Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz: AKR 6235
GRDrs 380/2019
Stuttgart,
05/06/2019



Straßenbenennungen



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich22.05.2019



Beschlußantrag:

Den in der Begründung aufgeführten Namen für Verkehrsflächen wird zugestimmt.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Zur Orientierung der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sind Straßenbezeichnungen erforderlich. In den beschriebenen Fällen sollen die Namensgebungen teilweise auch dazu dienen, Stuttgarter Persönlichkeiten zu ehren.

Der Text der Ergänzungsschilder ist nachrichtlich erwähnt.


Finanzielle Auswirkungen

-



Beteiligte Stellen

-

Vorliegende Anträge/Anfragen

-

Erledigte Anträge/Anfragen

-



Dr. Fabian Mayer
Erster Bürgermeister


Anlagen

Anlage 1: Ausführliche Begründung
Anlage 2: Lageplan Bruddlerstaffel
Anlage 3: Lageplan Töpferplatz
Anlage 4: Lageplan Gerberplätzle
Anlage 5: Lageplan Clara-Ritter-Straße
Anlage 6: Lageplan Jörg-Zink-Platz
    


Stuttgart-Mitte

Lfd. Nr.
Bisherige Straßenbezeichnung
(Farbe im Lageplan)
Straßenbeschrieb
A = Anfang
E = Ende
Neue Straßenbezeichnung
1
Ohne Bezeichnung
(rot)
A = Kernerstr. 59
E = Zufahrt zur Jugendher-
berge (Flurstück 1357)
Bruddlerstaffel

Auf Anregung eines Bürgers hat der Bezirksbeirat beschlossen, die Staffel von der Kernerstraße zur Jugendherberge als Bruddlerstaffel zu benennen. Der Benennung wurde unter der Maßgabe zugestimmt, dass auf einem Ergänzungsschild erklärt wird, was Bruddler bedeutet.

Die vorgeschlagene Fläche befindet sich im Eigentum der Landeshauptstadt Stuttgart. Dabei handelt es sich um eine Teilfläche des Flurstücks 1357 (Kernerstraße). Eine Umnummerierung von bestehenden Gebäuden ist nicht erforderlich.

Mit der Bruddlerstaffel soll die schwäbische Charaktereigenschaft des Bruddelns festgehalten werden. Ergänzungsschilder werden derzeit nur an Verkehrsflächen angebracht, die nach Personen benannt sind. Die Verwaltung lehnt deshalb die Montage eines Schildes an dieser Stelle ab, auch um nicht einen Präzedenzfall zu schaffen.


Lfd. Nr.
Bisherige Straßenbezeichnung
(Farbe im Lageplan)
Straßenbeschrieb
A = Anfang
E = Ende
Neue Straßenbezeichnung
2
Ohne Bezeichnung
(rot)
Platz zwischen Nadlerstraße 21 und Rathauspassage 2Töpferplatz

Im Rahmen der Neubebauung des Areals Rathausgarage wurde in der Eichstraße ein Gebäude erstellt, in dessen Erdgeschoss Laden- und Gastronomieflächen entstehen. In den weiteren Stockwerken befinden sich künftig Büroräume für die Stadtverwaltung sowie eine Kindertagesstätte. Bislang wird das Gebäude unter der Anschrift Eichstraße 5 geführt. Nachdem im Zuge der Bebauung die Außenflächen attraktiver gestaltet und die Aufenthaltsqualität verbessert werden, entsteht ein Platz. Dieser liegt in unmittelbarer Verlängerung der Töpferstraße, die an das Handwerk der Töpfer erinnert. Der Bezirksbeirat empfiehlt der Verwaltung, diesen Teil der Eichstraße als Töpferplatz zu benennen. Da der Platz an die Töpferstraße angrenzt, ist die Namensgebung nach den Richtlinien für Straßenbenennungen zulässig.

