Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz: 10
GRDrs 1026/2017
Stuttgart,
10/27/2017



Haushalt 2018/2019

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 06.11.2017



U2-Umlage - Stellennachbesetzung ab dem ersten Tag der Mutterschutzfrist

Beantwortung / Stellungnahme

Beratungsgegenstand bei den Haushaltsplanberatungen 2016/2017 war das Verfahren bei der Stellennachbesetzung während der Mutterschutzfrist. Derzeit werden Ersatzkräfte grundsätzlich nur für die Elternzeit, also nach Ablauf der Mutterschutzfrist eingestellt. Von diesem Grundsatz gibt es zwei Ausnahmen: die Einstellung von Ersatzkräften in Fällen von Beschäftigungsverboten (z. B. zur Vermeidung von Infektions- und Ansteckungsrisiken; vgl. GRDrs. 49/2012, Maßnahme C1) sowie eine Ausnahmeregelung in Fällen besonderer Dringlichkeit.

Zudem besetzt das Jugendamt bei Beschäftigungsverboten innerhalb der regulären Mutterschutzfrist sofort wieder nach, sofern geeignetes Personal gefunden wird, weil die Stadt wegen der gesetzlichen Vorgaben die Betreuungsschlüssel einhalten muss.

Im städtischen Personalhaushalt sind bisher keine Mittel veranschlagt, um über die seitherige Praxis hinausgehend alle Stellenvakanzen wegen Mutterschutz zu besetzen. Hierfür müssten zusätzliche Mittel im Personalhaushalt bereitgestellt werden.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es in vielen Fällen nicht gelingen wird, sofort zu Beginn der Mutterschutzfrist eine Nachbesetzung mit einer Vertretung zu realisieren, weil auf Mutterschutz- und Elternzeiten befristete Arbeitsverhältnisse für Fachkräfte weniger attraktiv sind oder wenn es sich um Positionen handelt, für die ohnehin ein Fachkräftemangel besteht.


Die nachfolgende Tabelle auf der Basis der Mutterschutzzeiten 2014 zeigt, welche Kosten eine Nachbesetzung aller Vakanzen durch Mutterschutzfristen (inkl. Beschäftigungsverboten) verursacht hätte. Für die Berechnung wurde die Anzahl der Mitarbeiterinnen in Vollzeitwerten, eine durchschnittliche Ausfallzeit von 3,5 Monaten und die Durchschnittskosten nach den Kosten eines Arbeitsplatzes unterstellt. Die Darstellung der Frauenquote ist nur informativ. Auf dieser Basis kommt es zu folgenden Zahlen:

Amt
Mutterschutzmonate
Kosten für Nachbesetzungen
Mitarbeiterzahl
Frauenquote
(Vollkraftwerte)
Aktive
2015 in %
BMA
7
32.964,84 €
189
66
Amt 10
10,5
50.324,59 €
540
60
Amt 15
5,25
19.552,67 €
226
81
Amt 20
10,5
39.105,33 €
256
71
Amt 29
48,125
214.307,06 €
490
73
Amt 32
29,925
109.892,52 €
848
70
Amt 36
3,5
21.315,81 €
153
46
Amt 40
17,395
64.361,92 €
943
69
Amt 41
27,335
126.861,45 €
715
70
Amt 50
4,025
17.822,82 €
393
81
Amt 51
18,97
90.477,90 €
Verw.
Amt 51
246,435
904.249,97 €
2889
90
Kita
Amt 52
1,75
6.517,56 €
71
42
Amt 53
5,95
33.361,24 €
166
86
Amt 61
7,35
35.021,36 €
205
59
Amt 62
1,75
9.066,70 €
185
43
Amt 65
3,5
20.565,20 €
184
36
Amt 66
3,5
20.565,20 €
485
28
Amt 67
7
22.927,40 €
494
28
SES
4,62
21.724,40 €
341
18
ELW
73,5
173.972,70 €
849
78
BBS
14
47.726,68 €
306
58
AWS
3,5
13.035,11 €
731
12
Beamte
92,75
357.135,99 €
Gesamt
648,13
2.452.856,42 €


Die Umlage U2 – Mutterschaft ist ein Verfahren für Arbeitgeber zum Ausgleich der finanziellen Belastungen aus dem Mutterschutz für Arbeitnehmerinnen. Sie erhalten durch dieses Ausgleichsverfahren alle nach dem Mutterschutzgesetz zu zahlenden Bezüge von der für die Arbeitnehmerin zuständigen Krankenkasse erstattet. Dazu werden von allen Arbeitgebern Umlagen erhoben.

