Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
187/2014
GZ:
OB
Sitzungstermin: 26.03.2014
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:der Vorsitzende, Frau N.N. (BaurA) > Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Standorte für Flüchtlingsunterkünfte in Systembauweise
Ergebnisse der Prüfaufträge für Alternativstandorte in Feuerbach

Vorgang:

Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen u. Ausschuss für Umwelt und Technik gemeinsam vom 18.03.2014, öffentlich, Nr. 94
Ergebnis: jeweils einstimmige Verweisung der Vorlage in die nachfolgenden Gremien

Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 24.03.2014, öffentlich, Nr. 20
Ergebnis: Verweisung ohne Votum in die nachfolgenden Gremien


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 10.03.2014, GRDrs 187/2014, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Dem Standort im Gebiet Schelmenäcker-Süd zur Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft in Systembauweise zur Schaffung von 78 Unterkunftsplätzen entsprechend der Variante 1 B (nördliches Baufeld) wird zugestimmt.

Die Nutzung ist wie bei den anderen Standorten auf einen Zeitraum von 5 Jahren befristet.

2. Vom Sachstand der Flüchtlingsunterbringung in Stuttgart und der Umsetzung der am 19. Dezember 2013 beschlossenen Standorte wird Kenntnis genommen.

Bezug nehmend auf ein den Fraktionen und der Verwaltung vorliegendes Schreiben einer von Anwohnern des Standorts Schelmenäcker-Süd beauftragten Freiburger Rechtsanwaltskanzlei beantragt StR Klingler (FDP) vor Eintritt in die Tagesordnung, angesichts des seines Erachtens in diesem Schreiben aufgezeigten erheblichen Prozessrisikos bei einer Umsetzung des Beschlussantrages, diesen Tagesordnungspunkt abzusetzen. Demgegenüber erklärt EBM Föll, aufgrund des Zeitdrucks bei der Flüchtlingsunterbringung müsse der Gemeinderat morgen über den Beschlussantrag abstimmen. StR Hill (CDU) bittet die Verwaltung, heute Stellungnahmen abzugeben. StR Stopper (90/GRÜNE) und StR Kanzleiter (SPD) lehnen den Antrag von StR Klingler ab.

Nachdem EBM Föll im weiteren Sitzungsverlauf diesen Tagesordnungspunkt aufgerufen hat, führen Frau N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) und er in das Thema ein. Diese Ausführungen sind nachstehend im überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben.

EBM Föll:
"Ich will kurz meinerseits einleitend erklären, nicht zuletzt auch mit Blick auf das Rechtsanwaltsschreiben und die Presseerklärung der Interessengemeinschaft Schelmenäcker-Süd, dass wir Ihnen diesen Standort nicht in einem Hoppla-hopp-Verfahren vorschlagen. Sondern wir haben entsprechend dem Beschluss des Bezirksbeirats Feuerbach vom Dezember, den Sie im Dezember aufgegriffen haben, eine umfassende Prüfung der vier Alternativstandorte, die namentlich benannt waren, ergänzend zu den beiden von der Verwaltung vorgeschlagenen Standorten im Hattenbühl und in der Burgherrenstraße, eine umfangreiche Präsentation der Prüfergebnisse zu diesen vier Standorten vorgestellt. Mit Datum vom 20.02.2014 ist dem gesamten Gemeinderat per Mail Entsprechendes zugegangen. Das heißt, wir haben in einem sorgfältigen Verfahren diese vier Alternativstandorte geprüft und diese Prüfergebnisse im Februar Ihnen und dem Bezirksbeirat zugeleitet. Der Bezirksbeirat hat dann ein entsprechendes Votum getroffen, das wir aufgegriffen haben.

Ich will zurückweisen, dass mit der Darstellung der Verwaltung die städtischen Gremien, und jetzt zitiere ich: "hinters Licht geführt werden". Das ist mitnichten der Fall. Wir haben Ihnen das in einem offenen und transparenten Prozess dargelegt. Klar ist natürlich auch, wenn Sie entsprechend dem Verwaltungsvorschlag beschließen und es im Baugenehmigungsverfahren Einwendungen gibt, dass dann die Genehmigungsbehörde nicht mehr die Landeshauptstadt Stuttgart, sondern das Regierungspräsidium ist. Das ist nie infrage gestellt gewesen, das will ich ganz ausdrücklich sagen. Wenn die Stadt selbst Bauherrin ist und es eben Einwendungen gibt, dann entscheidet immer das Regierungspräsidium. Von daher ist das in diesem Fall keine Besonderheit, und seitens der Verwaltung wird dies nicht infrage gestellt. In allen städtischen Organisationseinheiten ist zunächst einmal die Rechtmäßigkeit des Handelns oberstes Primat. Dieses gilt selbstverständlich auch für einen Systembau zur Flüchtlingsunterbringung im Schelmenäcker-Süd.

