Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Kultur/Bildung und Sport
Gz: KBS
GRDrs 928/2011
Stuttgart,
11/23/2011


Betreiberhaftung und Arbeitssicherheit an Stuttgarter Schul- und Schulsportanlagen



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
30.11.2011
01.12.2011

Bericht:


1. Ausgangssituation:

In den Stuttgarter Schul- und Schulsportanlagen gehen täglich über 100.000 Menschen ein und aus. Die Schulhäuser werden täglich von 6.30 Uhr bis 23.00 Uhr, die Hallen teilweise bis 1.00 Uhr morgens genutzt.

Die Grundstücke, Gebäude, technische und sonstige Ausstattung der 168 Stuttgarter Schulanlagen und 140 Sportstätten bergen ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotential für

- die schulischen und außerschulischen Nutzer (Sport, Kultur, Großveranstaltungen …)
- Kindertagesstätten, Verlässliche Grundschule, Schulkindbetreuung
- die Landesbediensteten (Lehrer/-innen)
- die städtischen Beschäftigten (Hausmeister, Schulsekretärinnen, Betreuerinnen, Pflegerische Kräfte)
- die an den Schulen tätigen Fremdfirmen (Reinigung, Handwerker).

Die Landeshauptstadt Stuttgart ist aufgrund diverser Gesetze, Verordnungen und sonstiger Vorschriften als Betreiber der Schulanlagen und als Arbeitgeber verpflichtet, Gefahren z.B. Unfällen vorzubeugen und Gesundheitsbeeinträchtigungen zu vermeiden.
So schreibt das Arbeitsschutzgesetz seit 1996 die Erstellung und Fortschreibung von Gefährdungsbeurteilungen sowie Ersteinweisungen und jährliche Unterweisungen vor.

Die Novellierung der Gefahrstoff-Verordnung vom Januar 2000 und die neue Betriebs-sicherheits-Verordnung vom Januar 2003 brachten weitere Aufgaben, wie die Erstellung von Explosionsschutzdokumenten, die sicherheitstechnische Prüfung von Arbeitsmitteln, Aufzügen, Druckbehältern usw.

Darüber hinaus ist das Schulverwaltungsamt für die Einhaltung und regelmäßige Überprüfung aller relevanten Unfallverhütungsvorschriften verantwortlich (§ 29 GUV-V S1). Auf Grund dessen sind sämtliche Schulgebäude mit der Unfallkasse Baden-Württemberg erstmalig und in Wiederholungsüberprüfungen zu begehen.

Bis zur Neustrukturierung des Schulhausbetreuungssystems war die LHS zumindest für den Bereich der Schulhausmeister/-innen von diesem Thema nicht betroffen, da die Hausmeister als Werkvertragnehmer für ihre Arbeitssicherheit selbst verantwortlich waren. Im neuen Schulhausbetreuungssystem (GRDrs 208/2001) galt es zunächst für zahlreiche andere Problemstellungen eine vordringliche Lösung zu finden.

Ab dem Doppelhaushalt 2002/2003 hat das Schulverwaltungsamt regelmäßig Stellenplananträge zu diesem Thema gestellt. Diese wurden in der Vergangenheit vom Referat AK stets mit der Begründung der Notwendigkeit einer stadtweiten Regelung befürwortet, jedoch von Referat WFB nicht anerkannt.

Auch in der Anlage 2 des Berichts über die Neustrukturierung des Schulverwaltungsamts aus dem Jahr 2007 ist festgehalten worden, dass die Gefährdungsbeurteilungen für die Arbeitsplätze der Hausmeister/-innen sowie die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsunterweisungen und weitere neue Aufgaben in diesem Bereich anstehen.


2. Bisherige Aufgabenwahrnehmung

Die bisherige Aufgabenwahrnehmung steht in engem Zusammenhang mit den personellen Möglichkeiten des Amtes. Mit der Anlage 2 wird synoptisch dargestellt, welche Aufgaben derzeit wie wahrgenommen werden und wo es Lücken gibt.

Darüber hinaus hat das Schulverwaltungsamt in den Jahren 2007/2008 im Rahmen einer umfassenden Projektarbeit eine Erstaufnahme der Gefährdungsbeurteilungen für alle Arbeitsplätze durchgeführt.

Außerdem wurden im Oktober 2008 Verantwortlichkeiten und Funktionen und betriebliche Abläufe zur Organisation des Arbeit- und Gesundheitsschutzes beim Schulverwaltungsamt geklärt und in einer Organisationsverfügung verbindlich geregelt.


