Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 331/2015
Stuttgart,
07/07/2015



Novellierung der Schulbauförderungsrichtlinien
Veränderungen und Umsetzung in Stuttgart




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Schulbeirat
Verwaltungsausschuss
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
14.07.2015
15.07.2015



Beschlußantrag:
  1. Von den Neuerungen im Rahmen der Überarbeitung der Schulbauförderungsrichtlinien wird Kenntnis genommen.
  2. Es wird zugestimmt, dass entsprechend der dargestellten Vorgehensweise Schulbaumaßnahmen mit großem Handlungsdruck (Veränderungen in der Sekundarstufe I, Einrichtung von Ganztagesschulen und die Umsetzung des Sonderprogramms Schulsanierungen) vorrangig vor weiteren Themen umgesetzt werden



Begründung:


Die gravierenden Veränderungsprozesse in der Bildungslandschaft führen dazu, dass die Rahmenbedingungen der Schulbauförderung an die sich verändernde Bedarfssituation anzupassen sind. Zum 1. Januar 2015 ist die neue „Verwaltungsvorschrift für die Gewährung von Zuschüssen zur Förderung des Schulhausbaus kommunaler Schulträger“ (kurz: VwV SchBau) in Kraft getreten und hat damit die bisherige Schulbauförderungsrichtlinie vom 03.02.2006 außer Kraft gesetzt.

  1. Neuerungen im Rahmen der Überarbeitung der Schulbauförderungsrichtlinien

A Inhaltliche Neuerungen
Eine wichtige Forderung der kommunalen Schulträger und des Städtetages wurde umgesetzt: die Erhöhung des Kostenrichtwertes um 15 %. Der Kostenrichtwert ist der entscheidende Multiplikator um den zuschussfähigen Bauaufwand und daraus die Zuschusshöhe zu berechnen. Mit der Erhöhung wird der in den vergangenen Jahren angestiegenen Baupreisentwicklung Rechnung getragen.

Künftig kann ein Umbau ohne Schaffung von zusätzlichem Schulraum auch gefördert werden, wenn „in vorhandenen Schulgebäuden aus zwingenden schulischen Gründen die Grundrisse der bestehenden Räume verändert werden müssen“. Dies ist zum Beispiel häufig der Fall bei der Einrichtung von Gemeinschaftsschulen oder bei der Einrichtung von Ganztagesschulen.

Eine große Veränderung der neuen Vorschrift betrifft den Wegfall der Förderung von Generalsanierungen. Bisher konnte der Schulträger, wenn er auf einen förderfähigen Neubau verzichtet, für die umfassende Generalsanierung eines denkmalgeschütztes Schulgebäudes (auch ohne Grundrissveränderungen) eine Förderung beantragen. Dies ist nun nicht mehr möglich. Um den Wegfall der Generalsanierung zu kompensieren, setzen sich die kommunalen Landesverbände weiterhin dafür ein, einen neuen Fördertatbestand „Modernisierung aus pädagogischen Gründen“ beispielsweise für naturwissenschaftliche, (EDV-) technische Räume oder Werkstätten in die VwV SchBau aufzunehmen. Dies wurde bedauerlicherweise in der aktuellen Novelle nicht umgesetzt. Dieser gewünschte Fördertatbestand würde den Veränderungen in der Schullandschaft, den pädagogischen Neuerungen und dem Sanierungsbedarf an allen Schulen gerecht werden. Eine Beschränkung auf die Baumaßnahmen mit Grundrissveränderung bei Gemeinschaftsschulen und Ganztagesschulen („aus zwingenden schulischen Gründen“) dient nicht der Gleichbehandlung aller Schulen.

Förderfähig sind künftig auch zusätzliche Flächen für Inklusion sowie für Lehrerarbeitsplätze (siehe 2 B und D).


B Neuerungen beim Verfahren
Als völlig neuer Pflichttatbestand zur Erfüllung der Förderkriterien müssen die „anerkannten Grundsätze des nachhaltigen Bauens“ angewendet werden. Hierzu ist während der Planung und Bauausführung ein Dokumentationsverfahren zum nachhaltigen Bauen in einem vom Land zur Verfügung gestellten Internetportal durchzuführen. Inwieweit die Nachhaltigkeitskriterien bei allen Schulbaumaßnahmen nachzuweisen sind, ist von Seiten des Landes noch nicht abschließend geregelt. Auch stellt sich die Frage der Umsetzbarkeit, bei bereits begonnenen Planungen. Das Regierungspräsidium hat daher vorab mitgeteilt, dass einstweilen die Nachhaltigkeitskriterien nur bei solitären Neubauten geprüft werden sollen. Weitere Einzelheiten zur Regelung werden im Laufe des Jahres 2015 erwartet.

