Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 344/2013
Neufassung
Stuttgart,
07/09/2013



Konzessionsvergabeverfahren
- Zweiter Verfahrensbrief




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
17.07.2013
18.07.2013



Beschlußantrag:


1. Den sog. Zweiten Verfahrensbriefen in den Verfahren zur Vergabe der Konzessionen für das Stromversorgungsnetz und das Gasversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung in Stuttgart sowie den Verfahren zur Auswahl möglicher Kooperationspartner für die Gründung von Kooperationsunternehmen, sog. „Institutionialisierten öffentlich-privaten Partnerschaften“ (IÖPP´s), wird zugestimmt.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, auf der Grundlage der im Unterausschuss Konzessionsvergabe abgestimmten Vertragsentwürfe mit den jeweiligen Bietern zu verhandeln. 3. Der sog. Zweite Verfahrensbrief im Bereich Fernwärme soll erst nach einer weiteren Aufklärung der Fernwärmeversorgung in Stuttgart und einer Diskussion der Ergebnisse im Unterausschuss Konzessionsvergabe versendet werden. Die Verwaltung wird beauftragt, die notwendigen Schritte für die weitere Aufklärung der Versorgungssituation und die Schaffung der Grundlagen für die Diskussion in die Wege zu leiten und dies den Bietern mitzuteilen.






Begründung:


1. Stand der Verfahren zur Vergabe der Konzessionen und zur Auswahl möglicher Kooperationspartner für die Gründung von IÖPP´s

Der bestehende Konzessionsvertrag für die Bereiche Strom, Gas, Wasser und Fernwärme endet zum 31.12.2013. Zur Neuvergabe der Konzessionen für Strom, Gas und Fernwärme führt die Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) jeweils transparente und diskriminierungsfreie Vergabeverfahren entsprechend den Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes (insbesondere § 46 EnWG) sowie der europarechtlichen und kartellrechtlichen Grundsätze durch.

Die Vorgehensweise der LHS mit einem drei-stufigen Verfahren (mit Dialog-, Verhandlungs- und Entscheidungsphase, vgl. GRDrs 312/2012) wurde auch mit dem Bundeskartellamt und der Energiekartellbehörde Baden-Württemberg (als Landeskartellbehörde Baden-Württemberg) abgestimmt.

Nach den durchgeführten Interessenbekundungsverfahren haben die Interessenten am Abschluss von Konzessionsverträgen (sog. reine Konzessionierung) bzw. an der möglichen Gründung von institutionalisierten öffentlich-privaten Partnerschaften (IÖPP´s) im Bereich der leitungsgebundenen Energieversorgung die sog. Ersten Verfahrensbriefe mit den gewichteten Auswahlkriterien (GRDrs 477/2012) erhalten und erste indikative (unverbindliche) Angebote abgegeben. Im Rahmen der hierdurch eingeleiteten „Dialogphase“ wurde den Bietern auch die Möglichkeit gegeben, ihre Angebote im Unterausschuss Konzessionsvergabe vorzustellen und diesem gegenüber – nach ergänzenden Briefen der Verwaltung in der Dialogphase – weiter zu konkretisieren.

Am Verfahren beteiligt sind weiterhin folgende Unternehmen:
Zum Abschluss der „Dialogphase“ wurden nun in Abstimmung mit dem Unterausschuss Konzessionsvergabe die sog. Zweite Verfahrensbriefe erstellt. Mit diesen sog. Zweiten Verfahrensbriefen sollen die Bieter überarbeitete Konzessionsvertragsentwürfe und soweit sich die Bieter für Kooperationen interessieren Unternehmenskonzepte inkl. Verträge zur Gründung von Kooperationsunternehmen (Gesellschafts- und Konsortialverträge) nach den Vorstellungen der LHS erhalten. Mit den Verfahrensbriefen werden die Bieter auf die Verhandlungsphase vor Abgabe der verbindlichen Angebote (bzgl. der reinen Konzessionsvergaben und/oder Kooperationen) vorbereitet.

Bevor die Bieter aufgefordert werden, abschließende, verbindliche Angebote vorzulegen, wird die Verwaltung Verhandlungen mit allen Bietern führen.

