Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB 3611-07
GRDrs 440/2010
Stuttgart,
04/01/2011


HSK 2009 (GRDrs. 849/2009)
Schließung der Rathausbücherei




Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussKenntnisnahmeöffentlich13.04.2011

Bericht:


Der Gemeinderat hat in der 1. Lesung der Haushaltsplanberatungen 2010/11 als HSK-Maßnahme u. a. beschlossen, die Rathausbücherei zu schließen. Bis zur Inbetriebnahme der Neuen Bibliothek im Herbst 2011 sollte die Einrichtung bestehen bleiben. In diesem Zusammenhang erging an Referat AK der Auftrag durch den Gemeinderat zu prüfen, welche Auswirkungen die Schließung der Rathausbücherei hat.

Die Rathausbibliothek verfügt derzeit über zwei Stellen und zwei geringfügig Beschäftigte mit einem Stellenanteil von 0,29. Sie verwaltet einen Bestand von ca. 128.000 Büchern, 293 Zeitschriften und Zeitungen und 6 Online-Datenbanken; der Bestand setzt sich aus den Bereichen Recht, öffentliche Verwaltung sowie Württembergica und Stuttgardia zusammen. Durch die Schließung der Rathausbücherei kann das Kulturamt eine Einsparung im Rahmen der HSK von ca. 231.000 €/Jahr (Personal- und Sachkosten [einschl. Beschaffungs- und Lizenzkosten
für Datenbanken und (Rechts-)Literatur], ohne Mietkosten) erbringen.
Die fiktiven Mietkosten für die bisherigen stadteigenen Räume der Rathausbücherei im Rathaus von jährlich 39.400 € wurden nicht als zusätzliche Einsparsumme berücksichtigt, da es unsicher ist, ob die anderweitige Nutzung zu einer Haushaltsentlastung führen würde. Die Flächen der heutigen Rathausbücherei könnten zumindest überwiegend einer anderen Nutzung zugeführt werden, was wiederum die Anmietung externer Flächen entbehrlich machen könnte.

In der Übersicht
Anlage 2 ist dargestellt, welche Dienstleistungen die Rathausbücherei bislang anbietet. Zu jeder Dienstleistung ist dabei eine Aussage getroffen, ob und in welcher Form diese nach einer Schließung weitergeführt werden kann. Daraus wird ersichtlich, dass die Neue Bibliothek nach aktuellem Stand nur gewisse Bereiche der Rathausbücherei übernehmen wird, Teile (wie verschiedene Literatur aus dem Lesesaal oder die Magazine) gehen auf das Stadtarchiv über. Dienstleistungen wie die Beschaffung von Rechtsliteratur oder die zentrale Bereitstellung von Rechtsdatenbanken über SOLID werden nicht mehr angeboten werden können, bzw. müssen künftig von den Ämtern in Eigenregie und mit Finanzierung aus eigenen Mitteln vorgehalten werden, sofern dort eine entsprechende Notwendigkeit gesehen wird.

Eine Nutzung anderer (auch nicht-städtischer) Stuttgarter Bibliotheken bzw. von kostenlosen Internetangeboten ist nur teilweise möglich. So haben die meisten Bibliotheken andere Bestandsschwerpunkte, bzw. sind nicht für die Nutzung durch Externe vorgesehen.
Kostenlose Internetdienste sind in ihrem Umfang und den Zugriffsmöglichkeiten im Vergleich zu lizenzpflichtigen Datenbanken eingeschränkt. So kann über das öffentliche Rechercheportal der Stadtbücherei zwar u. a. auf die Datenbank „Landesrecht BW Bürgerservice“ zugegriffen werden, die von der juris GmbH betrieben wird. Im Vergleich zur kostenpflichtigen juris-Datenbank sind dort jedoch nur Teile der Gesetze und Rechtsprechung einsehbar (Landesrecht: 110.000 Dokumente – juris: über 3 Mio. Dokumente). Aus diesem Grund haben zahlreiche Organisationseinheiten im Rahmen einer Ämterumfrage rückgemeldet, dass sie nicht auf den Zugriff lizenzpflichtiger Datenbanken verzichten können (Anlage 1, Ziff. 6). Diese müssten dann dezentral und damit zu höheren Preisen beschafft werden (siehe Anlage 1, Ziff. 9). Aus Kostengründen ist eine weitere zentrale Verwaltung vorzuziehen.

