Landeshauptstadt Stuttgart
Technisches Referat
Gz: T
GRDrs 1026/2023
Stuttgart,
11/27/2023



Wilhelmsbrücke
- Bau einer temporären Behelfsbrücke
- Rückbau des Bestandsbauwerks
- Planungswettbewerb und Ersatzneubau




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Verwaltungsausschuss
Beschlussfassung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
12.12.2023
13.12.2023



Beschlußantrag:

1. Von den Ergebnissen des Büros Leonhardt, Andrä und Partner Beratende
Ingenieure (LAP) zum Bauwerkszustand der Wilhelmsbrücke wird Kenntnis
genommen.

2.1 Dem Bau einer temporären Behelfsbrücke in der Achse der Rosensteinbrücke
gemäß der Kostenschätzung des Tiefbauamts vom 10. Oktober 2023 in Höhe von
2.000.000 EUR zzgl. 120.000 EUR aktivierungsfähiger Eigenleistungen wird
zugestimmt.

2.2 Die voraussichtlichen Gesamtkosten für den Bau einer Behelfsbrücke in Höhe von 2.3 Der außerplanmäßigen Auszahlung im Haushaltsjahr 2023 in Höhe von 220.000
EUR beim Projekt 7.661113 - Behelfsbrücke Wilhelmsbrücke, Ausz.Gr. 7872 – Tief
baumaßnahmen wird zugestimmt. Die Deckung erfolgt im Teilfinanzhaushalt 660 -
Tiefbauamt beim Projekt 7.662982 - Ingenieurbauwerke. 3.1 Dem Rückbau und dem Ersatzneubau der Wilhelmsbrücke auf Grundlage der Querschnitte (Anlage 1) wird zugestimmt.
3.2 Den hierfür erforderlichen Planungsleistungen für den Rückbau und den Ersatzneubau von 3.500.000 EUR wird zugestimmt.

3.3 Die erforderlichen Planungsleistungen im Jahr 2024 in Höhe von 700.000 EUR und im Jahr 2025 in Höhe von 600.000 werden im Teilergebnishaushalt 660 - Tiefbauamt, Amtsbereich 6605440 Bundesstraßen, KontenGr. 42120, Unterhaltung sonstiges unbewegliches Vermögen gedeckt. 4. Der Durchführung eines Ingenieurwettbewerbs für die Planungen des Rückbaus
und des Ersatzneubaus im Rahmen eines europaweiten Vergabeverfahrens nach
Vergabeverordnung VgV wird zugestimmt, einschließlich planerischer und vergabe-
rechtlicher Vorbereitungen.

5. Dem grundsätzlichen Vorgehen für die Abfolge der Ersatzneubauten von Wilhelms-
brücke und der Rosensteinbrücke wird zugestimmt.


Begründung:


1. Bericht zum Bauwerkszustand der Wilhelmsbrücke


Angaben zur Wilhelmsbrücke

Die bestehende Wilhelmsbrücke wurde 1949 errichtet. Die Brücke überquert den Neckar als Bundeswasserstraße und verknüpft Bad Cannstatt mit der Neckarvorstadt. Mit einer lichten Weite von rund 69 m überführt das Bauwerk zwei Fahrspuren und verbindet die Neckartalstraße mit der Überkinger-, bzw. Marktstraße. Die Brückenbreite beträgt rund 13,0 m. Die Wilhelmsbrücke ist als Trogbrücke konzipiert und als genietete Stahlbrücke ausgeführt.

Seit dem 28. März 2022 ist das Bauwerk im Rahmen eines Verkehrsversuchs für den Kfz-Verkehr gesperrt.

Anlassbezogene Bauwerksprüfung und Sofortmaßnahmen

An der Wilhelmsbrücke wurden Auffälligkeiten an der Konstruktion festgestellt. Daraufhin wurde eine Sonderprüfung durch das Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure (LAP) veranlasst. Die Sonderprüfungen an der Brückenuntersicht erfolgte am 8. Februar 2023 und am 6. März 2023.

Bei der Bauwerksprüfung wurden maßgebliche Korrosionsschäden an den Hauptträgern, den Quer- und Kragträgern, sowie den Längsträgern im Fahrbahn- und Kragarmbereich festgestellt. Die Korrosionsschäden sind teilweise weit fortgeschritten und haben zu Blattrostbildung und Querschnittsverlusten geführt. Auch die Nietverbindungen sind von Korrosion betroffen. Die festgestellten Schäden wirken sich erheblich negativ auf die Standsicherheit des Bauwerkes aus.

