Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 368/2022
Stuttgart,
10/07/2022



Weiterentwicklung Kindertagespflege - Interessenbekundung Trägerschaft nach §§ 74, 76 SGB VIII und Neufassung Fördergrundsätze



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Jugendhilfeausschuss
Jugendhilfeausschuss
Verwaltungsausschuss
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
17.10.2022
21.11.2022
30.11.2022



Beschlußantrag:


1. Der Durchführung des mit GRDrs 587/2021 beschlossenen Interessenbekundungsverfahren hinsichtlich der zu übertragenden Dienste und Aufgaben nach §§ 74 und 76 SGB VIII in der Kindertagespflege auf einen Träger wird auf Grundlage der beigefügten Aufgabenbeschreibung (s. Anlage 1) und der entsprechenden Auswahlkriterien (Anlage 3) zugestimmt.

2. Den in diesem Zusammenhang aktualisierten Grundsätzen für die Förderung des Angebots ‚Kindertagespflege‘ zum 1. Januar 2024 wird zugestimmt (s. Anlage 2).

3. Die Förderung der 0,5 Geschäftsführungsstelle in TVöD SuE 18 wird ab 2024 fortgeführt und in die Fördergrundsätze integriert.

4. Durch die Umsetzung der Beschlussziffern 2 und 3 entsteht ab dem Jahr 2024 ein finanzieller Mehrbedarf i. H. v. 74.800 EUR. Die erforderlichen Mittel werden als Vorbelastung im kommenden Haushaltsplanverfahren berücksichtigt und im THH 510-Jugendamt, Amtsbereich 5103162 – Förderung sonstiger freier Träger, Kontengruppe 43100 – Zuweisungen und Zuschüsse veranschlagt.

5. Die Personalkostenförderung der kontinuierlichen Kursbegleitung im Rahmen der Qualifizierung beim Träger wird im Umfang von insgesamt 120 % VZK (S 12) unbefristet fortgeführt (haushaltsneutral GRDrs 587/2021) und in die Fördergrundsätze integriert.




Begründung:


Zu Beschlussantrag 1:

Der Jugendhilfeausschuss hat am 27.09.2021 (GRDrs 587/2021) die Verwaltung beauftragt, ein Interessenbekundungsverfahren in der Kindertagespflege zur Übertragung des Angebots nach §76 SGB VIII vorzubereiten.

Auf der Grundlage der von der Verwaltung erarbeiteten neuen Fördergrundsätze für die Förderung des Angebots ‚Kindertagespflege‘ erhält der künftig beauftragte Träger die zur Verfügung stehenden und vom Gemeinderat bereits beschlossenen Haushaltsmittel für die Förderung der Kindertagespflegeträger (GRDrs 240/2015) sowie ggf. erforderliche weitere Finanzmittel wie im Kapitel „Finanzielle Auswirkungen“ dargestellt.

Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Abstimmung und Zusammenarbeit mit zwei Trägern in einem komplexen Bereich wie der Kindertagespflege nicht optimal ist. Es werden einige Ressourcen - die u. a. auf die jeweilige Struktur und interne Rahmenbedingungen zurückzuführen sind - verbraucht, die effizienter eingesetzt werden könnten. Die Komplexität der Trägeraufgaben wird in der Aufgabenbeschreibung (Anlage 1) vorgestellt. Eine qualitativ hochwertige individuelle und trotzdem vergleichbare Förderung und Beratung der Kindertagespflegepersonen gelingt besser, wenn die Abstimmung in einem Team erfolgt und Eltern und Kindertagespflegepersonen auf einen zentralen Ansprechpartner zugehen können, bei dem sie gleiche Informationen und Angebote erhalten.
Die Gestaltung der Qualifizierungskurse, die sich teilweise überlappen werden, ist leichter zu handhaben, wenn Kursbegleitung und Referent*innen aus der gleichen Organisationseinheit kommen.

Um einen hohen Qualitätsstandard zu erreichen, bringt die Bündelung der Aufgaben bei einem Träger deutliche Vorteile.

