Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Sicherheit und Ordnung
Gz: RSO 1232 - 01
GRDrs 1187/2013
Stuttgart,
11/11/2013



Vertrag zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und dem Tierschutzverein Stuttgart und Umgebung e.V. über die Verwahrung und Pflege von Fund- und Verwahrtieren



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
20.11.2013
21.11.2013



Beschlußantrag:

1. Von der Beschlussvorlage „Vertrag zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und dem Tierschutzverein Stuttgart und Umgebung e.V. über die Verwahrung und Pflege von Fund- und Verwahrtieren“ wird Kenntnis genommen.

2. Der einwohnerbezogenen Berechnung des jährlich an den Tierschutzverein Stuttgart und Umgebung e.V. zu zahlenden Entgelts zur Deckung dessen notwendiger Aufwendungen für die Verwahrung und Pflege der für die Landeshauptstadt Stuttgart aufgenommenen Fund- und Verwahrtiere ab dem 01.01.2014 wird zugestimmt. Maßgebend ist die Einwohnerzahl (einschließlich der Einwohner mit Zweitwohnsitz) am 30.09. des Vorjahres.

3. Der Höhe der Kopfpauschale von jährlich 0,77 Euro je Einwohner ab 2014 sowie der jährlichen Erhöhung dieser Pauschale um 0,01 Euro ab 2015 wird zugestimmt.

4. Der jährlichen Auszahlung des nach den vorstehenden Ziffern 2 und 3 berechneten jährlichen Entgelts in jeweils zwei gleichen Raten am 15.02. und am 15.08. jeden Jahres wird zugestimmt. Die Entrichtung des Entgelts erfolgt erstmalig im Jahr 2014. Außerdem wird der Festschreibung einer Vertragslaufzeit von zunächst 5 Jahren und einer sich anschließenden automatischen jährlichen Vertragsverlängerung, sofern der Vertrag nicht mit einer Frist von 12 Monaten zum Jahresende eines Kalenderjahres gekündigt wird, zugestimmt.

5. Die Verwaltung wird ermächtigt, einen entsprechenden Vertrag mit dem Tierschutzverein Stuttgart und Umgebung e.V. abzuschließen.

6. Die ab dem Jahr 2014 fälligen Aufwendungen werden im Teilhaushalt 320 - Amt für öffentliche Ordnung, Amtsbereich 3207010 - Ordnungswesen, Kontengruppe 44500 - Erstattung von Verwaltungs- und Betriebsaufwand - gedeckt.


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Das Amt für öffentliche Ordnung nimmt innerhalb der Stadtverwaltung die Aufgaben der Fundbehörde wahr. Hierbei handelt es sich um eine Pflichtaufgabe i.S. der §§ 965 ff. BGB i. V. m. § 5a AGBGB, zu der auch die Entgegennahme und Verwahrung von in Stuttgart aufgefundenen Tieren zählt. Da die Stadtverwaltung hierfür nicht über die notwendigen räumlichen, personellen, sachlichen und fachlichen Mittel verfügt, wird der Tierschutzverein Stuttgart und Umgebung e.V. (TSV) seit Jahrzehnten gegen eine pauschale Aufwandsentschädigung mit dieser Aufgabe betraut. Gleiches gilt für die vom Amt für öffentliche Ordnung öffentlich-rechtlich zu verwahrenden Tiere.

Seit 1990 besteht zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart (Stadt) und dem TSV eine vertragliche Vereinbarung für die Unterbringung und Pflege von in Stuttgart anfallenden Fund- und Verwahrtieren. Der TSV erhielt hierfür eine jährliche Aufwandspauschale, die jeweils für 5 Jahre festgeschrieben wurde. Zum 01.01.2010 wurde diese Vereinbarung angepasst, insbesondere an die vom TSV erstmalig erstellte Tierheimgebührenordnung vom 01.01.2010, die neue und erhöhte Tagessätze sowie die Splittung der Kosten für die Unterbringung der Tiere und für die notwendigen tierärztlichen Behandlungen vorgab. Außerdem wurde die 28-Tage-Regelung festgeschrieben. Letztere entspricht dem Erlass des Ministeriums für Ernährung und ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 29.09.1995, AZ: 34-9185.79, wonach in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass ein Tier, das nach vier Wochen noch nicht von seinem Eigentümer abgeholt wurde, herrenlos geworden ist. Damit endet grundsätzlich die Erstattungspflicht für die Kommunen. Die nach dem vereinbarten Berechnungsmodell Ende 2009 gemeinsam errechnete und festgelegte jährliche Aufwandspauschale für die Periode von 2010 bis 2014 beträgt 200.000 Euro.