Das Flurstück 128 befindet sich im Eigentum der Landeshauptstadt Stuttgart. Die vorgesehene Umbenennung hat eine Adressenänderung für das Gebäude Eichstraße 5 zur Folge; Eigentümerin ist die Landeshauptstadt Stuttgart..



Lfd. Nr.
Bisherige Straßenbezeichnung
(Farbe im Lageplan)
Straßenbeschrieb
A = Anfang
E = Ende
Neue Straßenbezeichnung
3
Therese-Huber-Platz
(rot)
Platz nördlich Gerberstraße 14 und 16Gerberplätzle

Am 11. Juli 2018 hat der Verwaltungsausschuss nach der Beschlussempfehlung durch den Bezirksbeirat beschlossen, die Fläche nördlich der Gebäude Gerberstraße 14 und 16 (im Volksmund Gerberplätzle genannt) als Therese-Huber-Platz zu benennen.

Eine Umnummerierung von bestehenden Gebäuden war für die Benennung nicht erforderlich. Unmittelbar nach der Beschlussfassung wurde aus den Reihen der Anwohner des Platzes sehr großer Unmut geäußert. Sie führten an, dass der Ort die Keimzelle des Gerberviertels sei und deshalb auch offiziell so heißen sollte, um dessen Identität zu wahren. Im Oktober 2018 fand ein Vororttermin mit Anwohnern und der Bezirksvorsteherin statt. Dabei wurde vereinbart, das Thema Umbenennung des Platzes im ersten Quartal 2019 erneut im Bezirksbeirat zu diskutieren. In seiner Sitzung am 8. April 2019 wurde vom Bezirksbeirat beschlossen, den Therese-Huber-Platz in Gerberplätzle umzubenennen. Damit soll dem Unmut der Anwohner Rechnung getragen werden.

Die betroffenen Flurstücke 188/3 und 188/5 befinden sich im Eigentum der Landeshauptstadt Stuttgart. Eine Umnummerierung von bestehenden Gebäuden ist durch die Umbenennung nicht erforderlich.


Stuttgart-Bad Cannstatt

Lfd. Nr.
Bisherige Straßenbezeichnung
(Farbe im Lageplan)
Straßenbeschrieb
A = Anfang
E = Ende
Neue Straßenbezeichnung
4
Ohne Bezeichnung
(vorläufig Straße 118 und 119),(rot)
A = Benzstraße
E = führt als Sackstraße in
südwestliche Richtung
Clara-Ritter-Straße

Text des Ergänzungsschilds:
Clara Ritter
1877 – 1959
Fabrikantin

Im Bereich des Bebauungsplans Benzstraße, Bad Cannstatt, ist eine neu entstehende Straße zu benennen. Die Verkehrsfläche liegt südlich des verlegten Teilbereichs der Benzstraße. Als Straßenbezeichnung wurde vom Bezirksbeirat Clara-Ritter-Straße vorgeschlagen.

Die Flurstücke 2997/4 und 2860 auf der Gemarkung Bad Cannstatt befinden sich im Eigentum der Landeshauptstadt Stuttgart. Adressenänderungen sind derzeit nicht erforderlich.

Clara Ritter gilt als Erfinderin der Sportschokolade im quadratischen Format. Geboren wurde sie am 2. Dezember 1877 in Tomerdingen. Ihre Eltern führten das Gasthaus Lamm. Die acht Kinder mussten häufig auf Kosten des Schulbesuchs in Land- und Gastwirtschaft helfen. Trotzdem durften Clara und ihre Schwester eine Ausbildung zur Verkäuferin bei Feinkost Gaissmaier in Ulm machen. Das kleine und sehr energische Fräulein Clara Göttle eröffnete um 1900 mit ihrer Schwester ein Süßwarengeschäft in der Bahnhofstraße in Cannstatt, wo Reisende auf dem Weg zur Eisenbahn eine kleine Stärkung einkaufen konnten. Damit legte sie den Grundstein für die Schokoladendynastie Ritter-Sport. Sie war kreativ und risikofreudig. Ein Schokoladengeschäft in Cannstatt war damals ein gutes Investitionsobjekt. Mit Schokolade, die im Laufe des 19. Jahrhunderts zum Statussymbol des Adels und des gehobenen Bürgertums geworden war, wollte Clara Göttle in ihrem fein ausstaffierten Laden die wohlhabende Kundschaft der Bäderstadt erreichen. Dazu bot sie edel und verlockend ausgestellte und verpackte Köstlichkeiten an.

