Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Sicherheit/Ordnung und Sport
Gz: GZ 1414-00
GRDrs 663/2021
Stuttgart,
09/08/2021


Honorar- und Planungskosten für ein neues Sirenennetz in Stuttgart



Mitteilungsvorlage zum Haushaltsplan 2022/2023


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussKenntnisnahmeöffentlich22.09.2021

Bericht:

Gesetzliche Grundlagen

Für die Warnung der Bevölkerung sind in Deutschland zwei Zuständigkeiten gesetzlich verankert. Ausschlaggebend ist der Grund der Warnung. Handelt es sich um eine Warnung nach dem Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz – ZSKG) so liegt die Zuständigkeit beim Bund. Hierzu führt § 1 Aufgaben des Zivilschutzes aus:

(1) Aufgabe des Zivilschutzes ist es, durch nichtmilitärische Maßnahmen die Bevölkerung, ihre Wohnungen und Arbeitsstätten, lebens- oder verteidigungswichtige zivile Dienststellen, Betriebe, Einrichtungen und Anlagen sowie das Kulturgut vor Kriegseinwirkungen zu schützen und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern. Behördliche Maßnahmen ergänzen die Selbsthilfe der Bevölkerung.

(2) Zum Zivilschutz gehören insbesondere
1. der Selbstschutz,
2. die Warnung der Bevölkerung,
3. der Schutzbau ...“.

Diese Aufgaben werden größtenteils im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung den Ländern einschließlich den Gemeinden auferlegt (§ 2 Auftragsverwaltung - ZSKG). So wurden in früheren Jahren die sogenannten Zivilschutz-Sirenen vom Bund finanziert und durch Personal der Stadt- und Landkreise betreut. Als der Bund den Kalten Krieg als beendet erklärte, bot er den Gemeinden 1990 die Übernahme der Zivilschutz-Sirenen zu Zwecken des Katastrophenschutzes an. Die Stadt Stuttgart machte wie viele andere Städte und Gemeinden hiervon keinen Gebrauch, da die Sirenen und das Netz veraltet waren und laufende Kosten verursacht hätten. Damit erlosch jedoch auch jegliche Möglichkeit, die Bevölkerung in Stuttgart vor Katastrophen zu warnen. Das Landeskatastrophenschutzgesetz (LKatSG) führt hierzu in § 1 aus:

(1) Die Katastrophenschutzbehörden haben die Aufgabe, die Bekämpfung von Katastrophen vorzubereiten, Katastrophen zu bekämpfen und bei der vorläufigen Beseitigung von Katastrophen mitzuwirken (Katastrophenschutz). Sie haben dazu die Maßnahmen zu treffen, die nach pflichtmäßigem Ermessen erforderlich erscheinen.

(2) Katastrophe im Sinne dieses Gesetzes ist ein Geschehen, das Leben oder Gesundheit zahlreicher Menschen oder Tiere, die Umwelt, erhebliche Sachwerte oder die lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung in so ungewöhnlichem Maße gefährdet oder schädigt, …“

Die entsprechenden Maßnahmen bei Katastrophen werden in § 3 aufgezählt:

(1) Bei Katastrophen haben die Katastrophenschutzbehörden insbesondere

1. auf den Schutz gefährdeter Rechtsgüter im Sinne von § 1 Abs. 2 vor den Einwirkungen des Katastrophengeschehens hinzuwirken, ...

Zusammenfassend bedeutet dies, die Katastrophenschutzbehörde hat das Leben und die Gesundheit zahlreicher Menschen vor dem Katastrophengeschehen zu schützen. Der beste Schutz ist u. a. die rechtzeitige Warnung vor einer drohenden Katastrophe. Da die Stadt Stuttgart für das Stadtgebiet die örtlich zuständige Katastrophenschutzbehörde ist, obliegt ihr auch gemäß § 7 LKatSG die Warnung für die Stuttgarter Bevölkerung. Weder Warn-Apps noch mobile Lautsprecher- und Sirenenanlagen schaffen es, in kürzester Zeit die Einwohner, Pendler, Touristen, Besucher und Geschäftsreisende in Stuttgart umfänglich rund um die Uhr zu warnen.