Die Kündigung der Vereinbarung durch den TSV im Mai 2013 erfolgte nun frühzeitiger als vereinbart bereits zum Jahresende 2013, da sich der TSV durch die angespannte finanzielle Situation nicht mehr in der Lage sah, die Vereinbarung auf der bestehenden Grundlage fortzuführen. Gleichzeitig unterbreitete er zwei alternative Vertragsangebote, unter denen er sich eine weitere Zusammenarbeit vorstellen könne. Diese unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass entweder ein Festbetrag von jährlich 500.000 Euro bzw. 600.000 Euro (inkl. Tiertransporte) oder eine einwohnerzahlbezogene Euro-Cent-Kopfpauschale von 0,77 Euro bzw. 0,93 Euro (inkl. Tiertransporte) mit einer jährlichen Steigerung um 0,01 Euro ab 2015 vertraglich angeboten wurden. Ferner kündigte der TSV an, keine Fund- und Verwahrtiere mehr im Tierheim aufnehmen zu können, falls es zu keiner Einigung kommen sollte.

Der Abgleich der vom TSV im Jahr 2012 und 2013 vorgelegten Jahresübersichten für die Jahre 2010 und 2011 belegen vereinbarungsbedingte Unterdeckungen in Höhe von ca. 92.000 Euro bzw. ca. 56.000 Euro. Für das Jahr 2012 ist auch eine Unterdeckung festzustellen, jedoch kann keine gesicherte Gesamtsumme genannt werden, da der TSV diese Jahresübersicht aus Zeitgründen nur unvollständig vorlegen konnte, d.h. ohne die Angabe der angefallenen notwendigen Tierarztkosten.

Die Stuttgarter Stadträtinnen und Stadträte sowie Gemeinderatsfraktionen griffen in insgesamt sieben Anträgen die geschilderte Sachlage auf. Zusammengefasst wurde im Wesentlichen die bisher angewandte, ministeriell empfohlene 28-Tage-Regelung mit der darauf basierenden Höhe der aktuellen jährlichen Aufwandspauschale von 200.000 Euro in Frage gestellt. Ferner wurden sowohl eine Abrechnung nach einer einwohnerzahlbezogenen Euro-Cent-Kopfpauschale als auch die Erhöhung der städtischen Pauschale auf 500.000 Euro jährlich sowie die Durchführung eines Städtevergleichs über Vergleichsberechnungen und die Prüfung einer stadteigenen Infrastruktur beantragt. Nicht zuletzt sollen auch die realen durchschnittlichen Aufenthaltstage der aufgenommenen Tiere bei der Berechnung des künftigen Entgelts Berücksichtigung finden.

Die in Betracht kommenden und geprüften alternativen Unterbringungsmöglichkeiten wurden entweder aus Kapazitäts- und/oder Kostengründen verworfen. Die durchgeführte Umfrage bei anderen Städten und Gemeinden hinsichtlich der dortigen Berechnungsmodelle ergab kein einheitliches Bild. Zur Anwendung kommen sowohl einwohnerzahlbezogene Berechnungsmodelle mit Kopfpauschalen als auch festgelegte jährlich Pauschalzahlungen oder Mischkalkulationen. Den Berechnungsmodellen liegt teilweise auch die 28-Tage-Regelung zugrunde. Auch die Leistungen der jeweiligen Tierschutzvereine sind unterschiedlich. Im Ergebnis erbrachte der kommunale Vergleich, dass eine jährliche Vergütung des TSV in der hier vorgesehenen Höhe durchaus vertretbar ist.

