Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser
Referat Kultur/Bildung und Sport

Gz: AK/KBS 0321-00
GRDrs 769/2013
Stuttgart,
09/11/2013


Organisationsuntersuchung Bürgerschaftliches Engagement (OU B.E.)



Mitteilungsvorlage zum Haushaltsplan 2014/2015


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussKenntnisnahmeöffentlich25.09.2013

Bericht:

1. Ausgangssituation

Eine aktive Bürgergesellschaft ist für die Landeshauptstadt Stuttgart mit ihrer hohen gesellschaftlichen Dynamik, ihrer internationalen Bürgerschaft und ihrer großen Wirtschaftskraft von zentraler Bedeutung. Weit über 100.000 Bürgerinnen und Bürger engagieren sich in Stuttgart freiwillig in einem Ehrenamt. Kurzfristige, projektbezogene Engagements sind hier noch gar nicht mitgerechnet. In Stuttgart sind ca. 6000 Vereine aktiv.

Der Stuttgarter Weg zur aktiven Bürgergesellschaft geht aus von dem Gedanken der Dezentralität und der Subsidiarität. Die Verwaltung und der Gemeinderat haben bei der Förderung von freiwilligem Engagement, Ehrenamt und Selbsthilfe von Anfang an auf eine Vernetzung und auf die Stärkung der dezentralen Strukturen gesetzt. In den 23 Stadtbezirken sind folglich die Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorsteher als Ehrenamtsbeauftragte die wichtigsten Ansprechpartner/-innen für das Bürgerengagement. Ehrenamtsbeauftragte wirken auch in allen Ämtern und Eigenbetrieben der Landeshauptstadt.

Die Erwartungen und die Anforderungen an das Bürgerengagement bzw. an die freiwillig Engagierten wachsen beständig. „Integration“, „Bildung und Betreuung“, „Senioren“ sowie das „Miteinander der Generationen“ – alle diese großen Themenbereiche sind ohne das freiwillige, bürgerschaftliche Engagement in unserer Stadt weder denkbar noch gestaltbar. Im Gegenteil: die neuen, höheren Anforderungen an die Bürger/-innen und an die Bürgergesellschaft benötigen eine kontinuierliche Optimierung in den ehrenamtlichen Förderstrukturen sowie eine ständige Weiterqualifizierung der Ehrenamtlichen.


2. Projektauftrag und Vorgehensweise

Auf der Grundlage der GRDrs 1270/2011 „Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements in Stuttgart“ wurde die Verwaltung vom Gemeinderat während der Haushaltsberatungen 2011/2012 mit einer Organisationsuntersuchung im Bereich Bürgerschaftliches Engagement/Ehrenamt beauftragt. Es wurde folgender Auftrag formuliert:

„…Trotz oder gerade durch die Vielzahl an Akteuren wird nun zunehmend deutlich, dass bei allen Bemühungen um die ehrenamtlich Tätigen viele Anforderungen und Bedürfnisse aus dem Ehrenamtsbereich von städtischer Seite nicht oder nicht ausreichend unterstützt und berücksichtigt werden. Dies betrifft z. B. die allgemeine Kontaktaufnahme von Ehrenamtlichen mit der Stadtverwaltung, die Genehmigung von Veranstaltungen, Fragen zur Spendenthematik usw.

Durch die Weiterentwicklung des Themas und zahlreiche bestehende wie neu hinzugekommene Einrichtungen und Organisationen erscheint eine Beleuchtung der Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements durch die LHS im Rahmen einer Untersuchung durch das Referat AK sinnvoll.

Die Vielfalt des Bürgerschaftlichen Engagements sowie der privaten Initiativen soll durch diese Untersuchung nicht eingeschränkt, sondern erhalten, ggf. auch weiter gestärkt werden…“

Zur Umsetzung dieses Auftrags haben die Referate Kultur, Bildung und Sport (KBS) sowie Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser (AK) ein Projekt aufgesetzt und die Abteilung Organisation und Personalentwicklung des Haupt- und Personalamts (10-3) mit der Projektleitung beauftragt.

In einer stadtweiten Erhebung im Themenbereich Bürgerschaftliches Engagement wurden neben der Stabsstelle „Förderung Bürgerschaftliches Engagement“ (KBS/B.E.) alle städtischen Organisationseinheiten zur Darstellung der Ist-Situation einbezogen.
In diesem Zusammenhang wurden Informationen zu folgenden Themenkomplexen erhoben: Aufgaben und Maßnahmen, Ressourcen, Kennzahlen, Schnittstellen, Prognose Aufgabenentwicklung und Verbesserungspotentiale.


