Protokoll: Verwaltungsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
123
1
VerhandlungDrucksache:
118/2011
GZ:
OB
Sitzungstermin: 11.05.2011
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende, EBM Föll
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Neuordnung der Energie- und Wasserversorgung
Gründung der Stadtwerke Stuttgart
-Vertagung-

Beratungsunterlage ist die dieser Niederschrift angeheftete Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 29.04.2011, GRDrs 118/2011.

Angeheftet ist zudem der Antrag Nr. 181/2011 der SPD-Gemeinderatsfraktion "Neuordnung der Energie- und Wasserversorgung (GRDrs. 118/2011)" vom 06.05.2011.


Einleitung
Von OB Dr. Schuster wird einleitend vorgetragen, das große und wichtige Thema "Neuordnung der Energie- und Wasserversorgung durch Gründung der Stadtwerke
Stuttgart" sei über ein Jahr u. a. durch Gutachten und durch den Unterausschuss Stadtwerke vorbereitet worden. Für die konstruktive Zusammenarbeit wolle er sich bedanken.

Durch den Ablauf von Konzessionen zum 01.01.2014 biete sich jetzt die Möglichkeit, die Weichen für Stadtwerke zu stellen. Dabei könne nun auf neue, grüne Technologien zurückgegriffen werden. Diese seien in den letzten Jahren entwickelt bzw. weiterentwickelt worden und würden eine Vielzahl von neuen, dezentralen Lösungen ermöglichen. Noch vor wenigen Jahren sei dies so noch nicht der Fall gewesen. Betroffen sei davon nicht zuletzt die Frage der Einbindung von bürgerschaftlichem Engagement in dezentrale Strukturen (s. Stichworte Klimasparbuch bzw. Energiegenossenschaften in der Vorlage). Zudem sei in der Öffentlichkeit das Bewusstsein entstanden, dass solche dezentralen Strukturen, die dann durch den Gemeinderat entwickelt und gesteuert werden, einen wichtigen Beitrag zur kommunalen Daseinsvorsorge darstellen.

Insoweit spielten diese Elemente zusammen, damit solche Stadtwerke neu entwickelt werden können. Zudem verfüge die Stadt durch den Verkauf der Anteile an den NWS und der EnBW über das Grundkapital für ein solches Stadtwerk (verankert bei der SVV). Die erforderliche Investition müsse also nicht aus dem laufenden Haushalt herausgespart werden. Daher sollte das Thema Stadtwerke jetzt konsequent vorangebracht werden.

Was die Vergangenheit angehe, einige kurze Anmerkungen zur Richtigstellung. Natürlich sei jedem freigestellt, sein damaliges Abstimmungsverhalten zu bewerten. Aus Sicht der Stadt insgesamt sei es allerdings sicherlich kein historischer Fehler gewesen, aus der Kernenergie auszusteigen. Es dürfe nicht vergessen werden, dass damals der größte Vermögensanteil der Stadt der Anteil an drei Kernkraftwerken gewesen sei - wirtschaftlich betrachtet kein schlechtes Geschäft, aber selbst er als damaliger Aufsichtsratsvorsitzender der NWS sei erleichtert gewesen, als diese politische und wirtschaftliche Aufgabe nicht mehr habe wahrgenommen werden müssen. Die heutige Entwicklung bestätige dies mit Nachdruck.

Des Weiteren sollte nicht vergessen werden, dass sich die Umstände damals anders darstellten, als man sie vielleicht heute betrachten werden. Die erste Weichenstellung habe in der Vergangenheit die Aufgabe der TWS bedeutet. Dies habe gerade im Wechsel zu seiner Amtszeit stattgefunden. Die Schlussverhandlungen zur Fusion zu den NWS habe, nachdem die Grundsätze beschlossen waren, schon er geführt. Damals sei entschieden worden, dass die Landeshauptstadt über keine Stadtwerke mehr verfügt, sondern dass dieser Bereich mit einer starken Minderheitenposition (42,5 %) Teil der NWS, einer größeren Aktiengesellschaft, wird. Andererseits hätten die regionalen Miteigentümer ihre eigenen Stadtwerke behalten. Diese Struktur habe er zwar kritisch gesehen, aber die Weiche sei gestellt worden, da alle Analysen davon ausgegangen sind, dass sich ein Wettbewerb einstellt, in dessen Verlauf "die Großen die Kleinen schlucken".