Ich schlage vor, dass nun Frau N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) zu diesen rechtlichen Fragestellungen bezüglich Fahrion-Areal und anderen Themen Stellung nimmt."

Frau N. N. (BaurA/ Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht):
"Vom Rechtsanwalt der Angrenzer aus dem Bereich Schelmenäcker-Süd werden zwei Punkte vorgebracht. Der erste ist, dass die Lärmemissionen auf dem Fahrion-Areal kein Gegenargument sein könnten gegen eine Bebauung oder Nutzung für eine Flüchtlingsunterkunft. Und als zweiter Punkt: Kann ein Flüchtlingswohnheim auf dem Grundstück Schelmenäcker-Süd überhaupt zulässig sein?

Zum Thema Fahrion-Areal. Dieser Standort liegt in einem sogenannten Mischgebiet (MI). In einem Mischgebiet sind normalerweise Wohnnutzungen jeder Art zulässig, das ist korrekt. Allerdings ist es auch so, dass es neben dem sogenannten Bauplanungsrecht, wie ist ein Gebiet ausgewiesen, noch andere Vorschriften gibt. Auch im Bauplanungsrecht kennen wir den sogenannten § 15 Baunutzungsverordnung, der besagt, eine Nutzung, die eigentlich zulässig ist, ist dann plötzlich unzulässig im Einzelfall, wenn auf sie Einwirkungen stattfinden, z. B. Lärm, die diese Nutzung an diesem konkreten Standort ausschließen. Ein solcher Fall liegt hier vor. Solche Fälle, wo Lärmemissionen aus benachbarten Betrieben ein Wohnen auf einmal unzulässig machen, haben wir immer öfter in der Stadt. Wir haben im vorliegenden Fall sozusagen zwei Emittenten, einmal das Betonwerk und zum anderen die Schule. Unabhängig von der Frage des Flüchtlingswohnheims hatten wir in den vergangenen Monaten schon Anfragen, ob man dort ein Wohnheim errichten könnte, z. B. ein betriebsunabhängiges Arbeiterwohnheim. Diese Frage ist von uns jeweils verneint worden, d. h. wir haben zwar keine förmlichen Anträge, aber informelle Anfragen gehabt und haben diese jeweils negativ beschieden, weil wir gesagt haben, wir haben zwar eigentlich ein MI, aber eine Wohnnutzung können wir dort wegen der Emissionen nicht zulassen.

Das Thema ist nicht ganz neu. Es kam schon im Zusammenhang mit den Planungen im Bereich Schelmenäcker-Süd auf. Vermutlich kann sich das eine oder andere Gemeinderatsmitglied erinnern, dass es dort die Frage gab, entwickelt man das in Richtung Wohnen? Verwaltungsintern ist der derzeitige Stand, dass man sagen muss, Wohnen kann man dort nicht zulassen. Wenn man ein B-Plan-Verfahren macht, dann wird eine Festsetzung in Richtung Gewerbegebiet erfolgen müssen, weil einfach die Lärmemissionen zu hoch sind. Da wir das Thema kennen, müssten wir zwangsläufig, wenn ein Bauantrag zum Thema Wohnen als Flüchtlingsunterkunft käme, eine Lärmimmissionsprognose oder ein Gutachten verlangen und müssten eine solche Flüchtlingsunterkunft an diesem Standort ablehnen.

Das dortige Arbeiterwohnheim ist vor vielen Jahren im Zusammenhang mit dem Betrieb Fahrion genehmigt worden. Dieses genießt zum einen Bestandsschutz. Das heißt, vielleicht würde man dieses Arbeiterwohnheim heutzutage nicht mehr genehmigen, aber es ist da und bestandsgeschützt. Wenn man die Nutzung ändern würde hin zu einer Anlage für soziale Zwecke, Flüchtlingswohnheim, würde sich die Frage der Zulässigkeit neu stellen. Von unserer Seite müssten wir es ablehnen. Und man muss natürlich auch sagen, ein Arbeiterwohnheim kann ausnahmsweise in einem Industriegebiet zulässig sein, weil man sagt, ein Arbeiterwohnheim, das zu einem Betrieb gehört, muss quasi höhere Immissionen aushalten können. Aber wie gesagt, die Frage stellt sich angesichts des Bestandsschutzes nicht.

Für uns ist ganz klar, wir könnten eine Flüchtlingsunterkunft dort, an dieser Stelle, nicht zulassen.

