Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau/Wohnen und Umwelt
Gz: SWU
GRDrs 1202/2021
Stuttgart,
11/15/2021



Haushalt 2022/2023

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 19.11.2021



Haushalt 2022/2023 Machbarkeitsstudie - Neuer Wohnraum in Büro- und Gewerbeleerständen sowie Koordinationsstelle bei Adapter e. V.

Beantwortung / Stellungnahme

Der Haushaltsantrag verfolgt das Ziel, leerstehende Laden- und Büroflächen in den Quartierszentren übergangsweise für innovative Wohnformen bereitzustellen. Gerade der zuletzt besonders wahrzunehmende Leerstand in vielen Stadtteilzentren und die seit Jahren zu beobachtenden Transformationsprozesse in der Innenstadt, vor allem aber in den Stadtteilzentren Stuttgarts erfordern einen zukunftsfähigen Umgang mit diesen Flächen- und Raumpotenzialen. Ob eine Transformation von Gewerbe- in Wohnflächen sinnvoll ist, muss im konkreten Einzelfall und im Quartierskontext geprüft werden. In einzelnen Stadtlagen werden andere Nutzungsformen (z.B. neue Arbeitsformen. soziale und kulturelle Infrastruktur, Quartiersinfrastruktur oder Urbane Produktion) geeigneter erscheinen.

Der dem Antrag zugrundeliegende Ansatz erscheint insbesondere dort lohnenswert, wo in den vergangenen Jahrzehnten frühere städtische Wohnlagen in Büroflächen umgewandelt wurden, die Stärkung der Wohnfunktion zur Revitalisierung von Zentren und Stadtquartieren beitragen könnte oder neue Mischnutzungskonzepte in geeigneter Stadtlage geschaffen werden könnten.

Hierbei sind Erdgeschossflächen, anders als Obergeschosse, in der Außenwirkung gesondert zu betrachten. In Stadtteilzentren sollten EG-Flächen zuvorderst Einzelhandel und weiteren zentrenrelevanten Nutzungen (Dienstleister, Gastronomie, soziale und kulturelle Einrichtungen usw.) zur Verfügung stehen. In Randlagen schrumpfender Zentren kann eine perspektivische Umnutzung von Gewerbeflächen in Wohnraum eine belebende Wirkung entfalten. Darüber hinaus ist zu beachten, dass in einzelnen Bebauungsplänen Festsetzungen bestehen können, die einer Nutzungsänderung entgegenstehen wie beispielsweise den Ausschluss von Wohnnutzung im Erdgeschoss und teilweise im erstem Obergeschoss aus städtebaulichen oder immissionsschutzrechtlichen Gründen. Gleiches gilt für die Festsetzung eines Mischgebiets, dessen Gebietscharakter ohne die gewerbliche Nutzung z.B. im Erdgeschoss nicht mehr eingehalten wäre.

Die vorgeschlagene Machbarkeitsstudie sowie die beantragte Koordinationsstelle zur Aktivierung von Gewerbebrachen/-leerstand sollte dabei nicht nur den Ladenleerstand in den Stadteilzentren im Blick haben, sondern weitere geeignete Standorte mitbetrachten. Gerade mit größeren Handels- und Büroimmobilien in zentralen Lagen bietet sich die Chance, hybride und zukunftsfähige Nutzungskonzepte und Raumprogramme mit Wohnen (auch experimentellen Wohnformen) und Arbeiten (z.B. Coworking, Konferenz- und Kommunikationsplattformen, neuen Formen des Arbeitens), ggf. ergänzt durch soziale und kulturelle Bausteine zu entwickeln und damit die Innenstadt und die Zentren attraktiv und lebendig zu halten und ihre Zukunftsfähigkeit zu erhöhen.

Ziel der Machbarkeitsstudie sollte es sein, zu überprüfen, inwiefern bau- und planungsrechtliche Hürden einer temporären Nutzung im Sinne des Antrags entgegenstehen könnten und inwieweit temporäres Wohnen einschränkende Effekte auf die Etablierung bzw. den Betrieb von belebenden, aber eben auch lärmemmitierenden gewerblichen Nutzungen wie z.B. Gastronomie, Freizeiteinrichtungen oder Einzelhandel haben kann. Ein sensibler Umgang mit den Gegebenheiten im Quartier setzt voraus, dass Erdgeschoss-Flächen in Stadtteilzentren zuvorderst Einzelhandel und zentrenrelevanten Dienstleistern zur Verfügung stehen. Stadtteilzentren sollen so für die Einwohner möglichst abwechslungsreich gestaltet und die wohnungsnahe Nahversorgung gestärkt werden. In diesem Zusammenhang ist Wohnnutzung häufig ein Faktor, der einerseits Einkaufsstraßen weniger attraktiv macht und auf der anderen Seite Konfliktpotentiale birgt. Beispiele sind hier Lärm aufgrund von Gästen, Kunden- und Lieferverkehr oder Geruch durch Gastronomieküchen. Dies kann die Nutzungsmischung negativ beeinflussen. In der Machbarkeitsstudie zu größeren Leerständen wäre darüber hinaus zu untersuchen, inwiefern das Nutzbarmachen für Wohnzwecke mit größeren Investitionen in Haus- und Gebäudetechnik verbunden ist.

Die beantragten Mittel in Höhe von insgesamt 98.000 EUR scheinen angemessen.



Vorliegende Anträge/Anfragen

keine

1154/2021 PULS




Peter Pätzold
Bürgermeister




<Anlagen>