Verfahrensablauf
Art und Umfang der erwarteten Dienste und Aufgaben, die personellen Ressourcen für das Erbringen dieser Leistungen und das weitere Verfahren sind in der Aufgabenbeschreibung enthalten. (Anlage 1) Die VwV Kindertagespflege in der jeweils geltenden Fassung ist dabei anzuwenden.

Der Jugendhilfeausschuss wird über das Ergebnis der Interessenbekundung informiert. Die Verwaltung legt dazu dem Jugendhilfeausschuss einen Entscheidungsvorschlag über das weitere Verfahren vor; er entscheidet über die Vergabe der Trägerschaft.

Um die Kontinuität des Angebots gegenüber den betroffenen Beschäftigten bei den beiden Trägern, den Tagespflegepersonen, ebenso wie den Familien und den in Kindertagespflege betreuten Tageskindern, zu gewährleisten, wird es zum einen eine Übergangszeit vom 01.01.2023 bis 31.12.2023 geben. Zum anderen muss gesichert sein, dass der Träger sich zum Zeitpunkt der Übergabe alle Kompetenzen erworben hat, um die erwarteten Dienste und Aufgaben tatsächlich erbringen zu können. Hierbei wird er selbstverständlich vom Jugendamt unterstützt.


Kriterien für die Auswahl

Die Auswertungsmatrix (Anlage 3) dient der systematischen Entscheidungsvorbereitung bei der Auswahl komplexer Alternativen, bei denen ein monetärer Wert nicht bestimmt werden kann bzw. zur Entscheidungsfindung allein nicht ausreicht. Neben objektiven Informationen werden auch Einschätzungen mit in die Entscheidungsfindung einbezogen.
Um eine möglichst qualitätsvolle Auswertung vornehmen zu können, die einen differenzierten Bewerbervergleich ermöglicht, werden die Bewerber gebeten, möglichst differenzierte und aufschlussreiche Aussagen zu folgenden Punkten und Qualitätsmerkmalen einzureichen:

· Motivation für die Übernahme der Trägerschaft in der Kindertagespflege
· Leitbild
· Finanzierungsplan
· Eigenerklärung
· Trägerhaltung

Qualitätsmerkmale
· Konzeption zur Umsetzung und Anbindung des Angebots
· Ausarbeitung eines Praxismoduls zur Kindertagespflege für 6- bis 14-Jährige
· Qualifikation des bewerbenden Trägers für die Kindertagespflege
· Sozialräumliche Anbindung und Vernetzung
· Weiterentwicklungspotentiale in der Kindertagespflege in Stuttgart
· Qualitätsstandards innerhalb des Trägers
· Kinderschutzkonzept für die Umsetzung
· Inklusionskonzept für die Umsetzung
· Kinderbeteiligungskonzept für die Umsetzung

Ressourcen

Der Tagesmütter- und Pflegeeltern Stuttgart e. V. und dem Caritasverband für Stuttgart e. V. stehen derzeit jeweils 4,3 Fachkraftstellen sowie je eine 0,5 Verwaltungskraft zur Erledigung der Ihnen übertragenen Aufgaben zur Verfügung. Der Tagesmütter- und
Pflegeeltern Stuttgart e. V. verfügt zusätzlich befristet bis Ende 2023 über 0,5 Stellenanteile für die Geschäftsführung. Im Rahmen der Erprobung des Qualifizierungshandbuchs Kindertagespflege (QHB) steht jedem Träger bis 31.12.2023 eine 0,6 Fachkraftstelle (Kontinuierliche Kursbegleitung) zur Verfügung.

Die Kindertagespflege beim Jugendamt beinhaltet das Sachgebiet „Laufende Geldleistung“, das für die Gewährung der laufenden Geldleistung an die Kindertagespflegeperson zuständig ist mit 4,15 Stellenanteilen und das Sachgebiet „Pflegeerlaubnis“ mit 2,5 Stellenanteilen. Dieses prüft die Eignung von Kindertagespflegepersonen, erteilt die Pflegeerlaubnis, bewilligt Freiwilligkeitsleistungen der Stadt Stuttgart und ist für den Kinderschutz in der Kindertagespflege zuständig. Hier erfolgt auch die organisatorische und strukturelle Weiterentwicklung der Qualitätsstandards in der Kindertagespflege (vgl. GRDrs 211/2018 und 950/2020).