Zum Grundstück Schelmenäcker-Süd. Für dieses Grundstück ist im Bebauungsplan eine Grünfläche mit der besonderen Zweckbestimmung Sportanlage festgesetzt. Seitens des Rechtsanwalts wird bestritten, dass man dort rechtmäßigerweise eine Flüchtlingsunterkunft zulassen kann. Grünfläche klingt zwar nach Grün, Freizeit und Naherholung, so sieht auf den ersten Blick so ein Bebauungsplan ja auch aus, der quasi eine grüne Farbe hat. Wenn man sich aber mal anschaut, was auf dieser Fläche alles sein kann, also nämlich erst mal eine enorme Geländeaufschüttung, um überhaupt eine bespielbare, eine nutzbare Fläche für einen Sportplatz zu bekommen. Das muss sich am höheren Gelände anordnen. Und zweitens auch die Möglichkeit, dort eine Sporthalle zu errichten. Dann ist klar, das ist keine freie Naherholungsfläche, die dort mal vom Bebauungsplan vorgesehen war, sondern eine intensiv genutzte Fläche, die im Zweifelsfall sogar höhere Lärmauswirkungen für die betroffenen Nachbarn hätte als diese Flüchtlingsunterkunft. Es ist vorgesehen, dort diese Unterkunft nur befristet zu errichten. Wir würden auch die Genehmigung nur befristet erteilen. D. h. man kann auf Dauer, teilweise sogar parallel, den Bebauungsplan umsetzen, wenn man möchte. Und dadurch ist der Grundzug der Planung, man will dort eigentlich eine Sportanlagennutzung auf Dauer haben, aus unserer Sicht nicht berührt.

Es geht nicht um nachbarschützende Vorschriften. Die Abstände zu den Nachbarn sind bei weitem eingehalten. Wir haben keinen Zweifel, dass man diese Flüchtlingsunterkunft dort zulassen kann. Herr Föll hat es vorhin schon gesagt, die Entscheidung würde sowieso das Regierungspräsidium treffen. Aber auch da habe ich ehrlich gesagt sehr wenig Sorge, dass von dort eine andere Einschätzung erfolgt. Diese Befreiung kann man rechtmäßigerweise erteilen."

EBM Föll:
"Das war sozusagen die rechtliche Stellungnahme zu den Darlegungen der Anwaltskanzlei. Sie haben jetzt gehört, wie die derzeitige planungsrechtliche Festsetzung ist. Im Übrigen will ich auch noch mal betonen, das steht ja auch in der Vorlage, dass wir eine Baugenehmigung auf fünf Jahre befristet beantragen und keine dauerhafte Genehmigung. Das scheint mir etwas untergegangen zu sein in den Darlegungen der Anwaltskanzlei.

Es gibt ja immer wieder die Frage zur Erschließung. Hierzu haben wir Ihnen schon im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen (WA) dargelegt, warum das Amt für Umweltschutz (AfU) eine Erschließung über den Erich-Hermann-Weg ablehnt, insbesondere aus stadtklimatologischen Gründen. Die durchgängige Grünzäsur würde dadurch entsprechend unterbrochen. Deshalb wendet das AfU ein, dass aus stadtklimatologischer Sicht eine Erschließung über den Erich-Hermann-Weg nicht stattfinden kann.

Wir haben versucht, den Baukörper, soweit es sinnvoll und mit der bestehenden Erschließung möglich ist, nach Osten zu schieben. Da sind wir an die äußere östliche Grenze gegangen, ohne in die vorhandene Erschließungsstruktur bzw. Wegestruktur einzugreifen. Wenn wir weiter nach Osten gingen, müssten wir in der Tat Privatgrundstücke erwerben, die heute einer gärtnerischen Nutzung unterliegen. Ob dieses gelingt, vermag ich nicht vorherzusagen. Das könnte ja ein sehr langwieriger Prozess sein. Im Übrigen würden wir natürlich auch bei den dortigen Gartenpächtern oder -eigentümern sicherlich wenig Freude auslösen, wenn wir ihnen ihre gärtnerische Nutzung untersagen wollen.

Eine exakte Abgrenzung des städtischen Grundstücks gibt es nicht. Wir bilden für die Systembauten kein eigenes Flurstück, das ist auch nicht notwendig. Sowohl die Erschließung wie auch der Systembau werden vollständig auf städtischem Grund stattfinden. Wie weit wir den Baukörper bergseits anpassen, das wird man im Baugenehmigungsverfahren im Einzelnen prüfen. Dazu kann man heute noch keine abschließenden Aussagen treffen. Wir brauchen von Ihnen zunächst eine Standortentscheidung, damit wir dann den entsprechenden Bauantrag ausarbeiten und einreichen können.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir Ihnen den Sachverhalt in allen wesentlichen Einzelheiten dargelegt haben. Ich bitte Sie, dass Sie aufgrund der Tatsache, dass wir ohnehin schon in Zeitverzug sind und die gesetzlichen Unterbringungspflichten erfüllen müssen, morgen zu dieser Thematik eine Entscheidung treffen, damit wir in die notwendige und dringliche Umsetzung gehen können."

