zu vermeiden ist hier insbesondere eine Intensivierung des jagdlichen Managements der Waldflächen notwendig.

Im Bereich der forstbetrieblichen Steuerung verringert sich durch die immer länger werdende Vegetationsperiode der Zeitraum zwischen vollständigem Laubabfall und Wiederaustrieb der Bäume, in denen Holzfällarbeiten durchgeführt werden können. Hierdurch steigt der Aufwand für die Vorplanung und Koordination der Arbeiten. Durch immer milder werdende Winter sind die Waldböden oftmals auch im Winter über längere Zeiträume nicht gefroren. Für die Durchführung forstbetrieblicher Arbeiten ist daher die Umsetzung eines Bodenschutzkonzeptes zwingend.



Zu Beschlussantrag 2: Zertifizierung nach den Kriterien des FSC:
Für die FSC-Zertifizierung ist der Nachweis von Stilllegungsflächen sowie eines Habitatbaumkonzeptes Voraussetzung. Soweit derzeit abschätzbar, erfüllt der Beschlussvorschlag zu Ziffer 1 diese Anforderungen.

Um bis zum Jahresende 2014 ein Zertifikat erteilt zu bekommen, muss zu Beginn des Jahres 2014 das entsprechende Zertifizierungsverfahren eingeleitet werden. Die erfolgreiche Umsetzung einer FSC-Zertifizierung ist nur bei Abdeckung des notwendigen Personalbedarfs (siehe Ziffer 2) möglich. Die dauerhaft anfallenden, aus der Zertifizierung resultierenden Zusatzaufgaben (Dokumentations- und Öffentlichkeitsarbeitsverpflichtungen, Aufbereitung betrieblicher Daten, Konsultation Stakeholder etc.) erfordern hierfür 0,5 Stellenanteile EG 9, die dauerhaft zur Verfügung stehen müssen.

Auf Antrag 820/2011 vom 24.10.2011 sowie den mündlichen Bericht hierzu vom 08.05.2012 (UTA Niederschrifts-Nummer 161/2012) wird verwiesen.


Zu Beschlussantrag 3:
Entsprechend der Zielsetzung zu Ziffer 1 muss mit einer Neufestsetzung des Hiebssatzes (= jährliche Menge zu erntenden Holzes) in einer Größenordnung zwischen 3.000 und 3.500 Festmeter unterhalb des derzeitigen Hiebssatzes gerechnet werden. Die Differenz zum jetzigen Hiebssatz ergibt sich aus den Stilllegungsflächen und Habitatbaumgruppen einerseits sowie andererseits aus den derzeit abgeschätzten naturalen Nutzungsmöglichkeiten in den bewirtschafteten Waldflächen. Exakte Zahlen werden mit dem Abschluss der Forsteinrichtung vorgelegt.

Die sich aus der damit geringeren Verkaufsmenge ergebenden Mindereinnahmen aus Holzverkauf werden durch ein deutlich gestiegenes Preisniveau auf den Rundholzmärkten zu einem Großteil kompensiert. Dieser Effekt hatte in den letzten Jahren zu einer Überschreitung der Haushaltsansätze bei den Erträgen geführt. Hinzu kommen steigende Erträge im Bereich der Verpachtungen. Insgesamt kann unter diesen Rahmenbedingungen trotz zurückgehender Verkaufsmenge für die Zukunft ein gleichbleibender Haushaltsansatz im Bereich der ordentlichen Erträge des Teilhaushalts Stadtwald angenommen werden.