3. Ergebnisse

Die Ergebnisse der Organisationsuntersuchung sind in einem Bericht zusammengefasst, der dieser Gemeinderatsdrucksache als Anlage beigefügt ist.

Folgende Kernaussagen werden getroffen:

a) Bürgerschaftliches Engagement ist jetzt und auch in Zukunft für die LHS ein wichtiges Thema und sollte mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden

b) Beibehaltung der zentralen Organisationseinheit für Bürgerschaftliches Engagement mit einer Freiwilligenagentur und einer Vermittlungsplattform

c) Umsetzung der Optimierungsvorschläge (Ziff. 5 Bericht) und regelmäßige Berichterstattung durch KBS/B.E. über den Umsetzungsstand an den Gemeinderat

d) Bestätigung eines Stellenbedarfs bei KBS/B.E. (Optimierungsvorschlag Nr. I, 1)

e) Feststellung eines erhöhten Ressourcenbedarfs, insbesondere eines zentralen Budgets zur Steigerung der Anerkennungskultur und ad-hoc-Miniausgaben in Höhe von 20.000 € p.a. (Optimierungsvorschlag Nr. I, 1)

Die unter c) genannten Optimierungsvorschläge enthalten 18 konkrete Ansatzpunkte zu den Themenbereichen:
- Finanzen / Ressourcen
- Rahmenbedingungen
- Strukturen / Aufgaben
- Anerkennungskultur
- Freiwilligenbörse / Freiwilligenagentur
- Marketing - Innovationen
- frEE-Akademie
Alle Vorschläge sollen weiter verfolgt und sukzessive umgesetzt werden.

Zu d) Stellenschaffung: Die Stabsstelle KBS/B.E. hat nur 2 Planstellen; die Fülle an Aufgaben wird durch Ehrenamtliche und Praktikanten (GBJ/FSJ) unterstützt, diese können eine hauptamtliche Kraft jedoch nicht ersetzen. Aktuell hat Ref. KBS zum HH 2014/2015 einen Stellenschaffungsantrag für eine Sachbearbeitungsstelle gestellt unter Hinweis auf die laufende Organisationsuntersuchung. Eine Stellenschaffung in Bes. Gr. A 11 wird ausdrücklich befürwortet. Diese Stelle sollte sich zu 50 % um die Freiwilligenagentur kümmern, damit dort neben den wechselnden Ehrenamtlichen auch ein(e) hauptamtliche/r Ansprechpartner/-in für die Nutzer/-innen und Supportfragen zur Verfügung steht und damit Kontinuität und Aktualität besteht. Die anderen 50 % sollten für die Erschließung neuer Zielgruppen, Projektarbeit und Umsetzung der aktuellen Ergebnisse der Organisationsuntersuchung verwendet werden.

Der Bedarf einer Stellenschaffung ist deshalb aus folgenden Gründen gegeben:

Ziel ist, unter Nutzung höchstmöglicher Synergien die für den Erfolg unabdingbaren Strukturen im Bereich Bürgerengagement zu erhalten, auszubauen und dauerhaft zu sichern. Erst mit ihrer Existenz eröffnen sich überfällige Handlungsoptionen. Das ist für eine Großstadt wie Stuttgart doppelt wichtig, weil einerseits das Ehrenamt in einer Großstadt kein Selbstläufer ist, und weil andererseits die Herausforderungen an die moderne Stadtgesellschaft (demografischer Wandel, Bildung und Betreuung, Integration, Sicherheit etc.) ohne die Ressource „Bürgerengagement“ nicht zu bewältigen sind.

Zu e) zusätzliches Budget: Das derzeitige Budget für KBS/B.E. mit seinen drei Förderbereichen, verteilt sich wie folgt:

a) Veranstaltungen (Bürgerempfang, Stiftungstag, Konferenzen) 32.000 Euro
b) Freiwilligenagentur 18.000 Euro
c) frEE Akademie – Weiterbildung für Ehrenamtliche 73.500 Euro


Ein Großteil der Mittel ist durch dauerhafte Verpflichtungen gebunden. Diese 123.500 Euro werden wie folgt verwendet.


