Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
224/2022
GZ:
SOS
Sitzungstermin: 06.04.2022
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:BM Dr. Maier
Protokollführung: Frau Schmidt fr
Betreff: Sachstandsbericht zur Bespielung öffentlicher Flächen für eine sichere Innenstadt

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Sicherheit, Ordnung und Sport vom 31.03.2022, GRDrs 224/2022. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Der Antrag Nr. 110/2022 vom 04.04.2022 (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.


Auf Vorschlag von BM Dr. Maier gibt zunächst OB Dr. Nopper ein Eingangsstatement ab. Es folgt eine Aussprache sowie die Diskussion des Antrages. Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.

Das Statement von OB Dr. Nopper ist im überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben:

"Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sicherheit und Sauberkeit sind Grund-voraussetzungen für ein gutes Zusammenleben in unserer Stadt. Nur eine sichere und saubere Stadt ist auch eine attraktive Stadt. Wir setzen deswegen einen starken Akzent für Sicherheit und Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum - in den Innenbezirken, aber auch in den Außenbezirken. Voraussetzung dafür ist eine Sicherheitspartnerschaft von Stadt und Land. Voraussetzung dafür ist eine Sicherheitspartnerschaft aller für Sicherheit und Sauberkeit in unserer Stadt aktiven Kräfte von Stadt und Land, egal, ob sie für präventive, ordnungsrechtliche oder für polizeiliche Maßnahmen zuständig sind. Polizei, Städtischer Vollzugsdienst, Jugendarbeit werden noch stärker gemeinsam für mehr Sicherheit und Sauberkeit in unserer Stadt aktiv. Wir stärken den Städtischen Vollzugsdienst von gegenwärtig 71 Stellen um 30 Stellen, und damit um nahezu 50 Prozent. Dies haben wir für den Haushalt 2022/2023 beschlossen. Der Städtische Vollzugsdienst soll gerade auch an Wochenenden sichtbar für Ordnung sorgen, soll die Landespolizei entlasten und ihr ermöglichen, die Kräfte zu bündeln - auch gegen die automobile Vergnügungsszene, die sogenannte Poser-Szene in der Theodor-Heuss-Straße in den Abend- und Nachtstunden an den Wochenenden. Und wir wollen auch mehr für Prävention tun - gemeinsam mit der bereits im vergangenen Jahr personell verstärkten mobilen Jugendarbeit, gemeinsam mit der Jugendhausgesellschaft, gemeinsam mit den Sport- und Kulturvereinen. Dies wird verbunden mit den verschiedensten Veranstaltungen im öffentlichen Raum - möglichst über das ganze Jahr hinweg. Mit den Veranstaltungen soll eine bessere soziale Durchmischung, und damit auch eine bessere soziale Kontrolle möglich werden, sodass ein Einschreiten von Polizei und Vollzugsdienst erst gar nicht erforderlich wird. Wir wollen, dass sich alle, Besucherinnen und Besucher sowie Einwohnerinnen und Einwohner, gerne in der Innenstadt aufhalten.

Durch ein Bündel von Maßnahmen, für die der Gemeinderat Sachmittel in Höhe von jeweils 1 Million Euro für die Haushaltsjahre 2022 und 2023 bereitgestellt hat, wollen wir gemeinsam mit dem Innenministerium und dem Polizeipräsidium, gemeinsam mit den Kräften der Jugendarbeit, alle geeigneten Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Sicherheitsgefühls ergreifen - gerade auch in den Abendstunden und an den Wochenenden. Es ist unser erklärtes Ziel, durch mehr Präsenz, auch durch mehr Fußstreifen, Probleme erst gar nicht entstehen zu lassen. Zu den geeigneten Maßnahmen gehört meines Erachtens - sobald wie möglich - auch die Ausweisung einer Waffenverbotszone in den Bereichen Kleiner Schlossplatz, Schlossplatz, Schlossgarten und Stadtgarten. Und die sogenannten Hotspots, die öffentlichen Plätze, auf denen es immer wieder heiß hergeht, sollen besser begleitet und bespielt werden, und zudem sollen weitere Freiräume für junge Leute geschaffen werden.

Zusammengefasst: Wir müssen, wir wollen Stuttgart mit vereinten Kräften sicherer und sauberer machen - durch eine vernünftige Kombination aus präventiven, ordnungsrechtlichen und polizeilichen Maßnahmen."

BM Dr. Maier berichtet im Sinne der Präsentation. Ergänzende Anmerkungen sind nachfolgend in zusammengefasster Form mit Verweis auf die jeweilige Foliennummer wiedergegeben.

Er erklärt eingangs, der Ursprung des Konzeptes liege in der Stuttgarter Krawallnacht 2020 und den Ereignissen des Sommers 2021 (Folie 1). Im vergangenen Jahr seien einzelne Maßnahmen punktuell als "Nadelstiche", bezogen auf konkrete Plätze für eine beschränkte Zeitdauer, angeordnet worden, wie beispielsweise die Sperrung der Freitreppe für drei Wochen oder ein Verweilverbot am Max-Eyth-See, am Feuersee und am Marienplatz. Zu einer lebenswerten Innenstadt gehöre auch der Bereich, dass Menschen dort leben könnten und dazu eine gewisse Nachtruhe geschützt sein müsse (Folie 2). Im Rahmen der Erläuterungen zur Erstellung des Gesamtkonzeptes spricht der Bürgermeister einen Dank an Herrn Belgardt (SOS-KKP) aus, der das Projekt federführend vorangetrieben habe. Bezüglich der Ziele der Gesamtkonzeption (Folie 4) betont er, die Attraktivität der Innenstadt für alle Besucher zu steigern, denn Stuttgart solle weiterhin eine weltoffene, lebendige und jugendgerechte Stadt bleiben. Das Primat liege eindeutig auf der Prävention, bevor in einem zweiten Schritt ordnungsrechtliche Maßnahmen ergriffen würden.

