Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit
Gz:
GRDrs 1043/2011
Stuttgart,
11/03/2011



Haushalt 2012/2013

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 11.11.2011



Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten/ Präventions- und Beratungsangebote für Prostituierte in Stuttgart

Beantwortung / Stellungnahme


Als Großstadt ist Stuttgart ein attraktiver Ort sowohl für diejenigen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, als auch für viele aus dem näheren und weiteren Umland, die im Schutz der Anonymität der Großstadt sexuelle Dienstleistungen suchen. Als Großstadt steht Stuttgart daher in einer besonderen Verantwortung Zielgruppen gezielt anzusprechen, die besonders gefährdet sind, sich mit sexuell übertragbaren Erkrankungen (STD) zu infizieren und die Infektionen in die Allgemeinbevölkerung weitergeben können.

Um Prostituierte anzusprechen, die Ämtern und Behörden tiefes Misstrauen entgegen bringen und auch klassische sozialarbeiterische und ärztliche Angebote aufgrund vielfältiger Stigmatisierungserfahrungen meiden, bedarf es aufsuchender und besonders niederschwellig angelegter Angebote. Hierzu gehören Streetwork sowie die Angebote der Anlaufstelle für weibliche und männliche Prostituierte in der Jakobstraße 3. Vor allem Prostituierte aus dem Bereich der Armutsprostitution - Straßenstrich, Bars der Altstadt, Stricherkneipen - kommen während der offenen Angebote der Anlaufstelle zu den dort angesiedelten Angeboten Prostituiertencafé La Strada oder Café Strich-Punkt.

Defizite in der sächlichen und personellen Ausstattung, die mit dem Haushalt 2010/2011 nicht angepasst wurden, konnten teilweise über Provisorien und Mittel aus dem Gesundheitsamt-Budget aufgefangen werden. Dies ist perspektivisch kaum mehr möglich oder musste bereits eingestellt werden. Aktuell kann beispielsweise die Leitung der Anlaufstelle nur zulasten der Angebote des Gesundheitsamtes in Streetwork und Beratung geleistet werden.

Die Reinigungskosten für die Anlaufstelle übersteigen die der Förderung vorgegebenen Obergrenze um 3.500 Euro jährlich. Da die Reinigungsaufwendungen aufgrund der starken Frequentierung der Räume insbesondere im Erdgeschoss nachvollziehbar notwendig und unvermeidbar sind, werden die Genehmigung einer Ausnahmeregelung und eine Erhöhung der institutionellen Förderung dringend für erforderlich erachtet.

Ebenfalls drastische Einschnitte drohen aufgrund der fehlenden personellen Kapazitäten und Sachmittel in der STD-Beratungsstelle. So hat sich die Arztsprechstunde in der Anlaufstelle, insbesondere während der offenen Angebote im Prostituiertencafé La Strada, zum Dreh- und Angelpunkt entwickelt, über das besonders gefährdete osteuropäische Prostituierte angesprochen werden können. Darüber hinaus wird die STD-Beratungsstelle auch in zunehmendem Maß von der Allgemeinbevölkerung aufgesucht. Die Folgen der massiv gestiegenen Akzeptanz sind eine starke Zunahme der Klientenzahlen in der STD-Beratungsstelle und der Untersuchungen pro Person.

Ohne eine Aufstockung der sozialarbeiterischen und ärztlichen Kapazitäten sowie der Sachmittel beim Gesundheitsamt für die Arbeit der STD-Beratungsstelle und der Anlaufstelle für weibliche und männliche Prostituierte sind massive Einbrüche in den Maßnahmen zum Schutz vor sexuellen Erkrankungen zu befürchten. Nicht nur die Anstrengungen zum Schutz der Allgemeinbevölkerung sind davon berührt. Auch die beträchtliche Akzeptanz der Angebote des Gesundheitsamtes durch die schwer zu erreichende Zielgruppe der Prostituierten steht damit auf dem Spiel.

Die Aufwendungen, deren Finanzierung nicht gesichert ist, sind detailliert in GRDrs 130/2011 dargestellt. Folgende Übersicht wurde bezüglich der STD-Beratungsstelle mit aktualisierten Sachkosten versehen:


AufwendungDefizitZuordnung
Anlaufstelle für ProstituierteLeitung der Anlaufstelle für weibliche und männliche Prostituierte/ sozialarbeiterische Angebote0,75 Fachkraftstelle Sozialarbeit

52.200 €
Personal Gesundheitsamt
Mittel für den Einsatz von Peers 6.000 € Budget Gesundheitsamt
Übersteigende Reinigungskosten3.500 € Förderbudget Gesundheitsamt, Sachkonto 43180000, Auftrag 534F03 – HIV und Prostitution /
Bewirtschaftungskosten (Lebensmittel, Hygieneartikel, Küchenverbrauch) 5.200 €Budget Gesundheitsamt,
STD-BeratungsstelleÄrztliche Kapazität0,25 Fachkraftstelle Arzt
30.000 €
Personal Gesundheitsamt
Assistenz0,35 Fachkraftstelle Krankenschwester
19.000 €
Personal Gesundheitsamt
Medizinischer Aufwand,
Laboruntersuchungen, Medikamente,
Medizinischer Sachbedarf
9.580 € *
(22.580 € * ab 2014 ff.)
Budget Gesundheitsamt


* Für die Jahre 2012 und 2013 stehen für die Hepatitis-Impfungen aus den vergangenen Haushaltsplanberatungen noch ausreichende Mittel zur Verfügung, deshalb werden für beide Jahre jeweils nur 9.580 Euro zusätzlich notwendig. Sollten die Impfungen ab 2014 weitergeführt werden, sind jährlich weitere 13.000 Euro (insgesamt 22.580 Euro) zu veranschlagen.

Auf ein Risiko dieser Berechnung muss noch hingewiesen werden:
Aktuell konnte das Gesundheitsamt wesentlich günstigere Ausschreibungsergebnisse für Laboruntersuchungen erzielen als in der Vergangenheit. Sollte die kommende Ausschreibung, die für Mai 2012 vorgesehen ist, diese günstigen Konditionen nicht mehr erreichen, wird sich der Eigenanteil des Amtes ebenfalls entsprechend erhöhen.




Vorliegende Anträge/Anfragen

---

417/2011 - Teil I (Bündnis 90/DIE GRÜNEN)
491/2011 (CDU)
557/2011 Ziffern 4-6 (SPD)
624/2011 (Freie Wähler)
652/2011 (FDP) 417/2011 (Bündnis 90/DIE GRÜNEN)
735/2011 (SÖS und Linke)





Isabel Fezer
Bürgermeisterin




<Anlagen>