Nach der in der Vertragsverhandlung am 02.10.2013 zwischen Herrn Oberbürgermeister Kuhn und der 1. Vorsitzenden des Tierschutzvereins, Frau Schmidt-Straube, einvernehmlich ausgehandelten künftigen Vertragsgrundlage mit einer Laufzeit von zunächst fünf Jahren, soll der TSV für die Verwahrung der Fund- und Verwahrtiere im Jahr 2014 ein Entgelt in Höhe von 454.818,21 Euro erhalten, was einer einwohnerzahlbezogenen Euro-Cent-Kopfpauschale in Höhe von 0,77 Euro entspricht (mit 590.673 Einwohner zum 30.09.2013). Bei der gleichzeitig vorgesehenen künftigen jährlichen Steigerung der Euro-Cent-Kopfpauschale um 0,01 Euro und einem prognostizierten Einwohnerzuwachs erhöht sich das Entgelt auf rd. 465.000 Euro im Jahr 2015.

Aufgrund der obigen Ausführungen wird empfohlen, die Verwaltung zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Tierschutzverein Stuttgart und Umgebung e.V. zu ermächtigen.


Finanzielle Auswirkungen

Die bisher geplanten Mittel i. H. v. 283.000 Euro auf Kontengruppe 43100 - Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke - werden zur Kontengruppe 44500 - Erstattung von Verwaltungs- und Betriebsaufwand - umgesetzt. Die Planansätze des Haushaltsplanentwurfs 2014/2015 werden im Rahmen der Haushaltsplanberatungen für das Jahr 2014 um 172.000 Euro und für das Jahr 2015 um 182.000 Euro erhöht.


Beteiligte Stellen

Referat Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen

Vorliegende Anträge/Anfragen


- Antrag Nr. 229/2013 vom 21.05.2013 "Finanzsituation des Tierheim Botnang" Hill Philipp (CDU), Ripsam Iris (CDU), Prof. Dr. Loos Dorit (CDU)

- Antrag Nr. 231/2013 vom 23.05.2013 "Tierheim Botnang in Not - Tierschutz sicherstellen" Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion

- Antrag Nr. 366/2013 vom 02.09.2013 "Kein Stuttgarter Kostendumping bei der Versorgung von Tieren in Not" CDU-Gemeinderatsfraktion

- Antrag Nr. 368/2013 vom 02.09.2013 und Haushaltsantrag Nr. 737/2013 vom 21.10.2013 "Hilfe für's Tierheim" FDP-Gemeinderatsfraktion

- Antrag Nr. 369/2013 vom 03.09.2013 "Tierheim: Solide und nachvollziehbare Finanzierung sicherstellen" Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion

- Antrag Nr. 370/2013 vom 04.09.2013 "Das Tierheim nicht im Stich lassen" SPD-Gemeinderatsfraktion

- Antrag Nr. 372/2013 vom 05.09.2013 "Finanzierung des Tierheims sicherstellen" SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft





Dr. Martin Schairer
Bürgermeister


Anlagen

1


Ausführliche Begründung

Rechtslage
Das Amt für öffentliche Ordnung nimmt innerhalb der Stadtverwaltung die Aufgaben der Fundbehörde wahr. Hierbei handelt es sich um eine Pflichtaufgabe i.S. der §§ 965 ff. BGB i. V. m. § 5a AGBGB zu der auch die Entgegennahme und Verwahrung von in Stuttgart aufgefundenen Tieren zählt. Da die Stadtverwaltung hierfür nicht über die notwendigen räumlichen, personellen, sachlichen und fachlichen Mittel verfügt, wird der Tierschutzverein Stuttgart und Umgebung e.V. (TSV) seit Jahrzehnten gegen eine jährliche pauschale Aufwandsentschädigung mit dieser Aufgabe betraut. Zu den Aufwendungen, die die Fundbehörde für die Verwahrung der Fundtiere zu erstatten hat, gehören die Kosten für eine artgerechte Unterbringung, Pflege und Ernährung der Tiere im Sinne von § 2 Tierschutzgesetz. Dies schließt auch die Kosten für die notwendigen tierärztlichen Eingangsuntersuchungen sowie sonstige notwendige Behandlungen ein, um insbesondere die Einschleppung und Verbreitung von Parasiten und ansteckenden Tierkrankheiten im Tierheim zu verhindern sowie die Gesundheit der Tiere zu erhalten oder wiederherzustellen. Gleiches gilt für die vom Amt für öffentliche Ordnung öffentlich-rechtlich zu verwahrenden Tiere.

