Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
177
17
VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 27.05.2020
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Fezer
Berichterstattung:-
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: "Wiederöffnung der Schulen sicher gestalten und besonders belastete Familien unterstützen"
"Kindern mit Behinderung einen gleichberechtigten Zugang ..." ... (vollständiger Betreff siehe unten)

Da aus technischen Gründen der Betreff nicht in ganzer Länge im oberen Feld wiedergegeben werden kann, wird er hier vollständig aufgeführt:

Betreff: "Wiedereröffnung der Schulen sicher gestalten und besonders belastete Familien unterstützen"
Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 13.05.2020, öffentlich, Nr. 134
Ergebnis: Vertagung

Die im Betreff genannten Anträge sind dem Originalprotokoll sowie dem Protokoll-exemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Dieser Tagesordnungspunkt (TOP) wird gemeinsam mit dem heutigen TOP 20 aufgerufen. Der Betreff des TOP 20 ist mit dem zweiten Teil des Betreffs des TOP 17 identisch.

Von BMin Fezer wird angekündigt, dass die Anträge schriftlich beantwortet werden. Wenn gewünscht, könne die Verwaltung aber bereits heute zu den Anträgen Stellung beziehen.
Mit einer schriftlichen Beantwortung zeigt sich StR Körner (SPD) nicht zuletzt aufgrund der fortgeschrittenen Zeit einverstanden. Allerdings wolle er heute folgende drei Punkte ansprechen:
- Als Vater einer neunjährigen Tochter sei er letzte Woche erschrocken, als er den Plan für das Wiederanfahren des Grundschulbetriebs nach den Pfingstferien gesehen habe. Dort sei vorgesehen, und dies betreffe wohl alle Stuttgarter Grundschulen, dass die Kinder wochenweise (rollierendes System) beschult werden sollen, allerdings sei an Schultagen lediglich ein 1,5-stündiger Unterricht vorgesehen. Bezüglich Gesundheitsschutz und Kinder-/Familienwohl erachte er dies "als völligen Humbug". Seine Fraktion vertrete die Auffassung, dass an Schultagen zumindest vormittags Unterricht und wenn möglich auch ein Mittagessensangebot stattfinden sollte. Mindestens eine freie Schule in Stuttgart sowie alle Schulen in der Hansestadt Hamburg würden so verfahren. Er bittet um Darstellung des aktuellen Standes zur Wiederaufnahme des Grundschulbetriebs nach Pfingsten.
- Es gebe Kinder, die beim Fernunterricht zuhause nicht im erforderlichen Umfang unterstützt werden könnten. Diesbezüglich fragt er nach, verweisend auf den Antrag Nr. 132/2020, welche Möglichkeiten - auch kurzfristig - seitens der Verwaltung gesehen werden, um diese Defizite abzubauen.
- Mit dem Antrag Nr. 159/2020 thematisierten PULS und die SPD die Situation von Familien mit behinderten Kindern in den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ). Wichtig sei, dass diese Kinder grundsätzlich gleich wie andere Kinder behandelt würden und von ihnen keine Atteste vorgelegt werden müssten. Offenbar werde eine solche ärztliche Bescheinigung in der Praxis zwar nicht verlangt, aber formell solle diese vorgelegt werden. Dies bittet er zu korrigieren.

Ebenfalls bezogen auf den Antrag Nr. 159/2020 hinterfragt StR Walter (PULS) die Unterstützung behinderter Kinder während der Schulschließungen. Laut Rückmeldungen der SBBZ seien wohl auch Zuständigkeiten nicht klar geregelt.