Zusätzlich stehen befristet bis 31.12.2023 für die neuen Anforderungen an die Ausgestaltung der Kindertagespflege, die Begleitung der organisatorischen Neustrukturierung sowie für den Aufbau und die Pflege neuer Kooperationen 1,0 Stellenanteile zur Verfügung.
Mit der Umsetzung der neuen Fördergrundsätze und der Aufgabenbeschreibung zum
1. Januar 2024 erweitern sich die bisherigen Aufgaben im Fachdienst Kindertagespflege des Jugendamts.
Durch die neue Verwaltungsvorschrift zur Kindertagespflege in Baden-Württemberg vom 06.04.2021 und das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) müssen neue Schwerpunktthemen und Aufgaben umgesetzt werden.
Diese Themen sind unter anderem Abgleich und Anpassung der Inhalte der Qualifizierung nach dem Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege (QHB) mit dem neuen QHB Baden-Württemberg, die Erarbeitung und Implementierung eines Kinderschutzkonzepts für alle Kindertagespflegestellen, der Abschluss einer Schutzvereinbarung mit den Tagespflegepersonen, die gemeinsame Förderung von Kindern mit und ohne Behinderungen und von Behinderung bedrohten Kindern unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse. Zudem müssen zukünftig jährliche Hausbesuche bei allen aktiven Kindertagespflegepersonen und vor der Erteilung der Pflegeerlaubnis von den Mitarbeitenden des Fachdienstes im Jugendamt gemeinsam mit dem Träger durchgeführt werden. Aus dem neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ergeben sich weitere Aufgabenschwerpunkte für das Jugendamt, wie der Aufbau eines Beschwerdemanagements, die Konzeption und Verankerung von Beteiligung von Kindern und Eltern in der Kindertagespflegestelle. Durch die stärkere Beteiligung des Jugendamtes gerade in kinderschutzrelevanten Bereichen wird eine stärkere Akzeptanz der Kindertagespflege bei Eltern angestrebt, um noch mehr Betreuungsplätze schnell für Stuttgarter Kinder nutzen zu können.
Um diese Aufgaben auch leisten zu können, braucht das Jugendamt zum 01.01.2024 2,0 Stellen in EG 9c TVöD. Dafür wird ein entsprechender Stellenplanantrag im Rahmen des Stellenplanverfahrens zum nächsten Doppelhaushalt 2024/2025 gestellt.

Zu Beschlussantrag 2:

Bei einer Aufgabenübertragung auf nur noch einen Träger würde bei einem Eigenanteil von 5 % rechnerisch der doppelte absolute Eigenanteil für den ausgewählten Träger anfallen. Da es im Interesse der Stadt Stuttgart ist, dass genügend qualifizierte Bewerbungen für das Angebot eingereicht werden, wurde bei der Berechnung des Eigenanteils absolut kein höherer Eigenanteil berechnet.
Damit die absolute Belastung für den ausgewählten Träger unverändert bleibt, muss also der prozentuale Eigenanteil des Trägers in der Förderung auf 2,5 % reduziert bzw. die Förderquote auf 97,5 % erhöht werden. Der entfallende Eigenanteil eines von bisher zwei Trägern erhöht den städtischen Förderaufwand unter Berücksichtigung aller Fachkraftstellen um rund 54.300 EUR.

Die Fördergrundsätze basieren auf der einheitlichen und transparenten Fördersystematik der Landeshauptstadt Stuttgart gemäß GRDrs 718/2015. Die Förderung wurde um eine halbe Stelle Geschäftsführung, 1,2 Stellen Kontinuierliche Kursbegleitung und um eine Aufstockung der Sachkostenförderung um 20.000 EUR ergänzt. Die Aufstockung der Sachkostenförderung erfolgt aufgrund der Tatsache, dass dieser Betrag seit dem Jahr 2015 nicht erhöht wurde.

Zu Beschlussantrag 3:

Die Förderung einer 0,5 Geschäftsführungsstelle in TVöD SuE 18 muss ab 2024 fortgeführt werden. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 17.12.2021 die Förderung einer 0,5 Geschäftsführungsstelle für den Tagesmütter- und Pflegeeltern e. V. für die Jahre 2022 und 2023 beschlossen. Auch bei einer Aufgabenübertragung auf nur noch einen Träger ist bei einem Personaleinsatz von 10,8 Stellen (und entsprechender Leitungsspanne) auch weiterhin ein Leitungsanteil von 0,5 Stellen erforderlich.

