2. Die Verwaltung wird ermächtigt, Personal im Umfang von 3,0 VZK befristet für die Dauer von 4 Jahren außerhalb des Stellenplans für folgende Aufgaben einzustellen:
Begründung: Das Land Baden-Württemberg setzt alles daran, bis 2030 eine echte Verkehrswende zu erreichen. Dazu soll der öffentliche Nahverkehr verdoppelt werden, jedes dritte Auto klimaneutral angetrieben werden, in den Städten ein Drittel weniger Kfz-Verkehr unterwegs sein, jeder zweite Weg selbstaktiv mit Rad oder zu Fuß zurückgelegt werden und jede dritte Tonne Fracht klimaneutral transportiert werden.
Dabei sind insbesondere die Stadt- und Landkreise entscheidende Akteure. Nur mit aktiven Stadt- und Landkreisen wird die vom Land angestrebte Verkehrswende gelingen. Daher unterstützt das Land Baden-Württemberg die kommunalen Akteure beim Aufbau der dafür notwendigen Strukturen in der Verwaltung durch die Förderung von zusätzlichem Personal. Im Rahmen der Förderung von Personalkosten zur Nachhaltigen Mobilität gewährt das Land zweckgebundene Förderungen, um kurzfristig personelle Kapazitäten auszubauen. Durch dieses Personal sollen die Stadt- und Landkreise auch in die Lage versetzt werden, die attraktiven Förderungen von Bund und Land im Bereich Nachhaltige Mobilität auszuschöpfen.
Die Landeshauptstadt Stuttgart hat sich um die Förderung von Personalkosten zur Nachhaltigen Mobilität in Stadt- und Landkreisen in Baden-Württemberg beim Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg erfolgreich beworben.
Insgesamt wurden drei Ermächtigungen bewilligt:
2. Management Ladeinfrastruktur (S/OB)
3. Koordination Mobilitätsstationen (Amt für Stadtplanung und Wohnen)
1. Erstberatung Elektromobilität (S/OB)
Das Thema Elektromobilität wird im Referat Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität (S/OB) aktuell durch die „Koordinierungsstelle Elektromobilität“ (1,0 VZK, EG 13) betreut. Durch diese Stelle werden bisher sämtliche Aktivitäten der Landeshauptstadt Stuttgart im Bereich Elektromobilität koordiniert und auch alle ankommenden Bürgerfragen beantwortet.
Das Thema Elektromobilität hat in den vergangenen Jahren sowohl an Komplexität als auch bezüglich der reinen Zahl von Projekten und Anfragen sehr deutlich zugenommen. Die Koordinierungsstelle ist mit zahlreichen Aufgaben voll ausgelastet: Strategien zur Elektrifizierung des Fuhrparkes, des Ausbaus von Normalladeinfrastruktur, Schnellladeinfrastruktur, High-Power-Charging, Wasserstoff-Tankinfrastruktur, taxispezifischer Ladeinfrastruktur und Förderung, Elektrifizierung eigener Liegenschaften, Durchführung von Veranstaltungen wie dem Aktionstag Elektromobilität, Austausch mit Bundes- und Landesebene, Beantwortung von Presseanfragen und Vorbereitung von Terminen jeglicher Art mit Bezug zur Elektromobilität. Hinzu kommen auch heute schon viele Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern, die von den Fachämtern, dem Infoservice oder der Mobilitätsberatung inhaltlich nicht übernommen werden können, da neue oder komplexe Sachverhalte angesprochen werden, die erst erarbeitet und aufbereitet werden müssen. Während in einfachen Fällen durch eine Art „Kurzberatung“ bspw. zum Fahrzeugangebot und möglichen Förderprogrammen auf eine entsprechende Website (u.a.- das „Virtuelle Zentrum Elektromobilität Region Stuttgart“) verwiesen werden kann, ist in vielen Fällen trotz des Onlineangebotes eine individuelle Beratung notwendig, auch um Ratsuchende ihre Vorbehalte vor der Elektromobilität zu nehmen und deren Zusammenhänge verständlich zu erklären. Zunehmend wird auch detailliert nach Lademöglichkeiten in allen Stadtbezirken oder Stadtteilen gefragt, sowohl zum Angebot öffentlicher Ladeinfrastruktur als auch zu technischen wie organisatorischen Möglichkeiten von privater und halböffentlicher Ladeinfrastruktur (z.B. bei einem Arbeitgeber für seine Mitarbeitenden oder bei einem Einzelhändler für seine Kunden etc.). Es ist damit zu rechnen, dass die Zahl der Anfragen stark ansteigen wird, weil es aktuell die folgenden Entwicklungen gibt:
§ Von Dezember 2019 bis August 2020 ist die Zahl der in Stuttgart zugelassenen Elektroautos um 32 % bei vollelektrischen und um 68 % bei Plug-in-Hybriden gestiegen, das sind 2.762 Fahrzeuge. Durch die im Rahmen des Corona-Konjunktur-pakets beschlossenen Kaufprämien werden die Zahlen noch schneller ansteigen.
§ Das am 17. September 2020 verabschiedete Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz - WEMoG) gewährt jedem Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, ihm auf eigene Kosten den Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug zu ermöglichen.