BMin Fezer weist darauf hin, dass die punktuelle Beschulung nicht in der Verantwortung der Stadtverwaltung liegt. Sie teilt die Einschätzung von StR Körner, dass mit 1,5 Stun-den Unterricht weder ein großer pädagogischer Nutzen noch eine Lösung des Themas "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" erzielt werden kann. Der geringe Unterrichtsumfang werde zum einen in der geringen Anzahl der zur Verfügung stehenden Lehrkräfte gesehen, was mit deren Vulnerabilität zu tun habe, zum anderen könnten die Schulen derzeit Unterricht nur in kleinen Gruppen anbieten. Dies bedeute einen höheren Raumbedarf, und wenn für die Unterrichtung einer Klasse drei Klassenräume benötigt würden, erhöhe sich nun mal die Anzahl der benötigten Lehrkräfte entsprechend. Der Lehrkräfteaufwand sei, obwohl weniger Personal zur Verfügung stehe, also höher als in normalen Zeiten.

Derzeit gebe es zusätzlich zu dem Unterricht für einzelne Klassen (Vorabschluss- und Abschlussklassen) Präsenzlernangebote. Diese Schülergruppen, zu denen benachteiligte Schüler/-innen gehörten, benötigen im identischen Zeitfenster des normalen Unterrichts ebenfalls Unterrichtspersonal und Räume. Hinzu komme die in Schulräumen durch Lehrkräfte stattfinde erweiterte Notbetreuung. Alles zusammengenommen führe dazu, dass Schulunterricht nur in eng begrenzten Zeitfenstern angeboten werden könne. Angesichts dieses sehr unbefriedigenden Zustandes habe sie prüfen lassen, wo Schulen entlastet werden könnten. Angedacht worden sei, die Schüler/-innen der Notbetreuung aus der Obhut der Schulen und damit aus der Obhut der Lehrkräfte zu nehmen, um so das Zeitfenster für Schulunterricht zu vergrößern. Verhandelt werde darüber, ob das Land diese Maßnahme finanziere. Sie sei zuversichtlich, dass ein tragfähiges Ergebnis erzielt werden könne. Die grundsätzliche Bereitschaft des Landes sei jedenfalls vorhanden.

Die Jugendhilfe werde zu den Pfingstferien in die Notbetreuung einsteigen. Vorbereitungsarbeiten der Träger seien angelaufen; in diesen Ferien werde es keine Notbetreuung durch die Schulen geben. Dadurch werde sich nach den Pfingstferien an den Schulen eine Verbesserung ergeben. Der Ministerpräsident und die Kultusministerin hätten gestern eine schrittweise Wiedereröffnung der Schulen nach den Pfingstferien angekündigt.

Bezogen auf Kinder mit Behinderungen verweist die Vorsitzende auf die Präsenzlernangebote an den Schulen. Zudem hätten sich viele Träger mit zahlreichen Initiativen auf den Weg gemacht, um Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Angeboten zu erreichen. Die Schulverwaltung werde darüber hinaus, unterstützt durch ehrenamtliche Aktivitäten, Spenden und ein Landesprogramm, teilweise finanziert durch ein Bundesprogramm, Schüler/-innen, die über keine digitalen Endgeräte zuhause verfügten, mit solchen Geräten und mit Internetzugängen ausstatten. Damit solle die Möglichkeit, Schularbeiten von zuhause aus zu erledigen, verbessert werden. Diese Ausstattung sei natürlich schon in pandemiefreien Zeiten unabdingbar. Weiter wolle man darauf achten, dass die Kinder eine Ansprechpartnerin/einen Ansprechpartner erhalten.

Ergänzend informiert Herr Hein (SchulverwA), in der Coronakrise gebe es seitens des Landes für verschiedenste Bereiche Rahmenbedingungen. Das Schulverwaltungsamt stimme sich mit dem Gesundheitsamt darüber ab, was bei der Umsetzung der Landesvorgaben speziell für die Stuttgarter Schullandschaft beachtet gehöre. In der Regel folgten daraus gemeinsame Empfehlungen der beiden städtischen Ämter an die Schulen. Darüber hinaus habe das Schulverwaltungsamt mit eigenen Bordmitteln eine Hotline für die Schulen eingerichtet. Angesichts der komplexeren Situation bei den SBBZ werde versucht, die Notbetreuung möglichst aus einer Hand zu organisieren. So laufe z. B. auch schon vor Beginn der Krise bei Eingliederungshilfen die Finanzierung über das Sozialamt an das Schulverwaltungsamt. Die Organisation der Unterstützungsleistungen erfolge dann durch das Schulverwaltungsamt möglichst standardisiert aus einer Hand.