Wird eine Fundsache nicht vom Eigentümer abgeholt, so erwirbt die Fundbehörde nach einem halben Jahr das Eigentum an der Fundsache, wenn der Finder die Fundsache bei der Fundbehörde abgeliefert und auf den späteren Eigentumserwerb verzichtet hat (§ 973 BGB). Bei Fundtieren kann jedoch nach der ministeriellen Erlasslage in der Regel davon ausgegangen werden, dass ein Tier, das nach vier Wochen noch nicht von seinem Eigentümer abgeholt wurde, herrenlos geworden ist. Damit endet grundsätzlich die Erstattungspflicht für die Kommunen. Mit der 28-Tage-Regelung sind somit die Pflichtaufgaben der Kommunen erfüllt.

Verwahrtiere werden Eigentum der Stadt, wenn sie auf Grund von polizei- oder tierschutzrechtlichen Belangen nicht mehr an ihre Halter herausgegeben werden können. Verwahrtiere sind Tiere, die dem Besitzer durch polizeirechtliche Beschlagnahme oder andere hoheitliche Maßnahmen des Amts für öffentliche Ordnung entzogen werden.

Bisherige Vereinbarung mit dem TSV
Die im Jahr 1990 zwischen der Landeshautstadt Stuttgart (Stadt) und dem TSV geschlossene Vereinbarung sah eine Berechnung der Aufwandspauschale an Hand von erhobenen Eckdaten z.B. durchschnittliche Tierzahlen und Verweildauer der im Tierheim in den jeweils zurückliegenden fünf Jahren aufgenommenen Fund- und Verwahrtieren vor. Die danach gemeinsam errechnete jährliche Aufwandspauschale wurde für die darauf folgenden fünf Jahre festgeschrieben, um für beide Seiten eine Planungssicherheit zu erreichen und jährliche Schwankungen in der Zukunft abzufedern. Bis Ende der Periode 2005 - 2009 lagen der Berechnung noch pauschale Tagessätze für Hunde, Katzen und sonstige Tiere zugrunde. Zum 01.01.2010 erließ der TSV erstmalig eine Tierheimgebührenordnung mit neuen und erhöhten Tagessätzen für die Unterkunft und einer gesonderten Ausweisung von Tierarztgebühren. Diese Neuerungen wurden bei der Vertragsanpassung zum 01.01.2010 berücksichtigt. Im Gegenzug wurde u.a. die 28-Tage-Regelung festgeschrieben.

Diese Regelung, die neuen erhöhten Tagessätze und die gesplitteten Gebührensätze für tierärztliche Leistungen waren zentrale Vertragsgrundlage bei der Berechnung der künftigen jährlichen Aufwandspauschalen. D.h. ein Tier wurde mit max. 28 Tagen berücksichtigt inkl. der in dieser Zeit anfallenden notwendigen Tierarztkosten. Gemeinsam wurde somit Ende 2009 für die Periode 2010 - 2014 eine jährliche Aufwandspauschale von 200.000 Euro auf der Grundlage der Eckdaten aus den Jahren 2005 - 2009 vereinbart.

Entwicklung der Tierzahlen und Verweiltage der Fund- und Verwahrtiere im Tierheim
In der Periode 2000 - 2004 wurden jährlich durchschnittlich 726 Fund- und Verwahrtiere im Tierheim aufgenommen. In der Periode 2005 - 2009 lag die Zahl bei 822 Tieren. In den Jahren 2010 - 2012 wurden durchschnittlich 909 Tiere aufgenommen. Die Anteile der Tierarten Hunde, Katzen und sonstige Tiere betrugen in etwa jeweils ein Drittel. Der Anteil der Verwahrtiere lag bei ca. 25 %.

