Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 533/2014
Stuttgart,
07/11/2014


Stuttgarter Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussKenntnisnahmeöffentlich23.07.2014

Bericht:


Von der Absicht der Verwaltung, einen Stuttgarter Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in einem breit angelegten Beteiligungsprozess zu erarbeiten, wird zustimmend Kenntnis genommen.

Das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (auch: UN-Behin­dertenrechtskonvention, UN-BRK) ist in der Bundesrepublik Deutschland am 26. März 2009 in Kraft getreten.

Die UN-BRK hat das Ziel, die Lebenssituation behinderter Menschen zu verändern, um ihnen die gleichberechtigte Teilhabe bzw. Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die gleichberechtigte Teilhabe an der Gemeinschaft. Diese beinhaltet unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft (Artikel 19), Arbeit und Beschäftigung (Artikel 27), angemessenen Lebensstandard und sozialen Schutz (Artikel 28), Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport (Artikel 30).

Die Bundesregierung hat die Aufforderung der UN-BRK, den gleichberechtigten Zugang für Menschen mit Behinderung zu den dort genannten Rechten stetig zu verbessern, aufgenommen und im Jahr 2011 den Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention - Unser Weg in eine inklusive Gesellschaft verabschiedet.

Auf Länderebene wurden bzw. werden für den Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Länder ebenfalls Aktionspläne erarbeitet. Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren des Landes Baden-Württemberg wird seine Gesamtkonzeption dem Ministerrat bis zum Sommer 2015 vorlegen.


Auch die Kommunen sind aufgerufen, örtliche Aktionspläne zur Umsetzung der UN-BRK für ihren Verantwortungs- und Aufgabenbereich zu erarbeiten. Inklusion zielt vor allem auf die Stadtgesellschaft ab und hat das Ziel, die Vielfalt der Bürgergesellschaft zu leben und Strukturen zu schaffen, die allen Menschen entgegen kommen. Dieser Herausforderung will sich auch die Landeshauptstadt Stuttgart stellen und einen Stuttgarter Aktionsplan erarbeiten.


Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Nr. 174/2014 der SPD-Gemeinderatsfraktion
Nr. 624/2013 der SPD-Gemeinderatsfraktion
Nr. 419/2013 der SPD-Gemeinderatsfraktion





Fritz Kuhn
Oberbürgermeister





1. Ausführlicher Bericht

Ausführlicher Bericht:


1. Die UN-Behindertenrechtskonvention

Das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (auch: UN-Behin­dertenrechtskonvention, UN-BRK) wurde 2006 von der UNO-Generalversammlung verabschiedet und ist 2008 in Kraft getreten. Die UN-BRK ist inzwischen von 147 Staaten und der EU ratifiziert worden und ist in der Bundesrepublik Deutschland am 26. März 2009 in Kraft getreten.

Die UN-BRK hat das Ziel, die Lebenssituation behinderter Menschen zu verändern, um ihnen die gleichberechtigte Teilhabe bzw. Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. In der UN-BRK finden sich neben grundlegenden Teilen der allgemeinen Menschenrechte viele spezielle Bestimmungen, die auf die Lebenssituation behinderter Menschen eingehen. Die UN-BRK konkretisiert insoweit die allgemeinen Menschenrechte für die speziellen Bedürfnisse und Lebenslagen behinderter Menschen. Teilhabe und Selbstbestimmung sind dabei die zentralen Prinzipien. Damit wird das Ziel der gesellschaftlichen Inklusion von Menschen mit Behinderung zur Leitlinie und zu einer klaren Orientierung für die praktische Umsetzung der Konvention.

Artikel 3 der UN-BRK nennt die Grundsätze der Konvention:

a) Die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner
Unabhängigkeit;

b) die Nichtdiskriminierung;
c) die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die
Gesellschaft;

d) die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und
die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit;

e) die Chancengleichheit;
f) die Zugänglichkeit;
g) die Gleichberechtigung von Mann und Frau;
h) die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität.