Bezüglich der Bespielung der Innenstadt geht BM Dr. Maier zunächst auf den Aspekt der Veranstaltungen ein (Folie 6). Ziel müsse sein, für eine Belebung der Innenstadt zu sorgen, denn, wo sich viele Menschen aus verschiedensten Gruppen, sozialen Schichten und unterschiedlichsten Alters aufhielten, fielen die wenigen Störer nicht mehr auf. Gleichzeitig sei eine größere soziale Aufmerksamkeit gegeben, da mehr Menschen vorhanden seien, die nicht damit einverstanden seien, wenn einige wenige die Stimmung des Abends störten. Eine Veranstaltung könne auch dazu führen, dass ein zuvor negativ wahrgenommener Platz neu definiert werde und eine neue Nutzung erfahre. In das Angebot von Veranstaltungen seien Clubs u. ä. explizit nicht mitaufgenommen worden, da diese im Regelbetrieb ohnehin vorhanden seien und einen wichtigen Auftrag erfüllten. Unbespielte Räume würden mit Rahmenbedingungen versehen, um auch dort Sicherheit und Sauberkeit zu gewährleisten.

Beim Aspekt der Prävention betont BM Dr. Maier die Wichtigkeit von Präsenz (Folie 7). Es müssten Personen abends unterwegs sein, die als ordnende Kraft wahrgenommen würden und auf Anwesende in Augenhöhe einwirken könnten. Dies werde vor allem durch die Mobile Jugendarbeit (MJA) gewährleistet, für die vor zwei Jahren neue Stellen bewilligt worden seien. Des Weiteren seien in 2021 erste Erfahrungen gesammelt worden mit dem Projekt "Aktiv in der City", das in 2022 unter dem Projekt "Nachtschwärmer" firmiere und mit sportlichen Angeboten neue Impulse setze. Sport sei ein wichtiger Faktor, um Menschen positiv zu beschäftigen und Konflikte zu vermeiden. Eine sehr gute deeskalierende Wirkung entfalteten auch die Kommunikationsteams des Polizeipräsidiums, die weiterhin im Einsatz sein und als Ansprechpartner zur Verfügung stehen werden. Er merkt an, die Polizei sei bereits seit längerem im Rahmen des Sicherheitskonzeptes Stuttgart mit hoher Präsenz im Einsatz, um das Sicherheitsgefühl der Besucher zu erhöhen. Dies gelte auch für den Städtischen Vollzugsdienst (SVD), für den die Einsatzzeiten in 2022 als Projekt an den Wochenenden bis 01:00 Uhr ausgeweitet würden. Im Laufe des Jahres werde die Zahl um 30 Mitarbeiter*innen erhöht. Auf freiwilliger Basis unterwegs seien die Respektlotsen, die an der Zielgruppe "altersmäßig nah dran seien" und guten Einfluss nehmen könnten. Des Weiteren verweist er auf private Sicherheitsdienste, die zwar nicht über hoheitliche Befugnisse verfügten, aber einen beruhigenden, deeskalierenden Einfluss nehmen könnten. Abschließend verweist er beim Aspekt der Prävention auf die Einführung von Quick-Check-Karten, die die aktuellen Coronaregeln erläuterten.

Wenn die Aspekte Bespielung und Prävention nicht mehr ausreichten, kämen ordnungsrechtliche Maßnahmen zum Einsatz, so BM Dr. Maier (Folien 9 - 11) weiter. Die Maßnahmen bauten aufeinander auf. Je weiter die Lage eskaliere, müsse mit schwerwiegenderen Eingriffen in die Rechte der Menschen agiert werden. Er versichert, es werde stets das verhältnismäßigste, mildeste Mittel gewählt und dies nur für so lange und räumlich begrenzt, wie es unbedingt nötig sei. In der Anwendung befinde sich bereits ein neues Konzept, das auf einer wöchentlichen Beratung und Lagebeurteilung (Fußballspiele, große Konzerte etc.) fuße. Somit könne punktgenau das kommende Wochenende vorbereitet werden. Eine weitere Maßnahme stelle die Videoüberwachung dar, die ab Mai intensiviert werden (Schlossplatz, Kleiner Schlossplatz) und der Polizei ermöglichen solle, schnell in Echtzeit Problemlagen frühzeitig zu erkennen. Somit könne eine weitere Eskalation verhindert und ein Übergreifen auf Unbeteiligte vermieden werden.

In seinen weiteren Ausführungen geht der Ordnungsbürgermeister auf die Bereiche Sauberkeit und Infrastruktur ein (Folie 12). In 2021 sei bei unbespielten Räumen durch mobile Toilettenwagen darauf hingewirkt worden, ein Mindestmaß an Sauberkeit für die Anwohner zu erreichen. Dies werde auch in diesem Jahr wieder umgesetzt. An der Beleuchtung werde sukzessive gearbeitet, um das subjektive Sicherheitsgefühl zu verbessern. Bezüglich eines sicheren ÖPNV habe die SSB bereits zahlreiche Maßnahmen vorgenommen. Auch dies sei ein wichtiger Beitrag für eine sichere Innenstadt.