Dies gilt gleichermaßen für die Zeitschriftenversorgung.

Das Kulturamt sieht nach eigener Aussage ohne Verschlechterung des allgemeinen Bibliotheksangebots für die Bürger/innen keine Alternative zur Schließung der Rathausbücherei als HSK-Maßnahme.



Fazit
Der momentane Service, der in der Rathausbücherei geleistet wird, könnte nach deren Schließung von anderen Stellen nicht oder nur unzureichend ersetzt werden. Gerade die Rechtsdatenbanken werden für die unterschiedlichsten Verwaltungsgebiete dringend benötigt und tragen zu einer hohen Arbeitseffizienz bei. Jedoch sind über diese digitalen Angebote nicht alle Kommentare, Aufsätze und Urteile auffindbar, die für die tägliche Verwaltungsarbeit erforderlich sind. Die Rathausbücherei mit ihrem breiten Angebot ermöglicht es den Ämtern und Eigenbetrieben, immer auf aktuelle Rechts- und Verwaltungsliteratur ohne hohen Kostenaufwand und ohne teure Neubeschaffungen von aktuellen Auflagen einzelner Werke zurückgreifen zu können.

Auch zur Gewährleistung der Rechtmäßigkeit der Verwaltung ist eine ständige Verfügbarkeit von (aktuellen) Kommentaren, Rechtsprechung und Fachaufsätzen, die nur teilweise im Internet vorhanden sind, unabdingbar. Nur gut informierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können ihr Wissen in eine auf rechtmäßiges Handeln verpflichtete Verwaltung einbringen; deren Arbeit kann stets nur so gut sein, wie ihr Informationsstand ist. Gerade in einer Zeit, in der regelmäßig rasche Entscheidungen erforderlich sind und auch eingefordert werden, ist eine ebenso rasche Verfügbarkeit von Informationen unentbehrlich.

Durch die Schließung der Rathausbücherei würden ca. 231.000 €/Jahr eingespart, je nach Aufrechterhaltung der Versorgung mit Rechtsliteratur in der Stadtverwaltung könnte diese Summe durch die dezentrale Beschaffung und höheren Arbeitsaufwand in den Ämtern jedoch reduziert werden.

Daher ist es sinnvoll und wirtschaftlich, als Mindestalternative eine weitere zentrale Verwaltung der Rechtsdatenbanken zur Nutzung von preisgünstigen Stadt- und Simultanlizenzen sowie eine zentrale Zeitschriftenversorgung vorzusehen. Hierzu müssten die entsprechenden Mittel vom gesamtstädtischen Einsparziel herausgerechnet oder neu bewilligt werden.
Gegenzurechnende Finanzmittel bei vollständiger Schließung der Rathausbücherei gemäß HSK-Beschluss

Gemäß der erfolgten Erhebungen wären folgende Summen dem Einsparpotential gegenzurechnen:

EinsparungZu erwartende Mehrausgaben
Schließung der Rathausbücherei (HSK-Anteil bei 41)231.000 €/Jahr
(Personal: 111.000 €