Von besonderer Bedeutung ist dabei die gleichberechtigte Teilhabe an der Gemeinschaft. Dies beinhaltet unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft (Artikel 19), Arbeit und Beschäftigung (Artikel 27), angemessenen Lebensstandard und sozialen Schutz (Artikel 28), Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport (Artikel 30).

Aufgrund des Übereinkommens entspringt das Recht auf Teilhabe von Menschen mit Behinderung dem zentralen Menschenrecht auf Beachtung der Menschenwürde und ist nicht nur eine Frage des sozialen Wohlergehens.
Die Konvention nimmt Abstand von einer Behindertenpolitik der Fürsorge und der Orientierung an gedachten Defiziten. Sie hat das Leitbild der sogenannten gesellschaftlichen „Inklusion“. Es geht nicht mehr nur darum, Ausgegrenzte zu integrieren, sondern ausgrenzende Umstände wo immer möglich zu beseitigen. Menschen dürfen nicht mehr aufgrund von Behinderung oder sozialer Benachteiligung von vornherein von gesellschaftlichen Aktivitäten ausgeschlossen werden – egal auf welcher Ebene und in welchem Umfang. Dies bedeutet, dass alle gesellschaftlichen Bereiche für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung zugeschnitten sein oder geöffnet werden müssen.

Die Sicherstellung behindertengerechter Infrastruktur ist ein Grundgedanke der UN-BRK. Viele Benachteiligungen, unter denen Menschen mit Behinderung leiden, hängen mit physischen oder mentalen Barrieren zusammen. Deren Überwindung verlangt breit angelegte staatliche und gesellschaftliche Anstrengungen und auch die Bereitschaft zur Übernahme der zur Umsetzung notwendigen Kosten.


2. Umsetzung der UN-BRK auf Bundesebene

Die Bundesregierung hat die Aufforderung der UN-BRK, den gleichberechtigten Zugang für Menschen mit Behinderung zu den dort genannten Rechten stetig zu verbessern, aufgenommen und im Jahr 2011 den Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention - Unser Weg in eine inklusive Gesellschaft verabschiedet. In diesem Aktionsplan geht es vor allem um gleichberechtigte Teilhabe am politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben, um Chancengleichheit in der Bildung, um berufliche Integration und um die Aufgabe, allen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit für einen selbstbestimmten Platz in einer barrierefreien Gesellschaft zu ermöglichen, soweit es sich um den Verantwortungsbereich des Bundes handelt.


3. Umsetzung der UN-BRK auf Landesebene
Anknüpfend an den Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung des Übereinkommens der UN über die Rechte von Menschen mit Behinderung wird in Kooperation mit Betroffenenverbänden, den Wohlfahrtsverbänden sowie mit den Kommunen ein eigener Umsetzungsplan für Baden-Württemberg erarbeitet. Besondere Schwerpunkte sollen dabei auf der Inklusion im Erwerbsleben, in der Sicherstellung der Barrierefreiheit sowie in der Bildung liegen. Der Landes-Behindertenbeirat hat dazu eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Der Aktionsplan des Landes wird sich mit den Maßnahmen befassen, die in der Verantwortung des Landes Baden-Württemberg liegen.

Am 6. Mai 2014 wurden die Vorschläge des Landes-Behindertenbeirats zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention an den Ministerrat übergeben. Die Vorschläge sind das Ergebnis eines breit angelegten Beratungsverfahrens. Sie wurden unter dem Vorsitz des Landes-Behindertenbeauftragten in vier Regionalkonferenzen von Betroffenen und deren Angehörigen sowie Vertretern aller in der Hilfe für Menschen mit Behinderung maßgeblichen Akteure erarbeitet.




Der Bericht enthält Handlungsfelder, Ziele und Maßnahmen für die Bereiche Bildung und Erziehung, Gesundheit, Arbeit, Wohnen, Barriere-freiheit, Kultur/Freizeit/Sport und Persönlichkeitsrechte und soll der Landesregierung eine inhaltliche Orientierung bei der Erstellung des Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bieten. Für den Aktionsplan muss jedes Ministerium in eigener Verantwortung ressortspezifische Vorschläge entwickeln. Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren des Landes Baden-Württemberg übernimmt die Koordination und wird die Gesamtkonzeption dem Ministerrat bis zum Sommer 2015 vorlegen.


