Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz: OB
GRDrs 1389/2013
Stuttgart,
02/05/2014



Kommunale Entwicklungspolitik - Pilotprojekt mit dem Städtetag Baden-Württemberg



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
19.02.2014
20.02.2014



Beschlußantrag:

1. Die Verwaltung wird ermächtigt, mit dem Städtetag Baden-Württemberg (BW) einen Vertrag für die erste Projektphase von 12 Monaten des Pilotprojektes „Kommunale Entwicklungspolitik“ zu schließen. Das Pilotprojekt wurde zwischen der zivilgesellschaftlichen Serviceinstitution Engagement Global und dem Städtetag BW vereinbart und hat eine Gesamtlaufzeit von fünf Jahren. Die Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) übernimmt im Auftrag des Städtetags BW im ersten Jahr voraussichtlich von März 2014 bis Februar 2015 die Durchführung der ersten Projektphase. 2. Für die bei der LHS anfallenden Personal-und Sachaufwendungen stellt der Städtetag BW kostendeckend 125 TEUR zur Verfügung. Das Pilotprojekt wird im Teilergebnishaushalt 810 – Bürgermeisteramt – abgebildet.

3. Vom zusätzlichen Personalbedarf in Entgeltgruppe 11 TVöD (50%) und in Entgeltgruppe 6 TVöD (50%) für das Pilotprojekt „Kommunale Entwicklungspolitik“ im Persönlichen Referat des Oberbürgermeisters, Abteilung Außenbeziehungen, wird zustimmend Kenntnis genommen. Die Verwaltung wird ermächtigt außerhalb des Stellenplans während der Projektlaufzeit von 12 Monaten (voraussichtlich von März 2014 bis Februar 2015) Personal im entsprechenden Umfang haushaltsneutral zu beschäftigen.






Begründung:


1. Hintergrund/Entstehung

Die Kommunale Entwicklungszusammenarbeit (KEZ) gewinnt weltweit an Bedeutung. Kommunale Entwicklungspolitik ist in vielen deutschen Kommunen gelebte Praxis. So pflegt Stuttgart Partnerschaften mit anderen Städten wie Kairo und Menzel Bourguiba in Afrika oder Mumbai in Indien. Das kommunale Engagement geht aber weit über die reine Partnerschaft hinaus, z. B. bei Maßnahmen zur fairen Beschaffung, bei Bündnissen für Integration oder bei der Unterstützung von fachbezogenen entwicklungspolitischen Netzwerken.

Ausgangspunkt waren die vereinten Nationen, die bereits 1992 und dann erneut im Jahr 2000 die acht Entwicklungsziele benannt haben und dabei gleichzeitig Städte und Gemeinden aufgerufen haben, aktiv zu werden, denn es brauche lokale Antworten, um globale Herausforderungen zu lösen:


Stuttgart hat mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit das Bündnis „Stuttgarter Partnerschaft Eine Welt“ gegründet, ein Bündnis von Partnern, die in vielen Ländern der Erde intensive Kontakte pflegen, sei es im Bereich Kultur, Bildung und Forschung, seien es soziale Netzwerke, Netzwerke der Krankenhäuser oder Netzwerke der international tätigen Unternehmen und im Umweltbereich. Kommunale Entwicklungspolitik wird in Stuttgart als Querschnittsaufgabe unter Einbindung der fachlich engagierten Referate und der Zivilgesellschaft wahrgenommen.

Die Landesregierung Baden-Württemberg hat im Februar 2013 entwicklungspolitische Leitlinien beschlossen, die ebenfalls die Bedeutung des entwicklungspolitischen Engagements der Städte, Gemeinden und Landkreise hervorheben und betonen, dass dieses ausgebaut werden soll. Die kommunalen Spitzenverbände sowie der Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) unterstützen im Bereich der internationalen Zusammenarbeit gezielt Initiativen der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit.

Mit dem vorliegenden Pilotprojekt verfolgen der Städtetag Baden-Württemberg, das Land Baden-Württemberg und die Engagement Global gGmbH das Ziel, die Kommunen für die Entwicklungspolitik zu gewinnen und die Entwicklungspolitik in baden-württembergischen Kommunen zu verankern, zu verstetigen und zu verbreitern.

Die Engagement Global gGmbH versteht sich als Service-Institution für zivilgesellschaftliches Engagement in der Eine Welt-Arbeit. Sie ist Ansprechpartnerin in Deutschland für entwicklungspolitisches Engagement, deutschlandweit und international. Seit 1. Januar 2012 vereint Engagement Global unter ihrem Dach Einrichtungen, Initiativen und Programme, die sich in der entwicklungspolitischen Arbeit aktiv für ein gerechtes globales Miteinander einsetzen.

Die sogenannte Service-Stelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) wurde als Abteilung der Engagement Global und Kompetenzzentrum zur Kommunalentwicklungspolitik gegründet. Als Service- und Beratungseinrichtung für Kommunen unterstützt sie kommunale Akteure nicht nur durch Qualifizierungsinformations- und Beratungsangebote, sondern setzt auch Modellprojekte um und gibt Hilfestellungen bei der finanziellen Förderung.