Unabhängig von der Schulart würden für alle Schüler/-innen dieselben Regelungen gelten. Differenziert werde nach Schutzbedarfen und Schutzanforderungen. Je nach Schutzbedarf, je nach Fördersituation und je nachdem, ob reguläre Regelungen eingehalten werden könnten oder nicht, seien gesonderte Konzepte erforderlich. Dort, wo beispielsweise Abstände nicht eingehalten werden könnten und das Tragen von Masken nicht möglich sei und wo möglicherweise noch zusätzlich Hilfsdienstleistungen notwendig seien, seien besondere Konzepte zum Schutz der Kinder und des Personals notwendig. Für Kinder, die keine besonderen Unterstützungsbedarfe aufwiesen bzw. die Regelungen einhalten könnten, gelte in den SSBZ dasselbe wie für alle anderen Schulkinder. Zunächst gelte dies auch für vulnerable Kinder. Bei Kindern mit besonderen Unterstützungsbedarfen in Kombination mit dem Nichteinhalten von Abständen etc. müssten im Einzelfall besondere Schutzkonzepte entwickelt werden. Dafür müssten die verschiedenen Unterstützungsleistungen zusammengeführt werden sowie eine medizinische Einschätzung der Situation einzelner Kinder stattfinden. Vor diesem Hintergrund habe das Gesundheitsamt eine ganzheitliche Einschätzung im Sinne von Beratung empfohlen. Es gehe also nicht um ein Attest. Ein weiterer Aspekt, der abgedeckt werden solle und den das Schulverwaltungsamt als sinnvoll ansehe, sei, dass Eltern aus Sorge um ihr Kind davon absehen, das Kind in die Schule zu schicken, der behandelnde Arzt jedoch unter Beachtung psychosozialer Aspekte einen Schulbesuch befürworte.

In den meisten Fällen könnten allerdings die Abstandsregeln eingehalten werden bzw. seien die Kinder nicht besonders vulnerabel. In den genannten Einzelfällen habe bislang Einvernehmen hergestellt werden können. Zudem informiert er zum Personalbedarf, angesichts mittlerweile rückläufiger Fallzahlen habe zum Gesundheitsamt abgeordnetes Personal des Schulverwaltungsamtes wieder zurückgezogen werden können. Diese Personen würden nicht zuletzt bei den SBBZ eingesetzt. Bisher sei es gelungen, nach und nach für sämtliche Notbetreuungsfälle Unterstützungen zu organisieren. Dort, wo sich eine Notbetreuung als schwierig erweise, habe das Schulverwaltungsamt in Abstimmung mit dem Sozialamt versucht, möglichst eine Eingliederungshilfe zuhause zu stellen. Dadurch solle zumindest zuhause eine Entlastung ermöglicht werden.

Zu der Frage von StRin Nuber-Schöllhammer, ob die Notbetreuung an Ganztagesschulen von Lehrkräften oder von Kräften der freien Träger abgedeckt wird, erfolgt von BMin Fezer der Hinweis, im Ganztag werde natürlich jetzt schon die nachmittägliche Notbetreuung durch freie Träger übernommen. Die Jugendhilfe steige in die Notbetreuung im Ganztag, aber auch in allen anderen Bereichen (z.B. an weiterführenden Schulen) dort ein, wo die Unterrichtszeit ersetzt werde, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sicherzustellen. Dies sei bislang, angeordnet durch das Kultusministerium, durch Lehrkräfte gemacht worden.

Nach dem Hinweis von StRin Ripsam, dass ihrer Kenntnis nach Schüler/-innen zwischen Notbetreuung und normalen Schulklassen wechselten, sagt BMin Fezer zu, darauf in der schriftlichen Beantwortung der Anträge einzugehen.