Sachkosten: 120.000 €)
Lizenzgebühren für dezentrale RechtsdatenbankenJe nach Umfang der Zugriffe, mind. jedoch 140.000 €/ Jahr
(In HSK-Quote nicht berücksichtigt:
39.400 €/Jahr Mietkosten)
Kosten für dezentralen ZeitschriftenbezugRechnerisch:
124.000 €/Jahr
Benutzungsgebühr für Württ. LandesbibliothekCa. 870 €/Jahr
Elektronische Beschaffung von ZeitschriftenartikelnZu vernachlässigen
Zusätzliche Arbeitszeit aufgrund Wegezeiten/eigene RecherchenNicht konkret zu beziffern
Summe231.000 €> 260.000 € *)
Summe ohne Zeitschriften> 140.000 € *)
Darin enthaltene Stellen zur Streichung:
2,0 Stellen und 0,29 Stellenanteile für geringfügig Beschäftigte (gB)
Zu vollziehende Stellenstreichungen:
2,0 Stellen und 0,29 Stellenanteile für gB

*) Diese Beträge stellen rein theoretische Werte dar und entstünden nur, wenn die bisherigen Leistungen bei Datenbankdiensten und Zeitschriftenabonnements dezentral gemäß den Wünschen der Ämter fortgesetzt werden. Im Vorfeld wäre eine Überprüfung erforderlich, inwieweit die Zeitschriften weiterhin erforderlich sind.

Die Hochrechnung der Lizenzgebühren für Rechtsdatenbanken erfolgte auf Grundlage der Rückmeldungen der Ämterumfrage (siehe Anlage 1, Ziff. 6) sowie den niedrigsten Gebühren für Einzelplatzlizenzen bei minimaler Ausstattung im Amt.
Die Hochrechnung der Kosten für den dezentralen Zeitschriftenbezug erfolgte bei Annahme gleichbleibender Literaturversorgung. Hierzu haben die Ämter im Zuge der Umfrage überwiegend rückgemeldet, dass aus Kostengründen nur im geringen Umfang Zeitschriften des Umlaufs tatsächlich künftig selbstständig beschafft würden.
Die Maximalsumme von 260.000 € Mehrkosten stellt daher einen theoretischen Wert bei Umsetzung einer höchst unwirtschaftlichen Vorgehensweise dar. In der Praxis ist zu erwarten, dass die Mehrkosten sich auf einem niedrigeren Niveau einpendeln.

Bei einer kompletten Schließung der Rathausbücherei wären einmalige Kosten von ca. 10.000 € für den Umzug eines Großteils des Bestandes ins Stadtarchiv mit zu berücksichtigen (Hochrechnung aufgrund der Ausschreibungsergebnisse für den Umzug des Stadtarchivs nach Bad Cannstatt).


Alternativen zur vollständigen Schließung der Rathausbücherei

Als Alternativen wären folgende Möglichkeiten denkbar (dargestellt werden im Folgenden nur die jeweils konkret anfallenden Finanzbedarfe – der HSK-Beitrag des Kulturamtes würde sich entsprechend reduzieren; die Benutzungsgebühr für die WLB wird als aus den Ämterbudgets zu finanzieren unterstellt; Kosten für Wegezeiten und Sonstiges wie ext. Literaturbeschaffung werden nicht berücksichtigt):
1. Integration der Verwaltungsbücherei in die Neue Bibliothek

EinsparungZu erwartende Mehrausgaben
Schließung der Rathausbücherei (HSK-Anteil bei 41)231.000 €/Jahr
(Personal: 111.000 €

Sachkosten: 120.000 €)
Sachkosten für BibliothekCa. 57.000 €/Jahr)
(In HSK-Quote nicht berücksichtigt:
39.400 €/Jahr Mietkosten)
Lizenzgebühren für zentrale RechtsdatenbankenCa. 36.000 €/Jahr
(= heutige Summe)
Kosten für zentrale Zeitschriftenversorgung< 27.000 €/Jahr
(Synergieeffekte nur gering)
Personalkosten für 2,0 Stellen sowie zwei Angestellte im Mini-Job (0,29 Stellenanteile)111.000 €/Jahr
Summe231.000 €< 231.000 €
Darin enthaltene Stellen zur Streichung:
2,0 Stellen und 0,29 Stellenanteile für geringfügig Beschäftigte (gB)
Zu vollziehende Stellenstreichungen:
keine