In seinem Fazit verweist BM Dr. Maier auf die Steigerung der Sicherheit im öffentlichen Raum sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht (Folie 13). Damit verbunden sei eine Verbesserung der Attraktivität des öffentlichen Raums, denn nur ein sicherer und sauberer öffentlicher Raum sei auch attraktiv. Aus der Erarbeitung des Konzeptes heraus seien neue Netzwerke mit neuen Ideen entstanden, auf deren Basis gut in die Zukunft gestartet werden könne. Es habe sich ein gemeinsames Verständnis von Sicherheit ergeben, von dem alle Sparten profitierten. Er betont die Wichtigkeit offener Kommunikation bei ordnungsrechtlichen Maßnahmen, um so die Akzeptanz dieser Maßnahmen in der Öffentlichkeit zu erreichen. Durch den regelmäßigen Austausch ergebe sich die Möglichkeit, Maßnahmen schneller umzusetzen und mit Blick auf das kommende Wochenende zu reagieren. Dennoch gebe es keine Garantie, durch das Konzept Konflikte vollständig zu verhindern. Er schließt seinen Vortrag mit einem Ausblick auf die Zukunft, wonach das Konzept fortgeschrieben und die Netzwerkarbeit intensiviert werden soll.

Die sich an der Aussprache beteiligenden Stadträtinnen und Stadträte bedanken sich jeweils zu Beginn ihrer Ausführungen für die detaillierte Darstellung des Konzeptes.

An die umfangreiche Debatte über Sicherheit in der Innenstadt (STA NNr. 287/2020) erinnert StR Winter (90/GRÜNE). Damals sei über verschiedene Maßnahmen gesprochen und mit Maßgaben diesen zugestimmt worden. Der Stadtrat verwahrt sich zunächst ausdrücklich gegen den Eindruck, Stuttgart sei eine unsichere Stadt. Den Duktus mancher Äußerungen "aus dem Umfeld des Rathauses" halte er für nicht angemessen und zudem schädlich für das Image der Stadt. Er verweist auf eine Stellungnahme des Innenministeriums, wonach die aktuelle Kriminalstatistik - auch für die Innenstadt - ausgesprochen rückläufige Zahlen aufweise. Dies solle etwas "Dramatik herausnehmen" und vorschnelle Maßnahmen vermeiden. Neben den bereits benannten Mitteln im Haushalt sei weit mehr getan worden, um den öffentlichen Raum anzugehen, wie beispielsweise Präventionsmodelle und Bedarfe für Frauen und Jugendliche. Eine der besten Entwicklungen sei die Einführung der Kommunikationsteams, denn es müsse alles unter der Brille betrachtet werden, wie Konfrontationsketten vermieden werden könnten. Selbstverständlich habe Waffen tragen im öffentlichen Raum, wie auch in anderen Räumen, nichts verloren. Die Frage sei nun, ob es diesbezüglich nichtanlassbezogene, große Kontrollen geben werde. BM Dr. Maier habe bei Verweilverboten den einzelnen Störer angesprochen, aber es gebe auch Verweilverbote für Gruppen, was einen großen Unterschied ausmache. Er gehe von einer großen Einigkeit darüber aus, dass feiernde Menschen nicht bewaffnet sein sollten. In Gesprächen mit Personen der MJA und anderen Beteiligten sei jedoch die Sorge groß, dass dieser Aspekt kontraproduktiv sein und die wichtigen Fortschritte der Kommunikationsteams zunichtemachen könne. Bei der Videoüberwachung habe es im Beschluss die Maßgabe der Evaluation gegeben, was aber kein Freibrief für weitere Aktionen sei. Die Maßgabe gelte aus seiner Sicht auch für den erneuten Einsatz von Videoüberwachung; es müsse eine eindeutige Befristung geben.

Zum Antrag Nr. 110/2022 führt StR Winter aus, es müsse einen noch engeren Austausch mit dem Gemeinderat geben. Die letzten Male sei man leider oft vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Selbstverständlich müsse der Schutz der Anwohnenden berücksichtigt werden. Vor dem Einsatz ordnungsrechtlicher Maßnahmen müsse alles dafür getan werden, diese zu vermeiden. Seine Fraktion habe aktuell einen Antrag zur Poser-Szene in Bearbeitung (siehe Antrag Nr. 238/2021), worin man vorschlage, an Wochenenden nachts den Verkehr aus der Theodor-Heuss-Straße herauszunehmen, da eine Tempo 30-Zone nicht ausreiche. Er wünsche sich, einen gemeinsamen Weg zu beschreiten, um Flächen zu schaffen, die weniger problematisch seien. Für die Forderung nach Intensivierung der MJA (Antragsziffer 1) im Antrag Nr. 110/2022 seien die Mittel vorhanden; bezüglich der Ausweisung von mehr öffentlichen Räumen (Antragsziffer 2) und den Bedarfen von Frauen (Antragsziffer 4) verweist er auf den Haushaltsplanantrag seiner Fraktion, der sehr gut sei. In der Frage der Kommerzialisierung (Antragsziffer 3) habe man sich auf weitere Gespräche zwischen Fraktionen und Verwaltung verständigt. Es sei widersprüchlich, einerseits für den Erhalt des Eiswägelchens zu plädieren und andererseits eine weitere Kommerzialisierung kategorisch auszuschließen. Auch bei Veranstaltungen auf dem Wasen (Antragsziffer 5) müsse entschieden kontrolliert werden.