Bei Aufgabe von Schulraum z. B. durch Abriss müssen geförderte Zuschüsse zurückbezahlt werden bzw. es erfolgt eine Wertanrechnung auf den Zuschussbetrag des (Ersatz-)Neubauvorhabens. Der Rückforderungsanspruch des Landes wird nun um die Zeit der schulischen Nutzung der Räume um jährlich vier vom Hundert nach Fertigstellung vermindert. Eine unveränderte schulische Gebäudeverwendung von 25 Jahren wird der Realität mehr gerecht. Bisher war der Abschreibungssatz bei zwei vom Hundert, also nach 50 Jahren Nutzungsdauer.


2. Fortschreibung der Modellraumprogramme

Die Schemata zur Ermittlung des Flächenbedarfs allgemein bildender und beruflicher Schulen (Modellraumprogramme) dienen dazu, den Schulträgern den Flächenbedarf einer Schule für den Regelfall aufzuzeigen. Gegenüber den bislang gültigen Schemata haben sich nachfolgend aufgeführte Änderungen ergeben. Die Anlage enthält eine vereinfachte Gegenüberstellung und Bilanzierung der sich aus der Novellierung ergebenden Flächenunterschiede für die einzelnen Schularten.

A Pauschale Flächenvorgaben
Die bislang gültigen Modellraumprogramme enthielten für die einzelnen Nutzungsbereiche konkrete Angaben zu Größe und Anzahl der einzelnen Raumkategorien. So sah das Modellraumprogramm für eine zweizügige Realschule im Allgemeinen Unterrichtsbereich (AUB) beispielsweise 12 Klassenräume mit einer Größe von je 54-66m² (insgesamt somit 648-792m²) vor. Im Gegensatz hierzu sieht die Novellierung der Modellraumprogramme mit Ausnahme des Lehrer- und Verwaltungsbereichs lediglich ein pauschales Flächenkontingent vor. Dieses entspricht flächenmäßig bis auf wenige Ausnahmen den bisherigen Gesamtflächen (im Beispiel 648-792m² für den Allgemeinen Unterrichtsbereich einer zweizügigen Realschule). Die Aufteilung der Flächen erfolgt dabei durch den Schulträger nach den örtlichen Verhältnissen und Bedürfnissen. Gleichzeitig ist auch weiterhin sicherzustellen, dass die Funktionsfähigkeit und Kapazität der Schule sowie die für den lehrplanmäßigen Unterricht erforderlichen Räume gewährleistet sind.

B Lehrerarbeitsplätze
Im Lehrer- und Verwaltungsbereich enthalten die fortgeschriebenen Modellraumprogramme eine Erhöhung der Flächen für Lehrerarbeitsräume und Lehrerzimmer. Hierfür werden seitens des Landes zukünftig über alle Schularten hinweg 6-8m² je volles Lehrerdeputat an der Schule, mindestens jedoch 40m² insgesamt, angesetzt.

C Modellraumprogramm für Gemeinschaftsschulen
Die Ermittlung des Raumbedarfs für die Schulart Gemeinschaftsschule geschah bislang auf Grundlage der so genannten „Handreichung zur Beantragung einer Gemeinschaftsschule“. Hierbei wurde das Modellraumprogramm für Haupt- und Werkrealschulen sowie im naturwissenschaftlichen Fachraumbereich das Modellraumprogramm für Realschulen zugrunde gelegt. Darüber hinaus wurde ein pauschaler Flächenzuschlag für Ganztag und Inklusion sowie zusätzliche Flächen für Küche und Mensa gewährt. Die Novellierung der Schulbauförderungsrichtlinien enthält nun ein eigenständiges Raumprogramm für die Sekundarstufe I der Gemeinschaftsschule. Dieses enthält im Allgemeinen Unterrichtsbereich zusätzliche Flächen für Differenzierung und Ganztag in multifunktionaler Nutzung. Da alle Gemeinschaftsschulen per Schulgesetz auch Ganztagesschulen sind wurde dieses Modellraumprogramm darüber hinaus um einen Gemeinschaftsbereich ergänzt, der Flächen für Schülerbibliothek, Mensa und Küche vorsieht.