Am 4. Juli 1912 heiratete sie den Konditor Alfred Ritter. Kurz darauf gründete das Ehepaar in Cannstatt die Schokoladen- und Zuckerfabrik Ritter. In der Sodener Straße wurde produziert und gleich nebenan gewohnt. Der Hausflur diente als Warenlager. Der Sohn Alfred, der 1914 geboren wurde, erinnerte sich daran, dass seine Mutter ganz fürs Geschäft lebte. Verkauf, Kundschaft, Werbung hatten Vorrang, den Haushalt überließ sie zwei Hausangestellten. Die Firma expandierte und am 27. Februar 1919 wurde ein rotes Backsteingebäude in der Wilhelmstraße 16 gekauft, das Stammhaus der Schokoladenfabrik Ritter. Weitere Geschäfte wurden in der Marktstraße und der Bahnhofstraße eröffnet. Die erste Eigenmarke heißt „Alrika“ (Alfred Ritter Cannstatt). 1926 hatte der Betrieb 80 Beschäftigte und einen eigenen Verkaufslastwagen. 1930 verlegten die Ritters ihren Standort nach Waldenbuch. Direkt neben der Fabrik lag ein Sportplatz. Clara Ritter mit ihrem Blick für Kundenbedürfnisse erkannte, dass der Schokoladen-Imbiss, den Sportler und Zuschauer sich auf dem Weg zum Fußball bei Ritters kauften, eine ungünstige Form hatte. „Machen wir doch eine Schokolade, die in jede Jackentasche passt, und die das gleiche Gewicht hat wie die normale Langtafel“.

Damit war 1932 das Quadrat als Firmensymbol erfunden und Ritter‘s Sport-Schokolade
wurde zum Verkaufsschlager. Die Firma expandierte unaufhörlich. Clara Ritter jedoch blieb bescheiden. Bis zu ihrem Tod stand die von ihren Angestellten verehrte Seniorchefin jeden Tag in ihrem Lädle neben der Fabrik. Sie brauchte keinen Urlaub, denn ohne ihre Arbeit konnte sie es nicht aushalten. Dafür bekam sie regelmäßig Besuch von ihren Cannstatter Freundinnen. Den weltweiten Erfolg der Ritter-Sport-Schokolade erlebte sie nicht mehr. Clara Ritter starb am 15. März 1959.


Stuttgart-Möhringen

Lfd. Nr.
Bisherige Straßenbezeichnung
(Farbe im Lageplan)
Straßenbeschrieb
A = Anfang
E = Ende
Nue Straßenbezeichnung
5
Ohne Bezeichnung
(rot)
Platz hinter Sigmaringer Straße 119Jörg-Zink-Platz

Text des Ergänzungsschilds:
Jörg Zink
1922 – 2016
Theologe und Publizist

Der Bezirksbeirat hat im Juli 2017 beschlossen, eine Straße im ehemaligen HANSA-Areal an der Sigmaringer Straße nach Jörg Zink zu benennen. Im Rahmen der Bebauungsplanung ergab sich, dass im rückwärtigen Bereich der geplanten Neubebauung ein zentraler Platz entsteht. Es wurde vertraglich vereinbart, dass der Erschließungsträger beim Projekt Hofquartier, der die Überbauung übernimmt, die zu benennende Fläche erschließt und danach die Straßen- bzw. Platzfläche an die Landeshauptstadt Stuttgart übereignet. Der Bezirksbeirat hat deshalb im Dezember 2018 beschlossen, dass der neu entstehende Platz, der öffentliche Fläche werden wird, den Namen Jörg-Zink-Platz erhalten soll.