Sachstand

Der erste deutschlandweite Warntag im September 2020 war ein Desaster. Nachdem die Warn-App des Bundes wegen Überlastung nicht oder zu spät alarmierte und den Menschen bewusst wurde, dass es in vielen Städten und Regionen gar keine Zivilschutzsirenen mehr gibt, war (und so auch in Stuttgart) eine starke Reaktion des Unverständnisses zu spüren. Der Bund hat umgehend reagiert. Der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) wurde abgesetzt und der Nachfolger brachte bereits im 1. Halbjahr 2021 ein Sirenenförderprogramm auf den Weg. Einzelheiten über das Förderprogramm sind noch nicht bekannt. Nach den jetzt im Juli eingetretenen Hochwasser-Ereignissen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist das Thema „Warnung der Bevölkerung“ erneut deutlich in die Kritik geraten. Jetzt hat auch das Land Baden-Württemberg reagiert und festgestellt, dass mehrgleisig gewarnt werden muss. Einerseits über die Warn-Apps und zusätzlich mit Sirenen, um alle Menschen rund um die Uhr zu erreichen.

Planung

Die Planung eines Sirenennetzes muss an ein spezialisiertes Ingenieurbüro für stationäre Sirenenwarnsysteme mit zentraler Auslöse- und Rückmeldetechnik sowie Übertragungsnetze vergeben werden. Eine formlose Kostenanfrage bei einem führenden Ingenieurbüro (Referenzen: Städte Karlsruhe, Ludwigshafen, Heidelberg, Nürnberg, Düsseldorf, Köln, Mannheim) erbrachte, dass voraussichtlich 85 Sirenen in Stuttgart benötigt werden. Wenn eine zusätzliche Sprachdurchsage gewünscht wird, muss mit einem Faktor von 1,5 gerechnet werden (= 128 Sirenen/Lautsprecher). Die Ingenieurbüros begleiten in der Regel auch im Anschluss die öffentliche Ausschreibung sowie die spätere Ausführung durch die Fachfirma.

Die Planung beinhaltet eine gutachterliche Betrachtung des Stadtgebietes. Es wird die Topografie, die Bebauung (z. B. Hochhäuser), Naturschutzgebiete und Hochwassergebiete, Industrie- und Störfallbetriebe usw. betrachtet und beurteilt. Die Schallausbreitung wird ermittelt und die Beschallungsflächen werden berechnet. Bei der Standortsuche werden vornehmlich öffentliche Gebäude bevorzugt. Entsprechendes Kartenmaterial sollte von der Stadt zur Verfügung gestellt werden. Die Sirenen sind alle notstromversorgt, d. h. batteriegepuffert.

Danach werden die benötigten Sirenen ermittelt und die entsprechenden Standorte ausgewählt. Das Planungsbüro sollte auch das komplette Leistungsverzeichnis bis HOAI 9 für die EU-weite Ausschreibung erstellen und das ganze weitere Verfahren begleiten.

Der planungsrechtliche Auftrag wird nach vergaberechtlichen Grundsätzen durchgeführt. Hierfür werden ca. 210.000 € (brutto) in 2022 für Honorar- und Planungskosten benötigt.

Sollte sich die Stadt für die Beschaffung eines stationären Warnsystems entscheiden, so wäre der nächste Schritt eine EU-weite Ausschreibung. Die hierfür anfallenden Investitionskosten würden sich je nach Ausführung auf ca. 1.315.000 € bis 1.980.000 € belaufen (85 bzw. 128 Sirenen á 15.470 €). Die Maßnahme für das gesamte Stadtgebiet Stuttgart ist nicht in einem Jahr durchführbar und kann somit in mehrere Bauabschnitte eingeteilt werden. Die jährlich anfallenden Kosten, z. B. für Wartung und Instandsetzung, sind derzeit noch nicht ermittelbar.


Finanzielle Auswirkungen


Ergebnishaushalt (zusätzliche Aufwendungen und Erträge):
Maßnahme/Kontengr.
2022
TEUR
2023
TEUR
2024
TEUR
2025
TEUR
2026
TEUR
2027 ff.
TEUR
Honorarkosten
42510
210
Finanzbedarf
210
(ohne Folgekosten aus Einzelmaßnahmen, Investitionen oder zusätzlichen Stellen – diese bitte gesondert darstellen)


Mitzeichnung der beteiligten Stellen

Die Referate AKR und WFB haben Kenntnis genommen. Haushalts- und stellenrelevante Beschlüsse können erst im Rahmen der Haushaltsplanberatungen erfolgen.





Dr. Clemens Maier
Bürgermeister



Anlagen:


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