Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau und Umwelt
Gz: StU 6322-02
GRDrs 325/2011
Stuttgart,
11/04/2011


Stadtinternes Contracting



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und Technik
Verwaltungsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
15.11.2011
16.11.2011

Bericht:


Im Jahr 1995 hat der Gemeinderat beschlossen, beim Amt für Umweltschutz ein Finanzierungsmodell für wirtschaftliche Maßnahmen zur Energieeinsparung einzurichten (GRDrs 584/1994). Das Modell des stadtinternen Contractings wurde von der Stadtkämmerei und dem Amt für Umweltschutz gemeinsam entwickelt. Es stellt die Umsetzung einer Drittmittelfinanzierung, bezogen auf die Rahmenbedingungen einer Großstadt dar. Zwischenberichte über das Modell wurden in GRDrs 1078/2001, GRDrs 448/2007 und GRDrs 428/2009 gegeben. Mehr als 50 Kommunen in Deutschland und in Europa nutzen inzwischen dieses Finanzierungsmodell.


Prinzip des stadtinternen Contractings

Im Modell des stadtinternen Contractings finanziert das Amt für Umweltschutz wirtschaftliche Maßnahmen in den städtischen Ämtern und Eigenbetrieben zur Energie- und Wassereinsparung vor (Bild 1). Die durch diese Maßnahmen bei den Ämtern und Eigenbetrieben eingesparten Energiekosten fließen aus dem jeweiligen Budget so lange an das Amt für Umweltschutz zurück, bis die Investition abbezahlt ist. Danach können die Ämter und Eigenbetriebe frei über die eingesparten Energiekosten verfügen.


Bild 1 Prinzip des stadtinternen Contractings

Bei den Eigenbetrieben, die Verlustbetriebe sind oder aus dem städtischen Haushalt Finanzmittel bekommen, findet eine Rückzahlung der eingesparten Energiekosten an das Amt für Umweltschutz nicht statt, da die Gewährung zinsloser Darlehen bei Eigenbetrieben laut Eigenbetriebsrecht nicht zulässig ist. Daher wurde in der GRDrs 428/2009 festgehalten, dass die Stadtkämmerei einen Haushaltsansatz auf der AHst 2.1210.9857.000-0100 in der Höhe bildet, der die Rückzahlungen an das Amt für Umweltschutz deckt. Die bei den Eigenbetrieben eingesparten Energiekosten führten zu einem geringeren Finanzmittelausgleich.

Das Amt für Umweltschutz hat von 1995 - 2010 mit den städtischen Ämtern und Eigenbetrieben über 270 Vereinbarungen getroffen. Dabei wurden die überwiegenden Maßnahmen im Zuge der energetischen Betreuung der stadteigenen Liegenschaften im Rahmen des Energiemanagements entwickelt. Aber auch die Betreiber der Gebäude sind auf das Amt für Umweltschutz zugekommen, um sinnvolle Einsparmaßnahmen anzustoßen. Nach fachtechnischer Beurteilung durch die Energieabteilung konnten so ebenfalls eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt werden.

Dabei handelt es sich um Projekte von wenigen 1.000 Euro (z. B. Beleuchtungserneuerungen oder Verbesserungen der Regeltechnik) bis hin zu 1,4 Mio. Euro (Erneuerung von Heizzentralen mit Einbau von BHKWs, thermischen Solaranlagen oder Holzfeuerungen). Die Beispiele zeigen, dass neben Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz auch der Bau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energieträger realisiert werden konnte. Insgesamt entfallen 23 % der Investitionen auf den regenerativen Bereich.