Einen Dank richtet StR Dr. Reiners (CDU) an OB Dr. Nopper, dessen Anwesenheit die hohe Wertschätzung für das wichtige Thema signalisiere. Für die Konzeption sei überaus gute Arbeit geleistet worden. Gegenüber StR Winter merkt er an, Sicherheit beginne bei der Betrachtung der Realität. Beginnend mit der Krawallnacht 2020 habe es sehr viel Dramatik in der Stadt gegeben, die durch das neue Konzept herausgenommen werde. Es handle sich um eine gute Grundlage für die weitere Arbeit im Rat, und das Thema Sicherheit sei bei dieser Stadtspitze gut aufgehoben. Es gebe zwar, wie von BM Dr. Maier ausgeführt, keine Garantie für Sicherheit, dennoch sei man besser aufgestellt als in den vergangenen Jahren. Er stellt fest, an den Wochenenden gebe es viele junge Menschen, die von außerhalb in die Stadt strömten, weshalb der überregionale Ansatz wichtig sei. Es müsse das Gespräch mit den Stadtspitzen der umliegenden größeren Gemeinden gesucht werden, um auch dort attraktive Angebote für junge Menschen zu schaffen. Er stellt die Frage, ob Mittel zur Verfügung stehen, private Sicherheitskräfte bereits ab Donnerstag einzusetzen. Bezüglich der ordnungsrechtlichen Maßnahmen (GRDrs 224/2022, Ziffer IV) thematisiert er den Umfang von lauter Musik und Ruhestörungen in Wohngebieten und der Umsetzung von Verweilverboten. Dazu erbitte er noch weitere Informationen, ebenso zum Bewerberstand beim SVD (30 neue Stellen) und der Abdeckung der Einsatzstunden bis 1:00 Uhr. Er betont, seine Fraktion sei bekannterweise keine Gegnerin der Ausweitung von Videobeobachtung an neuralgischen Punkten. Es handle sich dabei um ein wichtiges strukturelles, ordnungsrechtliches Mittel. Die Ausführungen in der Drucksache zu Beleuchtungskonzepten seien zu allgemein formuliert und bedürften noch einer Nachschärfung. Er verweist auf den Ansatz in Heidelberg, der gute Ergebnisse generiere. Kritisch sieht der Stadtrat den Einsatz von mobilen Toilettenanlagen, da für die AWS aus Kapazitätsgründen Sonderputzaktionen nicht mehr leistbar seien. In seinen weiteren Ausführungen verweist er auf den Antrag seiner Fraktion zu Waffenverbotszonen (siehe Antrag Nr. 106/2022), wofür selbstverständlich zunächst die rechtlichen Regelungen geschaffen werden müssten. Dabei handle es sich um eine präventive Maßnahme, denn Waffen hätten im öffentlichen Raum nichts zu suchen. Zum Antrag Nr. 110/2022 führt er aus, das Konzept für eine sichere Innenstadt enthalte bereits viel zu den Antragsziffern 1 - 5 und 7, wohingegen er die Antragsziffern 6 und 8 - 11 ablehne, denn Prävention habe stets Priorität. In seinem Fazit sieht er die Stadt mit der Konzeption für den kommenden Sommer besser vorbereitet. Er wünsche sich eine Stärkung der hervorragenden Arbeit der Bürgerpolizei durch breite Unterstützung im Rat, und fordere alle Ausschussmitglieder auf, eine Nachtstreife in einem Stuttgarter Brennpunktviertel zu begleiten, um die Arbeit der Polizei kennenzulernen und Verständnis für die notwendige Sicherheit in der Stadt zu schaffen. Es sei heute ein guter Tag für die Sicherheit in Stuttgart.

StR Perc (SPD) begrüßt die Vernetzung der verschiedenen Akteure und deren gemeinsame Perspektive bei diesem Konzept, in das viel Arbeit investiert worden sei. Dass BM Dr. Maier keine Garantie abgeben könne, sei selbstverständlich. Neue Exzesse seien zwar nicht vorhersehbar, dennoch verfüge die MJA über Kenntnisse, welche Ursachen diese beförderten. Dies seien Elemente wie eine einseitige Besetzung des Platzes (zu viele Männer, zu wenig Frauen), viel Alkohol, Solidarisierungstendenzen oder vermeintlich ungerechtfertigte Kontrollen. Die nun vorgestellten Maßnahmen wirkten auf diese Faktoren ein und milderten sie ab. Er betont, der öffentliche Raum müsse allen Menschen zur Verfügung stehen, weswegen eine einseitige Inanspruchnahme eines Raumes nicht gerechtfertigt sei und Aktionen der genannten Akteure erfordere. Der Stadtrat anerkennt die erfreuliche Entwicklung bei der Straßenkriminalität, allerdings habe es auch Ereignisse gegeben, die zum Handeln zwängen. Aus Sicht seiner Fraktion stelle das Konzept einen richtigen Mix zusammen, um unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen. Dazu gehöre auch stellenweise ein kommerzielles Angebot, das zu Testzwecken zeitlich und örtlich begrenzt werden könne. Sport- und Kommunikationsangebote halte er für sehr gute Maßnahmen. Neben diesen Präventionsmaßnahmen komme man jedoch nicht umhin, ordnungspolitische Maßnahmen zu ergreifen, wie beispielsweise die Polizeipräsenz zur Erhöhung der subjektiven Sicherheit, die Möglichkeit zu Platzverweisen und die Ausweitung der Einsatzstunden des SVD. In der Frage der Videoüberwachung kann sich StR Perc den Ausführungen von StR Winter anschließen.