Dies habe sich auch bewahrheitet. Auch ein regionales Unternehmen wie die NWS sei, nachdem es keine abgegrenzten Märkte mehr gegeben hat, nicht in der Lage gewesen, den neuen Anforderungen, wie beispielsweise bei der Stromversorgung, ohne Weiteres gerecht zu werden (z. B. Stromversorgung der Daimler-Werke oder Bosch-Werke in Europa). Deshalb sei konsequenterweise überlegt worden, wie eine Struktur entwickelt werden kann, die diesen neuen Anforderungen im Wettbewerb entspricht. Die EnBW sei in der Folge zusammen mit der EdF entstanden, einerseits als Miteigentümer der NWS, aber natürlich auch als Konkurrent, der solche Angebote machen konnte. Heute werde von den großen Vier geredet.

Über die Frage der langfristigen strukturellen Aufstellung habe es im Gemeinderat ausführliche Debatten gegeben. Zu dieser Zeit habe man mit allen (Bayernwerke heute EON, RWE) verhandelt. Das Ziel habe gelautet Versorgungssicherheit, Vermögenserhalt und Sicherung des Energiestandortes mit allen Arbeitsplätzen. Dem seien die Verträge, die 1999 zunächst gemacht wurden, gerecht geworden.

Infolge einer neuen Gesetzgebung hinsichtlich einer weitgehend steuerfreien Übertragung von Unternehmensanteilen sei diese Entscheidung auf das Jahr 2001 verschoben worden. Im Gegensatz zum Land. Das Land habe damals die Veräußerungserlöse in eine Stiftung eingebracht. Durch diese Verschiebung habe für die Stadt erneut die Möglichkeit bestanden, darüber nachzudenken, ob die Weichenstellungen weiterhin als richtig erachtet werden kann.

Bereits beim Verkauf des Aktienpakets sei das Thema Wasser kritisch gesehen worden. Nicht vergessen werden sollte allerdings, dass das Wasser in vielfältiger Weise rechtlich kontrolliert wird - nicht nur von den Gebühren, sondern auch von der Wasserversorgung her (Qualität, Wasserbezug durch zwei öffentlich-rechtliche Verbände). Insoweit sei das Risiko beim Thema Wasser sehr gering gewesen. Um das "Privatisierungsrisiko" weiter zu verringern oder ganz auszuschalten, habe die Stadt die Stimmrechte bei den kommunalen Wasserverbänden erhalten.

So wie er den damaligen Ausstieg der Stadt aus der Kernenergie für richtig angesehen habe, halte er es jetzt, unter anderen Umständen, ebenfalls für richtig, mit anderen Strukturen eigene neue Stadtwerke Stuttgart zu gründen. Höchst schwierig wäre es, und dabei wendet er sich an die SPD-Gemeinderatsfraktion, diesen Pfad durch einen Erwerb der EnBW Regional AG zu verlassen. Dies wäre etwas völlig anderes. Die EnBW Regional AG beinhalte 40 Stadtwerksbeteiligungen und Netze mit einer Länge von 100.000 km weit über Baden-Württemberg hinaus. Selbstverständlich könne aber durch ein ergänzendes Gutachten des Büros Horvath & Partner die Situation dargestellt werden. Auch im Sinne dessen: Haben wir irgendwas übersehen oder möglicherweise nicht bedacht.

Er habe natürlich nichts dagegen, vor einer solchen Weichenstellung die verschiedenen Alternativen aufzuzeigen. Grundsätzlich sollte jedoch eine Konzentration auf eine solide Gründung Stuttgarter Stadtwerke erfolgen. Dazu gehöre der Versuch, eine Struktur zu finden, mit der das Risiko für die Stadt minimiert wird. Auf dieser Basis sollte in Verhandlungen eingetreten werden. Dies schließe selbstverständlich nicht aus, dass
Stuttgart mit anderen Stadtwerken in der Region (z. B. Esslingen, Ludwigsburg) zusammenarbeitet, um den Betrieb z. B. von Netzen zu optimieren.

Zum Ende seiner Ausführungen bittet er den Gemeinderat, dem Grundsatzbeschluss zustimmen. Die anschließenden Verhandlungen würden sicherlich sehr komplex und nicht einfach.

