Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz: AKR
GRDrs 1091/2020
Stuttgart,
12/03/2020



Maßnahmenkatalog Nothilfe-Förderfonds Kultur –
2. Tranche




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Kultur und Medien
Verwaltungsausschuss
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
08.12.2020
16.12.2020



Beschlußantrag:

1. Der Gemeinderat nimmt die Ausschüttung von Nothilfen im Zuge der zweiten Tranche in Höhe von 66.000 EUR zur Kenntnis. Zuwendungsempfänger sind überwiegend Vereine und Institutionen, die keine Anträge auf Überbrückungshilfen stellen konnten. Hiervon betroffen sind Einrichtungen mit rein ehrenamtlichen Strukturen bzw. mit fehlender „wirtschaftlichen Tätigkeit am Markt“.

2. Die gemeinsame Nutzung corona-konformer Spielstätten wurde aufgrund des erneuten Veranstaltungsverbots im Kulturbereich nicht im vollen Maße ausgeschöpft. Von den bereitgestellten 360.000 EUR konnten rund 160.000 EUR eingesetzt werden, um Mietkosten zu subventionieren. Die restlichen 200.000 EUR werden zur Bezuschussung von Mietkosten bei Zwischennutzungen sowie zur Unterstützung temporärer
Open-Air-Bühnen im Innenstadtbereich im Frühjahr 2021 genutzt.


3. Um die Arbeit der Stuttgarter Künstler*innen auch 2021 konstruktiv zu begleiten, werden weitere 42 Stipendien zu 1.200 EUR/Monat für die Dauer von mindestens drei Monaten ausgeschrieben, ggf. mit der Möglichkeit eines verlängerten Zeitraums (126 Stipendienmonate insgesamt). Die zusätzlichen Mittel in Höhe von 160.000 EUR werden im Rahmen der Nothilfe-Mittel bereitgestellt.

4. Die Aufwendungen in Höhe von 426.000 EUR (Summe aus Ziffer 1-3) werden im Teilergebnishaushalt THH 410 – Kulturamt, Amtsbereich 4102811 – Kulturförderung, Kontengruppe 43100 – Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke gedeckt.





Begründung:


Zu 1.

Mit der zweiten Tranche Corona-Nothilfe schüttet das Kulturamt, zusätzlich zu den bereits geflossenen 1,08 Mio. EUR, weitere 65.964 EUR aus: Von den neun geförderten Kultureinrichtungen erhalten vier das beantragte Volumen; in vier weiteren Fällen reduziert sich die Förderung, da andere öffentliche Zuwendungsgeber vorhanden sind (1); in einem Fall liegt das beantragte Fördervolumen deutlich über der jährlichen städtischen Zuwendung, sodass die Nothilfe entsprechend der Höhe des städtischen Zuschusses reduziert wurde (2).

Kultureinrichtung
Nothilfe 1 erhalten
Nothilfe 2
beantragt
Förderung
gewährt
Reduzierung
Oberwelt e. V.
1.730 EUR
1.730 EUR
Nein
Verein zur Förderung der Kunst Stuttgart e. V.
7.700 EUR
2.470 EUR
2
Forum der Kulturen e. V.
6.050 EUR
6.050 EUR
Nein
Il Gusto Barocco
23.980 EUR
19.251 EUR
19.250 EUR
Nein
Jazz Society Stuttgart e. V.
10.000 EUR
10.000 EUR
Nein
Musikalische Akademie
14.800 EUR
8.000 EUR
1
Stiftsmusik
18.500 EUR
9.000 EUR
1
Theater am Faden
4.250 EUR
5.250 EUR
4.463 EUR
1
Eurythmeum
2.000 EUR
15.100 EUR
5.000 EUR
1
Summe
65.964 EUR

Weitere Anträge für städtische Hilfen in Höhe von etwa 100.000 EUR liegen vor, können aber erst nach Bemessung und Bescheid der November- und Überbrückungshilfen abschließend bewerten werden. Aufgrund der Hilfen vonseiten des Bundes hat der Bedarf an ergänzenden städtischen Hilfsmaßnahmen, insbesondere im Bereich der geförderten Kultureinrichtungen, deutlich gegenüber den Annahmen im Frühsommer abgenommen. Nichtsdestotrotz verweist die jetzige Verlängerung der Hilfsmaßnahmen des Bundes bis Ende Juni 2021 auf die Notwendigkeit, auch seitens der Stadt Mittel für ergänzende, pandemiebedingte Fördermaßnahmen im nächsten Jahr bereitzuhalten.