3. Offene Verpflichtungen aus Betreiberhaftung, Arbeitssicherheit/Unfallschutz

Verantwortlichkeiten im Bereich Arbeitssicherheit

Aufgrund fehlender personeller Kapazitäten können vom Schulverwaltungsamt die sich aus der Organisationsverfügung vom 20.10.2008 ergebenden Verantwortlich-keiten für die Arbeitssicherheit nicht ausreichend wahrgenommen werden. Diese sind:

- die fortlaufende Beurteilung und Dokumentation von Gefährdungen
- die regelmäßige Unterweisung von Beschäftigten über Gefahren und die flächendeckende Einweisung aller Beschäftigten in sicherheitsrelevante Sachverhalte
- das Erstellen von Betriebsanweisungen
- ein Konzept für Sicherheitsbeauftragte, für Erste Hilfe sowie die Bestellung von Sicherheitsbeauftragen und Ersthelfer/-innen
- ein Konzept / die Umsetzung von Maßnahmen für den vorbeugenden Brandsschutz
- die Festlegung von Umsetzungsmaßnahmen für die Sicherstellung von Elektroanlagen sowie ortsveränderliche und ortsfeste elektrische Betriebsmittel
- die Konzeption und Umsetzung von Notfallmaßnahmen
- die arbeitsmedizinische Vorsorge
- die Ermittlung und das Bereitstellen einer persönlichen Schutzausrüstung (PSA)
- ein Konzept für die Dokumentation und Bearbeitung allgemeiner Arbeitssicherheiten


Verpflichtungen im Sinne der Betreiberhaftung

Ebenso wenig kann das Schulverwaltungsamt den Verpflichtungen aufgrund der oben genannten Rechtsvorschriften im Sinne der Betreiberhaftung nachkommen.

Welche Anlagen und Einrichtungen in Schulen prüfpflichtig sind, ist aus der Anlage 3 ersichtlich. In der Regel können die genannten Prüfpflichten fremd vergeben werden.

Abgesehen von den Kosten müssen zur Vorbereitung der Ausschreibungen zunächst
- die prüfpflichtigen Anlagen und Einrichtungen lückenlos erfasst werden (s. hierzu Ziffer 4 „Bestandsdatenbank“) und später
- die Abnahme der Prüfung im vorgeschriebenen Prüfintervall dokumentiert werden.

Unabhängig von der Unterscheidung zwischen Arbeitssicherheit oder Betreiberhaftung haftet die Stadt im Zweifelsfall bzw. ist strafrechtlich verantwortlich, wenn aus einem Organisationsverschulden heraus eine Person zu Schaden kommt - sei es beispielsweise ein Kind (Betreiberhaftung) oder ein Hausmeister (Arbeitssicherheit).

Aufgrund der dargestellten Situation besteht also dringender Handlungsbedarf.


4. Vorschlag für das weitere Vorgehen

In mehreren gemeinsamen Zusammenkünften haben 10-3, AK/SI und 40-3 den Handlungsbedarf ermittelt. Eine Bemessung für die Aufgabenerledigung konnte dabei noch nicht abschließend vorgenommen werden, da erst auf der Grundlage vollständiger Daten in der Bestandsdatenbank die Fallzahlen dafür vorliegen. Es ist daher notwendig, in Schritten vorzugehen. Der Vorschlag für das weitere Vorgehen ergibt sich aus der schematischen Darstellung der Anlage 1.

Bestandsdatenbank

Danach ist als erster Schritt dringend und zeitnah eine Grundlage in Form einer Bestandsdatenbank zu schaffen.

In diese Datenbank müssen neben den vorhandenen Angaben zum Gebäude (können aus der Sanierungsdatenbank übernommen werden) vor allem die technischen Einrichtungen, die Arbeitsmittel, Maschinen und Gerätschaften der Schulhausmeister aufgenommen, ergänzt oder korrigiert werden. Dazu ist es unumgänglich, dass eine Person alle 323 Schulgebäude, 140 Hallen und 107 weitere Betriebsgebäude begeht und die fehlenden oder veralteten Daten aufnimmt und/oder korrigiert.


Ersteinweisung Schulhausmeister/-innen

Aus arbeitsökonomischen Gründen sollte bei diesem ersten Schritt parallel zur Grund-lagenerhebung die Ersteinweisung aller noch nicht in die Schule und ihre technischen Einrichtungen eingewiesenen Hausmeister/-innen erfolgen.

Die erfolgten Einweisungen sind aus Gründen der Rechtssicherheit zu dokumentieren.