Vertagungsantrag / Weitere Vorgehensweise
Nach dem einführenden Sachvortrag des Vorsitzenden beantragt StR Rockenbauch (SÖS und LINKE), der fraktionsinternen Beratungs- und Informationsbedarf geltend macht, die Vertagung dieses Tagesordnungspunktes um 14 Tage. Dazu schlägt StR Wölfle (90/GRÜNE) vor, heute bereits mit der Beratung der Vorlage zu beginnen, diesen Tagesordnungspunkt aber von der morgigen Tagesordnung des Gemeinderates abzusetzen und dann die abschließende Beratung und Beschlussfassung in der Sitzung des Gemeinderates am 26.05.2011 vorzusehen.

Bis zur Gemeinderatssitzung am 26.05.2011, so OB Dr. Schuster, könnte dann die Verwaltung schriftlich, z. B. zum Antrag Nr. 181/2011 der SPD-Gemeinderatsfraktion, Stellung beziehen. Die Anregung von EBM Föll, diesen Tagesordnungspunkt am 25.05.2011 nochmals im Verwaltungsausschuss zu beraten, wird gutgeheißen.


Stellungnahmen der Fraktionen
Die sich anschließenden Stellungnahmen der Fraktionen sind nachstehend im überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben:

StR Wölfle (90/GRÜNE):
"Der Verkauf der Anteile von Kernkraftwerken ist sicher kein Fehler gewesen. Aber die Behandlung des Themas Wasser war nicht sorgfältig genug. Die Themen Wasser und Wasserbezugsrechte hätten beim Verkauf definitiv anders gehandhabt werden können. Die Fehler von damals sollten nicht wiederholt werden.

Trotz der Neuordnung im Energiebereich haben sich einige mutige und kluge Unternehmen bis heute auf dem Markt behauptet. Diese sind sogar gestärkt aus dieser Bereinigung hervorgegangen.

Im Zusammenhang mit dem Verkauf der städtischen Anteile wurde auch davon gesprochen, mit dem Erlös Ideen zu entwickeln, wie das Thema Energieeinsparung in der Stadt aktiv gestaltet werden kann. Herausgekommen ist die Energiesparlampen-Tauschaktion. Das war nicht sehr effektiv. Ich bin sicher, dass wir bei der Neugestaltung unserer Stadtwerke deutlich hinzugelernt haben."

StR Stopper (90/GRÜNE):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, vielen Dank an die Verwaltung für die inhaltlich gute und wichtige Vorlage. Mit dem zu fassenden Beschluss haben wir allerdings noch nichts erreicht, sondern es ist quasi ein Auftakt eines Spiesl, das es erst noch zu gewinnen gilt. Aus unserer Sicht enthält die Vorlage keine unnötigen Vorfestlegungen, die uns in den anstehenden Verhandlungen mit der EnBW benachteiligen könnten. Wir haben als Stadt mit dieser Vorlage alle Optionen offen, und wir signalisieren klar, dass wir die Netze übernehmen wollen und dass wir starke kommunale Stadtwerke aufbauen wollen.

Entscheidend ist für uns mit dieser Vorlage, wir beauftragen die Verwaltung mit der Neugründung von Stadtwerken und wir formulieren einen Verhandlungsauftrag, den wir allerdings präzisieren müssen. Das ist das, was wir zu dieser Vorlage heute auch anmerken wollen. Im Unterausschuss wurde bereits vorbesprochen, wer mit welchem Zeithorizont verhandelt. Da ist die Vorlage aus unserer Sicht noch ergänzungsbedürftig. Ich denke, der Gemeinderat hat nicht die Absicht, die Aufgabe der Verhandlung einfach an die Verwaltung abzutreten oder zu delegieren und sich dann zurückzuziehen, sondern der Rat muss dort selbst präsent sein. Möglichst frühzeitig muss auch eine kompetente, erfahrene Geschäftsführung der künftigen Stadtwerke in die Verhandlungen eingebunden sein. Dieser Auftrag gehört noch in diese Vorlage hinein.

Das Gutachten zeigt, dass Stadtverwaltung und Gemeinderat sich für diesen wichtigen Schritt, die Gründung neuer Stadtwerke vorzubereiten, Zeit genommen haben. Uns steht ein Spektrum an Varianten zur Verfügung, die uns aber nicht einengen oder zu einer Entscheidung zwingen. Wir lehnen es auch ab, uns zum jetzigen Zeitpunkt auf irgendeines dieser Modelle festzulegen. Dazu ist die Verhandlungssituation zu offen: Zunächst müssen in den Verhandlungen erst noch viele Fragen geklärt werden.

Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN hat immer gesagt, wir wollen starke, maximal kommunale Stadtwerke. Aber wir haben immer auch gesagt, auf diesem Weg Partnerschaften nicht auszuschließen. Das wäre unsinnig - so viel auch in Richtung des laufenden Bürgerbegehrens. Hier dürfen wir uns nicht die Hände binden. Dabei ist die EnBW für uns kein Partner, aber auch bei der EnBW ist die Situation offen. Die SPD-Fraktion hat mit Ihrem Antrag angedeutet, dass die Regional AG vielleicht irgendwann ein anderer Partner sein kann, als das zurzeit der Fall ist. Wir haben immer gesagt, ein Atomstrom-Monopolist, der mit seiner Netzstruktur auf zentrale Großkraftwerke ausgerichtet ist, ist für uns kein sinnvoller Partner. Aber wie es mit der EnBW weitergeht, ist ein offener Prozess auf Landesebene.

Das Gutachten hat deutlich gezeigt, die Gründung von Stadtwerken ist sinnvoll, ist wirtschaftlich interessant für uns und insbesondere energiepolitisch sinnvoll für die Stadt Stuttgart. Wie man jetzt die Risiken bewertet - dies haben wir im Unterausschuss oft kontrovers diskutiert -, ist so lange eine theoretische Debatte, wie wir nicht alle Zahlen auf dem Tisch haben. Über das Netz beispielsweise. Klar ist auf jeden Fall, je schlechter wir verhandeln, umso größer sind die Belastungen und Risiken für unsere Stadtwerke. Und klar ist auch, je ausgeprägter - und das steht ja auch in der Vorlage - unser Engagement ist, desto größer sind unsere unternehmerischen Aufgaben, aber auch die unternehmerischen Risiken. Das sollte man nicht kleinreden. Aber der Respekt vor dieser Aufgabe kommt ja im Gutachten und in der Vorlage zum Ausdruck. Genauso kommt zum Ausdruck, dass neue Stadtwerke eine große Chance für die Stadt Stuttgart sind. Letztlich ist es so, wenn man ein wirtschaftliches Unternehmen gründen will, dann kann man Risiken nicht ausschließen oder komplett auf Dritte abwälzen. Risiken gehören einfach dazu. Das müssen wir immer bedenken.

Für uns ist es jetzt wichtig, dass wir zu einer zügigen Gründung von Stadtwerken kommen. Deswegen stimmen wir dieser Vorlage zu. Wir brauchen sehr schnell ein kompetentes Geschäftsführerteam dieser Stadtwerke an unserer Seite bei den Verhandlungen mit der EnBW. Deswegen ist die Vorlage jetzt auch wichtig und richtig. Die Geschäftsfelder, die in der Vorlage definiert sind, lassen uns alle Spielräume offen und decken sichmit den Zielen, die wir Grünen in Bezug auf die Neugründung von Stadtwerken formuliert haben. Wir wollen die Rekommunalisierung der Wasserversorgung als oberste Priorität. Wir wollen Besitz und Kontrolle über die Verteilnetze. Und wir wollen natürlich den Einstieg in eine nachhaltige, dezentrale Energieerzeugung und viel tun im Bereich der Energieeinsparung/-effizienz. Und das, wie im Gutachten aufgeführt, beispielsweise mit Themen wie Smart Grid. Die Wettbewerbsfähigkeit, die ökonomische Nachhaltigkeit und die Versorgungssicherheit dieses Unternehmens sind wichtige Bestandteile, die wir ebenfalls nicht aus den Augen verlieren.

Bei der Fernwärme teilen wir die Ansicht des Gutachters und die Einschätzung, die in der Vorlage gemacht wird. Deshalb ist das eine Vorfestlegung des Gemeinderats, die wir aber mittragen. Das ist kein wirkliches Fernwärmenetz, sondern das sind lediglich Leitungen, die an drei Kraftwerken, die uns nicht zur Verfügung stehen, hängen.