Das betroffene Flurstück 3350/12 (Gemarkung Möhringen) befindet sich aktuell im Eigentum des Erschließungsträgers. Dieser hat gegen die Umbenennung keine Einwände erhoben. Nach Fertigstellung der Neubebauung wird das genannte Grundstück an die Stadt Stuttgart übergeben und öffentlich gewidmet.

Jörg Zink wurde am 22. November 1922 auf dem Habertshof bei Schlüchtern-Elm geboren. Er hatte noch zwei Brüder. Früh starben seine Eltern (1925/1926). Nach dem Abitur am humanistischen Gymnasium in Ulm diente er bei der Luftwaffe als Bordfunker. 1944 überlebte er wie durch ein Wunder den Abschuss seines Flugzeuges über dem Atlantik und kam in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Weihnachten 1945 durfte er nach Hause zurückkehren. Nach seiner Freilassung studierte er Philosophie und Theologie an der Universität Tübingen. Am Ende seines Studiums heiratete er 1950 seine Frau Heidi Daur. Das Ehepaar zog nach Stuttgart in das Pfarrhaus seiner Schwiegereltern. Während der Ehe wurden drei Töchter und ein Sohn geboren. Nach seiner Tätigkeit als Vikar in Stuttgart im Jahr 1951 unterrichtete er von 1952 bis 1955 als theologischer Lehrer am Tübinger Stift und promovierte in Hamburg.

Nach zwei Jahren als Pfarrer in Esslingen am Neckar arbeitete er von 1957 bis 1961 als Direktor des Burckhardthauses in Gelnhausen und Berlin, das zugleich auch die Zentrale der Evangelischen Kirche in Deutschland für Mädchenarbeit war. Dort pflegte er Kontakte zu den evangelischen Kirchen in der DDR und begann mit der Übersetzung biblischer Texte, da Jugendliche seiner Ansicht nach den Zugang zur Luthersprache nur schwer finden können. 1965 erschien seine eigene Bibelübersetzung, die auch als Jörg-Zink-Bibel bekannt ist. 1969 begann seine Mitarbeit für die Deutschen Evangelischen Kirchentage bis 2011, wo er ab 1970 regelmäßig als Redner auftrat. Für sein Lebenswerk erhielt er 2004 den Predigtpreis des Verlags der Deutschen Wirtschaft. Von 1961 bis 1980 war Jörg Zink Fernsehbeauftragter der Württembergischen Landeskirche im Süddeutschen Rundfunk und sprach unter anderem mehr als hundertmal das Wort zum Sonntag in der ARD. Ab 1980 engagierte er sich nicht nur öffentlich, sondern auch politisch als einer der wichtigsten Sprecher für die Friedens- und Ökologiebewegung. Im selben Jahr wurde er Gründungsmitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Für sein Engagement wurde er 1983 mit dem Bundesnaturschutz-Preis ausgezeichnet und 2015 mit dem Ehrentitel Professor geehrt.

Die rund dreihundert von ihm verfassten religiösen Sachbücher erzielten eine Auflage von mehr als 17 Millionen Exemplaren, dazu kamen Auslandslizenzen in 20 Sprachen. Ab den 1970er Jahren bereiste Jörg Zink Länder des Nahen Ostens, insbesondere Israel, und produzierte Filme und Bücher über die Religionsgeschichte und Kultur dieser Länder. Ab 1980 tat er dies als freier Publizist, nachdem er vom kirchlichen Dienst beurlaubt wurde. Er war Mitbegründer der Jugendfarm in Stuttgart und hat diese über mehrere Jahre hinweg finanziell unterstützt. Er starb am 9. September 2016 in Stuttgart.




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