Im Bereich der ordentlichen Aufwendungen werden sich bei einem geringeren Hiebssatz Einsparungen im Bereich der Sachaufwendungen ergeben, insbesondere für die „Holzrückung“, also des Verbringens der eingeschlagenen Bäume aus dem Waldbestand an die Waldstraße. Dem stehen Kostensteigerungen für die Integration eines Bodenschutzkonzeptes in die Holzrückung, geänderte Arbeitsverfahren in der Umgebung von Habitatbaumgruppen sowie die direkten Kosten einer FSC-Zertifizierung gegenüber, so dass die Kosteneinsparungen nur teilweise zur Gegenfinanzierung des Personalmehrbedarfs zu Ziffer 3 herangezogen werden können. Eine erste Kostenabschätzung geht von Einsparungen in Höhe von ca. 10.000 Euro Sachmitteln je Jahr aus, die auf Grund des geringeren Hiebssatzes mit Sicherheit dauerhaft realisiert werden können.

Der Personalmehrbedarf (0,5 Stellen EG 9 entsprechend 33.800 Euro) kann aus den geringeren Aufwendungen zu 30% gegenfinanziert werden.

Zu Beschlussantrag 4: Forsteinrichtung der Stadtwaldflächen auf der Schwäbischen Alb
Der Stadtwaldbesitz der Landeshauptstadt Stuttgart auf der Schwäbischen Alb (Lautertal, Nähe Buttenhausen) beträgt ca. 130 Hektar Wald und ca. 30 Hektar Wachholderheide. Die Waldflächen werden vom Landratsamt Reutlingen im Rahmen eines Bewirtschaftungsvertrages fachlich betreut. Für die ca. 130 Hektar Waldflächen steht ebenfalls eine Forsteinrichtungserneuerung an. Für die Waldflächen kann eine analoge Zielsetzung (multifunktionale Waldbewirtschaftung mit besonderer Berücksichtigung des Biodiversitätsschutzes durch Umsetzung eines Alt- und Totholzkonzeptes) verfolgt werden. Die Erholungsnutzung spielt in diesen Wäldern auf Grund der abgeschiedenen Lage eine untergeordnete Rolle. Erholungseinrichtungen sind mit Ausnahme eines ausgewiesenen Wanderweges nicht vorhanden. Bislang ist die Ausweisung eines Waldrefugiums vorgesehen. Die Wahrnehmung der Eigentümeraufgaben im Rahmen des Forsteinrichtungsprozesses erfolgt durch die Abteilung Forsten des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes.


Anlage 2 zu GRDrs 834/2012



Weitere Erläuterungen zu Zielsetzungen im Stadtwald für die Forsteinrichtungsplanung 2013 – 2022 (Stand: 12.10.2012)

Der Wald in Stuttgart ist durch das Garten-, Friedhofs- und Forstamt „multifunktional“ zu bewirtschaften. Die Schutzfunktionen des Waldes, die Erholungsnutzung und die Holznutzung sollen ausgewogen berücksichtigt und miteinander in Einklang gebracht werden.

Einzelziele:

1. Walderhaltung, stabiler Waldaufbau

Der Wald erfüllt in Stuttgart wichtige Funktionen, insbesondere
- zum Schutz des Stadtklimas (Kaltluftentstehungsgebiet, Kaltluftschneisen),
- als Erholungsraum für die Bevölkerung,
- als Immissions-, Sicht- und Lärmschutz,
- als Schutzwald in Wasserschutzgebieten,
- als Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten.

Grundsätzliche Zielsetzungen daher:
- Erhaltung der Waldfläche – Waldumwandlungen nur bei entsprechender Kompensation der Schutzwirkungen;
- Förderung eines stabilen Waldaufbaus, damit der Wald die vorgenannten Funktionen auf Dauer auf der gesamten Fläche erfüllen kann.

Konkrete Folgerungen für die Forsteinrichtungsplanung und Bewirtschaftung:
- Stabiler Waldaufbau durch Mischung verschiedener Baumarten auf der Fläche;
- Lenkung der Waldentwicklung zur Förderung der Mischbaumarten, im Zweifel zu Lasten der Buche;
- Angesichts Klimawandel: Gezielte Förderung von klimastabilen Baumarten, insbesondere Eiche, Kiefer, Lärche, Tanne und seltenen „Nebenbaumarten“;
- Aufbau „strukturierter“ Wälder, das heißt: Wälder mit mehreren Schichten auf der gleichen Fläche; hierfür: Durchforstungseingriffe, um Struktur dauerhaft zu erhalten.


