Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
648/2020 Neufassung
GZ:
SI
Sitzungstermin: 03.02.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Fuhrmann
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Schmidt
Betreff: Die Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe 2020
- Grundlagen und Ziele

Vorgang: Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 14.12.2020, öffentlich, Nr. 141
Ergebnis: Vertagung
Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 25.01.2021, öffentlich, Nr. 3
Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 07.01.2021, GRDrs 648/2020 Neufassung, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Die Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe muss aufgrund veränderter Anforderungen qualifiziert weiterentwickelt werden. Zur Weiterentwicklung der Angebotsstrukturen und Abläufe in der Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe werden in einem extern moderierten Prozess gemeinsam mit den Trägern der Freien Wohlfahrtspflege Maßnahmen hierzu erarbeitet. Das Sozialamt legt vor den Beratungen des Doppelhaushalts 2022/2023 einen Vorschlag vor, welche Kriterien in ein entsprechendes Ausschreibungsverfahren zur Auswahl einer geeigneten externen Begleitung eingehen sollen und von welchen notwendigen Ressourcen auszugehen ist.

2. Das Sozialamt wird beauftragt, zum zweiten Quartal 2021 einen konkreten Vorschlag vorzulegen, wie das Fachkonzept Housing First in der Landeshauptstadt Stuttgart erprobt werden kann (Grundlage: Anlage 3).

3. Das Sozialamt wird beauftragt, die Ergebnisse der mit der GRDrs 253/2019 "Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Situation von Menschen in ordnungsrechtlicher Unterbringung in Sozialunterkünften" angestoßenen Arbeitsgruppen gemäß Anlage 4 umzusetzen. Dafür legt das Sozialamt im zweiten Quartal 2021 einen Abschlussbericht vor und beziffert bei Maßnahmen mit erhöhtem Aufwand den notwendigen Finanzbedarf.


StR Adler (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) erklärt, die Vorlage setze am Ende der Problemkette an, womit die schlimmsten Auswirkungen verhindert werden sollten. Die Drucksache zeige die Dringlichkeit der Thematik auf. Er unterstütze diese "Punkt für Punkt" und zeigt sich erfreut darüber, dass die Vorstöße zu "Housing First" nun systematisch angegangen werden sollen. Der doppelte Wert der Vorlage liege darin, dass sie ungeschminkt beim Bilanzieren der Not in der Notfallhilfe offenlege, wie groß das Problem in Wirklichkeit sei. Die Zusammenfassung (GRDrs 648/2020 Neufassung, S. 4) mache sehr deutlich, dass die Umsetzung der einzelnen Punkte der Beschlussvorlage lediglich Reparaturversuche an den Fehlentwicklungen der Wohnungs- und Mietenpolitik sein werden. Das Problem hoffnungsloser Überlastung der Notfallsysteme könne so nicht gelöst werden. Dies könne nur eine Stadt leisten, die Wohnen als Grund- und Menschenrecht verstehe und gewährleiste. Sie müsse auf ihren eigenen Flächen wie dem NeckarPark selbst als Bauherrin und Vermieterin auftreten anstatt den eigenen Grund und Boden zu verkaufen. Es müsse Wohnraum geschaffen werden für Menschen, die auf dem privaten Wohnungsmarkt keine Chance hätten. Dies werde auch durch die im Bündnis für Wohnen versammelten Unternehmen nicht geleistet. Bauen an sich ändere nichts an der in der Vorlage benannten Problemlage. Die Stadt könne hier Abhilfe schaffen, wenn der politische Wille dazu vorhanden sei.

Die Wohnungsnotfallhilfe sei in Stuttgart sehr gut aufgestellt, so StRin Nuber-Schöll-hammer (90/GRÜNE). Die kritische Darstellung ihres Vorredners könne sie nicht nachvollziehen. Es gebe zahlreiche Angebote für bedürftige Menschen. Ehrlicherweise müsse man jedoch sagen, dass es aufgrund der Corona-Pandemie Probleme mit der Unterbringung tagsüber gebe. Des Weiteren verweist sie auf das verstopfte Hilfesystem auf dem Wohnungsmarkt. Die Stadt versuche, viel Unterstützung zu leisten. Daher unterstütze sie das Konzept "Housing First". Ausschlaggebend sei die Verfügbarkeit von Wohnungen.

Den Ausführungen von StRin Nuber-Schöllhammer kann sich StR Dr. Reiners (CDU) anschließen. Es gebe ein gutes Netz bei der Wohnungsnotfallhilfe in Stuttgart. Die Vorlage sei sehr wichtig; eine weitere Debatte müsse bei den nächsten Haushaltsberatungen erfolgen.

StR Perc (SPD) erklärt, die Wortmeldung von StR Adler werde der Vorlage nicht gerecht, obwohl die Analyse zutreffend sei. Selbstverständlich werde mehr Wohnraum benötigt, um eine schnelle Anschlussunterbringung zu gewährleisten. Die Vorlage sei "wirklich gut", da sie zum einen die von den Vorredner*innen benannten Aspekte aufgreife. Zum anderen spreche sie Punkte wie die Organisationsentwicklung an, um die Situation zu verbessern. Es gebe die Maßgabe, dass die Wohnraumsicherung weiterhin Vorrang haben solle; zudem solle Wohnungslosen mit psychischer Erkrankung ein entsprechendes Hilfsangebot gemacht werden. Noch nicht weitergekommen sei man bei der Situation von Kindern in Sozialhotels. Er appelliert, mehr Wohnraum zu schaffen. Insgesamt bitte er um Zustimmung zur Vorlage, da sie gute Akzente setze.
In der Vorlage geht es für StRin Yüksel (FDP) nicht um den Stuttgarter Wohnungsmarkt, sondern die Weiterentwicklung der Angebotsstruktur und Abläufe in der Wohnungsnotfallhilfe. Selbstverständlich wirke sich die verheerende Situation auf dem Wohnungsmarkt auch auf die Übernachtungszahlen in den Sozialunterkünften aus, die sich seit 2010 vervierfacht hätten. Die Wohnungsnotfallhilfe verfüge über ein sehr ausdifferenziertes System, das sehr gut funktioniere, wenn man als Betroffene*r an der richtigen Stelle lande. Das Konzept "Housing First" müsse erprobt werden, sei aber ebenfalls davon abhängig, ob genügend Unterkünfte gefunden werden könnten. Die Stadt müsse nicht unbedingt als Bauherr auftreten; es sei jedoch geboten, Alternativen zum teuren Konzept der Unterbringung in Beherbergungsbetrieben zu finden.

Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen mehr ergeben, stellt BM Fuhrmann fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Beschlussantrag einmütig zu.
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