Vorteile:
Nachteile:

Als Kompromiss wäre es nach Einschätzung der Bücherei denkbar, eine Variante der Alternativen 1 und 2 (siehe nächste Seite) in der Neuen Bibliothek zu realisieren:
- Bereitstellung eines Büroraumes für eine bisherige Mitarbeiterin der Rathausbücherei.
- Bereitstellung von Magazinräumen für einen Teil der Literatur aus dem Lesesaal der Rathausbücherei (der andere Teil der Lesesaalliteratur sowie die Bestände in den jetzigen Magazinen der Rathausbücherei könnte nicht weiter bereitgehalten werden).
- Damit Beibehaltung des grundsätzlichen internen Angebots von Recherche- und Literaturbeschaffungsdienstleistungen für die Verwaltung.
2. Beibehaltung der zentralen Bereitstellung von Rechtsdatenbanken sowie der zentralen Zeitschriftenversorgung (Beschaffung, Registrieren, Umlauf, Verwaltung Online-Zugänge)

EinsparungZu erwartende Mehrausgaben
Schließung der Rathausbücherei (HSK-Anteil bei 41)231.000 €/Jahr
(Personal: 111.000 €

Sachkosten: 120.000 €)
Lizenzgebühren für zentrale RechtsdatenbankenCa. 36.000 €/Jahr
(= heutige Summe)
(In HSK-Quote nicht berücksichtigt:
39.400 €/Jahr Mietkosten)
Kosten für zentrale ZeitschriftenversorgungCa. 27.000 €/Jahr
(= heutige Summe)
Personalkosten für Verwaltung der Rechtsdatenbanken (0,6 Stellen)Ca. 34.300 €/Jahr
Summe231.000 €Ca. 97.300 €
Darin enthaltene Stellen zur Streichung:
2,0 Stellen und 0,29 Stellenanteile für geringfügig Beschäftigte (gB)
Zu vollziehende Stellenstreichungen:
1,4 Stellen und 0,29 Stellenanteile für gB

Vorteile:
Nachteile:

3. Beibehaltung des Status quo (Verwaltungsbücherei mit Rechtsdatenbanken, Zeitschrifteninformationssystem, Recherchetätigkeiten/Literaturbeschaffung)

EinsparungZu erwartende Mehrausgaben
Schließung der Rathausbücherei (HSK-Anteil bei 41)231.000 €/Jahr
(Personal: 111.000 €

Sachkosten: 120.000 €)
Sachkosten für Bibliothek57.000 €/Jahr
(In HSK-Quote nicht berücksichtigt:
39.400 €/Jahr Mietkosten)
Lizenzgebühren für zentrale RechtsdatenbankenCa. 36.000 €/Jahr
(= heutige Summe)
Kosten für zentralen ZeitschriftenbezugCa. 27.000 €/Jahr
(= heutige Summe)
Personalkosten für 2,0 Stellen sowie zwei Angestellte im Mini-Job (0,39 Stellenanteile)111.000 €/Jahr
Summe231.000 €231.000 €
Darin enthaltene Stellen zur Streichung:
2,0 Stellen und 0,29 Stellenanteile für geringfügig Beschäftigte (gB)
Zu vollziehende Stellenstreichungen:
keine

(Unter Literaturbeschaffung ist die kostenfreie oder kostengünstige Beschaffung von nicht selbst vorgehaltener Literatur und Zeitschriftenaufsätze aus anderen Bibliotheken, Fernleihe und elektronische Fernleihe zu verstehen.)