2.
Sicherstellen der Verkehrssicherheit
ca. 40% der Waldfläche des Stadtwaldes unterliegen einer erhöhten Verkehrssicherungspflicht gegenüber öffentlichen Verkehrstrassen (Straßen, Stadtbahn, Eisenbahn etc.), Waldwegen mit besonderer Erholungsfunktion (ausgewiesene Sportpfade, Radwege, Wanderwege etc.) und Erholungseinrichtungen (Bänken, Spielplätzen, Grillplätzen etc.).

Grundsätzliche Zielsetzung:
- Waldflächen mit besonderer Verkehrssicherungspflicht werden vorausschauend bewirtschaftet;


3. Erholungsnutzung für die Bevölkerung sicherstellen

Der Wald ist in Stuttgart der größte Naherholungsraum. Die Waldgebiete des Stadtwaldes Stuttgart sind eng mit der Bebauung verzahnt. Sie werden zu jeder Tageszeit von unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen intensiv genutzt.

Grundsätzliche Zielsetzungen daher:
- Zugänglichkeit der Waldfläche gewährleisten durch gut unterhaltenes Wegenetz;
- Unterhaltung von Erholungseinrichtungen (Spiel- und Grillplätze, Sportpfade,…);
- Angebot von Aussichtspunkten, speziellen Rad- und Wanderwegen etc.;
- multifunktionale Erholungsinfrastruktur
- vielfältige Waldbilder, hohe Zieldurchmesser, landschaftsprägende Bäume erhalten.
- Erhaltung eines gewissen Nadelholz-Anteils

Konkrete Folgerungen:
- Wegenetz an unterschiedliche Bedürfnisse angepasst unterhalten (abgestuft von „Rollator-fähig“ bis „Natur“);
- Angepasstes, abgestuftes Angebot an Erholungseinrichtungen;
- Sicherstellung der Verkehrssicherheit der angrenzenden Waldflächen.


4. Erhaltung eines hohen naturschutzfachlichen Wertes der Stuttgarter Waldflächen

Die Stuttgarter Wälder sind von anerkannt hohem naturschutzfachlichem Wert. Dies drückt sich auch in den hohen Anteilen an Natur- und Landschaftsschutzgebieten sowie den FFH-Gebieten im Stuttgarter Wald aus.
Der hohe naturschutzfachliche Wert resultiert aus
- dem hohen Anteil an Alt- und Starkholz im Stuttgarter Wald,
- den hohen Eichenanteilen – insbesondere im „starken Holz“,

Grundsätzliche Zielsetzung daher:
Naturnahe Bewirtschaftung unter Erhaltung eines hohen Anteils von Alt- und Totholz im Wald durch angepasste Umsetzung eines Alt- und Totholzkonzeptes:

- Stilllegung von ca. 5% repräsentativer Waldflächen zur Förderung einer natürlichen Waldentwicklung („Waldrefugien“);
- gezielte Auswahl und Erhaltung von Habitatbäumen auf der Gesamtwaldfläche (unter Berücksichtigung der Verkehrssicherungspflicht), entsprechend ca. weiteren 2% der Waldfläche;


5. Nachhaltige Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes Holz unter Anwendung der Prinzipien eines naturnahen Waldbaus

- Vorrang von Naturverjüngung,
- Orientierung am Einzelbaum, im Normalfall keine großflächigen Nutzungen
- weitgehende Ausnutzung natürlicher Prozesse, soweit mit den waldbaulichen Zielen vereinbar.
- Nutzung und bestmögliche Vermarktung des nachwachsenden Rohstoffes Holz,
- Ausschöpfung des nachhaltigen Nutzungspotenzials
- Erhaltung eines Nadelholzanteils von ca. 20%, dafür aktive Förderung von Nadelholz in Naturverjüngungen.
- Der Zieldurchmesser sollte im Laubholz in der Regel bei mindestens 60 cm liegen, in der Eiche werden qualitätsabhängig bis zu 90 cm angestrebt.
Anlage 3 zur GRDrs 834/2012