Kritisch sieht StR Perc die Einführung einer Waffenverbotszone, denn sie berge Konfliktpotenzial, da sie zu Körperkontrollen führe. Immer dann, wenn diese Kontrollen als einseitige, ungerechte Unterstellung wahrgenommen würden, da nur bestimmte Personen kontrolliert würden, führe dies eventuell zu Eskalation. Seine Fraktion könne sich jedoch vorstellen, diese Maßnahme mitzutragen, da sie als Grundlage für weitere Maßnahmen, wie einem Platzverweis, dienen könne. Er betont, es gebe keinerlei Rechtfertigung, in der Stadt mit Waffen unterwegs zu sein; es müssten rote Linie gezogen werden. In seinen weiteren Ausführungen thematisiert StR Perc das Haus des Jugendrechts, das in der Konzeption nicht enthalten sei. Er bitte um Informationen zum aktuellen Stand. Außerdem verweist er auf einen Artikel in den Statistischen Monatsheften, in dem die objektive Sicherheitslage und das subjektive Sicherheitsempfinden im Vergleich zu anderen Städten aufgegriffen werde. Danach weise Stuttgart rund 1.000 Fälle an Straßenkriminalität pro 100.000 Einwohner und einen Sicherheitsgefühlindex von ca. 63 % auf. München habe eine ähnlich hohe Zahl bei der Straßenkriminalität, jedoch ein Sicherheitsgefühl von 90 %. In Leipzig gebe es doppelt so viele Straßenkriminalitätsfälle, aber ein ungefähr gleiches Sicherheitsempfinden wie in Stuttgart. Dies bedeute, es gebe keinerlei Korrelation zwischen der Anzahl der Straftaten und dem subjektiven Sicherheitsempfinden. Obwohl Stuttgart gut dastehe und die Anzahl der Straftaten weiter zurückgehe, hätten die Menschen ein gering ausgeprägtes Sicherheitsgefühl. Dies lege für ihn den Schluss nahe, dass auch die Debatte über die Innenstadt maßgeblich dazu beitrage, in welchem "Framing" man unterwegs sei. Er bitte um Versachlichung der Debatte, denn es gebe in Stuttgart keine schlimmen Zustände. Eine Vielzahl der Forderungen des Antrags Nr. 110/2022 sei im Konzept bereits berücksichtigt; allerdings könne seine Fraktion die Forderung nach Streichung von Verweil- und Aufenthaltsverboten nicht unterstützen. Diese seien Teil der ordnungspolitischen Maßnahmen, und es könne nicht nur auf Prävention gesetzt werden.

Mit vielen Inhalten des Konzeptes kann sich StRin Halding-Hoppenheit (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) identifizieren. Stuttgart sei eine der sichersten Städte in Deutschland; sie habe sich hier nie unsicher gefühlt. Die Stadträtin begrüßt eine Ausweitung der MJA, die eine hervorragende Arbeit leiste und für Ruhe gesorgt habe, sowie nachts den verstärkten Einsatz junger Streetworker, die präventiv tätig würden. Wichtig sei auch die Ausweisung öffentlicher Räume, die von Jugendlichen selbst bespielt und gestaltet werden könnten. Eine ablehnende Haltung vertritt sie gegenüber einer weiteren Kommerzialisierung der Innenstadt - hier vor allem des Kleinen Schlossplatzes -, sowie gegenüber der Videoüberwachung und einer Waffenverbotszone. Letztere berge ein großes Aggressionspotenzial, da viele Jugendliche eine Ungleichbehandlung vermuteten, und sich somit das gestörte Verhältnis zur Polizei weiter verstärke. Zudem werde die Polizei unnötig in Gefahr gebracht. Sie fordert eine Untersuchung zu den Bedarfen junger Frauen, damit diese sich sicher fühlen können. Ebenso müsse die Kriminalprävention auf dem Wasen verstärkt werden. Insgesamt sei eine gute Prävention besser als Verbote.

Die Erstellung eines Gesamtkonzeptes zur Bespielung öffentlicher Plätze begrüßt StRin Yüksel (FDP). Neben kulturellen Veranstaltungen müssten auch kommerzielle Dinge, wie zum Beispiel mobile Verkaufswägen, als Regelfall ermöglicht werden, was zu der angestrebten Durchmischung des Publikums führen werde. Ein weiterer Baustein seien präventive Maßnahmen wie die MJA, die ausgeweitet werden müssten, da sie eine gute Wirkung zeigten. Bemerkenswert sei der Bericht der MJA, wonach insbesondere bei geflüchteten jungen Menschen oft Frust entstehe, weil sie aufgrund verspäteter Reaktion der Ausländerbehörde angebotene Jobs nicht annehmen könnten, Probleme mit dem Vermieter bekämen, weil die Duldung nicht rechtzeitig verlängert werde, oder sie Panik vor Abschiebung hätten. Somit gebe es eine weitere präventive Maßnahme, indem die Ausländerbehörde ihren Aufgaben rechtzeitig und ohne Verzug nachkäme. Diese Verantwortung liege ebenfalls bei BM Dr. Maier, und leider gebe es trotz der schlechten Situation keine besondere Anstrengung der Verwaltung, daran etwas zu ändern. StR Perc habe richtigerweise auf das Haus des Jugendrechts hingewiesen, das schnellstmöglich eröffnet werden müsse. Begrüßenswert seien die infrastrukturellen Maßnahmen für mehr Sauberkeit zur Verbesserung des subjektiven Sicherheitsempfindens bei den Bürgerinnen und Bürgern.