D Flächen für Inklusion
In die Modellraumprogramme der allgemein bildenden Schulen wurden (mit Ausnahme der Schemata für Förderschulen sowie Schulen für Geistigbehinderte) pauschale Flächenzuschläge von 10 Prozent für Inklusion aufgenommen. Bei ein- und zweizügigen Grundschulen beträgt der Zuschlag abweichend hiervon 20%. Diese Zuschläge werden auf die Summe der im Modellraumprogramm aufgeführten Nutzungsbereiche gewährt. Für die beruflichen Schulen ist ein Zuschlag für Inklusion in Höhe von 5-10% zur Fläche der allgemeinen Unterrichtsräume vorgesehen.

E Achtjähriges Gymnasium
Die bisherigen Modellraumprogramme für allgemein bildende Gymnasien basierten noch auf einem neunjährigen Bildungsgang (G9). Das fortgeschriebene Modellraumprogramm für diese Schulart stellt nun standardmäßig den Flächenbedarfs für ein achtjähriges Gymnasium dar, der Allgemeine Unterrichtsbereich wurde jeweils um einen Jahrgang gekürzt.


3. Umsetzung in Stuttgart

Für die Stadt als Schulträger haben momentan folgende Schulbaumaßnahmen mit großem Handlungsdruck Priorität:


Im Rahmen dieser Arbeitsschwerpunkte werden die veränderten Rahmenbedingungen der Schulbauförderung auf Ihre Umsetzbarkeit hin geprüft.

Sofern Schulen im Rahmen Ihres Raumbestands bereits über freie Kapazitäten verfügen, können diese Kapazitäten auf Grundlage der fortgeschriebenen Modellraumprogramme je nach Schwerpunktsetzung der Schule genutzt werden, wenn diese nicht zur Beseitigung von Raumdefiziten anderer Schulen benötigt werden.

A Pauschale Flächenvorgaben
Der Wegfall konkreter Angaben zu Größe und Anzahl der einzelnen Raumkategorien eröffnet der Stadt Stuttgart als Schulträgerin bei der räumlichen Ausgestaltung einer Schule größere Gestaltungsspielräume. Während die Schulverwaltung auch bislang bereits im Rahmen der geltenden Vorgaben die individuellen räumlichen Anforderungen einer Schule möglichst berücksichtigt hat, tragen die pauschalen Flächenansätze der neuen Modellraumprogramme den sich verändernden pädagogischen Anforderungen an Raum Rechnung und machen neben dem klassischen Klassenzimmer auch neue Unterrichts- und Raumkonzepte wie Lernateliers oder offene Lernwelten möglich.

B Lehrerarbeitsplätze
Nicht zuletzt mit dem zunehmenden Ausbau von Ganztagesschulen und der damit zusammenhängenden Rhythmisierung des Unterrichtsalltags, entsteht an den Schulen aufgrund der längeren Aufenthaltszeiten ein erhöhter Bedarf an Arbeitsplätzen für Lehrerinnen und Lehrer. Zusätzliche Flächen für Lehrerarbeitsplätze können jedoch auf Grund der Vielzahl an Schulen und Schulgebäuden in Stuttgart weder kurz- noch mittelfristig flächendeckend umgesetzt werden. Auch sind bauliche Maßnahmen ausschließlich zur Arrondierung bestehender Lehrerbereiche in der Regel nicht wirtschaftlich darstellbar. Die Erhöhung der Flächen für Lehrerarbeitsplätze auf 6-8m² je volles Deputat ist daher vorrangig bei ohnehin geplanten Neu- bzw. Erweiterungsbauten zu bzw. sofern im Rahmen des Raumbestands freie Kapazitäten umgenutzt werden könnten, zu prüfen

C Modellraumprogramm für Gemeinschaftsschulen
Während die ersten Planungsüberlegungen für die notwendige räumliche Erweiterung der Stuttgarter Gemeinschaftsschulen auf den oben dargestellten Vorgaben der Handreichung des Landes basierten, werden die weiteren Planungen auf Grundlage der Vorgaben des neuen Modellraumprogramms für Gemeinschaftsschulen erfolgen. Speziell für den Speisebereich sieht dieses 0,5m² pro Schüler für den Speisesaal sowie eine Küche mit 66-72m² Programmfläche vor. Dies entspricht der in Stuttgart bereits praktizierten Berechnungsweise für Speisebereiche an Ganztagesgrundschulen und soll auch bei den Gemeinschaftsschulen für eine Vollversorgung ausgelegt werden.

D Flächen für Inklusion
Die Schaffung von Flächen für Inklusion steht inhaltlich im Zusammenhang mit den zu erwartenden Regelungen der Schulgesetzänderung zur Inklusion. Die Landesregierung beabsichtigt vor der Sommerpause den entsprechenden Gesetzesbeschluss hierzu herbeizuführen. Als wesentlicher Inhalt der Gesetzgebung wird vermittelt, dass Inklusion pädagogische Aufgabe aller Schulen ist. Inklusion ist im vorliegenden Gesetzesentwurf allerdings an allen allgemeinen Schulen in der Grundstufe und in der Sekundarstufe 1 vorgesehen. Die gymnasiale Oberstufe und Berufliche Schulen sind jedoch hiervon ausgenommen.