Der Verhandlungsauftrag sollte uns jetzt beschäftigen. Wir haben im Unterausschuss vorbesprochen, dass an den Verhandlungen die Stadträte zu beteiligen sind und möglichst früh die neue Geschäftsführung. Das wollen wir wiederfinden in der Vorlage, dass dort also der Verhandlungsauftrag nicht nur an die Verwaltung geht, sondern da soll hervorgehen, wer ist in diesem Verhandlungsteam, wer sitzt da mit drin auch an Beratern und aus der Verwaltung. Zudem muss sich der Gemeinderat zügig konkrete Vorstellungen zur Bürgerbeteiligung in diesem Prozess machen. Das muss nicht in dieser Vorlage geschehen, aber das muss zügig geschehen. Wir als Grüne sehen beispielsweise in einer aktiven Beteiligung der Bürger an diesen Stadtwerken in Form genossenschaftlicher Beteiligungsmodelle eine Chance. Diese muss geprüft werden. Diese diskutieren wir gerade. Das sind Modelle, wie sie jetzt beispielsweise in Titisee-Neu-stadt in Angriff genommen werden, die man noch prüfen muss, die auch rechtlich zu prüfen sind, aber die wir uns sehr gut vorstellen können, die wir auch in die Debatte einbringen wollen. Und wir brauchen einen aktiven Diskurs in der Bürgerschaft, damit wir die Bürger mitnehmen auf dem Weg zu diesen Stadtwerken."

StR Kotz (CDU):
"Herr Oberbürgermeister, die heutige Vorlage wird sicherlich eine der Wichtigsten in der laufenden Gemeinderatsperiode sein. Das Projekt das angegangen werden soll ist nicht nur ob der finanziellen Größenordnung, sondern auch auf der emotionalen Ebene und letztendlich auch auf der wirtschaftlichen Ebene bedeutend. Insofern vielen Dank für diese Vorlage, vielen Dank auch vor allem denen, die den Unterausschuss aktiv in den letzten Monaten begleitet haben. Die Auswahl der Gutachter hat sich als gut erwiesen.

Mit dem Beschluss der Vorlage und dem damit eingeschlagenen Weg entsprechen wir dem Wunsch der Bürger, dass wir als Stadt wieder einen größeren Einfluss im Bereich der Wasser- und Energieversorgung zumindest anbieten. Aber das ist natürlich auch eine große Verantwortung, die wir übernehmen, nicht nur im finanziellen, sondern auch im Bereich des technischen Risikos. Die Energie ist für die Existenz einer Stadt wichtig. Die Auswirkungen einer fehlenden Versorgungssicherheit kann man sich, auch für die Wirtschaft, kaum vorstellen.

Beim Trinkwasser geht es wirklich um ein Lebensmittel, das wir brauchen, um zu überleben im wahrsten Sinne des Wortes. Deswegen ist dieses Thema Gründung Stadtwerke, Wasserversorgung, Energieversorgung kein Thema, das man jetzt irgendwie mit einem romantischen Akzent angehen darf, sondern hier geht es wirklich um sehr harte Fakten. Die CDU-Fraktion wird den Weg aktiv mitgehen. Wir teilen aber mit Sicherheit nicht die Einschätzung, dass mit dem Start der Stadtwerke Menschenmengen darauf drängen, ihre Strom- und Gasverträge umzuschreiben. Diese Wunschvorstellung würde uns ein Stück weit blenden und wäre sicherlich eine große Gefahr beim Umgang mit dieser großen Thematik in der Stadt.

Es geht um viel Geld der Stadt, die Zahlen sind genannt. Wir glauben, dass der Betrieb eines Stadtwerkes mit der Ausgestaltung, wie sie in der Vorlage steht, keinen Automatismus zum Geldverdienen darstellt. Die Netze sind mit ganz klaren Vorgaben zum Betrieb reguliert. Das wird harte Arbeit und vor allem Arbeit mit Profis bedeuten. Die Kunden, das zeigen alle Untersuchungen, machen eine Bindung eben doch in weiten Teilen am Preis fest. Hinzu kommen neben dem Preis noch Begleiterscheinungen. Aber bei der großen Menge der Kunden im Energiebereich ist der Preis einfach das Entscheidende.

In der Zukunft wird es einen weiteren Rückgang beim Wasserverbrauch geben. Diese Entwicklung stellt bereits heute die EnBW vor Herausforderungen. Dies wird sich noch verstärken (Bevölkerungsentwicklung, wassersparende Nutzungen im täglichen Gebrauch).