Deutliche Kritik übt die Stadträtin an einigen ordnungsrechtlichen Maßnahmen, wie beispielsweise die Videoüberwachung, private Sicherheitsdienste, Alkoholkonsumverbote oder die Einrichtung von Messerverbotszonen. Wenn von möglichen ordnungsrechtlichen Maßnahmen gesprochen werde, müssten auch die objektiven Zahlen zur aktuellen Sicherheitslage im Cityring geprüft werden, um die Verhältnismäßigkeit der anvisierten Maßnahmen beurteilen zu können. Diese Zahlen fehlten in der Vorlage bzw. Konzeption leider völlig. Sie verweist auf eine auf Anfrage der FDP-Landtagsfraktion erfolgte Information des Innenministeriums vom 08.03.2022, in der die Anzahl der erfassten Fälle in den Stadtvierteln Neue Vorstadt, Oberer Schlossgarten, Rathaus und Hauptbahnhof von knapp 12.000 in 2017 auf 8.000 in 2021 zurückgegangen sei. Die Anzahl der Fälle im öffentlichen Raum in denselben Vierteln sei von 5.100 auf 4.700 zurückgegangen. Fälle mit dem Tatmittel Messer stellten mit 50 Fällen ein Fünf-Jahres-Tief dar. Somit lebe man in Stuttgart objektiv in einer der sichersten Städte Deutschlands. Dennoch könne es OB Dr. Nopper offensichtlich kaum erwarten, dass das Land grünes Licht für die Einrichtung von Messerverbotszonen gebe. Wenn diese eingerichtet würden, erhöhe dies keinesfalls das subjektive Sicherheitsempfinden der Menschen. Stattdessen würden diese Zonen weiträumig gemieden. Sie regt an, die Stellungnahme und Befürchtungen der MJA im Hinblick auf die Einrichtung solcher Zonen zu lesen, und im Übrigen benötige die Polizei diese Zonen rechtlich nicht, um bei Verdacht kontrollieren zu können. Eine Messerverbotszone ermögliche es lediglich, verdachtsunabhängig zu kontrollieren, was ohnehin getan werden müsse, um sich nicht komplett unglaubwürdig zu machen. Ihre Fraktion werde die ordnungsrechtlichen Maßnahmen und deren von BM Dr. Maier zugesicherte Verhältnismäßigkeit kritisch begleiten, zumal sie davon ausgehe, dass mit Wiedereröffnung der Clubs eine gewisse Entspannung auf öffentlichen Plätzen eintrete. Abschließend merkt sie zum Antrag Nr. 110/2022 an, dieser berge zwar gute Ansätze, sei aber leider sehr kurzfristig und ohne Absprache mit den Fraktionen erfolgt. Ohne fraktionsinterne Absprache könne sie dazu heute nicht Stellung nehmen.

In der Konzeption kann StRin Hübsch (PULS) einige positive Ansätze erkennen und verweist auf den ausführlichen Bericht im Jugendhilfeausschuss zur Bespielung der Innenstadt (siehe JHA NNr. 17/2022), der darüber informiert habe, dass die von Jugendlichen und Heranwachsenden begangenen Straftaten überwiegend bagatellhaft und im Rahmen der Entwicklung normal und episodenhaft seien. Sie appelliert an eine Verhältnismäßigkeit in der Diskussion und alles Folgende. Im vergangenen Jahr habe man bezüglich der ordnungsrechtlichen Maßnahmen viele Ad-hoc-Entscheidungen treffen müssen. Eine Waffenverbotszone und Videoüberwachung seien absolut nicht verhältnismäßig und würden von ihrer Fraktionsgemeinschaft abgelehnt. Wenn eine solche Videoüberwachung jedoch komme, müsse nach einer gewissen Zeit eine Evaluation erfolgen, um die Entscheidung gegebenenfalls rückgängig zu machen. Zustimmung äußert sie zu den infrastrukturellen Maßnahmen, verweist bei der Beleuchtung aber auch auf eine gewisse Umweltrelevanz. Bezüglich des Antrages Nr. 110/2022 kann sie sich den Ausführungen ihrer Vorrednerin anschließen.

Für StRin von Stein (FW) nimmt der Aspekt der Prävention durch Jugendarbeit einen sehr großen Raum ein, wohingegen ordnungsrechtliche Maßnahmen auf den hinteren Seiten abgehandelt würden. Daran sei der Schwerpunkt in der Konzeption deutlich zu erkennen. Es gehe jedoch nicht nur um Jugendliche, sondern auch um 18- bis 30-Jährige, bei denen die vorgeschlagenen Aktivitäten möglicherweise nicht mehr griffen. Insofern seien, um das subjektive Sicherheitsgefühl zu steigern, auch ordnungsrechtliche Maßnahmen wichtig. Wenn bei einer Aggression keine Reaktion erfolge, sei dies in einer Stadt wie Stuttgart schädlich, da dies zu Nachahmungseffekten führen könne. Es müssten in jedem Fall Grenzziehungen erfolgen. Bezüglich der kommerziellen Nutzung verweist die Stadträtin auf die bestehende Arbeitsgruppe und die starke Nutzung des "Konsumtempels" Milaneo durch junge Menschen. Dies habe vor Jahren dazu geführt, die Jugendarbeit auf dem Europaplatz auszuweiten, da es hier zu Konflikten gekommen sei. In der Diskussion zwischen kommerziell und nicht kommerziell müsse im Auge behalten werden, dass die Möglichkeit zu Konsum auch von Jugendlichen gerne genutzt werde. Die Zielkonflikte zwischen Feiern und Stören seien hinlänglich bekannt, weshalb angemessen und situationsgerecht gehandelt werden müsse. Die Polizei sei zum einen gut ausgebildet und handle zum anderen angemessen.