Beide Initiatoren bekräftigen den Grundsatzbeschluss der Landesregierung und möchten Ihren Beitrag zum Ausbau der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit in Baden-Württemberg leisten. Dazu wurde eine Kooperationsvereinbarung geschlossen, die Ziele und Maßnahmenpläne zur Fortentwicklung des entwicklungspolitischen Engagements der baden-württembergischen Kommunen enthält. Um die ehrgeizigen Ziele und Maßnahmen erfolgreich umzusetzen, sind die Kooperationspartner auf externe Unter­stützung angewiesen.

Durch die landesweite Vorreiterposition der Landeshauptstadt Stuttgart auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit – bereits lange vor dem Beschluss oben genannter Leitlinien begann Stuttgart seine entwicklungspolitischen Aktivitäten strategisch auszurichten – hat der Städtetag die Stadt Stuttgart als kommunaler Dienstleister um eine aktive Projektbeteiligung gebeten.


2. Projektbeschreibung

Das Pilotprojekt „Kommunale Entwicklungspolitik“ ist in dieser Form einzigartig und neu, denn erstmals fördert die SKEW (Servicestelle für Kommunen in der Einen Welt) als Teil der Engagement Global gGmbH einen kommunalen Landesverband im Rahmen eines Projektes der Entwicklungszusammenarbeit. Der Städtetag Baden-Württemberg hat dazu mit Engagement Global die Kooperationsvereinbarung „Kommunale Entwicklungspolitik“ abgeschlossen, in der die Projektziele, Maßnahmen und der Finanzierungsplan für die erste Projektphase geregelt sind. Der Städtetag ist vertragsgemäß für die Durchführung des Pilotprojektes verantwortlich. Das Pilotprojekt wird vom Land Baden-Württemberg finanziell unterstützt.

Das zentrale Ziel des Pilotprojektes besteht darin, die Zahl der entwicklungspolitisch
aktiven Kommunen zu erhöhen. Führungskräfte und Mitarbeiter in den baden-württem­bergischen Kommunen sollen zum Initiieren von Maßnahmen angeregt und zur selbstständigen Bearbeitung von Themen der Entwicklungspolitik befähigt werden. Durch verschiedene Maßnahmen sollen diese daher in einer ersten Phase für das Thema sensibilisiert und über Möglichkeiten der kommunalen Entwicklungspolitik informiert werden.


Neben dem Aufbau eines Netzwerkes „Kommunale Entwicklungspolitik“ soll parallel auch die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich ausgebaut werden. Die Handlungsvorschläge der entwicklungspolitischen Leitlinien des Landes für die kommunale Ebene dienen als Grundlage.

In der ersten Projektphase (12 Monate Laufzeit) sollen durch die Stuttgarter Beteiligung die in der Landeshauptstadt vorhandenen Erfahrungen in der Entwicklungszusammenarbeit für den Start des Pilotprojektes genutzt werden.

Als Ergebnis der ersten Projektphase ist u.a. eine Broschüre über die kommunale Entwicklungszusammenarbeit geplant, die an sämtliche Bürgermeister und Gemeinderäte in Baden-Württemberg herausgegeben werden soll. Ziel ist es, die Erfolgsgeschichte der Broschüre des Städtetages zur Bürgerbeteiligung („Hinweise und Empfehlungen zur Bürgermitwirkung in der Kommunalpolitik“) fortzusetzen, an deren Erstellung die Stadt Stuttgart, insbesondere Herr Bürgermeister Dr. Schairer und Frau Stadtdirektorin Klett-Eininger, maßgeblich beteiligt war.

Die Laufzeit der ersten Projektphase beträgt ein Jahr. Der Beginn ist für den 1. März 2014 geplant. Die erste Projektphase ist bei planmäßigem Beginn bis zum 28. Februar 2015 befristet.

Um die genannten Ziele zu erreichen, sind in der ersten Projektphase in enger Zusammenarbeit mit dem Städtetag und den weiteren Kooperationspartnern folgende Maßnahmen geplant:

· Thematische Einarbeitung, Identifizierung und Beschreibung von Strukturen im Themenfeld „Entwicklungspolitik“ und detailliertere Projektplanung mit den beteiligten Kooperationspartnern.

· Erarbeitung eines Konzepts zur „Entwicklungszusammenarbeit in baden-württembergischen Kommunen“ als Empfehlung für die lokale Umsetzung von kommunaler Entwicklungszusammenarbeit in Baden-Württemberg.

· Vorstellung des Pilotprojekts und des Konzepts auf Veranstaltungen, Tagungen sowie in persönlichen Gesprächen in Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern zur Sensibilisierung und Überzeugung von kommunalen Führungskräften und Mitarbeitern.