Vorteile:
Nachteile: Vergleich mit anderen Kommunen
Im Rahmen einer Städteumfrage konnte festgestellt werden, dass von 20 Städten, die geantwortet habe, neun ihre Verwaltungsbüchereien bereits in früheren Jahren (z. T. bereits Anfang der 1990er-Jahre) aus finanziellen Gründen geschlossen haben. In diesen Städten sind in der Regel die Fachbereiche/Ämter selbst für die Beschaffung und Verwaltung von Fachliteratur zuständig. Der Bestand wurde entweder an die Stadtbücherei, den Rechtsbereich oder einen zentralen Bereich abgegeben, ohne dass von dort die bisherigen Serviceleistungen weiter bereitgestellt werden.
In Bielefeld sowie in Ludwigshafen wurde nach einer Prüfung der Schließung im Rahmen der dortigen Haushaltskonsolidierung der Vorschlag jeweils wieder verworfen. Wesentliche Argumente für den Erhalt der Verwaltungsbücherei waren u. a. die Sicherstellung einer rechtzeitigen und umfassenden Versorgung der Gesamtverwaltung mit erforderlichem Informationsmaterial sowie der vorhandene Literaturbestand, der sich am täglichen Informationsbedarf der Verwaltung orientiert.

Die Städte, die über eine Verwaltungsbücherei verfügen, haben diese i. d. R. bei den Zentralen Diensten oder im Rechtsbereich angesiedelt. Alleine in München ist die juristische Bibliothek der Stadtbibliothek zugeordnet.


Nicht über eigene Verwaltungsbüchereien verfügen unter den Landeshauptstädten (ohne Stadtstaaten) nur vier Stadtverwaltungen.



Überlegungen zum weiteren Vorgehen
Um sowohl dem Kulturamt wie auch der Rathausbücherei nunmehr Planungssicherheit zu geben, hat eine zeitnahe Beschlussfassung über die grundsätzliche Entscheidung über den Fortbestand der Rathausbücherei und das weitere Vorgehen zu erfolgen.
Je nach Beschluss sind entweder rasch die Vorbereitungen für die Schließung zu treffen (Prüfung von übergehender Literatur an andere Stellen; Neuzuordnung der Zuständigkeiten für Datenbanken und Zeitschriften) oder die ersten bereits erfolgten vorbereitenden Maßnahmen für eine Auflösung wieder rückgängig zu machen (z. B. Kündigung von Zeitschriftenabonnements).

Bei einer Weiterführung der Rathausbücherei (ob in jetziger oder teilweise reduzierter Form) ist ggf. die künftige organisatorische Zuordnung zu klären. Im Hinblick auf die zentralen Dienstleistungen der Rathausbücherei wäre bspw. die Neuzuordnung zum Haupt- und Personalamt zu prüfen. Wie oben erläutert, kann das Kulturamt nach eigener Aussage seine HSK-Quote nur unter Einbeziehung der vollständigen Schließung der Rathausbücherei erbringen.

Beteiligte Stellen

Die Stellungnahme des Referats WFB ist dieser Vorlage beigefügt.


Vorliegende Anträge/Anfragen
GR-Anfrage Nr. 306/2010 der CDU-Gemeinderatsfraktion vom 18. Oktober 2010
GR-Antrag Nr. 112/2011 der SPD-Gemeinderatsfraktion vom 14. März 2011





Dr. Wolfgang Schuster




4
Überprüfung der Auswirkungen einer Schließung der Rathausbücherei

1. Allgemeines
Der Gemeinderat hat in der 1. Lesung der Haushaltsplanberatungen 2010/11 als HSK-Maßnahme u. a. beschlossen, die Rathausbücherei zu schließen. Bis zur Inbetriebnahme der Neuen Bibliothek (nach heutigem Stand im Herbst 2011) soll die Einrichtung zunächst bestehen bleiben.

In diesem Zusammenhang erging an Referat AK der Auftrag zu prüfen, welche Auswirkungen die Schließung der Rathausbücherei hat. Insbesondere war zu ermitteln, welche Teile der Aufgaben entfallen können, welche Aufgabenbereiche künftig durch bereits vorhandene andere Anbieter abgedeckt werden, ob evtl. Aufgaben an anderer Stelle zwingend weitergeführt werden müssen und welche Aufwendungen insgesamt dem beschlossenen Einsparvolumen gegengerechnet werden müssen.