In ihren weiteren Ausführungen greift StRin von Stein das Problem der Lärmbelästigung in Wohngebieten nach 22 Uhr auf. Sie habe "gelernt", dass es diesbezüglich eine Gesetzesänderung geben solle und möchte wissen, wie das neue Gesetz aussehen werde. Beim subjektiven Sicherheitsempfinden gehöre der Aspekt der oft aggressiven Sprache der Anwesenden dazu, was ein ungutes Gefühl auslösen könne. Einer Waffenverbotszone könne sie im Rahmen einer Grenzziehung zustimmen. Hilfreich seien auch mobile Toiletten, die speziell auf dem Weg von und zum Wasen nochmals ausgeweitet werden müssten. Abschließend berichtet sie mit Blick auf das subjektive Empfinden über eine persönliche Erfahrung, wonach sie um 23 Uhr in der Innenstadt keine Menschen über 30 Jahre mehr angetroffen habe. Es müsse alles dafür getan werden, dass auch ältere Menschen zu später Uhrzeit zu Fuß unterwegs seien, was ebenfalls zu mehr Sicherheit beitragen könne.

Einigkeit besteht für StR Ebel (AfD) über die Zielsetzung; es stelle sich vor allem die Frage, wie das Ziel erreicht werden könne. In der Bewertung der zahlreichen Maßnahmen kann er sich den Ausführungen von StR Dr. Reiners anschließen und merkt an, es müssten alle Maßnahmen zum Einsatz kommen, obwohl der Erfolg insgesamt oder der einzelner Maßnahmen schlichtweg unsicher sei. Er habe heute gehört, Stuttgart sei sicher; genauso gut könne jedoch das Gegenteil behauptet werden, denn es komme auf den Ort, die Uhrzeit, das Wetter, die Jahreszeit und den Zufall an, ob dies stimme oder nicht. Stuttgart sei nämlich auch unsicher. Kritik übt er an der Aussage, Jugendkriminalität sei normal; es dürfe nicht die Norm sein, kriminell zu werden, was bei der Mehrheit auch nicht der Fall sei.

Sowohl gegen eine Beschönigung als auch eine Dramatisierung der Kriminalitätslage in Stuttgart spricht sich OB Dr. Nopper aus. Er plädiert dafür, den Realitäten ins Auge zu schauen und lädt zu einem gemeinsamen Besuch von Brennpunkten im Innenstadtbereich ein. Es sei zwar zutreffend, dass die Statistik für das gesamte Stuttgart über alle Kriminalitätsarten hinweg einen Rückgang aufweise, richtig sei aber auch, dass sich die Zahl der Rohheits- und Sexualdelikte in den Bereichen Schlossplatz, Kleiner Schlossplatz, Stadtgarten und Schlossgarten auf einem sehr hohen Niveau bewege und in Teilbereichen sogar zugenommen habe. Er sei daher davon überzeugt, dass mit allen Mitteln - präventiv, ordnungsrechtlich und polizeilich - zur Tat geschritten werden müsse.

Bei manchen Wortmeldungen geht StR Kotz (CDU) davon aus, dass manche Gremiumsmitglieder die Realität in den vergangenen zwei Jahren nicht mehr wahrgenommen haben. Gegenüber StR Perc führt er aus, Statistik sei zwar das eine, aber nicht alles auf dem Weg bis zu einer Straftat, bis zu einem Eingehen in eine Statistik sei für seine Fraktion akzeptabel. Sein Anspruch sei, dass beim Miteinander in der Stadt auch das subjektive Gefühl in Ordnung sein müsse. Der Maßstab dürfe nicht der Starke sein, der sich behaupten könne, sondern es müsse wie beim Radverkehr aus dem Blickwinkel der Schwächeren agiert werden. Offensichtlich werde Ursache und Wirkung verwechselt, denn das subjektive Gefühl ergebe sich aus dem täglichen Erleben in den Abendstunden. Viele Einwohner hätten mittlerweile von einem abendlichen Besuch in der Stadt Abstand genommen, weil sie nicht mehr wüssten, ob man "gefühlt" sicher nach Hause komme. Es sei nicht akzeptabel, wenn Eigentum beschädigt, Frauen angepöbelt oder vom Kleinen Schlossplatz auf Restaurantgäste hinunteruriniert werde. Zu solchen Ereignissen bitte er ebenfalls um Stellungnahme und eindeutige Ablehnung.

In Bezug auf Waffenverbotszonen konstatiert der Stadtrat bei einigen Gremiumsmitgliedern Scheinheiligkeit. Einerseits propagierten diese permanent, die Welt sei ohne Waffen eine bessere, aber andererseits sei es ihnen egal, wenn auf dem Kleinen Schlossplatz Waffen mitgeführt würden. Bei der Frage der Kontrollen betont StR Kotz, die Polizei kontrolliere dort, wo nach ihrer Erkenntnis und Erfahrungsschatz leider die Notwendigkeit einer Kontrolle bestehe. Es sei absurd, "75-jährige schwäbische Hausfrauen" zu kontrollieren, nur um den Querschnitt zu wahren. Einen vor allem negativen Städtevergleich hält er bei der Thematik der Sicherheit grundsätzlich für falsch; Stuttgart müsse in dieser Sache Spitze sein. Zusammenfassend sei er der festen Überzeugung, die subjektive Sicherheit sei - jeglicher Statistik zum Trotz - in Stuttgart nicht gut. Das vorgelegte Sicherheitskonzept sei zwar gut und richtig, aber das Problem werde nur gelöst, wenn die Gesamtheit der Maßnahmen zum Einsatz komme.

StRin Halding-Hoppenheit möchte heute über den Antrag Nr. 110/2022 nicht abstimmen lassen. Man werde nochmals das Gespräch mit den Fraktionen suchen.

