Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales/Jugend und Gesundheit
Gz: SJG
GRDrs 1011/2015
Stuttgart,
11/04/2015



Haushalt 2016/2017

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 13.11.2015



Förderung der psychotherapeutischen Angebote für Geflüchtete von
refugio stuttgart e. V. und der PBV Stuttgart


Beantwortung / Stellungnahme


Die von refugio stuttgart e. V. und der Psychologischen Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene (PBV) der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e. V. erbrachten Leistungen lassen sich unterteilen in:

a.) Psychologische und psychotherapeutische Versorgung traumatisierter Flüchtlinge (Therapie)

b.) Psychosoziale Angebote für Traumatisierte, Beratung, Fortbildung und Schulung der Betreuungskräfte (z. B. in den Flüchtlingsunterkünften)


Psychologische und psychotherapeutische Versorgung

Die psychologische und psychotherapeutische Versorgung traumatisierter Flüchtlinge ist dem medizinischen Bereich zuzuordnen. Die Kosten werden über die gesetzliche Krankenversicherung und bei nicht versicherten Personen über die Krankenhilfe nach §§ 4 und 6 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) finanziert. Dolmetscher- und Fahrtkosten können ebenfalls von der Krankenhilfe getragen werden, auch für Flüchtlinge mit Krankenversicherung, wenn die Krankenkassen diese Kosten nicht übernehmen.

Die Landeshauptstadt Stuttgart übernimmt diese Kosten nach AsylbLG auch für Angebote bei Therapeuten ohne Kassenzulassung als Freiwilligkeitsleistung. Diese Freiwilligkeitsleistung stellt eine Ergänzung zum Kassensystem dar und wird bis zu einer jährlichen Gesamtkostenhöhe von 28.000 EUR erbracht (s. GRDrs 814/2007 „Institutionelle Förderung von Psychotherapien für nichtversicherte Flüchtlinge“). Dieser Kostenrahmen ist derzeit ausreichend.


Leistungen, die von refugio stuttgart e. V. und der Psychologischen Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene (PBV) der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e. V. erbracht werden und den hier beschriebenen entsprechen, können nicht Gegenstand einer Förderung sein, wie sie in Antrag Nr. 775/2015 beschrieben sind, da diese Leistungen (Therapie-, Dolmetscher- und Fahrtkosten) bereits übernommen werden.

Psychosoziale Angebote für traumatisierte Flüchtlinge

Angesichts gestiegener Flüchtlingszahlen wächst der Bedarf an sozialpädagogischen und psychosozialen Angeboten (im Vorfeld oder in Begleitung der eigentlichen Therapie) speziell für traumatisierte Flüchtlinge. Hierzu gehören neben Beratungen von Hilfesuchenden und ihren Angehörigen auch stützende nicht-therapeutische Gespräche sowie die Begleitung und Unterstützung bei der Inanspruchnahme psychologischer und psychotherapeutischer Angebote (Schriftverkehr im Vorfeld der Angebote). Hinzu kommen Aufnahmegespräche und Screeningverfahren, Psychoedukation, Arbeit mit Gruppen, Netzwerkarbeit und Vermittlung ehrenamtlicher Begleitung.

Auch Referententätigkeiten zur Weiterbildung von Trauma sensiblen Multiplikatoren sind wichtige Aufgaben. Hierzu gehören aus Sicht der Landeshauptstadt Stuttgart vor allem Fortbildungen und Schulungen der hauptamtlichen Betreuungskräfte freier Träger, z. B. in den städtischen Unterkünften. Diese Personen stehen in direktem Kontakt mit den Betroffenen. Sie professionell auf die Bedürfnisse von Menschen mit traumatisierenden Erfahrungen vorzubereiten, ist mitentscheidend für den Erfolg einer psychotherapeutischen Versorgung und kann zudem dazu beitragen, Retraumatisierungen zu vermeiden und präventiv spätere Behandlungskosten zu reduzieren. Dadurch kann die Qualität der sozialen Betreuung in den Unterkünften im Hinblick auf Traumatisierte entscheidend verbessert werden.

Die psychosozialen Angebote stellen den größeren Teil der Leistungen der beiden hier genannten Träger dar. So hat beispielsweise refugio stuttgart e. V. im Jahr 2014 insgesamt 4.362 sogenannte Einzelleistungen (sowohl psychosoziale als auch psychotherapeutische) für 533 Klientinnen und Klienten erbracht. Davon waren jedoch nur 283 Leistungen tatsächliche Therapiestunden im Sinne einer psychologischen und psychotherapeutischen Versorgung. Die restlichen Leistungen umfassen z. B. Aufnahmegespräche, Begleitung, Beratung, Dokumentation, Übernahme schriftlicher Korrespondenz, Telefonate. Von einer Verdoppelung dieser Fallzahlen bis Ende 2015 wird ausgegangen.

Anders als psychologische und psychotherapeutische Leistungen können die o. g. psychosozialen Angebote nach SGB V nicht abgerechnet werden. Die Träger sind auf eine andere Mitfinanzierung angewiesen. Vor dem Hintergrund des massiven Anstiegs der Flüchtlingszahlen sollte dieser Aufgabenbereich der psychosozialen Angebote gestärkt werden, um das Ziel einer gelungenen Integration der Flüchtlinge in der Landeshauptstadt Stuttgart zu erreichen.

Eine pauschale Förderung von refugio stuttgart e. V. und der Psychologischen Beratungsstelle für politisch Verfolgte und Vertriebene (PBV) der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e. V. von jeweils 50.000 EUR pro Jahr und Träger wird für die Erbringung psychosozialer Angebote in der hier beschriebenen Form von der Sozialverwaltung deshalb ausdrücklich befürwortet. Details zur Angebotserbringung müssten noch zwischen den Trägern und der Sozialverwaltung abgestimmt werden.







Vorliegende Anträge/Anfragen

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775/2015 (SÖS/LINKE/PluS)




Isabel Fezer Bürgermeisterin



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