· Gründung einer Arbeitsgruppe „Entwicklungspolitik baden-württembergischer Kommunen“ auf Grundlage der zuvor etablierten Kontakte. Die AG dient dem Austausch von Erfahrungen, der Entwicklung möglicher gemeinsamer Projekte, der Zusammenarbeit sowie der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Projektidee „kommunale Entwicklungspolitik“. Den Teilnehmern werden bei Interesse Beratungsleistungen und Qualifikationen im Themenfeld der Entwicklungspolitik bei den Kooperationspartnern vermittelt.

· Zusammenstellung guter Beispiele kommunaler Entwicklungszusammenarbeit aus baden-württembergischen Städten für die geplante Broschüre.


· Erstellung der Broschüre „Kommunale Entwicklungszusammenarbeit“.

· Übertragung der Koordination der Arbeitsgruppe auf eine Mitgliedskommune des Städtetags Baden-Württemberg zur Fortführung des Pilotprojekts nach Ablauf der ersten Projektphase.

· Projektmanagement und Öffentlichkeitsarbeit während der ersten Projektphase.


3. Nutzen

Die Zusammenarbeit mit dem Städtetag BW in dem Pilotprojekt „Kommunale Entwicklungspolitik“ hat für die Landeshauptstadt folgenden Nutzen:

· Das Pilotprojekt ermöglicht den für die Zukunftsfähigkeit der Stadt notwendigen Erfahrungsaustausch auf kommunaler Ebene, der innovative internationale Lösungsansätze für städtische Problemstellungen, das frühzeitige Kennenlernen und die Umsetzung internationaler Standards einschließt.

· Die Kompetenz der beteiligten Mitarbeiterin der Stadtverwaltung wird auf den Gebieten des Projektmanagements, der strategischen Analyse und der interkommunalen Kommunikation ausgebaut und gestärkt.

· Die Entscheidung des Städtetages Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart als erste beteiligte Mitgliedskommune auszuwählen, trägt zur weiteren Steigerung der Qualität der internationalen Arbeit der Landeshauptstadt bei. Damit erfährt die langjährige Pionierarbeit der Stadt im Bereich kommunale Entwicklungszusammenarbeit eine große Wertschätzung.

· Die bereits bestehende gute Partnerschaft der Landeshauptstadt mit den Partnern im Land im Bereich der internationalen Zusammenarbeit, insbesondere die gute Zusammenarbeit mit dem Städtetag, wird weiter gestärkt und verfestigt.

· Die Landeshauptstadt erfährt frühzeitig von Entwicklungen im Bereich der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit auf Bundes- und Landesebene.

· Die Arbeit der Geschäftskreise in allen Handlungsfeldern der Entwicklungszusammenarbeit – faires Beschaffungswesen, globales Lernen, Bürgerhaushalt, Migration und Entwicklung etc. – kann durch die Projektbeteiligung ausgebaut und ergänzt werden. Als Beispiele für das bisherige entwicklungspolitische Engagement der Landeshauptstadt sind u. a. die Arbeit von Frau Bürgermeisterin Fezer in ihrer Funktion als stellvertretende Vorsitzende im Ausschuss für Kommunale Entwicklungszusammenarbeit des Rates der Gemeinden und Regionen Europas/Deutsche Sektion, die Initiierung des Projektes Welthaus unter der Federführung von Herrn Bürgermeister Wölfle (Referat AK) und das erfolgreiche von Referat StU koordinierte Projekt INTEGRATION – Integrierte Stadtentwicklung (deutsch-lateinamerikanische Kooperation zur Brachflächenentwicklung) anzuführen.

· Daneben bietet die Suche nach Best-Practices anderer Kommunen die Chance, eigene Projektideen in Anlehnung an die gewonnenen Erkenntnisse weiter zu entwickeln.


Finanzielle Auswirkungen

Das Pilotprojekt Entwicklungspolitik hat in der ersten Projektphase ein Gesamtvolumen von 155 Tsd. €. Es wird vom Land Baden-Württemberg mit 30 Tsd. € gefördert. Die Kooperationspartner Städtetag Baden-Württemberg und Engagement Global leisten einen Eigenanteil in Höhe von 45 Tsd. € bzw. 80 Tsd. €.

Die LHS erhält aus dem Projektmittelbudget für die einjährige erste Projektphase 125 TEUR zur Deckung ihrer anfallenden Personal- und Sachaufwendungen.

Die Finanzierung der für die Projektarbeit seitens der LHS anfallenden Personal- und Sachaufwendungen erfolgt im Teilergebnishaushalt 810 – Bürgermeisteramt -, Amtsbereich 8107060, Abteilung Außenbeziehungen. Der überplanmäßige Aufwand wird voll umfänglich durch Erträge aus Kostenerstattungen durch den Städtetag BW gedeckt.

Der LHS erwächst aus der Teilnahme am Pilotprojekt keine Daueraufgabe.


Beteiligte Stellen

Die Referate WFB und AK haben die Vorlage mitgezeichnet.




Fritz Kuhn
Oberbürgermeister


Anlagen






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Kooperationsvereinbarung.pdfKooperationsvereinbarung.pdf