Für die Berichterstattung bedanken sich StR Stopper (90/GRÜNE) und StR Hill (CDU).

Dass der gesetzlichen Pflicht zur Unterbringung von Flüchtlingen gerne und ordentlich durch menschenwürdige Unterkünfte nachgekommen werden soll, unterstreichen StR Stopper, StR Kanzleiter (SPD), StR Klingler (FDP) und StR Rockenbauch (SÖS und LINKE). Dabei legt StR Klingler Wert darauf, dass die Standorte für alle Seiten akzeptabel sind.

Als schmerzlich, aber alternativlos erachtet StR Stopper, dass mit Systembauten zur Flüchtlingsunterbringung auch auf Grünflächen zurückgegriffen werden muss. Er hofft, dass der Standort Schelmenäcker-Süd von allen Fraktionen mitgetragen wird.

Von StR Kanzleiter wird nachgefragt, ob beim Standort Schelmenäcker-Süd 78 Unterkunftsplätze zwingend die Obergrenze sind. Eigentlich seien dort ja 159 Plätze möglich. Zu seiner Bitte, zu erklären, ob die Option für 159 Plätze bestehen bleibt, trägt EBM Föll vor, er habe stets bei allen bereits beschlossenen Standorten erklärt, sollten nach Ablauf der Befristungen weitere Unterbringungsbedarfe vorliegen, werde bei jedem Standort geprüft, ob Verlängerungen benötigt werden. Gegebenenfalls werde es sich dabei um eigenständige Antragsverfahren handeln. Der jetzt z. B. für Schelmenäcker-Süd gestellte Beschlussantrag impliziere dieses nicht. Im Vorfeld würden gegebenenfalls die kommunalen Gremien damit befasst. Heute könne er auch keine Aussagen zu den Inhalten der zweiten Tranche zur Schaffung von Unterbringungskapazitäten im Jahr 2015 machen. Die aktuellen Zugangszahlen seien nach wie vor so, wie sie die Verwaltung im letzten Dezember vorgetragen hat. Bekanntlich müsse die Landeshauptstadt über die gut 1.000 Plätze, die im Jahr 2014 geschaffen werden müssen, mindestens 600 weitere Plätze im Jahr 2015 schaffen. Im Jahr 2015 könne die Zahl noch höher ausfallen, wenn die Zugangszahlen weiter auf dem derzeitigen Niveau liegen. Die Verwaltung habe noch kein Konzept dafür, wie diese Bedarfe befriedigt werden können. Zunächst einmal konzentriere sie sich darauf, die Bedarfe des laufenden Jahres abzudecken. Für die Erledigung dieser Aufgabe benötige die Verwaltung die Unterstützung des Gemeinderats.

Durch Verzögerungen bei den Standortentscheidungen und bei der Umsetzung der Systembauten, und damit wendet sich EBM Föll an StR Klingler, sei man gezwungen, Interimslösungen zu finden. Je weiter sich die Fertigstellung der gut 1.000 Unterbringungsplätze verzögert, umso unmöglicher werde es für die Verwaltung, Interimslösungen zu finden. Einigkeit habe zwischen Gemeinderat und Verwaltung stets darin bestanden, Notunterkünfte zu vermeiden. Die bislang absehbaren Defizite könne die Verwaltung wohl noch interimsweise abdecken, aber bei weiteren Verzögerungen lasse sich das, was eigentlich niemand möchte, nämlich Notunterkünfte, nicht mehr vermeiden. Die Verwaltung wolle nicht darüber diskutieren, dass mit dem Beschlussantrag lediglich 78 Plätze realisiert werden, da man glaube, dass man damit den Bedarf des laufenden Jahres abdecken kann.

Angesichts dieser Ausführungen stellt sich für StR Klingler die Frage, weshalb seitens der Verwaltung zum Thema Flüchtlingsunterkünfte erst im Dezember und nicht bereits im Sommer 2013 eine Vorlage vorgelegt wurde.

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen geht StR Rockenbauch von der Notwendigkeit aus, in Zukunft weitere Kapazitäten zur Flüchtlingsunterbringung zu schaffen. An StR Zeeb (FW) gewandt erklärt EBM Föll, die Verwaltung könne nicht prognostizieren, wie sich die Flüchtlingszuweisungen in fünf Jahren darstellen.

