Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
GRDrs 876/2020
Stuttgart,
10/16/2020



Grundsätze der Gefahrenabwehr in außergewöhnlichen Ereignissen und Katastrophen
hier: Sicherstellung eines Bürgertelefons (Hotline)




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
VerwaltungsausschussBeschlussfassungöffentlich21.10.2020



Beschlußantrag:

1. Von der Einrichtung eines Bürgertelefons wird Kenntnis genommen.

2. Vom zusätzlichen unabweisbaren Personalbedarf beim Haupt- und Personalamt in Höhe von 0,5 Stellen der Entgeltgruppe 10 TVöD (zunächst befristet bis Ende 2021) wird Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die Stellenschaffung ist im Vorgriff auf den Stellenplan 2022 zu treffen. Um eine realistische Chance auf Besetzung der Stelle zu haben, wird sie unbefristet ausgeschrieben – sollte im regulären Stellenplanverfahren keine unbefristete Stelle geschaffen werden, wird der/die Stelleninhaber/in auf einen anderen freien Arbeitsplatz umgesetzt.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Bei komplexen Gefahren- und Schadenslagen sowie Großereignissen ist das Informationsbedürfnis der Bevölkerung und der unmit­telbar Betroffenen hoch. Im Fall von Krisen wie bei­spielsweise der Corona-Pandemie war es in der Phase des Lockdowns sehr wichtig, binnen kurzer Zeit aktuelle Informatio­nen an die Bürgerschaft zu vermitteln.

Entsprechend dem Auftrag aus dem Verwaltungsstab zu Covid-19 vom 24. September 2020 wird eine Hotline strategisch langfristig aufgebaut. In Folge kann auf jede mögliche Gefahrenlage und jedes Großereignis entsprechend reagiert werden.

An der Corona-Hotline waren über Wochen hinweg insgesamt 125 Kolleginnen und Kollegen in Schichten von jeweils 4 Stunden im Einsatz. Das Leitungsteam bestand aus drei Personen. Es hat sich um die Rekrutierung, Schulung und Einteilung der Telefonierenden, die Organisation der technischen Lösung, den Aufbau einer Wissensdatenbank, die Kontaktpflege zu den Fachdienststellen, die Erstellung von Entscheidungsvorlagen für Vorbereitungs- und Verwaltungsstab sowie die Beantwortung von Presseanfragen gekümmert hat. Wäre diese gesamte Leistung an einen externen Dienstleister vergeben worden, wären allein für das Bürgertelefon Kosten in Höhe von knapp 685.000 EUR (gerechnet nach den Kosten eines Arbeitsplatzes) angefallen.

Alle Mitarbeitenden haben die Tätigkeit am Bürgertelefon zusätzlich zu ihren normalen Aufgaben übernommen. Es wurde dabei auf die Freiwilligkeit der Mitarbeitenden gesetzt.

Bei einer zweiten Corona-Welle ohne Lockdown oder auch anderen Szenarien, wie Hochwasser, breitflächigem Strom­ausfall oder ein S-Bahn-Unglück wird die Organisation einer solchen Hotline nicht neben der eigentlichen Fachaufgabe möglich sein.

Das schnelle Hochfahren und Gelin­gen der Hotline war bisher abhängig von dem Engagement Einzelner. Durch das Einbetten in eine Gesamteinsatzstruktur und Unterlegen mit Personalkapazitäten wäre das Bürgertelefon jederzeit einsatzfähig.

Generell müssen Technik, Personal, Wissensdatenbank, Arbeits-und Entscheidungsstrukturen stehen. Parallel dazu müssen Vorbereitungen getroffen werden, die Hot­line in adäquater Form zu bewerben beziehungs­weise den entsprechenden Zielgruppen bekannt zu machen. Ein zentraler Ansprechpartner für die Koordination des Bürgertelefons ist deshalb unabdingbar. Nur so kann strategisch langfristig bei jeder Lage dem Informations­bedürfnis der Bevölkerung begegnet werden sowie Entlastung in der oftmals schwierigen Situation der Ungewissheit bzw. Unsicherheit bringen. Anrufende waren beispielsweise in der Pandemie direkt Betroffene, Bürger und Unternehmen sowie vereinzelt Medienvertreter.