Ebenfalls soll – anders als in anderen Bundesländern praktiziert – auf Schwerpunktschulfestlegungen verzichtet werden. Hiergegen wendet sich der Städtetag Baden-Württemberg und verweist auch aus finanziellen Gründen auf die Notwendigkeit der Entwicklung eines Schwerpunktschulkonzepts, um in baulicher Hinsicht die Infrastruktur und die baulichen Rahmenbedingungen für die Inklusion im umfassendsten Sinne schaffen zu können. In der Startphase der Inklusion könnte somit im Aufbauprozess eine bedarfsgerechte Entwicklung ermöglich werden.

Für Gemeinschaftsschulen ist die Inklusion im Schulgesetz festgeschrieben und damit rechtlich verankert.

Stuttgart als großer Schulträger mit rund 160 Schulen und etwa 1.000.000 m² Schulfläche kann den durchschnittlich 10%-igen Zuschlag keinesfalls in absehbarer Zeit an allen Schulstandorten realisieren. Angesichts der eingangs von Teil 3 geschilderten Handlungsfelder muss die Konzentration daher auf bereits angestoßene Projektstandorte liegen.

Schwerpunktstandorte der Inklusion in einem baulich umfassenden Sinne sollen damit beispielsweise sein:
· Campusstandorte (Schulische Standortverbünde)
· Gemeinschaftsschulen

Die Verwaltung wird daher zunächst die Priorität der Schaffung von zusätzlichen Inklusionsflächen besonders an diesen Standorten weiterverfolgen.

Im Bereich der Ganztagesgrundschulen besteht mit dem Stuttgarter Raumstandard bereits seit Jahren eine Grundlage, die die seitherigen Flächenvorgaben des Landes überschritten hat. Jede Ganztagesgrundschule, an der bauliche Maßnahmen mit diesen Rahmenbedingungen bereits realisiert wurden bzw. wird, ist damit ebenfalls bereits jetzt in der Lage, Differenzierungsmöglichkeiten für Inklusion auszuschöpfen.

E Achtjähriges Gymnasium
Die räumliche Situation der bestehenden öffentlichen Gymnasien in Stuttgart basiert auf einem neunjährigen Bildungsgang mit entsprechender Zahl an allgemeinen Unterrichtsräumen. Mit dem doppelten Abiturjahrgang 2012 und dem damit abgeschlossenen Übergang in das G8 haben sich an dieser Schulart somit räumliche Kapazitäten ergeben, die in den vergangenen Jahren zur Bewältigung der steigenden gymnasialen Nachfrage in Stuttgart genutzt werden konnten. Bei zukünftigen baulichen Erweiterungen oder Neubauten im gymnasialen Bereich zur nachhaltigen Deckung des angestiegenen Bedarfs wird in der Regel das Modellraumprogramm des achtjährigen Bildungsgangs zu Grunde zu legen sein.


Finanzielle Auswirkungen

Durch die Erhöhung der Kostenrichtwerte um 15% kann mit entsprechend höherer Bezuschussung von Schulbauvorhaben durch das Land gerechnet werden. Durch den Wegfall der Förderung von Generalsanierungen und die Vergrößerung des Modellraumprogramms kann davon ausgegangen werden, dass eine Entlastung des städtischen Haushalts nicht eintritt.

Inwiefern die dargestellte Vorgehensweise zur Umsetzung der fortgeschriebenen Modellraumprogramme an den öffentlichen Schulen in Stuttgart zu baulichen Mehrkosten auf Grund zusätzlich herzustellender Flächen führen wird, ist abhängig von der individuellen Ausgangssituation der jeweiligen Schule. Hierzu kann im Rahmen der entsprechenden Einzelvorlage berichtet werden.

Es kann noch nicht abschließend abgeschätzt werden, inwieweit die Dokumentation zum nachhaltigen Bauen den Verwaltungsaufwand für die Antragstellung der Schulbauförderung erhöht.



Beteiligte Stellen

Referate T und WFB

Vorliegende Anträge/Anfragen

Keine

Erledigte Anträge/Anfragen

Keine



Dr. Susanne Eisenmann

Anlagen

Schema zur Ermittlung des Flächenbedarfs (Modellraumprogramm): Gegenüberstellung

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