Für seine Fraktion äußert StR Stopper Verständnis für die Kritik mancher Anwohner des Gebiets Schelmenäcker-Süd über die Vorgehensweise. Die Abläufe im Bezirksbeirat seien nicht besonders glücklich gewesen. Von Anfang an habe die Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN die von der Verwaltung vorgeschlagenen Standorte als geeignet angesehen. Mit der Prüfung, der auch von Bürgern vorgeschlagenen Alternativen, sei der Gemeinderat einem Wunsch des Bezirksbeirats gefolgt. Dem auf fünf Jahre befristeten Standort, dem nun der Bezirksbeirat nach intensiven Prüfungen einstimmig zugestimmt habe, könne man folgen.

StR Hill äußert Verständnis dafür, dass sich die Anwohner auch kritisch mit einer solchen Planung befassen. Die Anwohner des Standorts Schelmenäcker-Süd setzten sich damit sachlich auseinander. Er erachtet es als richtig, bei einem Thema wie der Flüchtlingsunterbringung, das die Stadtbezirke massiv betrifft, den Bezirksbeiräten die Möglichkeit einzuräumen, sich aktiv einzubringen. Bei der Beratung der GRDrs 1316/2013 Ergänzung hätten sich im letzten Dezember alle Fraktionen mit einem entsprechend modifizierten Verfahren einverstanden erklärt. Weiter erklärt StR Hill, dass er im anwaltlichen Schreiben durchaus auch eine gewisse Plausibilität erkennen kann. Gegebenenfalls müsse eine gerichtliche Klärung herbeigeführt werden.

Laut StR Kanzleiter vertraut die SPD-Gemeinderatsfraktion darauf, dass die rechtliche Prüfung seitens des Baurechtsamtes gewissenhaft erfolgt ist. Einen Rechtsstreit nach einer Entscheidung des Regierungspräsidiums erachtet er als möglich. Nachdem die Standortvorschläge der Verwaltung Ende letzten Jahres in den Stadtbezirken Feuerbach und Möhringen kontrovers diskutiert worden seien, habe man sich auf einen bis Ende Februar angelegten Diskussionsprozess verständigt und sich darauf geeinigt, dass die sich daraus ergebenden Standorte dem Gemeinderat zur Entscheidung vorgelegt werden. Dies sei heute, eigentlich einen Monat später als angedacht, der Fall.

Von StR Zeeb wird, unterstützt von StR Klingler, daran erinnert, dass nur die FDP-Gemeinderatsfraktion und die Fraktion Freie Wähler im Dezember zu den Verwaltungsvorschlägen alternative Standorte vorgeschlagen haben. So hätten beispielsweise die Freien Wähler mit dem Antrag Nr. 985/2013 vom 09.12.2013 den Standort Schelmenäcker-Süd vorgeschlagen. Zum diesem Standort äußert sich StR Klingler ablehnend. Die im Anwaltsschreiben vorgebrachten Argumente sind für ihn schlüssig. Sofort umsetzbar wäre z. B. das Walz-Gelände im Stadtbezirk Weilimdorf. Aktuell bewerte die Verwaltung den Standort Schelmenäcker-Süd als hervorragend geeignet. Letzten Monat sei schriftlich zu diesem Standort jedoch seitens der Verwaltung erklärt worden, das Gelände sei schwierig zu erschließen und im östlichen Bereich aufgrund der Hanglage schwierig zu bebauen, da terrassiert. Ferner handle es sich um einen bedeutsamen Grünkorridor und um eine Frischluftschneise.

Für einen zügigen Beschluss für den Standort Schelmenäcker-Süd plädiert StR Rockenbauch. Es sei richtig gewesen, dass Vor-Ort-Wissen der Bezirksbeiräte in die Standortsuche einzubinden. Angesichts des Elends der Flüchtlinge lohne sich die eine oder andere Aufgeregtheit bei der Standortsuche nicht.

Die Vorgehensweise bis zum nun anstehenden Beschluss des Standorts Schelmenäcker-Süd verteidigt StRin Fischer (90/GRÜNE) gegenüber StR Klingler. Um Notunterkünfte für die Flüchtlinge zu vermeiden, müsse nun eine Entscheidung getroffen werden.