Weitergehende Erläuterungen zur Umsetzung eines Alt- und Totholzkonzeptes im Stadtwald

Das zur Umsetzung vorgeschlagene Alt- und Totholzkonzept orientiert sich am Alt- und Totholzkonzept des Landesbetriebs ForstBW, ist aber auf die Stuttgarter Verhältnisse (hoher Eichen-Anteil in den Wäldern, Erholungsnutzung) angepasst. Das angepasste Konzept wurde von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg (FVA) anerkannt und ist für die Erreichung der speziellen Naturschutzzielsetzungen des Alt- und Totholzkonzeptes geeignet.

Die Umsetzung des Alt- und Totholzkonzeptes dient auch der Erhöhung der Rechtssicherheit in der Waldbewirtschaftung, um über die gezielte Schaffung von Habitat-strukturen und Lebensräumen für Alt- und Totholz bewohnende Arten möglichen Beeinträchtigungen des Erhaltungszustandes der entsprechenden Populationen vorbeugend entgegenzuwirken. Voraussetzung hierfür ist eine laufende Dokumentation und Evaluation des Programms. Ohne ein derartiges, dokumentiertes Programm müssten im Zweifel entsprechende Nachweise im Einzelfall erbracht werden.

Für die Waldrefugien wird eine Zielgröße von ca. 5% der Holzbodenfläche definiert. Diese Waldflächen werden der vollständigen natürlichen Entwicklung überlassen („Prozessschutz“). Die Auswahl berücksichtigt auch die Repräsentativität hinsichtlich der in Stuttgart vorkommenden, unterschiedlichen Waldtypen.

Auf der bewirtschafteten Waldfläche werden so genannte Habitatbäume und Habitat-baumgruppen ausgewiesen. Dies sind Bäume und Baumgruppen mit besonderen Lebensraumstrukturen, die im Bestand belassen und dem natürlichen Altern und Verfall überlassen werden. Diese Habitatbaumgruppen werden im Zuge der normalen Bewirtschaftung jeweils vor anstehenden Durchforstungsmaßnahmen ausgewiesen und von der Durchforstung ausgenommen. Sie sind kleinflächig und umfassen im Schnitt ca. 0,2 Hektar Größe. Insgesamt ergeben sich hieraus in Summe weitere ca. 2% Flächenanteil, die nach und nach im Laufe des Einrichtungszeitraumes ausgewiesen werden. Die Habitatbaumgruppen haben die ökologische Funktion, als so genannte „Trittsteine“ die Stilllegungsflächen miteinander zu verbinden und so den Austausch der dort lebenden Arten zu ermöglichen.

Durch die Ausweisung von Waldrefugien und Habitatbaumgruppen ändert sich am Betretungsrecht des Waldes nichts. Alle Waldflächen können weiterhin – wie bisher – im Rahmen des § 37 Landeswaldgesetz betreten werden. Die Flächen stehen weiterhin für die Erholungsnutzung zur Verfügung und bieten in Zukunft die Möglichkeit, unbewirtschaftete Wälder auch in Stuttgart zu erleben.

Das angepasste Konzept sieht vor, die Elemente „Waldrefugien“ und „Habitatbaum-gruppen“ weitgehend konfliktfrei zu bestehenden Erholungswegen auszuweisen. In Einzelfällen werden jedoch bestehende Erholungswege zukünftig durch Waldrefugien führen. Auf die erhöhte Ast- und Baumbruchgefahr in unbewirtschafteten Wäldern soll entsprechend hingewiesen werden.




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