Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit

Gz: SJG, KBS
GRDrs 215/2011
Stuttgart,
11/16/2011


Inklusive schulische Bildung



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
28.11.2011
30.11.2011

Kurzfassung des Berichts:
Ausführlicher Bericht siehe Anlage 1

Mit der GRDrs 442/2010 („Schulische Bildung von jungen Menschen mit Behinderungen, Beteiligung an der Umsetzung der Empfehlungen des Expertenrats des Kultusministeriums im Rahmen eines Schulversuchs“) hat die Landeshauptstadt Stuttgart zugestimmt, sich in den Schuljahren 2010/2011 und 2011/2012 an einem Schulversuch zur Umsetzung der Empfehlungen des Expertenrates des Kultusministeriums zur schulischen Bildung von jungen Menschen mit Behinderung zu beteiligen. Stuttgart ist hier eine von fünf Schwerpunktregionen (Freiburg, Mannheim, Konstanz, Biberach), die die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf schulische Teilhabe erproben.

Die sich im Rahmen dieses Schulversuchs ergebenden Erkenntnisse müssen im parallel laufenden Prozess der Schulentwicklungsplanung berücksichtigt werden.

Die Federführung des Schulversuchs liegt beim Staatlichen Schulamt Stuttgart, welches hierfür bis Ende 2010 eine Projektstruktur bestehend aus Projektlenkung, Projektgruppe und Projektbeirat eingerichtet hat. Die Landeshauptstadt Stuttgart ist über das Gesundheitsamt, das Jugendamt, das Schulverwaltungsamt und das Sozialamt eingebunden. Eine Vorstellung dieser Projektstruktur sowie der grundlegenden Leitgedanken der Schwerpunktregion durch das Staatliche Schulamt fand in der Sitzung des Schulbeirats am 22. Februar 2011 statt.

Anlage 1 enthält in Form eines Zwischenberichts eine ausführliche Darstellung des ersten Schulversuchsjahres. Neben den grundlegenden Erkenntnissen und Herausforderungen der Schwerpunktregion werden hierbei auch die spezifischen Leistungen und Aufgabenfelder der beteiligten städtischen Ämter sowie der hiermit verbundene personelle und finanzielle Aufwand herausgearbeitet.

Nachdem die genannte Projektstruktur durch das Staatliche Schulamt Anfang 2011 eingerichtet und etabliert war, lag der Arbeitsschwerpunkt im ersten Schulversuchsjahr in der Einrichtung erster inklusiver Standorte. Ausgangspunkt hierfür waren einerseits Anfragen von Eltern, die für ihr Kind ein inklusives Beschulungsangebot wünschten, anderseits wurden die Schulen selbst dazu aufgefordert, entsprechende Konzepte zu entwickeln. Da ein formaler Ablauf hierfür noch weitgehend fehlte, konnte die Einrichtung entsprechender inklusiver Angebote zum Ende des Schuljahres nicht abgeschlossen werden, so dass auch zu Beginn der Sommerferien in vielen Fällen keine endgültigen Aussagen zu Art und Anzahl der inklusiven Beschulungen sowie die jeweils notwendigen personellen, räumlichen und sächlichen Ressourcen möglich war.

Im Schuljahr 2011/2012 werden nunmehr mit Stand 13.10.2011 75 Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischem Bildungsanspruch an allgemeinen Schulen beschult, davon 45 Kinder und Jugendliche aus dem Bereich der Förderschulen.
Weitere 12 Schülerinnen und Schüler ohne sonderpädagogischen Bildungsanspruch werden inklusiv an einer Sonderschule unterrichtet. Insgesamt konnten somit in einem ersten Schritt für 87 Schülerinnen und Schüler (mehrheitlich) gruppenbezogene Einzelinklusionen im Rahmen des Schulversuchs inklusive Schulmodelle angeboten werden.

Viele dieser Schülerinnen und Schüler können derzeit nicht ohne zusätzliche Assistenzleistungen oder Schulbegleitung inklusiv beschult werden, Leistungen, die über die Eingliederungshilfe des SGB XII (Sozialamt) oder des SGB VIII (Jugendamt) erbracht werden müssen.

Alleine das Jugendamt leistet Schulbegleitung für derzeit 40 Kinder, davon für 27 Kinder an Stuttgarter Schulen, die inklusiv oder integrativ arbeiten. 13 Kinder bekommen Schulbegleitung an Schulen außerhalb Stuttgarts mangels eines geeigneten Stuttgarter Angebots. Ziel muss sein, dass zukünftig mehr verhaltensauffällige und seelisch behinderte Kinder ein inklusives Bildungsangebot in Stuttgart bekommen, was den Umfang für Schulbegleitung verkleinert. Ziel muss auch sein, den Aufwand für individuelle Schulbegleitung durch verschiedene Maßnahmen zu begrenzen, z. B. durch Gruppenlösungen, bessere Koordination und Planung.

Das Sozialamt unterstützt 116 Kinder (Stand: 25.10.2011) in integrativen oder inklusiven Angeboten durch Assistenzleistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe. Das Sozialamt unterstützt 8 Kinder in inklusiven Angeboten durch Assistenzleistungen, davon 2 Kinder in Einzelangeboten und 6 Kinder in Gruppenangeboten. Der monatliche Aufwand beträgt für alle 8 Kinder seit Einschulung 8.739 EUR (Stand: 13.10.2011). Außerdem werden im Schuljahr 2010/2011 weitere 108 Kinder (Stand: 25.10.2011) mit Behinderung in allgemeinen Schulen integrativ beschult, deren Assistenzkräfte im Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß SGB XII finanziert werden (Aufwand im Jahr 2010 für 83 Schülerinnen und Schüler: 1,042 Mio. EUR).

