Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 647/2015
Stuttgart,
07/15/2015



Kommunales Beschäftigungsprogramm zur Verbesserung der Nahversorgung



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
24.07.2015
29.07.2015
29.07.2015



Beschlußantrag:

1. Der Umsetzung des kommunalen Beschäftigungsprogramms im Rahmen des ESF-Bundes-programms Langzeitarbeitslose (GRDrs 425/2015) entsprechend der Förderrichtlinie in Anlage 1 mit bis zu 20 Plätzen zur Verbesserung der Nahversorgung in den im Gutachten „Nahversorgung konkret“ ausgewiesenen prioritären zwölf Handlungsräumen wird zugestimmt.

2. Die Landeshauptstadt Stuttgart übernimmt für gemeinnützige Unternehmen, die in den ausgewiesenen Handlungsgebieten ein neues stationäres Einzelhandelsangebot schaffen, für die Absicherung des notwendigen Kreditbedarfes zur Finanzierung der Erstausstattung des Marktes eine modifizierte Ausfallbürgschaft nach Maßgabe von §§ 88 Abs. 2 GemO und der Förderrichtlinie in Anlage 1. Für die Bürgschaft erhebt die Stadt eine Gebühr von einmalig 0,5% der Bürgschaftssumme.

3. Von der Absicht der Verwaltung, in das kommunale Beschäftigungsprogramm zur Verbesserung der Nahversorgung auch die Teilnehmer des Bundesprogramms „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ – sofern das JobCenter Stuttgart den Zuschlag erhält – einzubeziehen, wird zustimmend Kenntnis genommen.

4. Dem Programmstart des kommunalen Beschäftigungsprogramms zur Verbesserung der Nahversorgung zum 1. September 2015 wird zugestimmt.

5. Der in den Jahren 2015 bis 2019 entstehende Aufwand von bis zu 480.000 € für die ergänzenden Lohnkostenzuschüsse sowie von bis zu 225.000 für die kommunale Eingliederungsprämie wird im Teilhaushalt 290, Amtsbereich 2903121 – Grundsicherung für Arbeitssuchende, Kontengruppe 43310 gedeckt.


Begründung:


Im Gutachten „Nahversorgung konkret“ werden im Rahmen der Nahversorgungskonzeption der Landeshauptstadt Stuttgart zwölf vorrangige Gebiete mit unzureichender oder gar nicht vorhandener Nahversorgung identifiziert. Als zentraler Handlungsansatz wird im Bereich des stationären Einzelhandels die Etablierung von Integrationsmärkten angeführt.

Die Verknüpfung der sozialräumlichen Zielsetzung der Sicherung der Nahversorgung auf der einen und arbeitsmarktpolitischer Zielsetzungen auf der anderen Seite ist in Stuttgart nicht neu. Vielmehr stellt er einen seit vielen Jahren im Kern bewährten Ansatz dar, der durch die Instrumentenreform im Bereich des SGB II zwar erschwert wurde, vor dem Hintergrund der Entwicklung des Stuttgarter Arbeitsmarktes aber unverändert erfolgsversprechend ist.

Die Integrationserfolge des Jobcenters zeigen, dass aktuell auch schwächere erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb) des JobCenters in Stuttgart eine gute Chance haben, in nachhaltige sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu wechseln, soweit sie Motivation für und Erfahrung im Bereich Handel/Verkauf mitbringen. Aktuell ist eine am Bedarf des Marktes ausgerichtete Qualifizierung erforderlich, die unter möglichst realen Bedingungen stattfindet und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen raschen Teilnahmebeginn und letztlich langfristigen Integrationserfolg ermöglicht.

Das Zusammentreffen beider Aspekte, die Sicherung bzw. Verbesserung der Nahversorgung und die Chance auf eine zügige und nachhaltige Integration für Langzeitarbeitslose aus dem Rechtskreis SGB II legen ein kommunales Engagement an dieser Schnittstelle nahe.

Eine wichtige Rahmenbedingung für die kommunale Förderung ist die Einhaltung wettbewerbsrechtlicher Konformität. Eine direkte Förderung von Einzelhandelsangeboten ist daher ausgeschlossen.


Anknüpfung an das ESF Bundesprogramm Langzeitarbeitslose

Mit GRDrs 425/2015 wurde vom Gemeinderat am 2. Juli 2015 die Teilnahme am ESF Bundesprogramm Langzeitarbeitslose beschlossen. Das Programm richtet sich vornehmlich an langzeitarbeitslose Leistungsberechtigte ohne bzw. ohne verwertbaren Berufsabschluss. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber erhalten für die Einstellung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten Lohnkostenzuschüsse, die über einen Zeitraum von zwei Jahren abgeschmolzen werden. Bis einschließlich Juli 2017 sind nach dem ESF-Programm geförderte Arbeitsaufnahmen möglich.




Das kommunale Beschäftigungsprogramm zur Sicherung der Nahversorgung knüpft an die Fördergrundsätze und Förderinhalte des Bundesprogramms an und bietet gemeinnützigen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels, die in den identifizierten Handlungsräumen ein Nahversorgungsangebot anbieten bzw. neu etablieren, eine ergänzende kommunale Förderung an.