Bei konkurrierenden Projekten wird anhand der Kapitalrückflusszeit entschieden, welche Maßnahmen umgesetzt werden. Die durchschnittliche Kapitalrückflusszeit der vom Amt für Umweltschutz eingesetzten Finanzmittel liegt bei 7 Jahren. Wichtig dabei ist, dass die Entscheidungshoheit über den Abschluss von Vereinbarungen in der Energieabteilung und damit in der Fachabteilung liegt. Hier muss auch der finanzielle Spielraum für kurzfristig notwendige Finanzierungen für wirtschaftlich sehr interessante Vereinbarungen sichergestellt werden.

Bild 2 Investitionen mit dem stadtinternen Contracting


Bis 2010 wurden insgesamt 7,6 Mio. Euro für das stadtinterne Contracting zur Verfügung gestellt. Bild 2 zeigt die jährlich abgeflossenen Investitionsmittel für die Ämter und Eigenbetriebe. Als durchgezogene Linien sind die seit 1995 insgesamt getätigten Investitionen dargestellt. Aus dem Bild wird zudem deutlich, dass die Mittel in Höhe von 7,6 Mio. Euro schon zum zweiten Mal für die Umsetzung von Maßnahmen eingesetzt werden.

Es ist auch zu erkennen, dass das Budget nicht auf einmal zur Verfügung gestellt werden muss, sondern kontinuierlich gesteigert werden kann. Die grüne Kurve in Bild 2 macht dies deutlich.


Neues Vorgehen

Nach Einführung der doppischen Haushaltsführung muss das bisherige Verfahren bei den Ämtern umgestellt werden. Die Abwicklung als innere Verrechnung ist im Finanzhaushalt nicht möglich, da es sich um keinen zahlungswirksamen Vorgang handelt. Die zur Finanzierung benötigten Mittel werden dem Fachamt durch Mittelumschichtung zur Verfügung gestellt.

Das Budget des Fachamts wird in Höhe der durch die Umsetzung der Maßnahme eingesparten Energiekosten reduziert. Durch Mittelumschichtung wird das Budget des Amts für Umweltschutz für Maßnahmen zur Energieeinsparung in derselben Höhe aufgestockt.

Bei den Eigenbetrieben wurden nach der Umstellung auf die Doppik im Doppelhaushalt 2010/2011 für die Umsetzung energiesparender Maßnahmen keine Mittel veranschlagt. Die Kapitalrückflüsse der Jahre 2010 (445.260 EUR) und 2011 (393.715 EUR) blieben unberücksichtigt.

Da inzwischen lediglich die Bäderbetriebe städtische Finanzmittel erhalten und es im Eigeninteresse der Eigenbetriebe ist, Maßnahmen zur Energieeinsparung selbst umzusetzen, werden zukünftig keine Vereinbarungen mit den Eigenbetrieben mehr abgeschlossen. Zur Finanzierung von Maßnahmen aus bereits abgeschlossene Vereinbarungen wird die Ermächtigungsübertragung (742.802 EUR) vom Haushaltsjahr 2010 ins Haushaltsjahr 2011 verwendet.

Die Anwendung des stadtinternen Contracting auf die städtischen Tochterunternehmen ist aus Sicht der Verwaltung nicht umsetzbar. (Antrag Nr. 334/2011 Bündnis 90/DIE GRÜNEN und SPD). Bei den städtischen Tochterunternehmen handelt es sich um rechtlich selbständige Unternehmen. Die jeweilige Geschäftsführung hat eine umfassende Entscheidungsbefugnis, es ist im Eigeninteresse der Geschäftsführung, Maßnahmen zur Energieeinsparung selbst umzusetzen. Auch wäre ggf. das EU-Beihilferecht zu beachten.


Einsparungen

In Bild 3 sind die erreichten Energiekosteneinsparungen dargestellt. Im Jahr 2010 hat sich die jährliche Kosteneinsparung, die durch die Einführung des stadtinternen Contracting erreicht wurde, auf jährlich 1,5 Mio. Euro gesteigert.