Am 7. Oktober 2011 fand im Rahmen einer Klausursitzung von Projektlenkung und Projektgruppe eine Zwischenbilanz zu den Erfahrungen und Erkenntnissen des ersten Schulversuchsjahres statt. Darüber hinaus wurden Themen- und Handlungsfelder identifiziert, deren Bearbeitung im zweiten Jahr der Schwerpunktregion weiter vorangebracht werden soll. Hierzu zählen insbesondere:

· Verbesserung des Verfahrensablaufes bei vorliegenden Anfragen von Eltern nach inklusiver Beschulung (Zeitablauf, Informationsfluss)
· Einbindung aller Partner (Teilnahme an Bildungswegekonferenzen, Vorgesprächen, Hilfeplangesprächen, etc.)
· Räumliche und sächliche Anforderungen an inklusive Beschulung je Sonderschultyp
· Aufgabenfelder und Abgrenzung des Einsatzes von Assistenz- und Pflegekräften und Schulbegleiter
· Schülerbeförderung
· Regelung der Schulkindbetreuung
· Schnittstellen zu den Kindertagesstätten
· Verbesserung und Koordinierung der Elternberatung

Des Weiteren müssen als Vorbereitung für die angekündigte Änderung des Schulgesetzes, die Erfahrungen und Anregungen der Schwerpunktregion zusammengetragen und aufbereitet werden. Hierzu zählt insbesondere die Bearbeitung des vom Land erstellten Kostentableaus, mit dem die Mehr- und Minderausgaben inklusiver Beschulung im Rahmen des Schulversuchs erfasst werden sollen. Auch formale Aspekte wie etwa die Weiterentwicklung der Amtlichen Statistik und die hiermit verbundenen Fragestellungen sind in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen und in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen.

Ausgehend von den Erfahrungen des ersten Schulversuchsjahres ist aus Sicht der beteiligten städtischen Ämter darüber hinaus ein stärkerer Schwerpunkt auf den Aspekt der Schulangebotsplanung zu legen. Im Rahmen des Klausurtags am 7. Oktober 2011 wurde daher vereinbart, bis Februar 2012 eine Arbeitsgruppe im Rahmen der Projektstruktur einzurichten, um in enger Verzahnung mit der Schulentwicklungsplanung Empfehlungen für eine aktive Gestaltung der Schullandschaft vor dem Hintergrund der Inklusion zu erarbeiten. Auf Basis einer Bestandsanalyse der vorhandenen sonderpädagogischen Förderstrukturen soll es dabei um konzeptionelle Überlegungen hinsichtlich der Entwicklung einer inklusiven Angebotsstruktur in der städtischen Schullandschaft gehen. Entscheidend ist hierbei aus Sicht der Verwaltung die Weiterentwicklung bestehender Strukturen zu schulischen Standortverbünden, an denen verschiedene Schularten vor Ort auf umfassende sonderpädagogische Ressourcen für eine inklusive Beschulung zugreifen können.

Entscheidend ist dabei die Entwicklung einer Angebotsvielfalt, um den unterschiedlichen Ansprüchen der Kinder und Jugendlichen sowie der Bedeutung des Elternwahlrechts Rechnung zu tragen. Das Schulverwaltungsamt erarbeitet für diese Schulangebotsplanung derzeit ein erstes Diskussionspapier als Grundlage für die weiteren Planungsschritte.

Die Weiterentwicklung der städtischen Schullandschaft im Sinne der UN-Konvention ist für jedes der vier betroffenen städtischen Ämter mit einer Vergrößerung des Aufgabenspektrums verbunden.

Hierfür sind zusätzliche Personalressourcen notwendig:

Für die Teilnahme an den geplanten Bildungswegekonferenzen und den erhöhten Beratungsaufwand für viele betroffene Eltern sowie zur Erstellung von Gutachten zur Feststellung oder Bestätigung einer chronischen Erkrankung und/oder einer Behinderung nach § 53 SGB XII sind im Gesundheitsamt 0,65 Sozialarbeiterstellen (Bes. Gr. A 11) sowie 0,5 Arztstellen (Bes. Gr. A 14) notwendig. Für die Mitarbeit an der umfangreichen Projektarbeit zum Schulversuch und der Teilnahme an den Bildungswegekonferenzen sind im Sozialamt 1,0 Stellen (Bes. Gr. A 11) vorgesehen. Im Jugendamt sind 1,5 Stellen (Bes. Gr. A 11) sowie insgesamt 1,0 zusätzliche Stellen in den Beratungszentren Jugend und Familie notwendig. Darüber hinaus wurden für das Schulverwaltungsamt 1,0 Stellen (EG 13) im Beamten- bzw. Beschäftigtenverhältnis für die Konzeption, Steuerung und Umsetzung von Maßnahmen und inklusiven Angeboten in enger Verzahnung mit dem komplexen Projekt der Schulentwicklungsplanung, die weitere Projektbegleitung und Projektarbeit sowie die Koordination und Einbindung der verschiedenen beteiligten Bereiche innerhalb des Amtes (Ausstattung, Assistenzen, Betreuung, Schülerbeförderung) im Rahmen des Stellenplans beantragt.


Beteiligte Stellen

Die Referate WFB und AK haben von der Vorlage Kenntnis genommen.

Haushalts- und stellenrelevante Beschlüsse können erst im Rahmen der Haushaltsplanberatungen 2012/2013 erfolgen.







Isabel Fezer Dr. Susanne Eisenmann
Bürgermeisterin Bürgermeisterin





Anlage 1: Zwischenbericht zur inklusiven schulischen Bildung



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Anlage 1 zu GRDrs 215-2011.pdf