Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
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GZ:
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Sitzungstermin: 23.03.2011
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:der Vorsitzende, BM Thürnau
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Unsere Straßen sind in einem desolaten Zustand - hier muss schnell gehandelt werden!
- Antrag Nr. 30/2011 der CDU-Gemeinderatsfraktion vom 28.01.2011

Der im Betreff genannte Antrag sowie die Stellungnahme des Oberbürgermeisters vom 03.03.2011 sind diesem Protokoll beigefügt.


Auf die Stellungnahme des Herrn Oberbürgermeisters verweist BM Thürnau. Dort sei ersichtlich, wie die Fachverwaltung die Situation einschätzt. Dabei hebt er insbesondere hervor, im Zusammenhang mit der Reduzierung der Unterhaltungsmittel im Rahmen der Haushaltskonsolidierung im Jahr 2009 auf 6,5 Mio. €/Jahr sei darauf hingewiesen worden, dass aufgrund der Mittelkürzung mit einem schleichenden Substanzverlust bei den Straßen gerechnet werden muss. Diese prognostizierte Entwicklung habe sich durch die vergangenen Winter bestätigt. Um einen weiteren Substanzverlust mit dramatischen Folgen zu verhindern, müsste nach Auffassung der Tiefbauverwaltung der Mittelansatz für die Straßenunterhaltung auf das Niveau von rund 10 Mio. €/Jahr aufgestockt werden. Der derzeit aufgelaufene Unterhaltungsstau könne nicht in ein bis zwei Jahren abgearbeitet werden.

Aus Sicht der Finanzverwaltung ergänzt EBM Föll, bereits beim heutigen Tagesordnungspunkt 7 "Stellenbesetzungssperre", heutige Niederschriftsnummer 73, habe er auf die Entwicklung der Deckungsreserve hingewiesen und einen Kontext zu diversen Anträgen hergestellt. In der Deckungsreserve seien noch rund 8 Mio. € verfügbar. Allerdings, und dies habe er schon mehrfach erklärt, werde die Deckungsreserve in wesentlichen Teilen erst gegen Ende des Haushaltsjahres benötigt. Erst dort könne erkannt werden, dass in einzelnen Bereichen die Budgets nicht ausreichen. Um Funktionen aufrechterhalten zu können, sei dann die Bereitstellung von überplanmäßigen Mitteln zwingend erforderlich. Erfahrungsgemäß fielen solche Bedarfe beispielsweise bei der Branddirektion (z. B. überplanmäßige Mittelbedarfe durch gestiegene Kraftstoffpreise), beim Schulverwaltungsamt und beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt an. Solche Bedarfe resultierten auch nicht aus mangelnder Sorgfalt, sondern es gebe nun mal immer wieder unvorhersehbare Entwicklungen. Trotz der Bedeutung der zur Beratung anstehenden Thematik sollte jetzt die Deckungsreserve nicht in vollem Umfang aufgebraucht werden, da ansonsten solche überraschenden Entwicklungen im weiteren Verlauf des Haushaltsjahres nicht mehr abgearbeitet werden können. Zudem erinnert er an Verabredungen aus den Haushaltsplanberatungen. So bestehe ja die Verabredung bezüglich Städtebaumitteln (kommunale Kofinanzierung von bewilligten Fördermitteln im Bereich Sanierung Alten-/Pflegeheime), die jeweils benötigten Mittel aus der Deckungsreserve für das jeweilige Haushaltsjahr zur Verfügung zu stellen. Diese Mittel hingen ja zunächst von einer Entscheidung des Landes ab und seien von daher nicht planbar.

Anschließend begründet StR Kotz (CDU) den Antrag Nr. 30/2011. Abhebend auf die Stellungnahme zu diesem Antrag beantragt er für seine Fraktion, für die dringlichsten Unterhaltungsmaßnahmen zur Vermeidung höherer Kosten in den Folgejahren aus der Deckungsreserve 1,5 Mio. € bereitzustellen.

Grundsätzlich merkt StR Wölfle (90/GRÜNE) an, dass eine Haushaltskonsolidierung auf Kosten der Substanz auf Dauer teurer wird als regelmäßige Sanierungen zeige sich mit Nachdruck bei den Schulen. Bei den Straßen habe beim Kürzen der Unterhaltungsmittel außer Frage gestanden, dass dies zu einem Unterhaltungsstau führt. Dass sich dieser aber auch auf die Verkehrssicherheit negativ auswirkt, könne er nicht nachvollziehen. Er befahre täglich mit dem Fahrrad die Zeppelinstraße. Durch die mittlerweile vorhandenen Unebenheiten werde zu seiner Erleichterung das Tempo des Kfz-Verkehrs gedrosselt. Von stoßdämpfergefährdenden Stellen und Gefahrenstellen könne aber nicht gesprochen werden. Seiner Fraktion sei bewusst, dass in künftigen Haushalten die Mittel für die Straßenunterhaltung wieder erhöht werden müssen, im laufenden Jahr werde jedoch dafür eine Inanspruchnahme der Deckungsreserve abgelehnt.

Für StR Kanzleiter (SPD) steht außer Frage, dass sich ein kleiner Straßenschaden ohne Reparatur zu einem größeren entwickeln kann, dessen Behebung wiederum teurer ist. Insoweit müsse den Äußerungen von StR Kotz gefolgt werden. Da solche Bedarfsbugwellen infolge der Haushaltskonsolidierung aber in vielen Bereichen auftreten, müsse abgewogen werden.

Sie sei geneigt, so StRin von Stein (FDP), die Priorität des Schulbereichs etwas höher zu bewerten. In den kommenden Haushaltsplanberatungen müsse generell der Unterhaltung des städtischen Vermögens - und dazu gehörten auch die Schulen - größere Gewichtung verliehen werden.

Laut StR Zeeb (FW) hat seine Fraktion die technische Problematik einer zu geringen Straßenunterhaltung in der Vergangenheit mehrfach angesprochen. In den Haushaltsplanberatungen sei wiederholt die Aufstockung der Straßenunterhaltungsmittel gefordert worden. Zwar könnten die Ausführungen von EBM Föll nachvollzogen werden, aber die Schäden an Straßen potenzierten sich. Wie dies vor diesem Hintergrund entschieden werden kann, wisse er im Moment selbst nicht.

Die Defizite in den Bereichen Bildung, Soziales, Gesundheit etc. empfindet StRin Küstler (SÖS und LINKE) als gravierender. In Übereinstimmung mit StR Kanzleiter erachtet sie eine Abwägung bei der Mittelverteilung darüber für notwendig, wo die Behebung von Schäden am dringlichsten ist.

Für StR Kotz zeigen die vom Büro Drees & Sommer zu den Schulen aufgestellten Listen einerseits Schäden auf, die zu Folgeschäden führen. Andererseits würden dort auch Mängel aufgeführt - wie energetisch nicht zeitgemäße Fenster -, die größtenteils nicht zu Folgeschäden führen. Eine Beseitigung dieser unbestrittenen Mängel könne aber verschoben werden, ohne gravierende Mehrkosten befürchten zu müssen. Die in der Stellungnahme zum Antrag als zwingend erforderlich bezeichneten Straßenunterhaltungsmaßnahmen würden sich aber durch einen Aufschub deutlich verteuern. Daher werde es zum jetzigen Zeitpunkt, ohne die Priorität der Schulsanierungen zu schmälern, für richtig angesehen, 1,5 Mio. € aus der Deckungsreserve für die Straßenunterhaltung bereitzustellen.

Die StRe Zeeb und Kotz bestätigend trägt BM Thürnau vor, bei den zwingenden Straßenmängeln gehe es bei der Beseitigung nicht um die Optik. Wenn ein Schlagloch eine verkehrsgefährdende Tiefe aufweise, erfolge natürlich eine Sanierung. Vereinfacht gesagt bestehe ein Straßenkörper aus drei Schichten - Verschleißdecke, Tragdecke, Unterbau. Wenn die Verschleißdecke aufplatze, sei dies noch tragbar. Sollte dadurch jedoch die Tragdecke beschädigt werden, gerate die Substanz der Straße in Gefahr.

Über kurz oder lang müsste dann damit gerechnet werden, dass nicht nur an einer Stelle ein Unterhaltungsbedarf besteht, sondern dass durch Bewegung im Unterbau sich größere Schäden einstellen. Dies sei die Problematik, über die gesprochen werden muss. Insbesondere sei es für die Tiefbauverwaltung wichtig, dass sich langfristig das derzeitige Niveau bei der Straßenunterhaltung nicht verfestigt.

Anschließend erinnert EBM Föll, zu den Haushaltsplanberatungen erhalte der Gemeinderat eine Mitteilungsvorlage des Tiefbauamtes zur Situation der Straßenunterhaltung. Eine solche Vorlage werde sicherlich auch zu den kommenden Haushaltsplanberatungen vorgelegt. Indem er einen Wortbeitrag von StR Kanzleiter aufgreift informiert er, es gebe in diesem Jahr bisher keinen Anlass für einen Nachtragshaushalt. Die Verwaltung werde dem Gemeinderat sicherlich einen Finanzzwischenbericht vorlegen, in dem auch die Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung sowie die Abgleiche mit Unternehmen zu Gewerbesteuerzahlungen einfließen. Zudem erinnert er, auf Vorschlag der Verwaltung habe der Gemeinderat überplanmäßig 25 Mio. € für Schulsanierungen, finanziert aus Steuermehreinnahmen im Jahr 2011, beschlossen. Somit dürften nicht allzu große Erwartungen auf Nettospielräume durch Steuermehreinnahmen gesetzt werden.

Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, stellt BM Thürnau zum Antrag von StR Kotz fest:

Der Verwaltungsausschuss lehnt den Antrag, für zwingend erforderliche Straßenunterhaltungsmaßnahmen 1,5 Mio. € aus der Deckungsreserve zu entnehmen, bei 7 Ja- und 9 Gegenstimmen mehrheitlich ab.

Zur Beurkundung


Häbe / pö
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