Insofern sind Chancen da, aber die Risiken sind ebenfalls sehr groß. Dies muss richtig eingeschätzt werden. Die CDU ist auf dem Weg dorthin und die Vorlage gibt ja nun wirklich nur eine Richtschnur vor. Das ist nach unserer Auffassung auch vollkommen richtig, da man ein breites Verhandlungs- und Gestaltungsmandat braucht. Für die CDU ist wichtig, dass es in Zukunft bei dem Thema Wasser und Energieversorgung in der Stadt mehr Entscheidungsmöglichkeiten und Gestaltungsspielraum für die Kommune, für den Gemeinderat gibt. So muss man beispielsweise bei Nahwärmenetzen kreativ reagieren und vielleicht einmal das eine oder andere ausprobieren. Für uns ist vor allem wichtig, dass wirklich zusätzliche Ökoenergie durch unseren Invest erzeugt wird. Dass wir nicht nur Leitungen zur Verfügung stellen, sondern dass wir eine Zusatzleistung machen.

Wir sind uns aber auch bewusst, dass Ökoenergieerzeugung natürlich in der Art und Weise - und darauf basiert ja ein Stück weit der wirtschaftliche Hintergrund, den das Gutachten darstellt -, eine Subventionierung ist. Ich erinnere mich sehr wohl an die Diskussionen zum Thema Auflösung der Cross-Border-Leasing-Verträge (CBL), als gesagt wurde, da hat man ohne irgendeinen Gegenwert etwas erhalten, was einem eigentlich gar nicht zustand. Ich hoffe nicht, dass uns das Thema doch noch einholt, indem erklärt wird, da hat man aus der Bundeskasse kräftig abgegriffen als kommunales Stadtwerk, weil es die gesetzliche Regelung hergab zu der damaligen Zeit. Aber mit dem Blick vielleicht 15 Jahre später sieht man das vielleicht fast schon als unanständig an, was man zumindest bei CBL dann irgendwann mal so sah. Also man muss sich einfach auch klar machen, dass da viele Dinge momentan in der Art und Weise laufen, von denen wir dann als Stuttgarter Stadtwerk wahrscheinlich profitieren werden, die eben aufgrund von finanziellen Rahmenbedingungen geschaffen sind, das Geld aber von anderer Stelle herkommen muss.

Das Thema Netzbetrieb kann ein Mittel zum Zweck sein, ist aber jetzt für uns eigentlich nicht das oberste Ziel, weil wir eben vor allem neue Wege gehen wollen und das Netz zumindest in Teilen eine relativ starre Geschichte ist.

Die EnBW hat in ihrer bisherigen Arbeit in dieser Stadt für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt die Latte sehr hoch gelegt. Wir haben eine 1a-Top-Wasserqualität. Wir haben eine Versorgungssicherheit, die bundesweit hervorragend ist. Und die, wenn man über Deutschland hinaus geht, ja immer besser wird, weil es im europäischen und weltweiten Ausland im Vergleich eher schlechter ist. Die EnBW hat hoch investiert in die Infrastruktur. Man kann in keinster Weise feststellen, dass da zugunsten von irgendwelchen Entnahmen gespart wurde. Gerade auch im Wasserbereich, wenn man sieht, was in den letzten Jahren in den Bereich Hochbehälter usw. investiert wurde, war das hervorragend. Die Verbraucherpreise sind moderat. In Zukunft muss diese der Gemeinderat beschließen. Das sagt auch die Vorlage aus. Ob man sich da immer Freunde macht, weiß ich nicht. Da werden wir sicherlich manche Diskussion in dieser Runde haben.

Mir ist noch wichtig, dass bei all den Diskussionen, die jetzt gerade über die EnBW geführt werden, über Atomkraftwerke, unterschiedlicher Meinung sein kann. Aber man muss eben auch sehen, dass hinter der EnBW in Stuttgart viele tausend Mitarbeiter stehen, viele Mitbürgerinnen und Mitbürger unserer Stadt stehen, die ich nicht, wie es zum Teil in den vergangenen Wochen und Monaten getan wurde, in eine Sippenhaft mit einbeziehen möchte nach dem Motto 'Ihr arbeitet ja bei einem Schmuddelkonzern, ihr seid da die Bösen, wir wollen jetzt diejenigen sein, die das alles besser und ordentlicher machen'. Das sind ganz engagierte Menschen, die dort für die Versorgung unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Vergangenheit gearbeitet haben. Ich glaube, das muss man einfach noch mal klar herausstreichen, dass da einfach nicht alles schlecht war in der Vergangenheit, sondern dass die wirklich einen tollen Job gemacht haben.

Die Vorlage gibt sinnvollerweise einen breiten Rahmen vor. Damit ist gewährleistet, dass wir auf Situationen in den Verhandlungen bzw. auf Situationen am Markt reagieren können.