Es wurden folgende Sofortmaßnahmen eingeleitet:

Das Ingenieurbüro LAP führt eine vierteljährliche Sonderprüfung an der Wilhelmsbrücke durch. Das Brückenbauwerk wird in regelmäßigen Abständen vermessungstechnisch aufgenommen.

Als mögliche Option wurde untersucht, ob die Bestandsbrücke verstärkt bzw. ertüchtigt werden kann, um die vorhandenen Traglastdefizite zu kompensieren. Denkbare Verstärkungen bzw. Ertüchtigungen sind bei der Wilhelmsbrücke aufgrund der verwendeten Materialien und dem hohen Schädigungsgrad der Brücke nach Aussage von LAP nicht umsetzbar.


2. Bau einer temporären Behelfsbrücke

Die Arbeiten zum Rückbau der Rosensteinbrücke sollen nach heutigem Stand im Sommer 2024 abgeschlossen werden. Die Sperrung der Wilhelmsbrücke, auch für den Fuß- und Radverkehr, ist unumgänglich. Anschließend soll die Wilhelmsbrücke ebenfalls rückgebaut werden.

Damit zwischen Bad Cannstatt und der Neckarvorstadt jederzeit eine Verbindung für den Fuß- und Radverkehr über den Neckar zur Verfügung steht ist vorgesehen, nach erfolgtem Rückbau der Rosensteinbrücke, zunächst eine temporäre Behelfsbrücke für Fußgänger und Radfahrer an der Stelle der Rosensteinbrücke zu errichten.

Im Rahmen der Planung für die Behelfsbrücke wurde auch die Nutzung der Brücke für den Kfz-Verkehr untersucht. Hierfür wären längere Rampen notwendig. Im Bereich der Kreuzung Neckartal-/Pragstraße steht der Platz für eine längere Rampe nicht zur Verfügung. Eine Nutzung der Behelfsbrücke für Kfz-Verkehr ist daher nicht möglich.

Die Kosten für die temporäre Behelfsbrücke werden auf 2.120.000 EUR (mit aktivierungsfähigen Eigenleistungen) geschätzt.


3. Rückbau der bestehenden Wilhelmsbrücke

Die Standsicherheit der Brücke ist nicht mehr dauerhaft gewährleistet, bzw. kann nicht wiederhergestellt werden. Um ein unangekündigtes Versagen der Brücke zu verhindern und um die Verkehrssicherheit der Schifffahrt auf der Bundeswasserstraße zu gewährleisten empfiehlt LAP den möglichst zügigen Rückbau der Wilhelmsbrücke.

Die Baukosten für den Rückbau der Wilhelmsbrücke werden zum Doppelhaushalt 2026/2027 angemeldet.


4. Ersatzneubau für die Wilhelmsbrücke

Da der Neubau der Rosensteinbrücke durch den komplexen Planungs- und Genehmigungsprozess einen längeren Zeitraum benötigt ist geplant, zunächst die Wilhelmsbrücke zu erneuern. Über die zukünftige Verkehrsfunktion der Wilhelmsbrücke besteht seit den Planungen zum Rosensteintunnel und den dazugehörigen Begleitmaßnahmen eine intensive Diskussion zwischen Politik, Bürgerschaft und Stadtverwaltung. Stadtplanerische Zielvorstellung ist die Umsetzung des Ideenwettbewerbs Neckarknie. Im Rahmen dieses Verfahrens hatten sämtliche eingereichten Arbeiten die Wilhelmsbrücke als reine Fuß- und Radverkehrsverbindung vorgeschlagen. Wesentliche Elemente des Siegerentwurfs ist der als Freitreppe ausgebildete Stadtbalkon zwischen Rosensteinbrücke und Wilhelmsbrücke mit einem durchgehenden, tiefliegenden Uferweg vom Rosensteinufer bis zur Mombachanlage, sowie die Verlegung des Theaterschiffs in den Bereich zwischen Rosenstein- und Wilhelmsbrücke.

Die Wilhelmsbrücke verbindet auf direktem Weg die Fußgängerzone Marktstraße mit der Brückenstraße als zentrale Achse der Neckarvorstadt. Insbesondere aufgrund der wichtigen Bedeutung der Stadtbahn- und Bushaltestelle Rosensteinbrücke für die Altstadt von Bad Cannstatt sind auf der Wilhelmsbrücke sehr hohe Fußverkehrsströme vorhanden. Bereits vor der versuchsweisen Sperrung der Wilhelmsbrücke für den Kfz-Verkehr wurden auf der Wilhelmsbrücke die höchsten Spitzenstundenbelastungen durch den Fußverkehr verursacht. Im Fußverkehrskonzept von Bad Cannstatt soll zukünftig über die Achse Marktstraße – Wilhelmsbrücke – Brückenstraße eine Hauptfußwegeverbindung den Seelberg über die Altstadt mit der Neckarvorstadt und dem Hallschlag verbinden.