Bild 3 Energiekosteneinsparung durch stadtinternes Contracting

In Bild 3 ist zusätzlich die Differenz der kumulierten Einsparung mit den bereitgestellten Mitteln dargestellt. Insgesamt wurden bis 2010 12,6 Mio. Euro eingespart, sodass die Stadt mit Einführung des internen Contractings einen Nettogewinn von 5,1 Mio. Euro erzielt hat.

Die Einsparung wird zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ermittelt. Dabei ist nicht berücksichtigt, dass die Einsparungen der Maßnahmen aus den Vorjahren aufgrund der Energiepreissteigerungen (z. B. Heizenergie + 30 % von 2005 auf 2010) deutlich höher sind. Das bedeutet, dass die tatsächlichen Einsparungen durch die Preissteigerungen sogar höher liegen. Allein durch Energiepreissteigerungen, die seit Abschluss der Vereinbarung angefallen sind, ergaben sich weitere Kosteneinsparungen (Bild 4).



Bild 4 Zusätzliche Einsparungen durch Energiepreissteigerungen


Neben den Kosteneinsparungen wurden durch das stadtinterne Contracting die in Bild 5 dargestellten Mengen an Heizenergie, Strom und Wasser eingespart.

Bild 5 Eingesparte Energie- und Wassermengen

Es wird deutlich, dass der Schwerpunkt bisher bei der Heizenergie liegt. Mit steigenden Strompreisen werden aber auch Stromeinsparmaßnahmen wirtschaftlicher. Entsprechend wird versucht, die Anzahl der Maßnahmen im Strombereich zu erhöhen. Dies ist ab 2008 zu erkennen. Dazu gehören z. B. die Stilllegung der Elektroheizung und der Einbau eines BHKWs im Hans-Rehn-Stift mit einer Stromeinsparung von 2.000 MWh/a.


Klimaschutz durch das stadtinterne Contracting

Das stadtinterne Contracting liefert einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Wie in Bild 6 dargestellt, führt die Summe aller Projekte inzwischen zu einer CO2-Einsparung von knapp 9.000 t pro Jahr. Die CO2 -Emissionen durch den Energieverbrauch aller städtischen Liegenschaften liegt bei 110.740 t CO2/a. Kumuliert wurden bis 2010 ca. 78.000 t CO2 eingespart.


Bild 6 Vermiedene CO2-Emissionen


Weitere Maßnahmen

Das stadtinterne Contracting hat sich als Instrument zur Senkung der Energie- und Wasserkosten bewährt. Durch die kurzfristige Reaktion auf Entwicklungen im Energiebereich und aufgrund der schnellen Umsetzung der Maßnahmen konnten zeitnahe Einsparungen sichergestellt werden. Auch ist der administrative Aufwand zur Abwicklung der Vereinbarungen gering.

Im Rahmen der in den nächsten Jahren anstehenden Schulhaussanierungen sind zusätzliche energetische Maßnahmen notwendig. Mit der Erstellung der Energieausweise wurden die erforderlichen Maßnahmen bereits konkretisiert. Im von Drees und Sommer zusammengestellten Sanierungspaket (Unterausschusssitzung Schulsanierung 21.9.2011) gibt es für die Schulen zwar auch Energiesparmaßnahmen (z.B. Fenstersanierungen), aber eine Reihe von Maßnahmen (wie z.B. die Außenwanddämmung) fehlen noch. Ein genauer Überblick über die noch notwendigen Maßnahmen für eine energetisch ganzheitliche Sanierung ist nur durch einen Abgleich mit den derzeit - unter sicherheitsrelevanten und baulichen Gesichtspunkten - vorgesehenen Maßnahmen und den im Energieausweis enthaltenen Maßnahmen möglich.