Aufgrund seiner Ortskenntnis hat laut StR Zeeb der Bezirksbeirat es als möglich angesehen, die künftige Flüchtlingsunterkunft über den Erich-Hermann-Weg zu erschließen. Die gegen eine solche Erschließung gerichtete Stellungnahme des Amtes für Umweltschutz könne er angesichts des auch von der Verwaltung als sehr gering prognostizierten Verkehrsaufkommens zu dieser Einrichtung nicht nachvollziehen. Ein Kraftfahrzeug pro Tag könne doch die Frischluftqualität nicht entscheidend beeinträchtigen. Die Erschließungssituation des Standorts Schelmenäcker-Süd wird grundsätzlich von StR Klingler kritisch gesehen. Für nicht möglich erachtet er dabei insbesondere eine Zufahrt für Feuerwehrfahrzeuge und Müllfahrzeuge über die Bubenhaldenstraße. An der Linzerstraße sei bereits heute häufig kein Vorankommen mehr möglich. Seiner Einschätzung nach stünde einer Erschließung über den Erich-Hermann-Weg nichts entgegen.

EBM Föll weist erneut darauf hin, dass der Standortvorschlag Schelmenäcker-Süd aus der Mitte des Gemeinderats und vom Bezirksbeirat und nicht von der Verwaltung gekommen ist. Im Dezember sei man so verblieben, dass die Verwaltung vier zusätzliche Standortvorschläge ergänzend zu den beiden Standortvorschlägen der Verwaltung (Hattenbühl, Burgherrenstraße) bis Ende Februar 2014 prüft. Wie besprochen sei das Ergebnis der ergebnisoffenen Prüfung umfassend und qualifiziert vorgelegt worden. Dass ergebnisoffen vorgegangen worden ist, zeige, dass die Verwaltung nicht auf ihrem Vorschlag bestanden hat. Bei der Übermittlung des Ergebnisses an die Bezirksvorsteherin habe die Verwaltung erklärt, dass, wenn der Bezirksbeirat zu einem Votum für einen umsetzungsfähigen Standort aus diesen geprüften Standorten kommt, die Verwaltung diesen Vorschlag aufgreifen wird. Der Bezirksbeirat habe in seiner Sitzung die Variante B, Schelmenäcker-Süd, einstimmig beschlossen; alle im Verwaltungsausschuss vertretenen Fraktionen hätten Vertreter im Bezirksbeirat. Dieses einstimmige Votum habe die Verwaltung wie zugesagt aufgegriffen. Dass es dagegen Einwendungen und Bedenken auch juristischer Art gibt, komme für die Verwaltung nicht überraschend. Im Vorfeld der Prüfung habe sich die Verwaltung aufgrund ihrer Erfahrung genau mit diesen möglichen juristischen Einwendungen auseinandergesetzt. Die Leiterin des Baurechtsamtes habe heute ein eindeutiges Ergebnis in ihrer Einschätzung der juristischen Fragestellungen vorgetragen. Auf diese Einschätzung, davon zeigt er sich überzeugt, könne sich der Gemeinderat verlassen. Zum Erschließungsaspekt verweist er auf seine einführenden Aussagen und merkt an, mit der Branddirektion habe man im Übrigen zur Erschließung dieses Standorts (Variante 1 B) Einvernehmen erzielt.

Das Thema Erschließung ist laut Frau N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) eine Genehmigungsvoraussetzung. Dieses Thema sei mit dem Tiefbauamt und der Branddirektion abgesprochen. Hierzu hätten diese beiden Ämtern positive Signale abgegeben.

Bis zur morgigen Sitzung des Gemeinderats äußert StR Zeeb folgende Wünsche:
- Nachlieferung des gültigen Bebauungsplans,
- Darstellung der Grundstücksgrenzen zur Beurteilung der Abstandsflächen bzw. zur Beurteilung, ob die Unterkunft tatsächlich möglichst weit nach Osten verschoben ist.

Dies aufgreifend sagt EBM Föll die Überlassung des Bebauungsplans zu. Zum Standort der Unterkunft verweist er auf die Pläne, die der Vorlage angeheftet sind. Frau N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) ergänzt, natürlich müsse zum Bauantrag ein Baugrundstück dargestellt werden. Aufgrund der Datenlage habe ihr Amt das Amt für Liegenschaften und Wohnen darüber unterrichtet, dass die Flurstücke zur Bildung des Baugrundstücks zusammengelegt werden müssen.

Nachdem StR Zeeb die Bitte äußert, das Gebäude möglichst gut in den leichten Hang zu integrieren, verweist EBM Föll auf das Baugenehmigungsverfahren.

Außer Frage steht laut StR Stopper für seine Fraktion, dass das Fahrion-Areal auch jenseits der rechtlichen Fragen nicht als Standort für eine vernünftige Flüchtlingsunterbringung infrage kommen kann. Die juristische Bewertung des Standorts Fahrion-Areal durch die Verwaltung erscheine für die CDU-Gemeinderatsfraktion, so StR Hill, plausibel.