Von den Fundtieren werden in der Regel ca. 40 % innerhalb von 28 Tagen von ihren Eigentümern abgeholt. Die durchschnittliche tatsächliche Verweildauer von Fundtieren hat sich von 71 Tagen im Jahr 2010 auf 53 Tage im Jahr 2012 verringert. Dabei war bei den Fundkatzen ein Rückgang von 67 Tagen im Jahr 2010 auf 53 Tage im Jahr 2012 zu verzeichnen. Die durchschnittliche Verweildauer der sonstigen Tiere stieg dagegen leicht von 116 auf 122 Tage.

Die Zahlen belegen, dass die meisten Hunde und Katzen im Jahr 2012 innerhalb von ca. 2 Monaten weitervermittelt werden konnten. Ob sich dieser Trend auch im laufenden Jahr 2013 fortgesetzt hat, ist noch nicht absehbar.

Vertragskündigung
Der TSV kündigte die aktuelle Vereinbarung im Mai 2013 vorzeitig zum Jahresende 2013, da er sich durch die angespannte finanzielle Situation des Vereines nicht mehr in der Lage sah, diese Vereinbarung auf der bestehenden Grundlage fortzuführen. Die ab dem Jahr 2010 vereinbarte jährliche Aufwandspauschale reiche nicht zur Deckung der Kosten für die Unterbringung der Fund- und Verwahrtiere aus. Über 23 Jahre hinweg habe der TSV die Leistungen für die Stadt mit jährlich ca. 500.000 Euro aus Spendengeldern und Erbschaften bezuschusst. Dies sei auf Grund rückläufiger Einnahmen aus Spenden und Erbschaften künftig nicht mehr möglich. Gleichzeitig unterbreitete er zwei alternative Vertragsangebote, unter denen er sich eine weitere Zusammenarbeit vorstellen könne. Ferner kündigte der TSV an, falls es zu keiner Einigung kommen sollte, ab dem 1. Januar 2014 aus den genannten Gründen keine Fund- und Verwahrtiere mehr aufnehmen zu können.

Der Abgleich der vom TSV vorgelegten Übersichten der Jahre 2010 – 2012 ergab, dass die vereinbarte jährliche Pauschalzahlung in Höhe von 200.000 Euro für die Wahrnehmung der öffentlichen Pflichtaufgaben durch den TSV nicht ausreicht. Diese Ende 2009 vereinbarte und für die Periode 2010 - 2014 festgeschriebene Aufwandspauschale führte beim TSV in den Jahren 2010 – 2012 tatsächlich zu vereinbarungsbedingten Unterdeckungen. Deswegen war die Stadt bereit, das bestehende Vertragsverhältnis aufzulösen, um eine neue vertragliche Basis für die künftige Zusammenarbeit schaffen zu können.

Umfrageergebnis und Alternativen
Alle angefragten Städte und Gemeinden haben, außer der Stadt Dresden, örtliche Tierschutzvereine mit den kommunalen Aufgaben der Verwahrung von Fund- und Verwahrtieren beauftragt. Hinsichtlich der Berechnungsmodelle ergab sich jedoch kein einheitliches Bild. Sowohl die einwohnerzahlbezogene Berechnung der Aufwandspauschale als auch feste Entgelte oder Mischkalkulationen kommen zur Anwendung.

Die Stadt Dresden - als wohl einzige Großstadt in Deutschland - betreibt seit Mitte der 1990´er Jahre ein eigenes städtisches Tierheim. Dem Neubau (Baukosten 5,6 Mio Euro / 1995) auf einem etwas außerhalb gelegenen, ca. 4,3 ha großen Gelände ging ein langwieriges Genehmigungsverfahren voraus. Der jährliche Abmangel beläuft sich auf ca. 550.000 Euro. Aus diesem Beispiel folgt, dass eine städtische Lösung, abgesehen von der langen Realisierungsdauer, deutlich über den Beträgen läge, die sich aus den beiden Vertragsmodellen des TSV ergeben. Unabhängig davon wäre die in Stuttgart schwierige Grundstücksfrage zu klären.