Auf Basis der bisherigen Auswertung von 22 der 160 Schulen liegt der Mehrbedarf für die energetischen Maßnahmen zwischen 5 % und 35 % der bisher zugrunde gelegten Baukosten. Bei einem mittleren Ansatz von 20 % ergibt sich anhand der am 21.9.2011 von Drees und Sommer vorgelegten Kostenschätzung (445,8 Mio. Euro) ein zusätzlicher Mittelbedarf für energetische Investitionen von 90 Mio. Euro. Verteilt auf 5 Jahre ergibt sich ein Betrag von 18 Mio. Euro pro Jahr. Durch diese zusätzliche Aufstockung des stadtinternen Contracting könnten die Schulen auch energetisch ganzheitlich saniert werden.


Rückfluss über Nutzungsdauer

Unter Berücksichtigung der eingesparten Energiekosten während der gesamten technischen Lebensdauer (vgl. Antrag Nr. 288/2010 SPD-Fraktion) wäre das Budget für das stadtinterne Contracting 2010 auf 12,7 Mio. Euro angestiegen. Bis Ende 2010 stehen als Gesamtbudget aufgrund der tatsächlichen Rückflüsse und der bereitgestellten Mittel 7,6 Mio. Euro zur Verfügung. Diese Mittel sind durch abgeschlossene Vereinbarungen weitgehend gebunden. Bei der Berücksichtigung über die gesamte technische Lebensdauer wären zusätzliche Mittel in Höhe von 5,2 Mio. Euro im stadtinternen Contracting zur Verfügung. Um die bisher praktizierte Bilanzierung im stadtinternen Contracting nicht umzuwerfen und trotzdem die Rückflüsse über die theoretische Nutzungsdauer zu berücksichtigen, müsste das Budget zusätzlich um 5,2 Mio. Euro aufgestockt werden. In Bild 7 ist die Differenz dargestellt.



Bild 7 Rückfluss über die theoretische Nutzungsdauer

Die Rückflüsse für die Jahre 2010 und 2011 betragen bei den Ämtern 326.827 Euro bzw. 348.170 Euro. Die Rückflüsse der Ämter für die nächsten Jahre können erst nach Abschluss der Maßnahmen dargestellt werden (Mitteilungsvorlage 2012).

Maßnahmen für 2012 und Folgejahre

Für 2012 sind folgende Maßnahmen geplant:

Amt/EBGebäudegeplante Maßnahme
jährliche
Einsparung
[Euro]
Investition

[Euro]
Rückfluss

[a]
40SchulenBau von Pelletfeuerungen 100.000
900.000
9,0
40UhlandschuleSanierung zur Plusenergieschule 17.000
300.000
18,0
40SchulenEnergetische Sanierung
18.000.000
23/40SchulenBau von Photovoltaikanlagen 53.000
800.000
15,0
23/40Diverse
Liegenschaften
Austausch von Pumpen 40.000
400.000
10,0
66StraßenbeleuchtungErneuerung der
Straßenbeleuchtung
12.000
240.000
20,0
Summe 222.000
20.640.000
11,9

Für 2013 und Folgejahre sind bisher folgende Maßnahmen angedacht:

Amt/EBGebäudegeplante Maßnahme
jährliche
Einsparung
[Euro]
Investition

[Euro]
Rückfluss

[a]
40SchulenBau einer Holzheizung 130.000
1.300.000
10,0
40UhlandschuleSanierung zur Plusenergieschule 21.000
375.000
18,0
40SchulenEnergetische Sanierung
18.000.000
66StraßenbeleuchtungErneuerung der
Straßenbeleuchtung
6.000
120.000
20,0
Summe 226.000

19.795.000
11,5


Beteiligte Stellen

Das Referat WFB hat Kenntnis genommen. Haushaltsrelevante Beschlüsse können erst im Rahmen der Haushaltsplanberatungen erfolgen.


Vorliegende Anträge/Anfragen

Antrag Nr. 288/2010 der SPD-Gemeinderatsfraktion
Antrag Nr. 334/2011 von Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion und SPD-Gemeinderatsfraktion

keine




Matthias Hahn
Bürgermeister





keine



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