Zu 2

Die Landeshauptstadt Stuttgart bezuschusste Spielstättenbetreiber mit insgesamt 157.258 EUR zur Subventionierung der Mietkosten von städtisch geförderten Kulturanbietern mit bis zu 2.000 EUR/Veranstaltung bzw. von (General-)Proben von Vereinen. Mit dem Mietkostenzuschuss wurden bislang 139 Kulturveranstaltungen und 39 Proben gefördert. Darunter 67 im Hospitalhof, 25 im Römerkastell/in der Phoenixhalle, 14 im Theaterhaus, neun auf dem Kulturdeck des Züblin-Parkhauses, fünf auf der SpardaWelt Freilichtbühne, fünf im Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle, vier im Rudolf-Steiner-Haus, vier im Innenhof der Kulturinsel, drei im Bosch Areal, zwei in Eliszis Jahrmarktstheater und eine im Kursaal Bad Cannstatt. Die mit dem Mietkostenzuschuss geförderten (General-)Proben fanden verschiedentlich in Kirchen, dem Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle, der Sängerhalle Untertürkheim sowie in einem Sportgaststättensaal statt. Insgesamt erweist sich aber der Mietkostenzuschuss als sehr kleinteilige Förderung, die für alle involvierten Parteien, nämlich Spielstättenbetreiber, Veranstalter*innen und Verwaltung, jeweils Einzelfallprüfungen mit sich zieht. Dabei müssen neue Veranstaltungskosten abzüglich der ursprünglichen veranschlagten Kosten „vor Corona“ belegt, bezuschusst und entsprechend an den/die Veranstalter*in weitergereicht werden. Der Mietkostenzuschuss endet 2020 in dieser Form.

Im Frühjahr 2021 werden die restlichen 200.000 EUR eingesetzt, um Mietkosten von temporären Zwischennutzungen zu bezuschussen und Konzepte für Open-Air-Bühnen im Innenstadtbereich umzusetzen:
Mögliche Zwischennutzungen scheitern überwiegend an den für freischaffende Künstler*innen zu hoch veranschlagten Mieten. Im Zuge der weiteren Auswirkungen der Coronapandemie werden weiterhin Abstandsregelungen gelten. Insofern müssen, stärker als in der Vergangenheit, große Flächen gesucht und für kulturelle Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Erfahrungsgemäß dürfen Mietkosten für die Künstler*innen nicht über fünf EUR Kaltmiete/qm liegen. Das Kulturamt ist diesbezüglich im engen Austausch mit dem Leerstands- und Zwischennutzungsmanagement der Wirtschaftsförderung Stuttgart. An erfolgreiche Beispiele der Zwischennutzungen in den letzten Jahren soll zur Wiederbelebung und vor allem Sichtbarmachung der Kultur jenseits etablierter Institutionen mit Hilfe städtischer Bezuschussung von Mietkosten angeknüpft werden.

Zeitgleich entwickeln verschiedene Stuttgarter*innen Ideen und Konzepte, um angesichts der Pandemie, aber auch nach den geltenden Abstandsvorschriften, ein breiteres Publikum für Theater- und Musikdarbietungen zu gewinnen und damit gleichzeitig die Innenstadt zu bereichern. Verschiedene Plätze werden auf deren Eignung hin untersucht und gemeinsam mit Stuttgarter Einrichtungen Open-Air-Bühnen entworfen. Deren Finanzierung wird vom Kulturamt der Stadt Stuttgart unterstützt.


Zu 3.

Das Instrument der Stipendien hat sich als notwenige und bedarfsorientierte Hilfestellung für freischaffende Künstler*innen erwiesen. Im Zuge des ersten (Online-)Treffens mit den Stipendiat*innen 10qm/Corona Katalyse 2020 zeigten sich jenseits der individuellen künstlerischen Rechercheprojekte folgende Erkenntnisse:

COVID19 fordert und fördert die Künstler*innen in ihrer (Selbst-)Reflexion und bringt damit auch neue Arbeitsweisen, neue Ausdrucksformen, neue Arbeitsfelder und das Vorstoßen in neue Räume (Beispiel: digitaler Raum, digitale Bühne) hervor. Abgesehen vom innovativen Potential der Pandemie, verschärft sich die schon vor COVID19 meist prekäre Situation aller Kunstschaffenden weiterhin und erzeugt in Kombination mit einer ungewissen Zukunft enormen Druck. Des Weiteren spielen der Ausbau und die Pflege des künstlerischen Netzwerks als existentielle Arbeitsgrundlage eine gewichtige Rolle, nicht nur für den lokalen und überregionalen Austausch, sondern auch für gemeinschaftliche Projekte. Die Stipendiat*innen begrüßen den fruchtbaren Dialog mit dem Kulturamt und reflektierten die Frage nach der nachhaltigen Wirksamkeit der Stipendien (Beschränkung auf drei Monate). Weitere Stipendien sollten flexibler und in Abstimmung mit der Jury auch für längere Zeiträume vergeben werden können. Daran anknüpfend wurde die Frage diskutiert, inwieweit die individuelle Förderung für eine strukturelle Veränderung des Kulturbereichs generell bzw. der Kulturförderung im Besonderen hinreichend sein kann.

Während der Dialog zwischen Kulturamt und Stipendiat*innen im Rahmen des 10qm Stipendiums 2020 am 21. Dezember weitergeführt wird, zeichnet sich bereits jetzt deutlicher Handlungsbedarf für das Jahr 2021 ab: In dem Spannungsfeld zwischen Ungewissheit, Kunstpraxis und ökonomischen Handlungsdruck sind Künstler*innen auf Möglichkeiten der Kollaboration und Kommunikation mehr denn je angewiesen, um auf die sich stark verändernde Gesellschaft reagieren und das „Publikum“ partizipativ einbinden zu können. Entsprechend wird das Kulturamt erneut im Jahr 2021 Stipendien ausschreiben, dieses Mal für einen frei wählbaren Zeitraum innerhalb des Jahres. Expert*innen in einzelnen Bereichen wie Zwischennutzung, öffentlicher oder digitaler Raum, Kulturvermittlung und Nachwuchsförderung werden jenseits der Stipendien in Beratungsprozesse des Kulturamtes eingebunden und erhalten hierfür eine Aufwandsentschädigung. In der Vergangenheit wurden solche Expert*innen z. B. beim Gespräch „Off-Rosenstein“ oder „Runder Tisch Eckensee“ bereits erfolgreich mit einbezogen. Die Ausschreibung des nächsten Förderfonds „Entwicklungstreiber“ im Herbst 2021 wird sich dezidiert an Tandembewerbungen von freischaffenden Künstler*innen und Institutionen richten.

Die wirtschaftliche Notwendigkeit für den Bereich der freischaffenden Künstler*innen im Jahr 2021 zeichnet sich bereits jetzt ab: Während der Soforthilfe konnten Künstler*innen in Baden-Württemberg auf einen „fiktiven Unternehmerlohn“ in Höhe von 1.180 EUR zurückgreifen. Dieser wird während den Überbrückungshilfen I und II bei entsprechenden Umsatzeinbußen von über 70 % bis Dezember 2020 fortgesetzt. In Aussicht gestellt ist die Überbrückungshilfe III bzw. „Neustarthilfe für Soloselbständige“ seitens des Bundes mit max. 5.000 EUR bis Ende Juni 2021 – das würde einen fiktiven Unternehmerlohn von 833 EUR/Monat für Künstler*innen bedeuten, was je nach Mietkosten deutlich weniger als die Grundsicherung ist.

Finanzielle Auswirkungen

Die Aufwendungen in Höhe von 426.000 EUR für
1. Zweite Tranche Nothilfe (2020): 66.000 EUR

2. Bezuschussung von Mietkosten (2021): 200.000 EUR
3. Stipendienvergabe (2021): 160.000 EUR
werden im Teilergebnishaushalt THH 410 – Kulturamt, Amtsbereich 4102811 – Kulturförderung, Kontengruppe 43100 – Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke gedeckt. Die Mittelbereitstellung (insgesamt 3,0 Mio. EUR) erfolgte mit GRDrs 439/2020 im HH 2020. Sämtliche Restmittel aus der Nothilfe, insbesondere zur Deckung von Ziffer zwei und drei, werden nach 2021 übertragen.





Beteiligte Stellen

WFB

Vorliegende Anträge/Anfragen

keine

Erledigte Anträge/Anfragen

keine



Dr. Fabian Mayer
Erster Bürgermeister


Anlagen

keine

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