Die seitens der Verwaltung gegen das Fahrion-Areal vorgebrachten Gründe sind für StR Zeeb nicht nachvollziehbar. Er teilt jedoch mit, dass die Erklärung der Verwaltung zu diesem Areal dennoch akzeptiert wird.

Für StR Klingler zeigt sich vor Ort, dass das Arbeiterwohnheim auf dem Fahrion-Areal keinesfalls als menschenunwürdige Unterkunft bezeichnet werden kann. Dieses Wohnheim sei dort hervorragend angebunden und erschlossen.

Für StR Kanzleiter ergibt sich die Frage, ob nicht eingegriffen werden muss, um den Menschen, die bislang auf dem Fahrion-Areal untergebracht sind, eine humane Unterbringung zu ermöglichen. Auch Menschen in einem Arbeiterwohnheim müssten menschenwürdig behandelt werden. EBM Föll stellt klar, dass Frau N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) nicht von menschenunwürdigen Zuständen im Arbeiterwohnheim gesprochen hat. Zwischen Bestandsschutz und Neugenehmigung gebe es nun einmal einen Unterschied. Gerade im Baurecht würden sich daraus bei der Bewertung entscheidende Unterschiede ergeben. Das eine habe Bestandsschutz, und um dort etwas anderes umzusetzen, würde eine neue Genehmigung benötigt. Eine solche Neugenehmigung könne nicht erteilt werden, da dafür die rechtlichen Voraussetzungen fehlen. Solche Voraussetzungen seien auch nicht disponibel, auch nicht befristet auf fünf Jahre. Bei dieser Fragestellung habe die Genehmigungsbehörde kein Ermessen. Dies bestätigt Frau N. N. (Name wurde aus Datenschutzgründen gelöscht) und führt an, dass dieses Arbeiterwohnheim in den 50er-Jahren im Zusammenhang mit dem Fahrion-Betrieb genehmigt wurde. Allerdings sei damals diese Genehmigung, entgegen der heute üblichen Vorgehensweise, nicht an den Betrieb geknüpft worden. Planerisch und baurechtlich habe es damals dieselben Überlegungen wie heutzutage gegeben. Rechtlich sei dieses jedoch noch nicht, so wie heute gefordert, fixiert worden. In dieser Zeit habe es noch keine Landesbauordnung, keine Baunutzungsverordnung und kein Baugesetzbuch gegeben.

Die Situation sei die, dass ein bestandsgeschützter Betrieb für das Arbeiterwohnheim vorliegt. Bei der Frage, ob dort eine Nutzungsänderung oder der Bau eines Flüchtlingswohnheims genehmigt werden kann, gelte das heutige Immissionsschutzrecht. Dieses besage, dass dieser Standort für eine Wohnnutzung bzw. für eine Anlage für soziale Zwecke, die Wohnen beinhalte, einfach zu laut ist. Daher komme eine solche Genehmigung nicht infrage. Über dieses Recht könne sich die Verwaltung weder für eine Flüchtlingsunterkunft noch für eine andere, ähnliche Nutzung hinwegsetzen. Eine Neubeplanung des Fahrion-Areals könne nach derzeitigem Kenntnisstand keine Nutzung vorsehen, die irgendwie Wohnen ermöglicht. Planerisch sei dort heutzutage Wohnen nicht mehr zulässig.

StR Klingler weist mit Nachdruck darauf hin, dass er letzte Woche den Bereich Oswald-Hesse-Straße/Klagenfurter Straße als Alternative vorgeschlagen hat. Der WA habe letzte Woche den Erwerb dieser Fläche beschlossen. Er geht davon aus, dass es in der gesamten Landeshauptstadt Stuttgart besser geeignete Standorte als in Feuerbach gibt. Zu dem ebenfalls von StR Klingler angesprochenen Walz-Areal teilt EBM Föll mit, dieses Areal werde die Verwaltung wie bereits im Verwaltungsausschuss angekündigt für die Tranche 2015 aufgreifen. Zum Standort Oswald-Hesse-Straße habe die Verwaltung die Altlastensanierungsproblematik dargelegt (s. Seite 2 der Vorlage). Wenn dort eine Flüchtlingsunterkunft erstellt würde, könnte die Stadt nicht zuvor die Altlastensanierung durchführen. Sofern für eine solche Unterkunft nicht in das Erdreich gegangen wird, wäre dieses auch nicht notwendig. Wenn aber die Altlastensanierung nicht bis Ende 2015 durchgeführt wird, könne die Stadt keine Zuschussmittel mehr dafür erhalten. Zudem gebe es dort einen Zielkonflikt (Flüchtlingsunterkunft/Sanierung mit dem Ziel eines zeitnahen Wohnungsbaus von 50 bis 60 Wohneinheiten). Die Verwaltung habe bislang bei ihren Standortvorschlägen darauf geachtet, dass in den nächsten fünf Jahren keine Zielkonflikte auftreten, durch die Wohnungsbau bzw. die Schaffung von Arbeitsplätzen verhindert wird. Beim Standort Schelmenäcker-Süd, so StR Klingler, werde ein Zielkonflikt mit den Anwohnern in Kauf genommen.