Ob die Zusammenarbeit mit einem oder mehreren Tierheimen in der Region kostengünstiger wäre, wird als eher unwahrscheinlich eingeschätzt. Auch ist es fraglich, ob die umliegenden Tierheime (das Böblinger Tierheim versorgt ca. 120 Tiere und im Ludwigsburger Tierheim werden ca. 350 Tiere betreut) überhaupt die erforderlichen freien Kapazitäten hätten, um die Stuttgarter Tiere aufzunehmen. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass die Aufnahme und Verwahrung von Stuttgarter Tieren in den umliegenden Tierheimen nicht günstiger ist, als im Stuttgarter Tierheim. Das Tierheim Esslingen zum Beispiel legt bei seiner Berechnung eine jährliche einwohnerzahlbezogene Euro-Cent-Kopfpauschale von 0,77 Euro für das Jahr 2014 zugrunde. Hinzu kämen die Kosten für die kurzfristige Aufbewahrung der Tiere in Stuttgart bzw. den Transport von Stuttgart zu den Tierheimen in der Region. Auch bei dieser Alternative läge die Kostenbelastung der Stadt über der, die sich aus den vorgelegten Vertragsmodellen ergibt.

Gemessen an diesen Alternativen ist eine Lösung in Kooperation mit dem Stuttgarter Tierheim kostengünstiger. Wie die Umfrage noch ergeben hat, bewegen sich die kommunalen Leistungen für die Betreuung von Fund- und Verwahrtieren in einer gewissen Bandbreite. Auch die auf die jeweiligen Tierschutzvereine übertragenen Aufgaben variieren (z.B. Tiertransporte). Die Städte Mannheim und Karlsruhe mit jeweils ca. 300.000 Einwohnern zahlen jährlich 240.000 Euro bzw. 168.000 Euro. Die Aufwandspauschale von Reutlingen (110.000 EW) liegt bei 95.000 Euro/Jahr. Die Städte Waiblingen und Ludwigsburg überweisen dem örtlichen Tierheim jährlich ca. 10 Cent/EW plus 10% des Hundesteueraufkommens und Esslingen, wie angeführt, 77 Cent je EW. Daraus folgt, dass die Beträge, die die Städte Mannheim, Reutlingen und Esslingen bezahlen, umgerechnet in etwa 500.000 Euro entsprechen. Die Städte Karlsruhe, Waiblingen und Ludwigsburg liegen deutlich darunter.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass aus wirtschaftlichen Gründen die hier vorgeschlagene Lösung und insbesondere die Höhe der vorgeschlagenen Vergütung im kommunalen Vergleich durchaus vertretbar ist.

Vertragsverhandlungen
Mit seinem Kündigungsschreiben vom 16. Mai 2013 legte der TSV zwei alternative Vertragsangebote vor. Zum einen handelt es sich im Wesentlichen um ein jährliches festes Entgelt in Form einer Pauschale in Höhe von 500.000 Euro bzw. 600.000 Euro (inkl. Tiertransporte) und zum anderen um ein Entgelt, das jährlich nach der Einwohnerzahl (inkl.

Zweitwohnsitz) am 30.09. des Vorjahres mit einer Pro-Kopfpauschale von 77 Cent bzw. 93 Cent (inkl. Tiertransporte) neu berechnet und festgelegt wird. Letztere Regelungen sehen zudem eine jährliche Steigerung der Euro-Cent-Kopfpauschale von 0,01 Euro vor.
Als Laufzeit wurden jeweils zunächst drei Jahre vorgeschlagen.

Die Annahme der Vertragsangebote mit der gleichzeitigen Übernahme der Tiertransporte durch den TSV scheidet aus sachlichen, personellen und wirtschaftlichen Gründen aus, da die Stadt einen eigenen Tiernotdienst unterhält, der beim Städtischen Vollzugsdienst angesiedelt ist, und somit auch vielfältige sonstige polizeiliche Aufgaben wahrzunehmen hat.

Dem TSV wurde am 29.08.2013 seitens der Stadt ein Vertragsangebot unterbreitet, bei dem sich die Berechnung der Aufwandspauschale, wie bisher, an der Erlasslage, d.h. der 28-Tage-Regelung orientierte. Unter Zugrundelegung der vom TSV vorgelegten Unterlagen der Jahre 2010 - 2012 wurde eine Erhöhung der jährlichen Aufwandspauschale ab dem Jahr 2014 auf ca. 283.000 Euro angeboten.