Das Technische Gebäudemanagement konnte bisher aus Kapazitätsgründen nur Stammhausmeister in Schulanlagen einweisen. Verbundhausmeister und Springer sind in der Regel nicht eingewiesen, was der Stadt im Zweifelsfall als Organisationsverschulden zugerechnet werden kann.

Die Bemessung für die gesetzlich vorgeschriebenen laufenden jährlichen Unterweisungen und anderen Sicherheitsvorschriften kann erst nach voller Datenerfassung erfolgen.

Sobald die Bestandsdatenbank erstellt ist, müssen auf dieser Grundlage in einem zweiten Schritt die Voraussetzungen für folgende Aufgaben geschaffen werden:
- Gefährdungsbeurteilungen fortschreiben und entsprechende Maßnahmen umsetzen (einschließlich der Festlegung und Beschaffung der Schutzausrüstung)
- Technikhandbücher je Schule fertigen
- Sicherheitsdatenblätter erstellen
- Sicherheitsprüfungen vergeben
- Betriebsanweisungen (Arbeitsanweisung für Hausmeister) erstellen
- Hausmeister in die von ihnen zu betreuenden Schulen einweisen (Besonderheit des Stuttgarter Schulhausbetreuungssystems = Mehrfachbetreuungen)
- Hausmeister in den vorgeschriebenen Intervallen unterweisen
- Fremdfirmen einweisen und überwachen

Es ist dem Schulverwaltungsamt, das als Gebäude verwaltendes Amt in der Verantwortung steht, ein Anliegen, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass diese Sicherheitsvorschriften derzeit und mit dem vorgesehenen ersten Schritt nicht erfüllt werden können.


5. Personalbedarf

Für den vorgesehenen ersten Schritt zur Erledigung der einmaligen Aufgaben, insbesondere für den Aufbau der Bestands-Datenbank und die Ersteinweisung der Schulhausmeister, die erstmalige Erstellung der Technikhandbücher je Schule, der Sicherheitsdatenblätter und der Betriebsanweisungen wird eine Stelle mit der Qualifikation eines Ingenieurs, EG 12, benötigt.

Die hier zugeordnete Aufgabe wird voraussichtlich ein Jahr in Anspruch nehmen. Es ist bereits jetzt absehbar, dass für das aufzubauende Sicherheitsmanagement diese Stelle in der Leitungsfunktion gegenüber den Schulhausmeistern anschließend für die dann anstehenden laufenden Daueraufgabenstellungen benötigt wird.

Da der Leiter des Technischen Gebäudemanagements beim Schulverwaltungsamt in absehbarer Zeit altersbedingt ausscheidet, könnte bei zeitnaher Stellenschaffung und Besetzung mit der neuen Stelle ggf. ein Synergieeffekt mitgenommen und wertvolles Wissen zu den Schulen und ihren technischen Einrichtungen weitergegeben, aber auch eine gute Kooperation mit dem „Betriebspersonal“ (früherer Begriff für die Schulhaus-meister) parallel aufgebaut werden.

Über die weiteren personellen Notwendigkeiten, die sich für den zweiten Schritt aus den in Ziffer 4 und den Anlagen geschilderten Daueraufgaben ergeben, wird die Verwaltung nach Aufnahme der einmaligen Grundlagenarbeit - voraussichtlich im Sommer/Herbst 2012 - berichten.



Beteiligte Stellen

Das Referat AK stimmt der Stellenschaffung zu (siehe Anlage 5).
Das Referat WFB stimmt der Stellenschaffung nicht zu (siehe Anlage 6).







Dr. Susanne Eisenmann




Anlage 1: Organisation der Pflichten aus Betreiberhaftung, Arbeitssicherheit …
Anlage 2: Bestandsaufnahme und Sollkonzept
Anlage 3: Prüfpflichtige Anlagen und Einrichtungen in Schulen
Anlage 4: Tabelle der Prüfbedürftigen Einrichtungen
Anlage 5: Stellungnahme Referat AK
Anlage 6: Stellungnahme Referat WFB


<Anlagen>


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Anlage 4 Tabelle der Prüfbedürftigen Einrichtungen.pdf
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Anlage 3 Prüfpflichtige Anlagen und Einrichtungen in Schulen.pdf
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Anlage 2 Bestandsaufnahme und Sollkonzept.pdf
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Anlage 1 Organisation der Pflichten aus Betreiberhaftung und Unfallverhütung, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz an Stuttgarter Schulen und Schulsportanlagen.pdf
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ATTOUBNO.pdf
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ATTTVU6R.pdf