Nach Einschätzung von StR Hill hat sich bei der Beratung der Grundsatzvorlage 1316/2013 im Gemeinderat ein Konsens darüber ergeben, dass beim Thema Flüchtlingsunterbringung kein Stadtbezirk ausgenommen werden soll. Mit der nun von StR Klingler vertretenen Position habe dieser diesen Konsens verlassen. Nach der Ablehnung des Standorts Schelmenäcker-Süd hätte sich die FDP-Gemeinderatsfraktion entweder für den Standort Hattenbühl oder für den Standort Burgherrenstraße aussprechen müssen. Dagegen wendet sich StR Klingler vehement, indem er auf den Antrag Nr. 984/2013 seiner Fraktion vom 09.12.2013 verweist. Zudem betont er, im Stadtbezirk Feuerbach habe für seine Fraktion der Standort Fahrion-Areal erste und der Standort Oswald-Hesse-Straße/Klagenfurter Straße zweite Priorität. Abgelehnt würden die Feuerbacher Standorte Hattenbühl, Burgherrenstraße und Schelmenäcker-Süd. Danach nimmt StR Hill auf die Beratung der GRDrs 1316/2013 Ergänzung Bezug und zitiert aus einem Protokoll StR Klingler wie folgt: "Die ergänzende Beschlussvorlage sei ausgewogen und entspreche komplett den Anträgen seiner Fraktion, die ihr gern zustimmen werde. Bis Februar 2014 sollen dann auch in Feuerbach optimale Lösungen gefunden werden." Damals, so StR Hill weiter, habe Klarheit darüber bestanden, dass im Februar/März 2014 der Bezirksbeirat aufgrund der bis dahin erfolgten Prüfungen eine Standortentscheidung trifft. StR Klingler habe heute zum ersten Mal seine Prioritäten dargestellt.

StRin Fischer führt aus, auch ihre Fraktion sei vor Ort gewesen. Der Abwägungsprozess ihrer Fraktion habe dazu geführt, dass dem Standort Schelmenäcker-Süd zugestimmt wird. EBM Föll informiert, er habe den Standort Schelmenäcker-Süd ebenfalls selbst besichtigt. Deshalb sei er überzeugt, dass dieser Standortvorschlag ein guter Vorschlag ist.

Die StRe Stopper, Hill, Kanzleiter, Rockenbauch und StRin Fischer sehen sich im Namen ihrer Fraktionen in der Lage, heute dem Standort Schelmenäcker-Süd im Wege der Vorberatung zuzustimmen.

Dagegen bittet StR Klingler, anknüpfend an seinen eingangs geäußerten Absetzungsantrag, heute von einer Abstimmung abzusehen. Er wolle sich noch bis morgen mit verschiedenen Verwaltungsrechtlern unterhalten. Die beste Lösung wäre, diesen Tagesordnungspunkt in der morgigen Gemeinderatssitzung abzusetzen, um die Stadt nicht unnötig in ein zeit- und kostenintensives Rechtsverfahren zu treiben.

Zum Abschluss der Aussprache beantragt StR Klingler, diesen Tagesordnungspunkt ohne Abstimmung in den Gemeinderat zu verweisen. Dazu stellt EBM Föll fest:

Der Verwaltungsausschuss lehnt einen Verweis dieses Tagesordnungspunktes ohne Votum an den Gemeinderat bei 10 Nein-, 6 Ja-Stimmen und 1 Enthaltung mehrheitlich ab.

Zum anschließenden Antrag von StR Klingler, bei der Beschlussantragsziffer 1 den Standort Fahrion-Areal vorzusehen, stellt EBM Föll fest:

Der Verwaltungsausschuss lehnt den Standort Fahrion-Areal bei 1 Ja-Stimme mehrheitlich ab.

Da StR Klingler darauf verzichtet, weitere Standortalternativen zur Abstimmung zu stellen, stellt EBM Föll fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Beschlussantrag der GRDrs 187/2014 bei 1 Gegenstimme mehrheitlich zu.

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