Die Rathausbibliothek verfügt derzeit über zwei Stellen und zwei geringfügig Beschäftigte. Sie verwaltet einen Bestand von ca. 128.000 Büchern, 293 Zeitschriften und Zeitungen und 6 Online-Datenbanken; der Bestand setzt sich aus den Bereichen Recht, öffentliche Verwaltung sowie Württembergica und Stuttgardia zusammen. Sie ist damit
Behörden- und Arbeitsbibliothek für Verwaltung und Gemeinderat sowie juristische Fachbücherei für die Öffentlichkeit (die Stadtbücherei verfügt nur über juristische Literatur für Laien – siehe Ziff. 3.1).
Durch die Schließung der Rathausbücherei könnte das Kulturamt eine Einsparung im Rahmen der HSK von ca. 231.000 €/Jahr (Personal- und Sachkosten [einschl. Beschaffungs- und Lizenzkosten], ohne Mietkosten) erbringen.

Mit der Schließung der Rathausbücherei können die dort bislang vorgehaltenen Leistungen und Angebote nur teilweise auf andere Organisationseinheiten übertragen werden.

2. Neuordnung der Aufgaben der Rathausbücherei
In Anlage 2 ist abschließend dargestellt, welche Dienstleistungen die Rathausbücherei bislang anbietet. Zu jeder Dienstleistung ist dabei eine Aussage getroffen, ob und in welcher Form diese künftig weiter geführt werden könnte. Daraus wird ersichtlich, dass die Neue Bibliothek nur gewisse Bereiche der Rathausbücherei übernehmen würde, Teile (wie verschiedene Literatur aus dem Lesesaal oder die Magazine) würden auf das Stadtarchiv übergehen.
Eine Vielzahl von Tätigkeiten könnten definitiv nicht mehr angeboten werden, bzw. müssten künftig von den Referaten und Ämtern in Eigenregie und durch Finanzierung aus eigenen Mitteln vorgehalten werden, sofern dort eine entsprechende Notwendigkeit gesehen wird. Eine weiterhin zentrale Sicherstellung der Dienstleistungen der bisherigen Rathausbücherei durch andere Organisationseinheiten wäre nicht leistbar.

3. Nutzung von Angeboten anderer Bibliotheken
4. Generelle Anmerkungen zur Informationsversorgung via Internet
5. (Arbeits-)Rechtliche Betrachtung
Um die Rechtmäßigkeit der Verwaltung zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass die Mitarbeiter/innen stets auf dem aktuellen Stand von Gesetzen und Rechtsprechung sind. Gerade die Europäisierung des deutschen Rechts macht ständige aktuelle Informationen erforderlich. Hierfür sind v. a. Zeitschriften unumgänglich. Bücher veralten schnell, nur über Zeitschriften erhalten die Mitarbeiter/innen aktuell und regelmäßig wichtige Informationen für die tägliche Arbeit.

Nach dem Arbeitsrecht hat der Arbeitgeber eine Verpflichtung, den Arbeitnehmern die für ihre Tätigkeiten erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Neben Fachbüchern und –zeitschriften gehören heute auch Datenbanken wie juris dazu.
Der Arbeitgeber verfügt aber über ein weites Ermessen, in welcher Form diese Bereitstellung von Informationen geschieht. So kann der Arbeitgeber entscheiden, ob dies zentral oder dezentral erfolgt. Vor diesem Hintergrund ist die jeweils getroffene organisatorische Lösung aber stets auf ihre Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu betrachten.

Die weitere Nutzung der Rechtsdatenbanken mit ihren Stadt- bzw. Simultanlizenzen wäre unter diesen Gesichtspunkten die optimale Lösung; auch die monatlichen Nutzungszahlen z. B. der Datenbanken juris und Beck-online zeigen die mittlerweile große Bedeutung dieser Instrumente für die tägliche Arbeit.
Das gleiche gilt für die zentralen Zeitschriftenumläufe sowie allgemeine Literaturbeschaffung.