Die kommunale Förderung soll den Anreiz für gemeinnützige Unternehmen erhöhen, ein Nahversorgungsangebot in den im Gutachten „Nahversorgung konkret“ identifizierten Handlungsgebieten mit unzureichender oder fehlender Nahversorgung zu etablieren. Gleichzeitig soll es den Sozialunternehmen einen spürbaren Anreiz bieten, arbeitsmarktferne langzeitleistungsbeziehende Hilfeempfänger des Stuttgarter JobCenters fachlich soweit zu qualifizieren und für das Berufsbild des Verkäufers zu motivieren, dass ein vorzeitiger Übergang in ein nachhaltiges ungefördertes Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis bereits während der Programmförderung gelingt.

Die kommunale Förderung stellt insofern eine zum ESF-Bundesprogramm Langzeitarbeitslose ergänzende Förderung dar. Dies wird in der Förderrichtlinie des ESF-Bundesprogramms ausdrücklich eingeräumt.

Für die potentiellen Antragsstellerinnen bzw. Antragssteller stellt sich die Gesamtförderung wie folgt dar:

Beschäftigungsphase
(Dauer )
Vorgesehener Lohnkostenzu-
schuss ESF-
Bundesprogramm*
Ergänzender
kommunaler Lohnkostenzuschuss*
Ergänzende kommunale Eingliederungs-prämie
Einstiegsphase
(Sechs Monate)
75 Prozent25 Prozent
--
Stabilisierungsphase
(neun Monate)
50 Prozent 25 Prozent
9000 Euro**
Leistungsphase
(drei Monate)
25 Prozent 25 Prozent
Nachbeschäftigungspflicht
(sechs Monate)
--
--
* Der Prozentsatz bezieht sich auf die Höhe des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts. Berücksichtigungsfähig ist das zu zahlendes Arbeitsentgelt zzgl. des AG-SV-Pauschbeitrag. Einmalig gezahltes AG Entgelt ist nicht berücksichtigungsfähig.
** Einmalig bei Übertritt in ein ungefördertes nachhaltiges Beschäftigungs- oder Ausbildungsverhältnis ab dem 7. bis 24. Monat .



Zudem erhalten Träger, die in den ausgewiesenen Handlungsgebieten ein neues stationäres Einzelhandelsangebot schaffen, für die Absicherung des notwendigen Kreditbedarfes zur Finanzierung der Kosten der Erstausstattung (Ladeneinrichtung und Warenausstattung) eine Bürgschaft nach § 88 Abs. 2 GemO. Die Bürgschaft soll eine Laufzeit von acht Jahren nicht überschreiten.

Die Übernahme der Bürgschaft bedarf nach § 88 Abs. 2 GemO der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, soweit im Einzelfall der Betrag von 90.000 Euro überschritten wird.

Für die Bürgschaftsübernahme erhebt die Stadt eine einmalige Gebühr von jeweils 0,5% des verbürgten Betrags.


Programmlaufzeit

Das Programm ist zunächst an die Förderdauer des ESF-Bundesprogrammes für Langzeitarbeitslose geknüpft. Eine Fortsetzung über die Laufdauer des Bundesprogramms wird grundsätzlich angestrebt. Die konkrete Ausgestaltung des Anschlussprogramms wird in Abhängigkeit von der Zielerreichung des Programms nach Maßgabe erfolgreicher Integrationen sowie der Etablierung von Nahversorgung in den Zielgebieten gestellt.


Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“

Das JobCenter Stuttgart hat sich mit einem Förderantrag für 216 Arbeitsplätze am Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ beworben. Insgesamt sollen in dem Bundesprogramm bundesweit 10.000 Arbeitsplätze in 100 der 408 JobCentern gefördert werden. Sofern der Antrag des JobCenters Stuttgart erfolgreich ist, und die Förderbedingungen erfüllt werden können, soll das kommunale Beschäftigungsprogramm zur Sicherung der Nahversorgung auch für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Bundesprogramms geöffnet werden.


Finanzielle Auswirkungen

Ausgehend von einer erfolgreichen durchschnittlichen Integrationschance von 60 % nach 1,5 Jahren geht die Verwaltung von folgendem Finanzbedarf für die ergänzenden Lohnkostenzuschüsse in den Jahren 2015 bis 2019 aus:

JahrFinanzbedarf in Euro
2015
12.936
2016
116.424
2017
122.977,5
2018
196.807,5
2019
30.000
Gesamt
479.145

Für die kommunale Eingliederungsprämie in Höhe von 9.000 € wird bei 25 Fällen mit einem finanziellen Aufwand von bis zu 225.000 € während der Programmlaufzeit gerechnet.

Der Gesamtaufwand des kommunalen Beschäftigungsprogramms zur Verbesserung der Nahversorgung beträgt in den Jahren 2015 bis 2019 insgesamt rd. 705.000 €. Die Finanzierung erfolgt über eingesparte Kosten der Unterkunft des ESF Bundesprogramm Langzeitarbeitslose, die entsprechend GRDrs 425/2015 rd. 829.000 € betragen.


Beteiligte Stellen






Michael Föll
Erster Bürgermeister

Anlagen



Anlage 1
Förderrichtlinie des kommunalen Beschäftigungsprogramms zur Verbesserung der Nahversorgung in Stuttgart


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Förderrichtlinie des kommunalen Beschäftigungsprogramms zur Verbesserung der Nahversorgung in Stuttgart .pdfFörderrichtlinie des kommunalen Beschäftigungsprogramms zur Verbesserung der Nahversorgung in Stuttgart .pdf