In der Besprechung am 30.08.2013 hat der TSV dieses Gegenangebot abgelehnt und machte deutlich, dass eine Zusammenarbeit auf der Grundlage dieses Angebots nicht möglich sei. Als Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass für den Verein die Betreuung der Fund- und Verwahrtiere nicht nach 28 Tagen aufhöre und eine entsprechende Finanzierung des Tierheims auf der von der Stadt vorgeschlagenen Basis nicht sichergestellt sei. Der tatsächliche Gegenwert der Tätigkeiten für die Stadt beziffere sich auf ca. 875.000 Euro. Dadurch entstehen dem TSV jährlich Mehrkosten, die bisher allein aus Spenden und Erbschaften finanziert wurden. Diese sind jedoch nicht planbar und zudem rückläufig. Eine entsprechende Anpassung der Tierheimgebührenordnung ist zwar beabsichtigt, eine kostendeckende Anpassung komme jedoch nicht in Betracht, da man sich mit den Preisen „am Markt“ orientieren müsse. Eine Anpassung der Tierheimgebühren würde zudem eine entsprechend angepasste Aufwandspauschale in Höhe von ca. 314.000 Euro begründen.

Der Städtetag Baden-Württemberg empfiehlt in einem Rundschreiben aus dem Jahr 2009 u. a., mit den betrauten Tierschutzvereinen vertragliche Vereinbarungen mit möglichst pauschaler Abgeltung zu treffen, was seitens der Stadt bisher auch so gehandhabt wurde. Soweit eine einwohnerzahlbezogene Pauschale vereinbart werden soll, wird in Abhängigkeit von den übernommenen Leistungen und der Siedlungsstruktur (städtisch / ländlich) eine Kopfpauschale in Höhe von 0,60 – 1,00 Euro zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben empfohlen.

Die Stadt ist gesetzlich zur Unterbringung der Fund- und Verwahrtiere verpflichtet. Nach der ministeriellen Erlasslage endet für die Kommunen die Erstattungspflicht grundsätzlich nach 28 Tagen. Nach den statistischen Auswertungen der jährlichen Tierbücher des TSV müssen aber ca. 60% der Tiere tatsächlich länger als 28 Tage im Tierheim verwahrt werden. Zwar bedeuten die vorgelegten Vertragsangebote des TSV eine Abkehr von der bisherigen Praxis, d.h. die Beschränkung auf die ministeriell empfohlene 28-Tage-Regelung, vor dem Hintergrund der dargestellten Sachlage erscheint dies jedoch berechtigt.

In der Vertragsverhandlung am 02.10.2013 zwischen Herrn Oberbürgermeister Kuhn und der 1. Vorsitzenden des Tierschutzvereins, Frau Schmidt-Straube, wurde ein Konsens hinsichtlich des Vertragstypus mit der einwohnerzahlbezogenen Euro-Cent-Kopfpauscha-le in Höhe von 0,77 Euro und mit einer jährlichen Steigerung derselben um 0,01 Euro pro Einwohner ab 2015 erreicht. Die vom TSV vorgeschlagene Laufzeit wurde um zwei Jahre auf zunächst 5 Jahre verlängert. Ferner wurden Vertragsergänzungen, wie z.B. welche Informationen über die aufgenommenen Fund- und Verwahrtiere jährlich der Stadt zur Verfügung zu stellen sind, vereinbart, um für die Zukunft auch eine gewisse Transparenz der vom TSV erbrachten Leistungen zu gewährleisten.

Insgesamt soll der TSV danach für die Verwahrung der für die Stadt aufgenommenen Fund- und Verwahrtiere im Jahr 2014 ein Entgelt in Höhe von 454.818,21 Euro erhalten. Berechnungsgrundlage sind 590.673 Einwohner inkl. Zweitwohnsitze zum 30.09.2013. Bei der gleichzeitig vorgesehenen jährlichen Steigerung der Euro-Cent-Kopfpauschale um 0,01 Euro und einem prognostizierten Einwohnerzuwachs auf 595.000 erhöht sich dieses Entgelt auf rd. 465.000 Euro im Jahr 2015.

Aufgrund der umfassend dargestellten Sachlage wird empfohlen, die Verwaltung zum Abschluss eines entsprechenden Vertrages zu ermächtigen.


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