Rund um die Wilhelmsbrücke sind bereits heute hohe und weiter steigende Radverkehrsmengen vorhanden. Als problematisch erweisen sich hier insbesondere die Uferwege mit gemeinsamer Führung des Fuß- und Radverkehrs. Gemäß dem Ideenwettbewerb Neckarknie und der Machbarkeitsstudie Radschnellverbindungen in Stuttgart soll zukünftig entlang der Achse Schönestraße – Badstraße – Überkinger Straße – Hofener Straße eine Radschnellverbindung überwiegend in Form einer Fahrradstraße entwickelt werden. Dadurch soll der Radverkehr auf der Altstadtseite gebündelt werden und die Uferwege im Bereich Stadtbalkon, Rosensteinufer, Seilerwasen und Mühlgrün entlastet werden. Die Wilhelmsbrücke kommt dabei neben der Verbindung des Hallschlags und der Neckarvorstadt mit der Altstadt auch eine wichtige Überleitungsfunktion für die aus Münster kommende, in der Neckartalstraße verlaufenden, Hauptradroute 11 auf die Radschnellverbindung Richtung Innenstadt zu.

Unmittelbar nach Inbetriebnahme des Rosensteintunnels wurde der Verkehrsversuch für die autofreie Wilhelmsbrücke begonnen. Der kurze Zeitraum des Verkehrsversuchs bei dem die Rosensteinbrücke noch für den Kfz-Verkehr nutzbar war hat die modellseitigen Verkehrsprognosen im Wesentlichen bestätigt. Mit Fertigstellung des Rosensteintunnels konnte die Rosensteinbrücke den verbliebenen Kfz-Verkehr aufnehmen und somit ist die Wilhelmsbrücke für den Kfz-Verkehr verzichtbar.

Unabhängig von der im Rahmen des Antrag 197/2022 aufgeworfene Fragestellung, ob und in welchem Umfang eine Neckarquerung für den Kfz-Verkehr über die neue Rosensteinbrücke vorzusehen ist, soll die neue Wilhelmsbrücke als reine Fuß- und Radverkehrsverbindung geplant werden.

Aufgrund der Netzfunktion für den Fuß- und Radverkehr ist eine separate Führung auf Geh- und Radwegen im Bereich der Wilhelmsbrücke erforderlich. Bedingt durch die hohen Verkehrsströme ist der Gehweg flußaufwärts sowie der Radweg etwas breiter als das Regelmaß auszubilden. Der auf einem Niveau liegende Brückenquerschnitt soll dabei wie folgt aufgeteilt werden (Anlage 1):

Diese Anforderungen werden dem vorgesehenen Brückenwettbewerb zugrunde gelegt. Bei der weiteren Planung des Brückenbauwerks sind darüber hinaus insbesondere nachfolgende Belange zu berücksichtigen:

Die Baukosten für eine neue Wilhelmsbrücke werden zum Doppelhaushalt 2026/2027 angemeldet.


5. Planungsaufgabe als Ingenieurwettbewerb im Rahmen eines europaweiten Vergabeverfahrens nach Vergabeverordnung (VgV)

Die Neckarquerungen prägen das Stadtbild von Bad Cannstatt maßgeblich. Daher ist die Gestaltung der neuen Wilhelmsbrücke über den Neckar von besonderer Bedeutung. Gleichzeitig wird aufgrund der unter 6. beschriebenen zeitlichen Abhängigkeiten eine schnellstmögliche Vergabe der Planungsleistungen für die Wilhelmsbrücke angestrebt. Im Rahmen eines europaweiten Teilnahmewettbewerbs sollen mehrere Ingenieurbüros aufgefordert werden, eine neue Wilhelmsbrücke zu entwerfen. Für die Bewertung des Gestaltungsteils wird ein interdisziplinäres Auswahlgremium aus Vertretern der Fachverwaltung und externen Fachpreisrichtern gebildet. Die spezifischen Belange des Stadtbezirks werden durch den Bezirksvorsteher berücksichtigt.

