Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
374/2022
GZ:
WFB-K
Sitzungstermin: 29.06.2022
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Fuhrmann
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Schmidt
Betreff: Finanzierung einer Arbeitsmarktzulage für die Pflege im Klinikum Stuttgart

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 15.06.2022, GRDrs 374/2022, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Die Landeshauptstadt Stuttgart gewährt als Trägerin der Kommunalanstalt Klinikum Stuttgart aufgrund des Mehraufwands für die vom Verwaltungsrat beschlossenen Arbeitsmarktzulagen für die Mitarbeitenden im Pflege- und Funktionsdienst des Klinikums Stuttgart entsprechend höhere Zuschusszahlungen im Rahmen des Verlustausgleiches 2022 und 2023 an das Klinikum.

2. Den überplanmäßigen Aufwendungen in Höhe von 2,3 Mio. EUR in 2022 und 1,6 Mio. EUR in 2023 im Teilergebnishaushalt THH 200, Stadtkämmerei, Kontengruppe 43100 - Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke - wird zugestimmt. Eine Deckung der überplanmäßigen Aufwendungen erfolgt durch Inanspruchnahme der Deckungsreserve THH 900, Allgemeine Finanzwirtschaft, Amtsbereich 9006120 - Sonstige allgemeine Finanzwirtschaft, Kontengruppe 440 - Sonstige ordentliche Aufwendungen.

3. Die Anteile der Arbeitsmarktzulage, die durch die Stadt finanziert wurden und später über das Pflegebudget refinanziert werden, sind zur Verringerung des auszugleichenden Jahresverlusts des Klinikums zu verwenden; bei positiven Jahresergebnissen an den Träger zu erstatten.

Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


BM Fuhrmann informiert über den Inhalt der Vorlage.

Aus der Sicht von StR Pitschel (90/GRÜNE) hat sich nichts an der Bereitschaft des Gemeinderates geändert, diese Zulage zu gewähren, denn diese sei eine wichtige Investition in die Mitarbeiter*innen-Gewinnung und -Bindung. Es gehe um viel Geld, und es dürfe sich nicht darauf verlassen werden, dass die Refinanzierung durch die Krankenkassen übernommen werde. Wenn diese Zulage gewünscht werde, müsse die Stadt als Trägerin des Klinikums bereit sein, diesen finanziellen Aufwand zu übernehmen. Seiner Fraktion sei eine gerechte Ausgestaltung der Zulage wichtig, weshalb nicht nach dem Gießkannenprinzip agiert werden dürfe. Man müsse sich innerhalb der Tarifautonomie bewegen und dort unterstützen, wo es am dringendsten gebraucht werde und am meisten helfe. Der Verwaltungsrat habe eine passgenaue Lösung gefunden, der er gerne zustimmen werde.

StR Kotz (CDU) hält die Zulage grundsätzlich für richtig, den Zeitpunkt aber für falsch, da es weder aktuell Tarifverhandlungen gebe, der Gemeinderat kein Tarifpartner sei und auch kein Wirtschaftsplan des Klinikums oder der Doppelhaushaltsplan der Stadt aufgestellt werde. Der Verwaltungsrat habe jedoch anderweitig entschieden. Es müsse auf jeden Fall vermieden werden, dass die Mehrkosten beim Klinikum verblieben. Aus diesem Grund stimme seine Fraktion heute der Vorlage zu, damit das Klinikum mit seiner "normalen" Wirtschaftsplanung zum Wohle der Patienten weiter agieren könne.

Die Zulage sei ein wichtiges Signal an die Beschäftigten, so StR Perc (SPD). Auch wenn sich außerhalb "passender Zeiträume" bewegt werde, müsse die Pflege unterstützt und eine grundlegende Struktur im Klinikum aufrechterhalten werden. Er hoffe auf eine Refinanzierung durch die Krankenkassen. Die erarbeitete Lösung sei sehr gut, und er stimme dieser gerne zu.

Zustimmung signalisiert ebenfalls StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), der die Zulage für ein starkes Zeichen der Wertschätzung der Pflege hält. Wenn eine Finanzierung nicht über das Pflegebudget möglich sei, müsse die Stadt diese Kosten übernehmen. Der Berufsstand erfahre durch die heutige Vorlage Anerkennung.

Der Freude über die Zulage kann sich StR Dr. Oechsner (FDP) nicht anschließen, denn es sei Aufgabe der Solidargemeinschaft im Gesundheitswesen, diese Ausgaben zu stemmen. Das Pflegebudget müsse diese Kosten "hergeben". Er werde dennoch dieser "Überbrückungshilfe" zustimmen, da diese nichts mit der Diskussion über Zulagen zu tun habe. Er sei davon überzeugt, dass im Tarifgefüge Verbesserungen erzielt werden müssten, was aber Aufgabe der Tarifpartner sei. Die Finanzierung wiederum sei Aufgabe des Gesundheitswesens und nicht der Kommune. Erfreulich sei die Aufnahme von Beschlussantragsziffer 3, die für eine Entbürokratisierung sorge.

Der Meinung ihres Vorredners zu Beschlussantragsziffer 3 kann sich StRin Schumann (PULS) anschließen, die zudem volle Unterstützung der Zulage mitteilt. Dennoch hoffe sie auf eine Finanzierung ohne Beteiligung der Stadt.
StRin von Stein (FW) tut sich mit dieser Vorlage schwer. Sie erinnert an die Diskussion aus dem Jahre 2004 über den Umgang mit der Finanzierung eines kommunalen Krankenhauses. Damals sei offensichtlich gewesen, dass die Defizite des Krankenhauses aufgrund der Eingriffe des Gemeinderates nennenswert gewesen seien. Ordentliche Gehälter müssten über die Solidargemeinschaft im Gesundheitswesen finanziert werden. Wenn der Verwaltungsrat des Klinikums diesen Beschluss fasse, trage ihre Fraktion diesen "nolens volens" mit, aber es müsse eine starke Aufforderung an die Gesundheitsträger zur Refinanzierung geben. Das für die Pflegekräfte zur Verfügung gestellte Geld fehle im kommenden städtischen Haushalt an anderer Stelle. Sie verbinde ihre Zustimmung mit dem Appell, ein "Reinregieren" des Gemeinderates in eigenständige Betriebe zukünftig zu vermeiden.

Den Optimismus, die Krankenkassen würden die Mittel aufbringen, teilt StR Ebel (AfD) nicht. Zumindest müsse angesichts der aktuellen Defizite der Krankenkassen mit heftigem Widerstand gerechnet werden. Trotzdem sei es ein wirtschaftlicher Automatismus, dass bei Arbeitskräftemangel Löhne und Gehälter steigen müssten. Insofern ist es für den Stadtrat nachvollziehbar, mehr zu bezahlen.

Gegenüber StRin von Stein erklärt BM Fuhrmann, die Arbeitgeberseite sei mehrfach aufgefordert worden, die Tarifverhandlungen vorzuziehen, was jedoch stets abgelehnt worden sei. Er hoffe wie StR Dr. Oechsner darauf, dass diejenigen bezahlten, die dafür verantwortlich seien. Die zähen Verhandlungen mit den Krankenkassen seien ein Skandal. Es müssten dringend Lösungen gefunden werden, um die Krankenhausträger zu entlasten. Nicht nur das städtische Klinikum, sondern auch andere Träger litten unter dieser Situation

Abschließend stellt BM Fuhrmann fest:

Der Verwaltungsausschuss stimmt dem Beschlussantrag einmütig zu.
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