§ Kurz vor der Verabschiedung steht das Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (Gebäude-Elektro-mobilitätsinfrastruktur-Gesetz – GEIG). Ziel des Gesetzes ist es, den Ausbau der Leitungs- und Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität im Gebäudebereich zu beschleunigen. Der wesentliche Regelungsinhalt sieht vor, dass bei Neubau oder größerer Renovierung von Gebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen in Wohngebäuden künftig jeder Stellplatz, in Nichtwohngebäuden jeder fünfte Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel auszustatten ist. Zusätzlich ist in Nichtwohngebäuden mindestens ein Ladepunkt zu errichten.
Es ist somit damit zu rechnen, dass der Beratungsbedarf deutlich ansteigen wird und nur mit zusätzlichem Personal bewältigt werden kann.
Derzeit werden durch die Stadtverwaltung 346 neue, zusätzliche Normalladestandorte sowie bis zu 30 Schnellladestandorte im öffentlichen Raum entwickelt, die bis Ende 2021 errichtet sein sollen. Dies geschieht mit hohem Zeit- und Personalaufwand. Mit der Errichtung der Ladesäule ist die Verantwortung der LHS als Flächeneigentümer noch nicht beendet. Über seine gesamte Lebenszeit muss die Kommune den Standort auch „betreuen“. Bei Umbaumaßnahmen im Straßenraum müssen diese versetzt werden, inklusive Kostenregelung nach Verursacherprinzip. Bei längeren Straßensperrungen muss der Anbieter informiert werden. Und nach Ablauf der Konzessionsdauer muss eine Nachfolgeregelung samt Restwertbetrachtung des Netzanschlusses gefunden werden. Über den reinen Betrieb hinaus (dieser erfolgt nicht durch die Kommune, sondern durch Investoren wie EnBW oder die Stadtwerke Stuttgart) muss es ein kommunales Management öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur geben. Dieses ist umso umfangreicher, je mehr Standorte existieren. Der dadurch steigende Personalaufwand ist eine Folge des großen Erfolges und der Vorreiterposition der Landeshauptstadt Stuttgart im Bereich der Ladeinfrastruktur.
Auch private Ladeinfrastruktur kann und sollte durch die Kommune betreut und begleitet werden. Während kleinere Projekte wie eine private Wallbox rasch durch eine Erstberatung erledigt sein können (siehe 1.), erfordern Infrastrukturprojekte in größeren Wohneinheiten, Parkhäusern und Gewerbeimmobilien komplexere Überlegungen und Beratung hinsichtlich Lastmanagement und vorgelagerter Infrastruktur. Auch bei rein privaten Projekten kommt daher der Landeshauptstadt Stuttgart eine beratende und begleitende Funktion zu. Ein Förderprogramm privater Ladeinfrastruktur ist aktuell bei der Koordinierungsstelle Elektromobilität in Entwicklung. Zahlreiche Rahmenbedingungen werden durch den Bundesgesetzgeber aktuell präzisiert, und müssen der Stadtgesellschaft verständlich erklärt werden. Wie oben schon erwähnt, zählen die vorgesehenen Bundesgesetze WEMoG und GEIG dazu. Die Plattform Urbane Mobilität, bei der die Stadt Stuttgart Mitglied ist, hat in einem Thesenpapier eine Reihe von Punkten aufgeführt, die in den Gesetzen nicht oder nicht deutlich genug geregelt sind und deshalb einer Interpretation bedürfen. Auch dies wird zu einem höheren Aufwand führen, ust aber notwendig, um die Akzeptanz der Elektromobilität zu steigern.
Beide Ermächtigungen – Erstberatung Elektromobilität und Management Ladeinfrastruktur – ergänzen die Koordinierungsstelle Elektromobilität sinnvoll und entfalten nur in enger Abstimmung mit dieser und untereinander ihre Wirkung. Es ist im bundesweiten Vergleich eine Stärke der Landeshauptstadt Stuttgart, dass die zukunftsträchtigen Themen der nachhaltigen Mobilität gebündelt und strukturell wie personell klar zugeordnet sind. Durch die bewilligten Stellen bleibt diese Stärke auch angesichts des sich rasant beschleunigenden Wandels erhalten.
Im Rahmen der Beratungen über das Carsharingkonzept im Januar 2020 hat die Verwaltung dem Gemeinderat zugesagt, ein Konzept zu Mobilitätsstationen vorzulegen. Dieses Konzept ist so auch im Aktionsplan „Nachhaltig mobil in Stuttgart“ als Maßnahme enthalten. Mobilitätsstationen sind intermodale Verknüpfungspunkte an wichtigen ÖPNV-Knoten im Stadtgebiet. Durch die Bündelung von Mobilitätsangeboten, sowie ergänzenden Service- und Versorgungsleistungen soll der Umweltverbund attraktiver und der Übergang zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln erleichtert werden. Die Weiterentwicklung der in die Jahre gekommene Stuttgarter Regionalbahn-, S-Bahn und Stadtbahnhaltestellen sowie deren städtebauliches Umfeld in moderne Mobilitätsstationen der Zukunft ist eine komplexe planerische Aufgabe: