Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
272
25
VerhandlungDrucksache:
411/2022
GZ:
JB
Sitzungstermin: 20.07.2022
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Fezer
Berichterstattung:
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Freie Fahrt für Schülergruppen - Pilotversuch

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Jugend und Bildung vom 11.07.2022, GRDrs 411/2022. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokoll-exemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Der Antrag Nr. 231/2022 vom 19.07.2022 (90/GRÜNE) ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Von BMin Fezer wird an die gestrige Beratung im Schulbeirat erinnert. Dort sei seitens des Rates der Wunsch nach einer Fortführung der freien Fahrt für Schülergruppen ohne zeitliche Unterbrechung geäußert worden. Heute liege der Antrag Nr. 231/2022 mit entsprechendem Inhalt vor.

StR Sauer (CDU), der von einem sehr erfolgreichen Pilotversuch spricht, erinnert an die Beratung der GRDrs 266/2021 "Freie Fahrt für Schülergruppen - Wiederaufnahme des Pilotversuchs im Schuljahr 2021/2022" in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 19.05.2021, NNr. 168. Mit dieser Vorlage habe die Verwaltung vorgeschlagen, die Ergebnisse nach Ablauf des Pilotversuchs auszuwerten, um dann zu den Etatberatungen 2024/2025, also Ende 2023, einen Vorschlag zu machen, wie in die Umsetzung gegangen werden solle (entweder Ausweitung auf alle Grundschulen oder auf alle Stuttgarter Schulen, auch die weiterführenden). Mit dem Antrag der Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Fraktion werde der von seiner Fraktion am 19.05.2021 gegebene Impuls aufgegriffen. Am 19.05.2021 habe er vorgeschlagen, zwei Jahre früher über eine Ausweitung zu entscheiden, die notwendigen Mittel außerplanmäßig bereitzustellen und die Beschlussantragsziffer 2 der GRDrs 266/2021 wie folgt zu ändern:

Die Verwaltung wird beauftragt, im Rahmen des Pilotversuchs zu prüfen, welche Rahmenbedingungen für eine flächendeckende Einführung der "freien Fahrt für Schülergruppen" erforderlich sind, und dem Gemeinderat über die Ergebnisse des Pilotversuchs Bericht zu erstatten. Im Rahmen dieser Berichterstattung wird zugleich entschieden, ob der Pilotversuch umgehend auf alle Stuttgarter Grundschulen ausgeweitet wird und die dafür notwendigen Mittel außerplanmäßig bereitgestellt.

Diesem Änderungsantrag sei der Verwaltungsausschuss damals einstimmig gefolgt.

Der Tenor habe gelautet, einen Start dieses wichtigen Projekts bereits zum Schuljahresbeginn 2022/2023, zu ermöglichen. Der jetzt gestellte Antrag beinhalte nicht nur eine Ausweitung auf die 73 Stuttgarter Grundschulen, sondern eine Ausweitung auf alle, auch die weiterführenden Schulen. Da es sich um einen außerplanmäßigen und unterjährigen Schritt handle, müsse eine entsprechende Finanzierung gesichert sein. Einmal könnten für die weiterführenden Schulen die durch das landesweite Jugendticket (LWJT) eingesparten Mittel (265.000 €) eingesetzt werden. Diese griffen allerdings erst im nächsten Jahr, da dieses Ticket erst zum 01.03.2023 eingeführt werde. Andererseits könnte eine Finanzierung ab dem Schuljahr 2022/2023 aus der Deckungsreserve 2022 erfolgen.

Die CDU-Gemeinderatsfraktion schließe sich dem Antrag Nr. 231/2022 an, nach dem erfolgreichen Pilotversuch ab Schuljahresbeginn 2022/2023 265.00 € für alle Schulen für dieses und nächstes Jahr, finanziert aus der Deckungsreserve, für die freie Fahrt für Schülergruppen zur Verfügung zu stellen. Für kommende Jahre könne die Verwaltung zu den Etatberatungen eine Verstetigung anstoßen.

Durch StRin Rühle (90/GRÜNE), die sich beim Jugendamt und beim Schulverwaltungsamt für die erfolgreiche Umsetzung des Pilotversuchs bedankt, wird der Antrag Nr. 231/ 2021 begründet. Sie betont, angesichts der pandemiebedingten Verzögerung müsse nun schnell mit diesem guten Angebot flächendeckend in die Umsetzung gegangen werden. Bis zu den kommenden Etatberatungen dürfe definitiv nicht gewartet werden.

Anknüpfend an StRin Rühle und StR Sauer unterstreicht StRin Meergans (SPD), zum Beratungsthema habe ihre Fraktion eigentlich einen Beschlussantrag der Verwaltung erwartet. In den nächsten Etatberatungen gehöre dieses Angebot in den regulären Haushalt aufgenommen, losgelöst von der Frage der Verwendung der freiwerdenden Mittel durch das LWJT. Über deren Verwendung wolle man ja im Verlauf des Sommers sprechen. Dies unterstützen StR Dr. Oechsner (FDP) und StR Sauer. Sollte eine Umsetzung im Sinne des Antrags möglich sein, so StR Dr. Oechsner, würde er dies begrüßen.

Positiv zum Antrag äußert sich zudem StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei). Seine Fraktion beantrage bereits seit rund 10 Jahren die freie Fahrt für Schüler*innen.

Dem Antragsanliegen sowie dem von StR Sauer Formulierten tritt StR Ozasek (PULS) bei. Er kann sich auch eine größere Lösung über die Beförderungsbestimmungen des VVS vorstellen.

Die Einschätzungen des Ausschusses begrüßt BMin Fezer. Damit würden die Ergebnisse des Pilotversuchs eindeutig widergespiegelt. Sie erinnert, im Mai 2021 sei über eine Ausweitung auf alle Grundschulen gesprochen worden. Damals, so StR Sauer in seiner Entgegnung, sei seitens des Ausschusses eindeutig zum Ausdruck gebracht worden, dass auch eine Ausweitung auf alle Schulen als möglich angesehen werde. Auftragslage aus 2021 sei, dass die Verwaltung mit dem Abschlussbericht einen Vorschlag vorzulegen habe, die dafür notwendigen Mittel außerplanmäßig bereitzustellen.

Laut BMin Fezer, und damit widerspricht sie den StRen Rockenbauch und Ozasek, handle es sich nicht um eine bürokratische Vorgehensweise. Die Resonanz der Lehrerschaft sowie die Rückkopplung mit dem ÖPNV zeigten, dass der Pilot "richtig gut funktioniert hat". Es spreche nichts dagegen, dass sich dies bei einer Ausweitung ohne zeitliche Unterbrechung, welche die Fachverwaltung begrüßen würde, ändere.

Zu der von den Fraktionen geäußerten Annahme, dass die Deckungsreserve in Anspruch genommen werden kann, trägt die Vorsitzende im Namen der Gesamtverwaltung vor, seit dem im Mai 2021 gefassten Beschluss habe "sich die Welt verändert". Die eingetretene Zeitenwende äußere sich eben auch darin, dass "uns die Budgets völlig aus dem Ruder laufen". Notwendig werde ein Nachtragshaushalt. Die Verwaltung habe sich nicht darauf verständigen können, das Projekt nach Ende der Pilotphase flächendeckend in Stuttgart weiterzuführen. Erforderlich sei, bevor eine zusätzliche freiwillige Leistung etabliert werde, ein genauer Blick auf die Finanzierung.

Die Verwaltung schlage vor, bis zu den nächsten Etatberatungen zunächst einmal den Pilotversuch auf die Grundschulen auszudehnen. Damit würden die Kinder profitieren, die in der Regel über kein School-Abo verfügten, da sie häufig in der Nähe ihrer Schule wohnen. Diese seien die Kinder, die am meisten auf die "freie Fahrt" angewiesen seien. Dies würde dazu führen, dass nicht die gesamten, schon vor längerer Zeit grob kalkulierten 265.000 € aufgewendet werden müssten. Die Zahlen würden in der Vorlage dargestellt. In einem zweiten Schritt werde vorgeschlagen, die Finanzierung für das Restjahr zu betrachten. Der Hintergrund dafür sei, dass sich das Geplante durch die Deckungsreserve nicht mehr abbilden lasse. Deshalb beinhalte der Verwaltungsvorschlag 50.000 €, die ungefähr noch für dieses Jahr benötigt würden, um allen Grundschulen eine Projektteilnahme zu ermöglichen, erst mal aus dem Budget zu entnehmen; die Schulverwaltung habe von der Finanzverwaltung das Versprechen erhalten, dass im Rahmen der Verhandlungen über den Nachtragshaushalt nicht nur Preissteigerungen, von denen insbesondere das Schulverwaltungsamt betroffen sei, berücksichtigt würden, sondern dass zusätzlich noch diese ca. 50.000 € berücksichtigt würden. Zunächst würde somit in "eine beschlussmäßige Vorleistung" gegangen. Im nächsten Jahr müsste dann die Finanzierung anderweitig geregelt werden.

Dies bestätigend führt BM Fuhrmann aus, die Finanzverwaltung halte aktuell die Deckungsreserve nicht mehr für ausreichend. Im heute vertagten Finanzzwischenbericht (TOP 8, GRDrs 454/2022, öffentl. NNr. 255) werde angedeutet, dass bedingt durch überplanmäßige Ausgaben (Baupreissteigerungen, Energiekostensteigerung, Ukrainekrise) über eine Erhöhung der Deckungsreserve nachgedacht werden müsse. Vorstellbar sei für die Finanzverwaltung der von BMin Fezer beschriebene Weg. Wie bereits dargestellt müsse ohnehin über das Budget des Schulverwaltungsamtes im Rahmen der Beratungen des Nachtragshaushaltsplans 2022 gesprochen werden. In diesem Zusammenhang würden dann die genannten 50.000 € wieder im Budget berücksichtigt. Für das Jahr 2023 setze die Finanzverwaltung eher auf die Einsparungen durch das LWJT. Darüber müsse aber noch geredet werden.

In der Folge betont StR Rockenbauch, bei einem Jahresüberschuss des Jahres 2021 in Höhe von rund 260 Mio. € könne er das Feilschen um die im Raum stehenden Beträge nicht nachvollziehen. Dies aufgreifend unterstreicht BM Fuhrmann, bei der in Rede stehenden Finanzierung gehe es nicht um die Vermögenssituation der LHS. Vielmehr gehe es um ein haushaltsrechtliches Thema, nämlich um die Frage, welche Haushaltsmittel im Doppelhaushalt vorhanden sind. Irrelevant sei, ob Mittel über das Budget bereitgestellt würden oder ob dafür ein eigener Haushaltstitel bestehe. Dies seien haushaltsrechtliche Vorgaben.

An der Antragstellung halten im weiteren Verlauf StRin Rühle, StR Sauer und StR Ebel (AfD) fest. Für den Nachtragshaushalt geht BM Fuhrmann gegenüber StR Ebel Stand heute davon aus, dass sich dieser ohne Kredite finanzieren lässt.

Durch Herrn Raupp (SSB) wird informiert, die SSB habe die vertriebliche Lösung aufgebaut. Solange die Abrechnung über das Schulverwaltungsamt gehe, sei eine Ausweitung unproblematisch. Die weiterführenden Schulen machten von den Schülerzahlen her 75 % aus, und erforderlich sei ein administrativer und kommunikativer Vorlauf (Schulungen der Ansprechpartner (Schulen, Lehrer*innen, Einrichten von Accounts)). Von daher wäre aus Sicht der SSB ein stufenweises Vorgehen der bessere Weg.

StR Sauer bringt zum Ausdruck, dass er einen Vorschlag bis zur Verwaltungsausschusssitzung am 27.07.2022 über eine Ausweitung auf alle Schulen nach der Sommerpause - entsprechend dem Antrag Nr. 213/2022 und entsprechend den heutigen Statements der Fraktionen - akzeptieren kann. In der heute zur Beratung stehenden Mitteilungsvorlage fehle dieser Vorschlag.

Hierzu erklärt BMin Fezer, dieser Vorschlag sei nicht mitzeichnungsfähig gewesen, da es um einen unterjährigen Finanzierungsvorschlag gehe, der im Widerspruch zu den Haushaltsplanberatungen stehe. Damals sei eine unterjährige Finanzierung ausgeschlossen worden. Sollte der Gemeinderat eine vom Haushalt abweichende unterjährige Finanzierung wünschen, müsse der Gemeinderat einen Deckungsvorschlag unterbreiten. Dieser Deckungsvorschlag laute "Deckungsreserve", aber die noch in der Deckungsreserve abrufbaren Mittel würden dies nicht erlauben. Deshalb habe sich die Verwaltung einen Weg überlegt, das Gewünschte zumindest für die Grundschulen zu ermöglichen.

Für StR Dr. Oechsner ist es zwar ärgerlich, dass ein positiv verlaufender Pilot nicht ohne zeitliche Unterbrechung auf alle Schulen umgesetzt werden kann, aber angesichts der von der SSB artikulierten Bedarfe sieht er die von der Verwaltung skizzierte Vorgehensweise als kompromissfähig an. Angesichts der heutigen Stellungnahmen der Fraktionen wisse das Schulverwaltungsamt bereits heute, dass es sich für die kommenden Etatberatungen auf eine Ausweitung auf alle Schulen vorbereiten müsse.

Gegen Ende der Aussprache bittet StR Sauer im Namen der CDU-Gemeinderats-fraktion die Verwaltung, zu der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 27.07.2022 eine Vorlage mit den heute von der Verwaltung gegebenen Informationen vorzulegen. Über diese Vorlage habe der Ausschuss, bevor er eine Entscheidung treffe, zu diskutieren. Von ihm werden folgende inhaltlichen Aspekte aufgezählt:
- Ausweitung des Pilotversuchs als Regelangebot auf alle Stuttgarter Grundschulen
- Ausweitung des Pilotversuchs auf alle weiterführenden Schulen in Stuttgart
- Darstellung, weshalb ein stufenweises Vorgehen bei der Ausweitung und der Finanzierung vorgeschlagen wird.

Nochmals unterstreicht er, dem Gemeinderat gehe es darum, das Angebot als Regelangebot an allen Stuttgarter Schulen umzusetzen. Dies unterstützend bekräftigt StRin Rühle, mit einem Rollout auch für die weiterführenden Schulen wolle ihre Fraktion nicht bis zu den kommenden Doppelhaushaltsplanberatungen warten.

Abschließend sagt BMin Fezer zu, die gewünschte Vorlage für die Sitzung des Verwaltungsausschusses am 27.07.2022 zu erstellen.
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