Mit den Vorbereitungen für einen Ingenieurwettbewerb soll unmittelbar nach erfolgtem Projektbeschluss für die Wilhelmsbrücke begonnen werden. Die Ergebnisse des Ingenieurwettbewerbs Wilhelmsbrücke fließen im Anschluss direkt in die Auslobung des Realisierungswettbewerbs entsprechend den Vorgaben der Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW) für die Rosensteinbrücke ein.


6. Grundsätzliches Vorgehen für die Abfolge der Ersatzneubauten von
Wilhelmsbrücke und Rosensteinbrücke


Der weitere zeitliche Ablauf könnte sich aus heutiger Sicht wie folgt darstellen:






Wilhelmsbrücke
Ingenieurwettbewerb Wilhelmsbrücke
2024
Planung einer Behelfsbrücke für den Fuß- und Radverkehr als temporärer Ersatz für die Rosensteinbrücke und die WilhelmsbrückeHerbst 2023 bis Mitte 2024
Erstellung einer Behelfsbrückebis Ende 2024
Planung Wilhelmsbrücke2024/2025
Neubau der Wilhelmsbrücke
(Anmeldung der Baukosten zum Doppelhaushalt 2026/2027)
2026-2028

Rosensteinbrücke
Grundsatzbeschluss durch Amt 61 zur Verkehrsplanung im Bereich der Rosensteinbrücke als Teil des Verkehrsstrukturkonzepts Bad Cannstatt1. Quartal 2024
Realisierungswettbewerb Rosensteinbrücke 2024/2025
Planung und ggf. Rechtsverfahren Rosensteinbrücke2025-2027
Planung Rosensteinbrücke2028
Rückbau der Behelfsbrücke2028
Neubau Rosensteinbrücke2028-2031


Der zuvor beschriebene Zeitplan ist sehr ehrgeizig und setzt voraus, dass alle Beteiligten an diesem Projekt aktiv mitarbeiten.

Der Bezirksbeirat Bad Cannstatt wird in einer der nächsten Sitzungen über das weitere Vorgehen informiert.


Finanzielle Auswirkungen

Die voraussichtlichen Gesamtkosten für den Bau einer Behelfsbrücke in Höhe von
2.120.000 EUR (inkl. aktivierungsfähigen Eigenleistungen) werden im Teilfinanzhaushalt 660 - Tiefbauamt beim Projekt 7.661113 - Behelfsbrücke Wilhemsbrücke, Ausz.Gr. 7872 - Tiefbaumaßnahmen finanziert. Da Mittelabflüsse in Höhe von 220.000 EUR bereits im Jahr 2023 erwartet werden, ist eine außerplanmäßige Mittelbewilligung erforderlich, die innerhalb des Teilfinanzhaushalts des Tiefbauamts gedeckt werden kann. Die darüber hinaus erforderlichen 1.900.000 EUR (inkl. aktivierungsfähigen Eigenleistungen) für den Bau der Behelfsbrücke werden durch Wenigerauszahlungen im Haushaltsjahr 2024 innerhalb des Technischen Referats aus dem Teilfinanzhaushalt 670 - Garten-, Friedhofs- und Forstamt beim Projekt 7.671620 - Villa Berg Wiederherstellung Parkanlage, Ausz.Gr. 7873 - Sonstige Baumaßnahmen finanziert. Dies ist aufgrund zu erwartender geringerer Mittelabflüsse möglich. Die Ansätze des Doppelhaushaltsplans 2024/2025 werden in einer Änderungsliste in beiden aufgeführten Projekten angepasst.

Die erforderlichen Planungsleistungen für den Rückbau und des Ersatzneubaus der
Wilhelmsbrücke im Jahr 2024 in Höhe von 700.000 EUR und im Jahr 2025 in Höhe von
600.000 werden im Teilergebnishaushalt 660 - Tiefbauamt, Amtsbereich 6605440
Bundesstraßen, KontenGr. 42120, Unterhaltung sonstiges unbewegliches Vermögen
gedeckt.

Die Baukosten für den Rückbau und Neubau der Wilhelmsbrücke werden zum Doppelhaushalt 2026/2027 angemeldet.


Beteiligte Stellen

WFB, SWU

Vorliegende Anträge/Anfragen

-

Erledigte Anträge/Anfragen

-



Dirk Thürnau
Bürgermeister


Anlagen

Anlage 1: Wilhelmsbrücke Prinzipskizze des neuen Brückenquerschnitts

Wilhelmsbrücke
Prinzipskizze des neuen Brückenquerschnitts

Blickrichtung Marktstraße/ Altstadt





















Brückenquerschnitt im Bestand






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