Die Umlage U2 ist seit dem 1. Januar 2006 für alle Arbeitgeber Pflicht. Zuvor waren größere Arbeitgeber von Beitragszahlung und Leistungen ausgeschlossen. Durch eine Auflage des Bundesverfassungsgerichts war der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2005 die Auferlegung von Lasten auf Arbeitgeber zugunsten von Müttern neu zu regeln. Das Gericht hatte beanstandet, dass durch die frühere Nichteinbeziehung von mittleren und großen Unternehmen in das Umlageverfahren die Gefahr bestünde, dass diese Unternehmen wegen möglicher Aufwendungen für den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG weniger Frauen einstellten.

Das Verfahren ist wie folgt geregelt:

Aus dem U2-Verfahren erhalten Arbeitgeber 100 % der Entgeltfortzahlung bei individuellen und generellen Beschäftigungsverboten sowie 100 % der darauf entfallenden Arbeitgeberanteile zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag erstattet. Außerdem erhalten sie während der Mutterschutzfrist (grundsätzlich 6 Wochen vor der Geburt und 8 Wochen nach der Geburt) den von ihnen ausgezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in voller Höhe erstattet.

Die Höhe der Umlage wird von jeder Krankenkasse durch ihre Satzung in einem Prozentsatz des Entgelts (Umlagesatz) festgesetzt. Der Umlagesatz ist also je nach Krankenkasse verschieden. Die Berechnung der Umlagebeiträge erfolgt vom Bruttoarbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Einmalig gezahltem Arbeitsentgelt wird dabei nicht berücksichtigt. Die Umlage ist vom Arbeitgeber alleine zu tragen.

Im Durchschnitt der letzten 11 Jahre seit Inkrafttreten der U2–Umlage lagen die Aufwendungen der Stadt für die Umlage U2 bei jährlich rund 0,8 Mio. €, die Erstattungen für Entgeltersatzleistungen bei Mutterschutz und Beschäftigungsverboten betrugen jährlich rund 1,1 Mio. €. Der städtische Haushalt profitierte demnach in diesem Zeitraum vom Erstattungsverfahren mit einem Betrag von durchschnittlich rund 0,27 Mio. € jährlich (siehe im Einzelnen die tabellarische Darstellung in Anlage 1), jedoch übersteigen die Kosten für die bereits jetzt erfolgenden Nachbesetzungen im Kita-Bereich (derzeit mehr als 900.000 € pro Jahr) diesen Betrag bei weitem. Das Verfahren der Umlage U2 verursacht bei der Stadtverwaltung Regiekosten von rund 15.000 €.

Berücksichtigt man die in der Tabelle in Nr. 2 dargestellten Aufwendungen für die Einstellung von Ersatzkräften und die zu erwartenden Ausfallzeiten für Mutterschutz, so ergäben sich für die volle Nachbesetzung aller schwangerschaftsbedingten Vakanzen für die aus dem doppischen Haushalt finanzierten Ämter daraus zusätzliche Personalaufwendungen von bis zu rund 1,25 Mio €, für die Eigenbetriebe (ohne Klinikum) von bis zu rund 300.000 €.

Der zusätzliche jährliche Stellenbedarf für eine stellenplanmäßige Abdeckung dieser Personalkosten einer vollen Nachbesetzung aller schwangerschaftsbedingten Vakanzen läge bei den über den Stadthaushalt finanzierten Ämtern bei rund 25 Stellen, bei den Eigenbetrieben (ohne Klinikum) bei rund 6 Stellen.

Dabei wird davon ausgegangen, dass im Jugendamt auch weiterhin Nachbesetzungen im Kita-Bereich über ohnehin offene Stellen bzw. über Springkräfte abgedeckt werden. Wäre das nicht der Fall, würden sich die dargestellten zusätzlichen Personalaufwendungen um weitere ca. 900.000 € und die Stellenbedarfe um ca. 18 zusätzliche Stellen erhöhen.



Eine sofortige Wiederbesetzung der Stellen ab Beginn des Mutterschutzes bzw. des Beschäftigungsverbotes stellt einen erheblichen finanziellen Mehraufwand in Höhe von ca. 5,6 Mio. € dar. Eine Umsetzung dieses Vorhabens wäre im Klinikum nur möglich, wenn eine entsprechende Gegenfinanzierung gegeben wäre.




Vorliegende Anträge/Anfragen

566/2017 Ziffer 1 SPD
601/2017 SÖS-LINKE-PluS
797/2017 FDP





Dr. Fabian Mayer
Bürgermeister




<Anlagen>