Zu Beschlussantrag 5:

Die Weiterführung der Personalkostenförderung zur Finanzierung der Kontinuierlichen Kursbegleitung 2 x 0,6 Stellen in der Qualifizierung ist aus Sicht der Fachverwaltung zwingend erforderlich. Mit GRDrs 587/2021 wurde auf die Notwendigkeit der Kontinuierlichen Kursbegleitung hingewiesen, auf diese Begründung wird hier erneut Bezug genommen. Ab 2024 sind jährlich 3 Kursstarts mit 300 Unterrichtseinheiten im Team-Teaching geplant. Auch nach der Übergangsphase des Landesprogramms werden die 300 Unterrichtseinheiten entweder nach QHB oder QHB Baden-Württemberg Standard für die künftige Qualifizierung sein.
Ob sich das Land ab 2024 an den Kosten für die Finanzierung der Kontinuierlichen Kursbegleitung beteiligt, ist noch offen. Das Bundesprogramm wurde für 2022 nochmals verlängert und Stuttgart nimmt 2022 und 2023 zusätzlich am Landesprogramm teil. Durch die Teilnahme am Bundes- und Landesprogramm können 2022 ca. 100.000 EUR eingespart werden. Die Zuwendung aus dem Landesprogramm 2023 kann noch nicht abgesehen werden, da nach Unterrichtseinheiten abgerechnet wird.
Die Finanzierung ab 2024 kann aus vorhandenen Budgetmitteln des Jugendamts erfolgen.


Finanzielle Auswirkungen

Die Finanziellen Auswirkungen ab 2024 stellen sich wie folgt dar (Beträge in EUR):

FörderungMittelbedarfBudget Mehrbedarf
8,6 Fachkraftstellen
816.300
Basis Haushaltsansatz 2023 ohne 0,5 Stellen Geschäftsführung, siehe unten.
inklusive Reduzierung Eigenanteil
47.700
inklusive Anpassung angezogene Sachkosten
20.000
1,0 Verwaltungsstellen
52.200
Zwischensumme
868.500
841.400
27.100
0,5 Stellen Leitung/ Geschäftsführung
47.700
Es wurden Mittel für den Doppelhaushalt 2022/2023, befristet bis 31.12.2023, bereitgestellt.
Zwischensumme
47.700
0
47.700
1,2 Fachkraftstellen Kontinuierliche Kursbegleitung
88.800
Siehe Erläuterungen
inklusive EUR Reduzierung Eigenanteil
6.600
Zwischensumme
88.800
88.800
0
GESAMT
1.005.000
930.200
74.800

Zur Verbesserung der Kindertagespflege in Stuttgart wurde zum DHH 2018/2019 ein Budget in Höhe von 400.000 EUR bereitgestellt. Dieses Budget wurde in 2022 und 2023 teilweise zur Finanzierung der Kontinuierlichen Kursbegleitung herangezogen. Die Aufwendungen in Höhe von jährlich ca. 88.800 EUR ab 2024 können durch Budgetumschichtung aus THH 510 - Jugendamt, Amtsbereich 5103657 Finanzielle Förderung/Übernahme von Teilnahmebeiträgen, Kontengruppe 43100 – Zuweisungen und Zuschüsse gedeckt werden.

Der o. a. bisher nicht finanzierte Mehrbedarf in Höhe von 74.800 EUR muss ab 2024 im Haushaltsentwurf des Jugendamts, THH 510, Amtsbereich 5103162, Förderung sonstiger freier Träger, Kontengruppe 43100 Zuweisungen und Zuschüsse, veranschlagt werden.






Beteiligte Stellen

Die Referate AKR und WFB haben mitgezeichnet.

Vorliegende Anträge/Anfragen

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Erledigte Anträge/Anfragen

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Isabel Fezer
Bürgermeisterin


Anlagen

Aufgabenbeschreibung
Fördergrundsätze Tagespflege
Auswertungsmatrix


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