4. Umsetzung der UN-BRK auf kommunaler Ebene in Stuttgart

Auch die Kommunen sind aufgerufen, örtliche Aktionspläne zur Umsetzung der UN-BRK auf örtlicher Ebene für ihren Verantwortungs- und Aufgabenbereich zu erarbeiten. Inklusion zielt vor allem auf die Stadtgesellschaft ab und hat das Ziel, die Vielfalt der Bürgergesellschaft zu leben und Strukturen zu schaffen, die allen Menschen entgegen kommen. So sind alle städtischen Politik- und Handlungsfelder betroffen. Dieser Herausforderung will sich auch die Landeshauptstadt Stuttgart stellen und einen Stuttgarter Aktionsplan erarbeiten.

Ziel soll ein Fokus-Aktionsplan sein, also ein im Rahmen eines Projekts zu erarbeitender Plan, der nicht alle Themen der UN-BRK umfassend behandelt, sondern der Schwerpunktthemen auswählt, die mit konkreten Maßnahmen belegt werden. Dieser Plan soll im Rahmen eines Projekts unter umfassender Betroffenen-Beteiligung erarbeitet werden. Zu beteiligen sind insbesondere die behinderten Menschen, ihre Angehörigen und Sprecher, freie Träger und sonstige Experten.

Als Partner konnte die Breuninger Stiftung gewonnen werden. Die Breuninger Stiftung wird ihre umfangreichen Erfahrungen aus Beteiligungsprozessen in das Projekt einbringen, die Arbeitsgruppen moderieren und auch die Kosten für die Moderation tragen.

Projektstruktur:

Lenkungsgruppe:Bürgermeister/-in der Referate SJG, WFB, AK
Steuerungsgruppe:Persönlicher Mitarbeiter der Beigeordneten,
Behindertenbeauftragte, Sozialamtsleiter, Vertreter der
Breuninger Stiftung.
Diese Gruppe beobachtet und steuert den Ablauf des Projekts und holt ggf. fachlichen Sachverstand ein.
Projektleiter:Sozialamtsleiter

Als Arbeitsgrundlage sollen zunächst die Themenvorschläge des Beirats „Inklusion – Miteinander Füreinander“ (Themen-Körbe) sowie die bei dem „Ratschlag“ der Behindertenbeauftragten genannten Themen herangezogen werden.




Projektablauf:
> Auftaktveranstaltung im Rathaus in der 39. KW mit allen Beteiligten/Betroffenen
> Projektarbeit in (6 + 1 =) 7 Projektgruppen mit folgenden Themenfeldern, die so vom Beirat „Inklusion – Miteinander Füreinander“ vorgeschlagen wurden:


> Resümee-Veranstaltung in der 13. KW 2015 mit Übergabe der priorisierten Ergebnisse (Themen, Ziele, Maßnahmen) zur Weiterbehandlung in den gemeinderätlichen Gremien. Diese Veranstaltungen werden von der Breuninger Stiftung moderiert.


5. Anfallende Kosten im laufenden Doppelhaushalt 2014/2015

> Die Kosten der Moderation werden von der Breuninger Stiftung getragen.
> Die benötigten Sachaufwendungen in Höhe von 30.000 EUR für die Projektarbeit (Fachtage, Foren, Projektgremien und dgl.) können aus übertragenen Mitteln aus 2013 des Sachkostenbudgets der Behindertenbeauftragen im THH 810, Bürgermeisteramt, Kontengruppe 44310, Geschäftsaufwendungen, finanziert werden.
> Zusätzliche Personalressourcen für die Projektarbeit (Projektleitung, Koordination
Dokumentation etc.) sind im Haushaltsplan bzw. Stellenplan 2014/2015 nicht vorgesehen.


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