In der sich daran anschließenden „Entscheidungsphase“ werden nach Abgabe der verbindlichen Angebote die Vergabeentscheidungen auf der Grundlage der im Ersten Verfahrensbrief mitgeteilten Auswahlkriterien und deren Gewichtung für die Konzessionsvergaben und die Auswahl möglicher Kooperationspartner anhand der „Bewertungsmatrizen“ gefällt (GRDrs 477/2012). Somit sind in allen Verfahren auch weiterhin beide Optionen der Vergabe (reine Konzessionsvergabe oder Gründung eines Kooperationsunternehmens und Vergabe der Konzession an selbiges) offen. Mit den nach den „Bewertungsmatrizen“ obsiegenden Bietern werden die Konzessions- bzw. Kooperationsverträge geschlossen.

Die von den Bietern vor der Entscheidungsphase abzugebenden endgültigen Angebote werden also ausschließlich an den bereits gewichteten und am 19.07.2012 beschlossenen Auswahlkriterien (GRDrs 477/2012) gemessen.



2. Die sog. Zweiten Verfahrensbriefe und ihre Anlagen

Mit den sog. Zweiten Verfahrensbriefen werden die Bieter über die Vorstellungen der LHS hinsichtlich der weiteren Verfahren und der Erwartungen bezüglich der – nach der Verhandlungsphase – abzugebenden, verbindlichen Angebote zum Abschluss von Konzessionsverträgen und/oder zur Gründung von Kooperationsunternehmen informiert.

Die Bieter, die sich für eine reine Konzessionsvergabe (Alleinkonzession) beworben haben, erhalten mit den sog. Zweiten Verfahrensbriefen für die anstehende Verhandlungsphase genaue Ausführungen der LHS, wie diese sich den jeweiligen Konzessionsvertrag vorstellen würde.

Bieter die auch Interesse an der Gründung von Kooperationsunternehmen haben, welche die Konzessionen erhalten könnten, bekommen darüber hinaus auch die Ausführungen und Vertragsentwürfe für Kooperationsmodelle nach den Vorstellungen der LHS.


2.1 Die Zweiten Verfahrensbriefe

Neben den allgemeinen Ausführungen zum weiteren Verlauf der Vergabeverfahren, möchte die Verwaltung in den Zweiten Verfahrensbriefen aufgrund der Rechtsprechung des Landgerichts München I vom 01.08.2012 (Az. 37 O 22218/11) nochmals eine Klarstellung hinsichtlich der am 19.07.2012 beschlossenen Auswahlkriterien (GRDrs 477/2012) an die Bewerber richten.





Das Landgericht München I hat in einem Fall der streitigen Netzübernahme einen neu abgeschlossenen Konzessionsvertrag für nichtig erklärt, da sich die konzessionsvergebende Gemeinde – entsprechend dem Musterkonzessionsvertrages Baden-Württemberg – die Unterstützung bei Energiekonzepten zusagen lies. Das Gericht wertete die Regelung zu den kommunalen Energiekonzepten als unzulässige Nebenleistung im Sinne des § 3 der Konzessionsabgabenverordnung (KAV). Zwar ist die Entscheidung umstritten und bisher noch ist nicht rechtskräftig, jedoch soll zur Stärkung der Rechtssicherheit des Verfahrens eine Klarstellung gegenüber den Bietern im Verfahrensbrief erfolgen.

In den Auswahlkriterien der LHS (GRDrs 477/2012) ist das Kriterium „Unterstützung bei der Aufstellung und Fortentwicklung kommunaler oder regionaler Energiekonzepte oder bei Maßnahmen, die dem rationellen und sparsamen sowie ressourcenschonenden Umgang mit Elektrizität dienen, § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV“ als Unterpunkt der Kriterien-Gruppe B, Untergruppe I mit bepunktet. Entsprechende Regelungen finden sich auch in den Entwürfen der Konzessionsverträge (§ 10 Strom-KV, § 8 Gas-KV, § 13 Fernwärme-KV). Es wird in den Zweiten Verfahrensbriefen nochmals klargestellt, dass von den Bietern keine unzulässigen Nebenleistungen im Sinne des § 3 KAV in Form von Finanz- oder Sachleistungen gefordert werden, sondern – im Lichte des landgerichtlichen Urteils – eine Art „intellektuelle“ Unterstützung und Anerkennung begrüßt wird. Weitergehendes wird bei der Vergabeentscheidung nicht berücksichtigt.