Unabhängig vom Ansprechpartner wäre es für viele Beteiligte im Lockdown ideal gewesen, wenn der Telefondienst im Homeoffice erfolgen hätte können. Dies wäre mit einer flexiblen dynamisch nutzbaren Technologie in Form eines Softclients möglich. Diese Telefonieanwendung (IP-Softphone) könnte kurzfristig beschafft werden. Sie wird auf dem Desktop, Tablet oder Smartphone installiert. So können Anrufe getätigt und empfangen werden als wäre der Mitarbeitende direkt mit dem Telefonienetzwerk verbunden.

Für 125 Telefonierende fielen einmalig Kosten in Höhe von ca. 21.000 EUR (netto) an. Darin wären die Ersteinrichtung, Konfiguration und das Headset enthalten. Jährlich kämen für die Miete und den Service noch weitere 7.200 € netto hinzu.

Darüber hinaus sind dauerhaft Stellenanteile notwendig, um die Einrichtung und das Betreiben eines Bürgertelefons beständig und bei jeder Krise und jedem Großereignis sicherzustellen. So muss die technische Ausstattung geklärt, der Einsatz und Anpassungen an die aktuellen Gegebenheiten durchgeführt werden, Abstimmungen mit der Behördennummer 115, IT-Sicherheit, Datenschutz, Netze BW, Einsatzkräften und dem Gesamtpersonalrat getroffen werden. Die Grundstruktur einer Wissensdatenbank muss erarbeitet und vorgehalten werden. Um Stammpersonal des Telefondienstes weiterhin für ähnliche Dienste zu interessieren, müsste dies regelmäßig kontaktiert, geschult und betreut werden.

Besonders im Hinblick auf eine zweite drohende Corona-Welle, künftige Großereignisse in Stuttgart wie die Deutschland-Tour im kommenden Jahr, den Katholikentag 2022 und Fußball-EM 2024 ist es wichtig, sich auf einen schnellen und unkomplizierten Aufbau eines Bürgertelefons vorzubereiten.

Erfahrungen aus der Vergangenheit (z. B. WM 2006, Evangelischer Kirchentag, Tag der Deutschen Einheit) haben gezeigt, wie mühevoll es sein kann, ohne systematische Aufarbeitung im Vorfeld eine entsprechende gut funktionierende Einrichtung ins Leben zu rufen.

Noch viel wichtiger wird dies bei Gefahrenlagen. Gerade in sehr instabilen Gesamtsituationen mit Verunsicherung, Belastungen, offenen Fragen, aufkommender Aggression, wird eine Art Notrufsäule benötigt. Hinter dieser Notrufsäule braucht es dann eine entsprechende Struktur, die gewährleistet, dass die unterschiedlichen Anliegen und Fragen aufgenommen, dokumentiert und adäquat bearbeitet werden können.

Finanzielle Auswirkungen

Die Technik für das Bürgertelefon wird so umgerüstet, dass künftig auch im Homeoffice Telefondienste übernommen werden können.

Dabei werden für die Software und die Headsets Kosten in Höhe von einmalig ca. 24.500 EUR (brutto) und jährlich 8.400 EUR (brutto) unter dem Basis-IMP-Maßnahmenplan; Teilergebnishaushalt 100 – Haupt und Personalamt - Projekt 4.104000: Basis-IMP, Kontengruppe 42210 (konsumtiv) – Unterhaltung des beweglichen Vermögens kontiert, die Miete im Teilergebnishaushalt 100 - Haupt- und Personalamt, Amtsbereich 1007410 – Zentrale IuK und Telekommunikation, Kontengruppe 44210 (konsumtiv) – Aufwendungen für Inanspruchnahme von Rechte und Dienste.

Für die dauerhafte Aufgabe der Vorhaltung des Instruments Bürgertelefons für den Katastrophenfall wird dem oben dargestellten Szenario folgend, ein zusätzlicher Personalaufwand in einem Umfang von ca. 50 % einer Vollkraftstelle der Wertigkeit von EG 10 erzeugt und in der Abteilung Allgemeiner Service des Haupt- und Personalamtes angesiedelt.



Beteiligte Stellen

Referat AKR und Referat WFB




Fritz Kuhn

Anlagen

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<Anlagen>



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