Veranstaltungen (derzeitiges Budget 32.000 €)
Welche Wertschätzung ehrenamtlich Tätige und Stifter in dieser Stadt erfahren, zeigt sich insbesondere auch an den nachfolgend genannten Anerkennungsveranstaltungen. Wer sich für das Gemeinwohl und für andere freiwillig engagiert, bekommt in der Regel kein Geld; er/sie hat aber ein Gespür und auch Erwartungen, wie diese Dienste „vergolten“ werden. Im jährlichen „Bürgerempfang des Oberbürgermeisters“ und im jährlichen „Stuttgarter Stiftungstag“ zeigt sich die Wertschätzung der Stadt für ihre freiwillig Aktiven und ihre Stifter, allesamt Personen, die mit ihrem gemeinwohlorientierten Wirken einen hohen Mehrwert schaffen (social return on investment) und Stuttgart mit zu der lebenswerten Metropole machen, die sie ist. Traditionell überreicht der Oberbürgermeister im Rahmen des Bürgerempfangs die vom Gemeinderat verliehenen „Ehrenplaketten“ an langjährig engagierte und verdiente Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger.

Diese zentralen Veranstaltungen werden ergänzt durch Netzwerkkonferenzen und weitere Veranstaltungen wie beispielsweise den „Sozialen Marktplatz“, eine Plattform für gemeinnützige Organisationen und Wirtschaftsunternehmen zum Austausch von Wissen, Sachleistungen und zum Einsatz von Freiwilligen.

Freiwilligenagentur (derzeitiges Budget 18.000 €)
Die zentrale Aufgabe der Freiwilligenagentur (FWA) ist die Beratung und Vermittlung von Menschen in ein freiwilliges Engagement bzw. in ein Ehrenamt und die Beratung von suchenden Einrichtungen. Zum Team gehören mittlerweile an die hundert Freiwillige. 20 davon beraten am Ehrenamt interessierte Personen. Weitere 20 Ehrenamtliche wirken im Redaktionsteam des Freiwilligenmagazins „W!N“ mit, einige weitere moderieren den Internetdienst „Freiwilligenbörse“. Interessierte können sich dort einen ersten Überblick über die Engagementfelder verschaffen. Der Internetdienst muss ständig aktualisiert, die Technik weiterentwickelt und das ehrenamtliche Personal geschult werden. Der Arbeitsaufwand ist sehr hoch. 2012 wurde über 70.000 mal auf die Freiwilligenbörse zugegriffen. Ein anderer Schwerpunkt der Freiwilligenagentur ist die Projektarbeit.

frEE Akademie (derzeitiges Budget 73.500 €)
Die frEE Akademie bietet im Auftrag der Landeshauptstadt Stuttgart Kurse für Ehrenamtliche an sowie für Menschen, die sich erstmalig engagieren wollen. Die Teilnehmer/-innen haben die Möglichkeit, zusätzliche Qualifikationen zu erwerben, die sie dann in ihrer Funktion als Ehrenamtliche gemeinwohlorientiert einbringen können. Das breite Spektrum der Kurse reicht vom Vereinsmanagement, der Öffentlichkeitsarbeit über Fundraising bis hin zum Erwerb sozialer Kompetenzen und deckt alle Bereiche des ehrenamtlichen Engagements ab. Die qualitativ hochwertigen Angebote können dank des städtischen Zuschusses kostengünstig angeboten werden. Das Programm der frEE Akademie erscheint zweimal im Jahr und ist auch im Internet abrufbar. Kerngedanke des Konzepts ist, dass die frEE Akademie die Weiterbildungsangebote für Ehrenamtliche von über 20 verschiedenen Stuttgarter Veranstaltern im Bildungsbereich bündelt; das entspricht dem dezentralen Ansatz und es werden Kosten gespart. Mit der Geschäftsführung ist die vhs Stuttgart beauftragt.

Hinweis zum Mehrwert von Bürgerschaftlichem Engagement:
Die eingestellten Mittel, auch die Beträge für die beantragte Stelle „Sachbearbeitung“ und für Projekte einer dezentralen Anerkennungskultur tragen sich durch den „social return on investment“ selbst. Denn: Bürgerengagement und Ehrenamt sind nicht nur beste soziale Prävention und ein Indikator für das soziale Klima in einer Kommune, sie generieren einen überaus starken Mehrwert für die Gesellschaft und helfen immer auch öffentliches Geld sparen. (Bei der Förderung von Bürgerengagement wird ein 7-facher Nutzwert generiert – Studie aus Bayern 2008; im Bereich „Pflege/Betreuung“ ermittelte das DRK 2011 einen Nutzwert von 1 zu 80).