2.2 Die Konzessionsvertragsentwürfe (Anlagen zu den Zweiten Verfahrensbriefen)

Die Konzessionsverträge für die Bereiche der Strom- und Gasversorgung werden allen Bewerbern mit den Zweiten Verfahrensbriefen übermittelt. Sie enthalten die aus Sicht der LHS günstigsten Regelungen und orientieren sich an den Vertragsentwürfen, die im Juli 2012 bereits beschlossen wurden (vgl. Anlagen 4 – 6 der GRDrs 477/2012).

Es haben sich durch die „Dialogphase“ lediglich kleinere Änderungen ergeben, die insbesondere auf Anregung der Bieter und im Hinblick auf die jüngste Rechtsprechung eingearbeitet wurden.


2.3 Vertragsentwürfe zur Ausgestaltung möglicher Kooperationsunternehmen (Anlagen zu den Zweiten Verfahrensbriefen)

Neben der Bewerbung um die Stellung als Alleinkonzessionär (sog. „reine Konzessionierung“) bietet die LHS den Bietern auch die Möglichkeit, sich um die Stellung als möglicher Kooperationspartner der LHS zu bewerben.



Die Landeshauptstadt Stuttgart hat diesbezüglich bereits in den Ersten Verfahrensbriefen angekündigt, den Bietern ihre Vorstellungen über Kooperationsmodelle darzustellen.


3. Fernwärme

Wie in der GRDrs 477/2012 bereits näher ausgeführt, gelten die Regelungen des § 46 EnWG, der die Grundzüge für das Vergabeverfahren für die Strom- und Gasversorgungsnetze vorgibt, nicht für den Bereich der Fernwärmeversorgung. Die Rechtslage ist in diesem Bereich umstritten und noch weitgehend ungeklärt.


Die LHS geht insbesondere nach dem europäischen Primärrecht sowie nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes davon aus, dass auch die Fernwärmeversorgung im Rahmen eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens vergeben werden muss, wenn die LHS die Aufgabe nicht vollständig selbst übernehmen möchte. Jedoch gibt es weder einen speziellen gesetzlichen Eigentumsübertragungsanspruch (entsprechend § 46 Abs. 2 EnWG) noch ist das Verfahren der Konzessionsvergabe eindeutig geklärt. Die LHS sieht gleichwohl aufgrund der Rechtsprechung des OLG Frankfurt einen zivilrechtlichen Übertragungsanspruch als gegeben an und vertritt weiter die Ansicht, dass bei der Vergabe der Konzession nicht nur über die Netze, sondern auch über die gesamte Versorgung (also einschließlich der Kunden-/Lieferverhältnisse) entschieden wird.

Der bisherige Konzessionär im Bereich der Fernwärmeversorgung – die EnBW Erneuerbare und Konventionelle Erzeugung AG (bis zum 01.05.2013 die EnBW Kraftwerke AG) – bestreitet die Notwendigkeit eines Vergabeverfahrens und ist der Ansicht, die LHS müsse auch ohne förmliches Verfahren einen neuen Konzessionsvertrag mit ihr abschließen, so dass ihr demnach im Hinblick auf das bestehende Fernwärmenetz eine Art „Ewigkeitsrecht“ zustehen würde.


Da es für den Bereich der Fernwärmeversorgung keine gesetzlichen Regelungen zur Datenüberlassung gibt, konnte die LHS noch nicht alle Details der Fernwärmeversorgung von Stuttgart aufklären und das weitere Vorgehen sowie die Ziele der LHS im Unterausschuss Konzessionsvergabe diskutieren.

Bis zur Klärung der Details und der Ziele der LHS soll das Verfahren der Konzessionsvergabe ruhen. Dies wird den Bewerbern mitgeteilt.

Finanzielle Auswirkungen




Beteiligte Stellen






Fritz Kuhn

Anlagen



Sog. Zweiter Verfahrensbrief (Strom)


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Anlage 1 zur GRDrs 344_2013 Neufassung - Zweiter Verfahrensbrief.pdfAnlage 1 zur GRDrs 344_2013 Neufassung - Zweiter Verfahrensbrief.pdf