Obwohl der Radverkehr nichts mit der Thematik zu tun habe, wolle sie in Folge der Äußerung von StR Kotz zunächst ihre Meinung zur aktuellen Radkampagne abgeben, so StRin Schumann (PULS). Diese misslungene Kampagne stigmatisiere alle Radfahrenden als "Rambos" und stelle der Stadt quasi frei, diverse Radwege als Fußwege umzuwidmen. Darin sehe sie ein von der Stadt verursachtes Sicherheitsrisiko. Zum Sicherheitskonzept erklärt sie, ihre Fraktionsgemeinschaft sei die jüngste und weiblichste im Rathaus. Die Mitglieder seien regelmäßig nachts in der Stadt unterwegs und hätten sich noch nie bedroht gefühlt. Die von StR Kotz angesprochene Verschmutzung des Kleinen Schlossplatzes als Ursache für die Anpöbelung von Frauen zu betrachten, könne sie nicht nachvollziehen. Sie als Frau sei nicht verantwortlich für die Sauberkeit des Kleinen Schlossplatzes. Kritisch sieht die Stadträtin Äußerungen von städtischen Mitarbeitern im Netz, die nur in der zugehörigen "Bubble" getätigt würden. Viele Menschen anderen Standpunktes hätten einfach keine Lust, sich auf diesem Niveau zu äußern. Die Problematik der Waffenverbotszonen sei von StRin Yüksel hervorragend dargestellt worden. Es gehe nicht darum, Messer in den Taschen der Menschen zu reduzieren, sondern um anlasslose Kontrollen von Personen, die die Polizei potenziell als gefährlich, bedrohlich oder kritisch betrachte. Dies sei schlicht eine Rasterfahndung, die nichts bringe.

Bedauern äußert StR Winter über die nach einer differenzierten Diskussion erfolgte Bemerkung von OB Dr. Nopper, dieser mache bei einer Beschönigung nicht mit. Diese Äußerung werde der Debatte nicht gerecht. Gegenüber StR Kotz verweist er bezüglich des subjektiven Empfindens auf die Stellungnahme des Innenministeriums zu den aktuellen Zahlen, die dies widerlege. Es dürften keine Gegensätze aufgebaut werden, wo keine seien. Das Niveau sei zwar in der Tat zu hoch, weshalb man aber mit Hochdruck an vielen Maßnahmen arbeite. Er dankt StRin Halding-Hoppenheit für das weitere Gesprächsangebot, denn das Thema sei zu wichtig, um es in Kürze abzuhandeln. Die Bedenken der MJA gegenüber der Ausweitung von Kontrollen hält der Stadtrat für sehr wichtig, und diese müssten unbedingt in die Betrachtung einbezogen werden. Die Arbeit der Kommunikationsteams zeige eine hervorragende Wirkung und müsse fortgesetzt werden. Das Problem sei sehr vielschichtig und brauche eine gute Mischung an Maßnahmen, die vom Rat geschlossen unterstützt würden.

StR Perc betont gegenüber StR Kotz, er habe Stuttgart nicht mit einer schlechter dastehenden Stadt verglichen, sondern mit München, die eine vergleichbare Zahl an Straftaten, aber ein deutlich höheres Sicherheitsempfinden aufweise. Die öffentliche Debatte, wie die Stadt wahrgenommen werde, trage ebenfalls zum Empfinden der Menschen bei. Er habe darum gebeten, diese Rezeption einzubeziehen. Es sei nicht in Ordnung, bei öffentlichen Posts in Kauf zu nehmen, dass die Stadt schlechter wahrgenommen werde als sie objektiv sei. Er appelliert an das Verantwortungsbewusstsein politischer Mandatsträger sich zu überlegen, was man poste.

BM Dr. Maier sagt zu, über die Evaluierung der Videoüberwachung zu berichten. Diese sei mit dem Landesdatenschutzbeauftragten abgestimmt und rechtlich "sauber". Für eine Waffenverbotszone gebe es derzeit keine rechtliche Möglichkeit zur Anordnung. Dies werde vermutlich durch eine Rechtsverordnung des Innenministeriums geschehen. Wenn die Rechtsverordnung gegeben sei, werde der Gemeinderat einbezogen, bevor eine Waffenverbotszone angeordnet werde. Er betont, verdachtsunabhängige Kontrollen seien an gefährlichen Orten bereits jetzt schon möglich, würden aber nicht im großen Stil, sondern im Rahmen der Verhältnismäßigkeit durchgeführt. Die genannten Aspekte seien auch der Polizei bewusst und niemand wolle sehenden Auges in eine Eskalation hineinlaufen. Wenn aber bei einer solchen Kontrolle ein Messer mit feststehender, 10 cm langer Klinge aufgefunden werde, habe die Polizei bisher keine Möglichkeit, dieses aus dem Verkehr zu ziehen. Die Ausschreibungen zum SVD erfolgten in Kürze, und bezüglich des Hauses des Jugendrechts sei man derzeit gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie. Die restlichen Punkte werde er beim erneuten Aufruf des Antrages beantworten.

StR Winter ruft die sechsmonatige Frist nach Inbetriebnahme bei der Videoüberwachung in Erinnerung. Somit müssten im Sommer erste Zwischenergebnisse vorliegen. Es sei sinnvoll, sich auch in diesem Fall daran zu halten.


Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen mehr ergeben, schließt OB Dr. Nopper den Tagesordnungspunkt ab. Der Verwaltungsausschuss hat von dem Bericht Kenntnis genommen. Der Antrag Nr. 110/2022 wird zu einem späteren Zeitpunkt erneut aufgerufen.

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