Budget zur Stärkung der Anerkennungskultur und Mini-Ausgaben
Über die genannten Mittel hinaus ist zur Stärkung der Anerkennungskultur und für „ad-hoc-Miniausgaben“ ein zusätzliches Budget erforderlich. Hierbei soll der Fokus im Gegensatz zu den o.g. Veranstaltungen mehr „im Alltäglichen“ liegen. Dies wird von allen Bereichen der Stadtverwaltung als sehr wichtig betrachtet. Ein zentral verwaltetes Budget für die Organisationsbereiche der Stadtverwaltung sollte zur Verfügung stehen. Die derzeitige Praxis zeigt, dass zum Teil kleine Anerkennungen sogar privat gezahlt werden. Häufig genannte Bedarfe sind zudem Fortbildung/Seminare/Tagungen/Supervision, Ausflüge, Projekte, Öffentlichkeitsarbeit, „für wichtige Kleinigkeiten“ (= EDV, Miete, Kopierer, Büromaterial, Fahrtkostenersatz, Bewirtung). Dabei sind die formulierten Wünsche sowohl inhaltlich als auch betragsmäßig eher bescheiden. Hier könnte man mit geringen Mitteln Einiges erreichen. Es wird vorgeschlagen, dass ein zusätzliches Budget in Höhe von 20.000 Euro zur Verfügung gestellt wird.

Mit den Ergebnissen der Organisationsuntersuchung und deren konsequenter Umsetzung kann das Bürgerschaftliche Engagement bei der Landeshauptstadt Stuttgart gestärkt und hinsichtlich zukünftiger Herausforderungen weiter entwickelt werden.


Finanzielle Auswirkungen


Ergebnishaushalt (zusätzliche Aufwendungen und Erträge):
Maßnahme/Kontengr.
2014
TEUR
2015
TEUR
2016
TEUR
2017
TEUR
2018
TEUR
2019 ff.
TEUR
Stelle „Sachbearbeitung“
94.500
94.500
94.500
94.500
94.500
94.500
Budget zur dezentralen Anerkennungskultur
20.000
20.000
20.000
20.000
20.000
20.000
Finanzbedarf
114.500
114.500
114.500
114.500
114.500
114.500
Für diesen Zweck im Haushalt/Finanzplan bisher bereitgestellte Mittel:
Maßnahme/Kontengr.
2014
TEUR
2015
TEUR
2016
TEUR
2017
TEUR
2018
TEUR
2019 ff.
TEUR
Sachmittelbudget KBS/B.E.
123.500
123.500
123.500
123.500
123.500
123.500
Stellenbedarf (Mehrungen und Minderungen):
Beschreibung, Zweck, Aufgabenbereich
Anzahl Stellen zum Stellenplan
2014
2015
später
Sachbearbeitung bei der Stabsstelle „Förderung Bürgerschaftliches Engagement“
1
1
1

Mitzeichnung der beteiligten Stellen

Referat WFB hat Kenntnis genommen.

Stellungnahme Referat WFB:
Aus folgenden Gründen kann insbesondere den unter Nr. 3 d) und 3 e) gemachten Kernaussagen nicht zugestimmt werden: es liegt keines der für eine Stellungschaffung erforderlichen Kriterien vor. Außerdem ist es nicht nachvollziehbar, dass für eine "dezentrale Annerkennungskultur" und ad-hoc-Miniausgaben "gegriffene" 20 TEUR als zusätzliches Budget zentral zur Verfügung gestellt werden sollen. Vielmehr wird vorgeschlagen, die durch die Untersuchung erfreulicherweise festgestellten zahlreichen Optimierungspotentiale im Zusammenspiel mit den internen Organisationseinheiten sowie mit den externen Organisationen auszuschöpfen. Zudem wäre zu überlegen, ob sich durch Hinterfragen der bisherigen Mittelverwendung für die drei Förderbereiche freie Mittel ergeben, die für die genannten Zwecke verwendet werden könnten.



Erledigte Anträge/Anfragen

Antrag FDP Nr. 220/2013 "Ehrenamt fördern und motivieren: Ehrenamtskarte für Stuttgart"
Antrag FDP Nr. 647/2011 "Haushalt 2012/2013 Stellenschaffung bei KBS/B.E. zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements"





Dr. Susanne Eisenmann Werner Wölfle
Bürgermeisterin Bürgermeister



Anlagen:

Bericht zum Projekt "Organisationsuntersuchung Bürgerschaftliches Engagement"


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2013-08-26 Anlage 3_Fragenauswertung.pdf
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2013-03-27 Anlage 2_Überblick Rückläufe.pdf
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2013-07-18 Anlage 1_Grafik des Netzwerks B.E..pdf
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2013-08-26 Bericht OU-BE.pdf