Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 990/2011
Stuttgart,
11/21/2011



Haushalt 2012/2013

Unterlage für die 2. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 05.12.2011



Landwirtschaftlichen Schule, Staatsschule für Gartenbau - eine unendliche Geschichte?

Beantwortung / Stellungnahme

Sachstand:
Seit Jahren bemüht sich die Stadt um einen Schulneubau für die Landwirtschaftliche Schule Hohenheim, die derzeit auf eine Vielzahl von Außenstellen verteilt ist. Mangels eines eigenen Grundstücks hat das Land einen Bauplatz in Aussicht gestellt, auf dem die weiteren Planungen erfolgen sollen. Es handelt sich um das nordwestlich vom Bezirksrathaus gelegene Grundstück, auf dem sich derzeit Versuchsanlagen der Universität befinden. Der Gewinn für die Universität ist, nach Auszug auf die Räume der Staatschule zurückgreifen zu können.

Ein gemeinsamer Neubau für die unter einer Leitung arbeitende Staatschule für Gartenbau und Landwirtschaftliche Schule Hohenheim wäre wirtschaftlicher, weil bei einem gemeinsamen Neubau mit einer Programmfläche von rd. 5.700 m² eine Synergie von rd. 1.500 m² Programmfläche erzielt werden könnte. Um hier für den städtischen Schulteil voran zu kommen, wurde das Hochbauamt beauftragt, alternativ eine Realisierung in Bauabschnitten (1. BA städtischer Schulteil) vorzusehen.

Nun hat das Land im Rahmen der laufenden Gespräche die Stadt aufgefordert zu prüfen, ob die Bereitschaft besteht, den Landesteil der Schule, also die Staatsschule für Gartenbau, in die Trägerschaft der Stadt zu übernehmen. Es wurde in Aussicht gestellt, das Neubau-Grundstück günstig in Erbbaupacht zu überlassen. Über einen Vertrag soll die weitere Mitbenutzung der landwirtschaftlichen Versuchsflächen der Uni dauerhaft gesichert werden.

Bei der Staatsschule für Gartenbau handelt es sich um rd. 200 Vollzeitschüler/innen in den Schularten Berufskolleg Agrar- und Umweltanalytik, Meisterschule Gartenbau und Technikerschule Garten- und Landschaftsbau. Der Auswärtigenanteil liegt bei rd. 90 %.

Mangels detaillierter Daten und Fakten der derzeitigen Kosten für die Staatsschule für Gartenbau können die finanziellen Folgen derzeit noch nicht genauer beziffert werden:
- Investitionskosten
Die benötigte Grundstücksfläche und die Kosten für einen Neubau werden derzeit ermittelt. Da es sich bei dem Grundstück um eine „Sondernutzungsfläche Universität“ handelt, liegt kein Bodenrichtwert vor, der zum aktuellen Zeitpunkt einen Hinweis auf die Höhe der Erbbaupacht geben könnte.

- Sachkostenbeiträge
Ein finanzieller Ausgleich würde nur im Bereich des Berufskollegs über Sachkostenbeiträge geleistet. Da diese aber über eine Vorwegentnahme aus den FAG-Mitteln finanziert werden, würde sich hier das Land nur finanziell entlasten, wenn diese Mittel nicht entsprechend aufgestockt werden. Da der Kostendeckungsgrad zudem bei nur 60 % liegt, verblieben bei der Stadt jährlich noch relativ hohe laufende Kosten.

- Fachschulgelder
Für die Fachschulen gibt es keine Sachkostenbeiträge, hier könnten Schulgelder erhoben werden. Das Land erhebt derzeit in den beiden bestehenden Fachschulen keine Fachschulgelder - nur ein sog. „Wohlfahrtsbeitrag“ von 40 Euro pro Schuljahr und Schüler wird für die Mitbenutzung der Versuchsfelder an die Universität gezahlt. Die Stadt erhebt bei Fachschulen durchgängig Schulgelder und müsste dies aufgrund einer Gleichbehandlung in diesem Fall dann auch tun. Damit würde jedoch die Gleichbehandlung mit den anderen vier staatlichen Landwirtschaftsschulen unterlaufen.

- Wohnheim
Für die Schüler/innen der Staatsschule wird ein Wohnheim angeboten. Aus Sicht der Schulleitung wird dies zwingend benötigt. Das Schulverwaltungsamt ist nicht Träger von Wohnheimen. Es sollte auch hier kein Präzedenzfall für andere Fachschulen in städtischen Schulen geschaffen werden.