StRin Nuber-Schöllhammer begrüßt, dass Endgeräte und Internetanschlüsse besorgt/ hergestellt werden sollen. Hierzu fragt sie, ob dann die Kinder, die bislang mit Homeschooling nicht erreicht werden - ihrer Kenntnis nach geht es um 20 bis 25 % der Kinder - erreicht werden können und ob es gelingt, entsprechende Ansprechpartner zu gewinnen. In diesem Zusammenhang thematisiert StRin Ripsam einheitliche EDV-Systeme an den Schulen. Dass dies für die Schulverwaltung ein sehr großes Thema darstellt, betont BMin Fezer. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit sagt sie zu, dieses Thema im Schulbeirat ausführlich zu besprechen. Eine entsprechende Beratung im Schulbeirat erhebt StRin Ripsam zum Antrag.

Im weiteren Verlauf wird von StRin Nuber-Schöllhammer hervorgehoben, die Stadt als Schulträger müsse aus sozialen Gründen und um Eltern zu entlasten dafür sorgen, dass behinderte Kinder die Schulen besuchen. Wert legen sie und StRin Ripsam darauf, dass Krankenschwestern über Mundschutz verfügen. Besonders bei mehrfach behinderten Kindern, so StRin Ripsam, sei es jedoch schwierig, Abstände einzuhalten. Auch zu diesem Thema kündigt BMin Fezer eine ausführliche Behandlung im Schulbeirat an. Die sozialen und pädagogischen Kontakte müssten als sehr bedeutsam anerkannt werden. Der dargestellte Abwägungsprozess finde im Interesse der Kindesgesundheit und im Bewusstsein statt, dass Abstriche beim sozialen Miteinander und beim Bildungsauftrag hingenommen werden müssten. Versucht werde, schnellstmöglich in die Normalität zurückzufinden. Die Verwaltung müsse nicht an den Bildungsauftrag und an die Bedeutung sozialer Kontakte erinnert werden. Um diesen Aspekten Rechnung zu tragen, werde das Möglichste unternommen. Zudem müsse an die Beschäftigten gedacht werden. Hier sei es mit einem Mund-Nasen-Schutz (MSN) nicht getan. Schon immer erkläre das Gesundheitsamt, MSN helfe nur sehr eingeschränkt, das Einhalten des Abstands sei am wichtigsten. Es stelle sich die Frage, wie mit den Pflegekräften im Behindertenbereich umgegangen werde. Dort könnten Kinder/Jugendliche nun mal nicht immer die Hygieneregeln einhalten. Die zu treffenden Vorgaben gingen zulasten von sozialen Aspekten und des Bildungsauftrags.

Auch unter Würdigung der von BMin Fezer angeführten Argumente kann sich StR Ebel (AfD) nicht vorstellen, dass es den Schulen nicht möglich ist, im rollierenden System an einem Schultag mehr als lediglich 1,5 Stunden Unterricht anzubieten. Sinngemäß äußert sich StRin Nuber-Schöllhammer. Sie fragt nach, ob hier jede Schule allein entscheidet. Den Unterrichtsumfang, so daraufhin BMin Fezer, bestimmten die Schulen im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Kapazitäten und im Rahmen der Vorgaben des Landes. Eine der Vorgaben sehe vor, dass lediglich Kernfächer unterrichtet werden. Dies aufgreifend gibt StR Körner zu bedenken, dass in den Schulen nachmittags und samstags Räume leer stehen. Angesichts des reduzierten Unterrichtsstoffs würden doch auch weniger Lehrkräfte benötigt. Von ihm wird nochmals auf freie Schulen verwiesen. Er bitte heute mitzunehmen, dass nach Pfingsten im rollierenden System an gesamten Vormittagen Unterricht stattfinden soll. Seitens der Vorsitzenden wird zugesagt, dieses Anliegen an die zuständigen Stellen weiterzuleiten.

Danach schließt BMin Fezer mit der Zusage, die im Betreff genannten Anträge und einen im selben Zusammenhang gestellten Antrag der Gemeinderatsfraktion Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei schriftlich zu beantworten, den Tagesordnungspunkt ab.

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