6. Ämterumfrage
Im Zeitraum Februar/März 2010 wurde eine Ämterumfrage durchgeführt, auf die 60 von 75 angefragten Organisationseinheiten (Ämter, Eigenbetriebe, Stabsabteilungen) reagiert haben (entspricht 80 % Rücklauf).
Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Versorgung mit Fachliteratur (v. a. Recht und Verwaltung/Kommunalwissenschaften) sowie die über SOLID bereitgestellten Datenbanken sehr nachgefragt werden. Gerade die Onlinedatenbanken werden als sehr wichtiges Arbeitsmittel betrachtet und müssen auch weiterhin zur Verfügung stehen. Allerdings würde nur eine Minderheit der Befragten sich selbst Lizenzen hierfür beschaffen (meist aufgrund fehlender Finanzmittel).
Nach der Schließung der Rathausbücherei und Einstellung der dortigen Dienstleistungen würden die Ämter gleichermaßen selbst recherchieren (auf unterschiedlichen Grundlagen) oder aber weniger recherchieren. Hierbei haben viele Bereiche aber darauf hingewiesen, dass in diesem Fall die
Qualität der Arbeit leiden wird, ggf. sogar zum Nachteil der Landeshauptstadt Stuttgart.


7. Städteumfrage
Eine Städteumfrage unter Kommunen der Größenklasse I und II sowie den Landeshauptstädten (ohne Stadtstaaten) brachte zum Ergebnis, dass von 20 Städten, die geantwortet habe, neun ihre Verwaltungsbüchereien bereits in früheren Jahren (z. T. bereits Anfang der 1990er-Jahre) aus finanziellen Gründen geschlossen haben. In diesen Städten sind in der Regel die Fachbereiche/Ämter selbst für die Beschaffung und Verwaltung von Fachliteratur zuständig. Der Bestand wurde entweder an die Stadtbücherei, den Rechtsbereich oder einen zentralen Bereich abgegeben, ohne dass von dort die bisherigen Serviceleistungen weiter bereitgestellt werden.
Nur in Bielefeld wurde nach einer Prüfung der Schließung im Rahmen der dortigen Haushaltskonsolidierung der Vorschlag wieder verworfen. Wesentliche Argumente für den Erhalt der Verwaltungsbücherei waren u. a. die Sicherstellung einer rechtzeitigen und umfassenden Versorgung der Gesamtverwaltung mit erforderlichem Informationsmaterial sowie der vorhandene Literaturbestand, der sich am täglichen Informationsbedarf der Verwaltung orientiert.

Die Städte, die über eine Verwaltungsbücherei verfügen, haben diese i. d. R. bei den Zentralen Diensten oder im Rechtsbereich angesiedelt. Alleine in München ist die juristische Bibliothek der Stadtbibliothek zugeordnet.

Unter den
Landeshauptstädten (ohne Stadtstaaten) verfügen nur vier Stadtverwaltungen über keine eigene Verwaltungsbücherei.


8. Wegezeiten
Eine stichprobenartige Auswertung von Anfragen an die Rathausbücherei aus verschiedenen Monaten hat ergeben, dass durchschnittlich 20 – 25 % der Anfragen und Aufträge an die Rathausbücherei aus dem Rathauskomplex (mit Bürgermeisteramt, Rechtsamt, Haupt- und Personalamt, Gemeinderatsfraktionen) kommen, 75 – 80 % kommen aus extern gelegenen Ämtern und Bereichen. Bereits heute erfolgen nur noch 40 % der Aufträge durch persönliches Erscheinen in der Rathausbücherei, 60 % werden über Telefon, E-Mail und Postversand abgewickelt. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass aufwändige Recherchen, die beispielsweise das Rechtsamt bislang vor Ort in der Rathausbücherei direkt vornehmen kann, bei einer Schließung zu längeren Abwesenheitszeiten im Büro der jeweiligen Mitarbeiter/innen führen würden. Dabei ist die praktische Umsetzung von Recherchen z. B. in der Württembergischen Landesbibliothek noch nicht geklärt. Ausgewählte Bereiche mit einem hohem Bedarf an Rechtsrecherche verfügen heute sogar über eigene Zugangsmöglichkeiten zur Rathausbücherei, um auch außerhalb der Öffnungszeiten einen Zugriff auf sämtliche Literatur zu haben.