- Mitbenutzung der Versuchsfelder der Universität
Die Staatsschule für Gartenbau nutzt überwiegend (zu 95 %) die Versuchsfelder der Universität auf dem für den Neubau vorgeschlagenen Grundstück. Das Wissenschaftsministerium bietet an, die dauerhafte Mitbenutzung vertraglich zu sichern. Die Konditionen sind noch unklar. Aufgrund der hier entstehenden Abhängigkeiten besteht eine schlechte Verhandlungsposition. Klar ist, dass diese Versuchsfelder und -anstalten der Universität zwingend für einen wirtschaftlichen Betrieb notwendig sind. Sie sind in den Programmflächen und damit bei den Investitions- und Betriebskosten nicht enthalten. Es geht um riesige Flächen, die von Seiten der Stadt nicht zur Verfügung gestellt werden könnten.

Fazit
Die vom Wissenschaftsministerium angestrebte Übergabe der Trägerschaft der Staatschule für Gartenbau an die Stadt muss im Blick auf künftige Belastungen der Stadt in den verschiedenen aufgezeigten Punkten sehr kritisch bewertet werden.

Der hohe Auswärtigenanteil, der sich im Übrigen auch in den Schularten der Landwirtschaften Schule Hohenheim fortsetzt, zeigt auf, warum hier für diese überörtlichen Bildungsgänge bislang die Trägerschaft beim Land liegt. Die Strukturen der Schulen in der Trägerschaft des Landes sind nicht kompatibel mit denen in der Trägerschaft der Stadt (Schulgelder, Wohnheim).

Auch wenn die konkreten Daten für die Grundstückbewertung noch nicht vorliegen, kann festgestellt werden, dass allein mit einer Überlassung über günstige Konditionen in Erbbaupacht kein Ausgleich für die entstehenden finanziellen Mehrbelastungen der Stadt geschafften werden kann Hier müsste das Land sein Angebot deutlich zu Gunsten der Stadt nachbessern.

Ein Vertrag mit der Uni Hohenheim über eine dauerhafte kostenfreie Mitbenutzung der Versuchsfelder ist zwar möglich. Es ist aber zu befürchten, dass mit dem Wechsel der verantwortlichen Akteure in Universität und Schule die Gründe für diese Überlassung relativ rasch in Vergessenheit geraten, wenn die Trägerschaft der Staatsschule an die Stadt übergeht. Nur die gemeinsame Trägerschaft des Landes von Universität und Staatsschule hat diese Mitbenutzung sichergestellt. Bei unterschiedlichen Kostenträgern ist zu befürchten, dass bei Veränderungen im Bedarf die Verhandlungen sich schwieriger gestalten. Das wird auch von der Schulleitung so gesehen, die eine Dominanz der Universität konstatiert.

Vorschlag zum weiteren Vorgehen / Zeitfenster
Wichtigstes Ziel der Stadt muss eine möglichst rasche Neubaulösung bleiben. Ein gemeinsamer Neubau ist wirtschaftlicher und sollte daher weiterverfolgt werden. Dazu muss sich das Land noch konkret erklären. Die Planung sieht alternativ auch eine Realisierung in Bauabschnitten vor.

Die Gespräche mit dem Land werden fortgesetzt mit dem Ziel, bald eine klare Aussage zu den Konditionen der Grundstücksüberlassung zu erhalten. Von Seiten der Stadt wird die Neubaulösung unabhängig von den Verhandlungen zu den Rahmenbedingungen einer möglichen Trägerschaftsübernahme gesehen. Der Zeitpunkt einer gemeinsamen Trägerschaft würde ohnehin erst mit der Fertigstellung und Bezug des Neubaus anstehen.

Sobald die Machbarkeitsstudie des Hochbauamts vorliegt (voraussichtlich Ende November 2011) wird die Verwaltung einen Vorprojektbeschluss (voraussichtlich Anfang 2012) vorbereiten, mit dem der Gemeinderat über die aktuelle Sachlage informiert wird.

Finanzmittelbedarf
Die für die Landwirtschaftliche Schule im Rahmen des Schulsanierungsprogramm (60 Mio. €-Paket) bereitgestellten Finanzmittel in Höhe von 1 Mio. € werden weiterhin benötigt und müssen daher in den Doppelhaushalt 2012/13 übertragen werden. Ein Teil der Mittel wird für die beim Hochbauamt beauftragte Machbarkeitsstudie benötigt. Die Planungen sollen im Jahr 2012 fortgesetzt werden.

Außerdem kann es notwendig werden, dass aufgrund des schlechten Gebäudezustands der Außenstelle in der Scharnhauser Straße 19 eine interimsweise Auslagerung bis zur Fertigstellung des Neubaus notwendig wird. Ggf. wären die dafür notwendigen mobilen Unterrichtsräume von diesen Mitteln zu finanzieren. Daher ist aus der Sicht der Schulverwaltung die vollständige Übertragung der Finanzmittel erforderlich.





Vorliegende Anträge/Anfragen

426/2011 CDU-Gemeinderatsfraktion
674/2011 FDP-Gemeinderatsfraktion





Dr. Susanne Eisenmann



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