Ich wünsche uns allen eine glückliche Hand, weil für die Bürgerinnen und Bürger viel auf dem Spiel steht."

StR Kanzleiter (SPD):
"Der Herr Oberbürgermeister hat vorher in seinem Eingangsstatement die Vergangenheit nochmals aufleben lassen. Die Bewertung der Geschichte ist sicherlich sehr unterschiedlich möglich. Ich versuche die Geschichte nicht zu beschönigen, denn ich weiß genau, dass wir - also ich auch - Beteiligte waren an den Entscheidungen, die damals getroffen worden sind.

Man darf nichts beschönigen. Andere haben es nämlich anders gemacht. Man könnte auch fragen, warum hat die Stadt München ihre Stadtwerke behalten. Andere Städte auch. Stuttgart war die einzige Großstadt in Deutschland, die in dieser konsequenten Weise ihre Energie- und Wasserversorgung verkauft hat.

Richtig gemacht wurde damals auf jeden Fall, dass wir das Geld, das wir aus diesem Aktienverkauf erlöst haben, nicht in den Haushalt hineingegeben und es zur Haushaltskonsolidierung verwendet haben. Sondern das Geld wurde angelegt, wir haben es als Vermögen gesichert. Das versetzt uns nun in die Lage, in der Zukunft gestaltende Politik zu betreiben, die uns nach vorne führt. Insoweit war nicht alles richtig, aber auch nicht alles falsch.

Wir sind der Auffassung, und das hat sich in den letzten zehn Jahren eben bestätigt, dass die Wasserversorgung und auch die Energieversorgung für Strom und Gas nach wie vor öffentliche Dienstleistungsaufgaben sind, Aufgaben der Daseinsvorsorge, wo die Kommunen das Sagen haben sollten. Als es in der Vergangenheit um den Lissabonvertrag usw. ging, haben die Kommunen gekämpft, um die kommunale Selbstverwaltung dort zu retten. Dies ist zumindest teilweise gelungen. Jetzt geht es darum, die kommunale Selbstverwaltung in Stuttgart in diesem wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge für Wasser, für Energie, für Strom und Gas wiederherzustellen.

Das in Auftrag gegebene Gutachten liegt vor, und das nehmen wir, wie in der Vorlage beschrieben, zur Kenntnis. Aber wir müssen daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Ich denke, dass es wichtig ist, klarzumachen, welche Ziele man bei den künftigen Verhandlungen verfolgen möchte. Es ist ja bereits gesagt worden, dass wir hier breit aufgestellt sind am Beginn dieser Verhandlungen. Das ist auch gut so, denn Verhandlungen haben es an sich, dass man sich letztlich aufeinander zu bewegen muss, weil man ansonsten keine Verhandlungsergebnisse zustande bringt. Für uns als SPD ist klar, dass wir die weitestgehend mögliche Variante, die wirtschaftlich sinnvoll ist, bei der Umsetzung der Stadtwerke anstreben, d. h. die Variante 5, nämlich die Kommunalisierung der Netze usw. einschließlich des Betriebs.

Dazu müssen wir uns jetzt aufstellen. Es ist richtig, dass wir jetzt die Stadtwerke als rechtliche Hülle gründen müssen. In unserem Antrag ist enthalten, den Gesellschaftervertrag so zu formulieren, dass alle Möglichkeiten der geschäftlichen Betätigung enthalten sind, die ein Stadtwerk üblicherweise hat. Ich denke, dass es sich bei unserem Antrag hier im Wesentlichen um eine Klarstellung handelt, denn ich gehe nicht davon aus, dass die Verwaltung es grundlegend anders sieht. Aber wir sollten es einfach an dieser Stelle noch mal festhalten: Wir wollen ein Stadtwerk, das rechtlich alle Aufgaben wahrnehmen darf, die ein Stadtwerk heutzutage wahrnehmen möchte. Dieses muss rechtlich gesichert werden.

Es ist jetzt notwendig, dass wir uns neben dem Beschluss des Gesellschaftervertrages, Eintrag ins Handelsregister usw., auf den Weg begeben, eine qualifizierte Mannschaft zu suchen, die dieses Stadtwerk managen und leiten kann. Im Unterausschuss ist ja besprochen worden, dass dies mit Hilfe einer Personalberatergesellschaft gemacht werden soll. Im Beschlussantrag der Vorlage ist dies nicht enthalten, aber das war das Grundverständnis, das wir hier haben. Das steht als nächste Aufgabe an.

