Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OBM
GRDrs 1253/2017
Stuttgart,
10/27/2017



Haushalt 2018/2019

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 06.11.2017



VVS-365-Euro-Ticket einführen, ÖPNV stärken, SSB-Nachttakt einführen

Beantwortung / Stellungnahme

Zu 1.1. und 1.2:

9-Uhr-Tickets, die auf die Zonen 10 und 20 beschränkt sind, werden überwiegend von Einwohnern der Landeshauptstadt Stuttgart genutzt. Einpendler nutzen in der Regel Tickets, die auch in den benachbarten Zonen gültig sind. Der Differenzbetrag zwischen den Varianten 1.1 und 1.2 ist daher zu vernachlässigen. Bei einer Beschränkung auf Menschen mit Wohnsitz in Stuttgart müsste rechtlich geprüft werden, ob eine Preisdifferenzierung nach dem Wohnsitz mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des § 39 Abs. 3 PBefG übereinstimmt.

Ein Preis von 365 Euro für das 9-Uhr-Ticket hätte erhebliche Auswirkungen auch auf andere Ticketangebote, wie zum Beispiel das SeniorenTicket. Da Schüler und Auszubildende von der Sperrzeit ausgenommen werden sollen, wären auch die Tarife des Ausbildungsverkehrs betroffen. Diese Fahrgastgruppen haben heute verbundweit geltende Tickets, ein Teil würde aber sicher auf das günstigere 365-Euro-Ticket für das Stadtgebiet von Stuttgart umsteigen.

Die Kosten, d. h. die durch dieses Angebot entstehenden Mindereinnahmen, werden auf eine Größenordnung von 12 Mio. Euro pro Jahr geschätzt. Bei einer Beschränkung auf Menschen mit Wohnsitz in Stuttgart wäre dieser Betrag etwas geringer. Dieser Berechnung liegt allerdings noch keine umfassende Analyse der Verschiebungen innerhalb des Tarifangebotes zugrunde.

Zu 1.3. und 1.4:

Ein Jahresticket zum Preis von 365 Euro ohne zeitliche Einschränkung hätte erhebliche Auswirkungen auf das gesamte Tarifangebot des VVS. Der Tarifpreis für ein JahresTicket für zwei Zonen beträgt 865 Euro (Preisstand 2018). Der Preis würde also auf weniger als die Hälfte abgesenkt. Problematisch wären in diesem Fall die hohen Preissprünge zwischen der Landeshauptstadt und dem Umland. Für drei Zonen ist ein Betrag von 1.152 Euro zu entrichten, das ist mehr als das Dreifache von 365 Euro. Dies wäre im Gesamtsystem des VVS nicht zu vermitteln. Zu hohe Preissprünge wären auch verkehrlich problematisch. Viele Menschen aus dem Umland würden versuchen, hinter der Tarifgrenze (d.h. auf Gemarkung der Landeshauptstadt) zu parken, um in den Genuss des deutlich niedrigeren Tarifs zu kommen. Bei einer Beschränkung auf Menschen mit Wohnsitz in Stuttgart könnte dieser unerwünschte Effekt zwar vermieden werden, dennoch würde das Preissystem des VVS eine erhebliche „Unwucht“ bekommen. Realistischerweise müssten in diesem Falle auch die Preise für Einpendler nach Stuttgart gesenkt werden.
Die Auswirkungen einer solch radikalen Tarifmaßnahme müssen im Detail untersucht werden. Bei einer Anfrage aus dem Jahr 2016 wurden die Kosten eines „365-Euro-Tickets“ nach dem Vorbild von Wien, d.h. die durch die Preisabsenkung entstehenden Mindereinnahmen, mit 88 Mio. Euro berechnet. Bei einer Beschränkung auf Menschen mit Wohnsitz in Stuttgart würde sich dieser Betrag reduzieren.

Zu Ziffer 2 und 3:

Die Landeshauptstadt gestattet der SSB, öffentliche Straßen in der Baulastträgerschaft der Stadt zum Bau und Betrieb von Straßenbahnen zu nutzen. Dies regelt der Straßenbenutzungsvertrag zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und der SSB im Sinne des § 31 Personenbeförderungsgesetz (PBefG).

In Zusammenhang mit der Vorbereitung der Direktvergabe war dieser Vertrag anzupassen, die dafür notwendigen Gremienbeschlüsse sind am 28.06.2016 im SSB-Aufsichtsrat und am 07.07.2016 im Gemeinderat erfolgt (GRDrs. 490/2016).

Der Straßenbenutzungsvertrag ist damit Bestandteil der Vorabbekanntmachung der Direktvergabe, zu der die Stadtverwaltung am 20.10.2016 vom Gemeinderat (GRDrs. 720/2016) ermächtigt wurde. Die beantragte Neuverhandlung dieses Vertrages würde die rechtssichere Betrauung der SSB gefährden, die mit dem vom Gemeinderat zu beschließenden Öffentlichen Dienstleistungsauftrag noch in diesem Jahr erfolgen soll.

Deshalb kann der Ziffer 2 und damit auch der Ziffer 3 des Antrags nicht entsprochen werden.


Zu Ziffer 4:

Die Landeshauptstadt hat der SSB einen Investitionszuschuss in Aussicht gestellt, zu dem der Gemeinderat am 26.07.2017 (GRDrs. 589/2017) einen entsprechenden Beschluss gefasst hat. Dieser Investitionszuschuss in Höhe von 72,5 Mio. € beinhaltet u.a. 50 % der Investitionsaufwendungen für die Beschaffung von 20 zusätzlichen Stadtbahnfahrzeugen zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs (= 40 Mio. €). Korrespondierend zu diesem GR-Beschluss hat der SSB-AR am 26.09.2017 die Beschaffung von 20 zusätzlichen Stadtbahnfahrzeugen beschlossen. Mit diesen 20 Fahrzeugen können alle kurz- und mittelfristigen Maßnahmen realisiert werden.












Vorliegende Anträge/Anfragen

576/2017 - Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS




Fritz Kuhn



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