Landeshauptstadt Stuttgart
L/OB-K
Gz: 0454
GRDrs 1186/2021
Stuttgart,
11/08/2021



Haushalt 2022/2023

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 15.11.2021



Amtsblatt: Digital und kostenlos für alle zugänglich machen

Beantwortung / Stellungnahme

Mit einer über 100-jährigen Tradition nimmt das Stuttgarter Amtsblatt eine Sonderstellung unter den kommunalen Amts- und Mitteilungsblättern ein und findet auch über die Stadtgrenzen hinaus Beachtung. Ein Alleinstellungsmerkmal ist, dass es direkt von der Stadtverwaltung Stuttgart herausgegeben wird und es sich nicht um den Anhang eines privaten Anzeigenblattes handelt. Das Stuttgarter Amtsblatt bietet mit Art und Aufmachung sowie den Teilen Redaktionelles, Service, Amtliche Bekanntmachungen und Veranstaltungskalender ein breites Informationsangebot.

Planung der Abteilung Kommunikation:
In den vergangenen Jahren gab es mehrfach die Bestrebung, eine digitale Version des Amtsblatts anzubieten. Die Abteilung Kommunikation plant eine kostenpflichtige digitale Version des Stuttgarter Amtsblatts im PDF-Format. Aus genehmigten Ermächtigungsübertragungen des Haushaltsjahres 2020 wird derzeit eine sogenannte Landingpage innerhalb von www.stuttgart.de realisiert. Über diese Landingpage können die Nutzer unter Angaben ihrer Zugangsdaten das Amtsblatt-PDF in einer Web-Anwendung aufrufen (für Desktop-PCs). Darüber hinaus wird auch eine App-Anwendung zur Verfügung gestellt (für mobile Endgeräte). Die Umsetzung ist für das erste Halbjahr 2022 geplant. Zusätzliche Personal- oder Sachmittel sind nicht erforderlich.

Kostenfreiheit:
Das Stuttgarter Amtsblatt ist in seiner gedruckten Form derzeit als Abonnement (durchschnittlich 46 Ausgaben/Jahr) zum Jahrespreis von aktuell 33,30 € und im Einzelverkauf über Kioske (1,50 €/Ausgabe) erhältlich. Mit den Verkaufserlösen aus Jahresabonnements und Einzelverkäufen am Kiosk wird ein Beitrag zur Deckung des Abmangels in Höhe von ca. 23% erzielt.

Wenn das Stuttgarter Amtsblatt digital und kostenlos auf der Website der Stadt Stuttgart zur Verfügung gestellt würde, wäre zukünftig von wesentlich geringeren Einnahmen aus den Abonnementverkäufen auszugehen und damit ein wesentlich höherer Teil der Ausgaben nicht gedeckt. Auch bei einer digitalen Fassung des Amtsblatts entstehen Aufwände und Kosten, wenngleich sich die Kosten für Druck und Verteilung wahrscheinlich reduzieren würden.

Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs:
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2018 (BGH I ZR 112/17) darf sich der Staat nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse betätigen. Es gilt das sogenannte Gebot der Staatsferne der Presse, welches auch die Stadt Stuttgart zu berücksichtigen hat und welches als wichtige Rahmenbedingung für die Herausgabe des Stuttgarter Amtsblattes gilt. In dem Einschlägigen Urteil unterlag die beklagte Stadtverwaltung, weil sie das sogenannte „Stadtblatt“ mit nennenswerten redaktionellen Inhalten, kostenlos und an jeden Haushalt verteilte. Der Bundesgerichtshof urteilte in der Folge, dass die kommunale Pressearbeit dort ihre Grenze findet, wo die Garantie der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S.2 Grundgesetz) berührt wird. Für die redaktionellen Inhalte des Stuttgarter Amtsblatts bedeutet dies, mit der Berichterstattung die Beschlüsse des Gemeinderates, die Tätigkeiten der Stadtverwaltung und städtische Beteiligungen abzudecken und sich auf Sachinformationen zu beschränken.

Das Stuttgarter Amtsblatt in seiner Aufmachung, dem Erscheinungsformat und den Inhalten wie dem Redaktionellen Teil, den Amtlichen Bekanntmachungen und dem Veranstaltungskalender stellt eine Veröffentlichung dar, die als ein presseähnliches Produkt wahrgenommen werden könnte. In der Gesamtbetrachtung könnte ein kostenfreies Angebot des Stuttgarter Amtsblatts nach Einschätzung der Verwaltung als Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse angesehen werden.

Zusammenfassung:
Ein digitales Amtsblatt kann im ersten Halbjahr 2022 umgesetzt werden. Die kostenfreie Veröffentlichung einer digitalen Version des Stuttgarter Amtsblatts auf der Website der Stadt Stuttgart birgt das Risiko der Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse.



Vorliegende Anträge/Anfragen

912/2021 Die FrAKTION




Dr. Frank Nopper
Oberbürgermeister




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