Bei der WLB ist die Literaturanforderung zwar per Internet möglich, eine Abholung ist jedoch persönlich erforderlich.


9. Vergleich des Finanzaufwands und gegenzurechnende Kosten
10. Einsparungsverpflichtung des Kulturamtes im Rahmen der HSK
Das Kulturamt hat nach eigener Aussage die Schließung der Rathausbücherei (neben der Schließung der Mediothek) bewusst angeboten, um die erforderliche HSK-Quote zu erbringen. Da den Stuttgarter Bürgerinnen und Bürgern mit der Schließung der Mediothek im TREFFPUNKT Rotebühlplatz, die mit über 100.000 Besuchern im Jahr rege durch die Öffentlichkeit genutzt wird, ein großer Einschnitt in die Versorgung mit Büchereien zugemutet wird, hätte nach Ansicht des Kulturamtes auch die Verwaltung entsprechende Einschnitte in den Service hinzunehmen. Entsprechende Einsparungen könnte das Kulturamt nach eigener Aussage nur durch die Schließung anderer Stadtteilbüchereien erbringen, was für das Amt jedoch keine Option darstellt.


11. Übergang des Bestandes der Rathausbücherei nach der Schließung
Wie bereits oben dargestellt, würde das Archiv den historischen Bestand der Rathausbücherei, der größtenteils in den Magazinen im Rathaus aufbewahrt wird, übernehmen. Welcher Zeitraum davon nicht mehr betroffen ist, müsste geklärt werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Literatur bis 1960/70 ins Archiv übernommen würde.
Der heutige Bestand des Lesesaals würde von der Stadtbücherei gesichtet. Es ist davon auszugehen, dass nur ein kleiner Teil der Werke aus den Bereichen Recht und Staat in die Neue Bibliothek übergehen würden.

Der aktuelle Bestand des Lesesaals stellt jedoch einen hohen Wert dar (Großkommentare, z. B. der Staudinger-Kommentar zum BGB, stellen in der gedruckten Fassung durchaus einen Wert in fünfstelliger Höhe dar), dessen Abschaffung nicht mittels kompletter Entsorgung erfolgen sollte.
Eine Überlegung wäre, die Literatur, die weder für die Neue Bibliothek noch für das Archiv von Interesse ist, an die Referate und Fachämter abzugeben. Eine Fortführung der Literatur auf aktuellem Stand wäre den Fachämtern aus Kostengründen jedoch meist nicht möglich. Es ist daher fraglich, ob der heutige, wertvolle Bestand überhaupt von anderen Organisationseinheiten angenommen würde, um nicht bei den eigenen Mitarbeiter/innen Erwartungen hinsichtlich der Informationsvorhaltung zu wecken, die aufgrund fehlender Finanzmittel nicht fortgeführt und aktuell gehalten werden könnten.

Daher wäre mit der Auflösung der Rathausbücherei noch abschließend zu klären, was mit dem Bestand des Lesesaals, der nicht vom Stadtarchiv übernommen würde, sowie mit der umfangreichen Verwaltungsfachliteratur und Fachzeitschriftenbeständen geschehen soll.


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Anlage 2 zu GRDrs. 440-2010 - Dienstleistungen der Rathausbücherei.xls
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Anlage 3 zu GRDrs. 440-2010 - Kostenberechnung.xls
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Anlage 4 zu GRDrs. 440-2010 - StN WFB.pdf