Es ist klar, und dies wurde ebenfalls im Unterausschuss besprochen, dass wir uns als Gemeinderatsfraktionen an den Verhandlungen beteiligen wollen. Der Vorschlag der Verwaltung war, die größeren Fraktionen im Rat an diesen Verhandlungen direkt zu beteiligen. Dazu haben wir uns bekannt und dazu sind wir auch bereit. Wir halten dies für richtig und gehen insoweit mit in die Verantwortung. Unser Wunsch ist, dass neben der Verwaltungsspitze uns kompetente Menschen begleiten. Die Stadt benötigt dort technischen, energiewirtschaftlichen und ökologischen Sachverstand.

Bei der Wasserversorgung wird vorgeschlagen, diese künftig als Eigenbetrieb innerhalb der Stadtverwaltung zu führen. Das unterscheidet die Wasserversorgung von den übrigen Stadtwerken. Diese Vorgehensweise, Wasserversorgung als Stadtwerk zu betreiben, stellt wohl zwischenzeitlich bei den Kommunen Konsens dar. Unserer Auffassung nach können wir in der Landeshauptstadt gut beim Eigenbetrieb Stadtentwässerung (SES) ansetzen. Das hierzu Beantragte soll klar machen, dass wir es für möglich und für sinnvoll halten, den bestehenden Eigenbetrieb Stuttgarter Stadtentwässerung zu erweitern, unter Nutzung seiner fachlichen Kompetenz. So können die dortigen Labors schon heute das Spektrum, das ein Wasserversorger benötigt, abdecken. Deshalb wollen wir die Fachleute aus dem Eigenbetrieb SES an den Verhandlungen in den entscheidenden Phasen beteiligen.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Energiewirtschaft sehen vor, dass wir bei unserer Größenordnung in Stuttgart das Netz für Strom und Gas als eigene Netzgesellschaft führen müssen. Das wird eine Tochtergesellschaft, wenn man so will, des zu gründenden Stadtwerks Stuttgart sein. Diese Tochtergesellschaft als Netzgesellschaft ist bereits heute schon außerhalb der EnBW vorhanden. Das ist die EnBW Regional AG. Die rechtliche Entwicklung geht weiter. Die dritte Novelle zum Energiewirtschaftsrecht sieht vor, dass die großen Energieversorger ihre Netze ausgründen müssen, auch mit eigener Rechtspersönlichkeit und eigenem Firmennamen. Das wird auch in Baden-Württemberg zwangsläufig zu Veränderungen führen. Von daher denken wir, dass man sich überlegen muss, inwieweit wir gemeinsam mit anderen Kommunen, mit anderen Verbänden auf der kommunalen Ebene es ermöglichen können, diese Netzgesellschaft, die dann von unserem Stadtwerk und möglicherweise auch anderen Stadtwerken gehalten wird, zu übernehmen. Das hätte sicherlich Vorteile in betriebswirtschaftlicher und personalwirtschaftlicher Hinsicht. Das zu prüfen ist unsere Bitte, ist unser Antrag.

Das soll aber nicht verwischen, dass unser Verhandlungsziel die Variante 5 des Gutachtens darstellt. Alles andere lässt sich nur umsetzen, wenn andere sich bewegen, wenn andere die Chance in so einer Entwicklung sehen. Da ist möglicherweise die neue Landesregierung mit in der Verantwortung, die Neuordnung der Energiewirtschaft in Baden-Württemberg als Thema zu sehen. Das ist ein großes, komplexes Thema."

StR Klingler (FDP):
"Die Vorlage ist richtungsweisend. Die Gründung der Stadtwerke stellt wirklich eine große Herausforderung dar. Wir haben noch Beratungsbedarf in unserer Fraktion. Deswegen freuen wir uns, dass wir jetzt noch zwei Wochen Fristverlängerung haben, um eine große sinnvolle Sache mitzugestalten.

Die Gründung von Stadtwerken stellt in vielen Bereichen definitiv eine neue Chance dar. Die Netze, der Vertrieb und die Erzeugung müssen sehr differenziert betrachtet werden. Für viele scheint das Energiegeschäft immer noch als rundum sicher und stabil. Dabei handelt es sich eventuell um einen Trugschluss, denn die Strom- und Gaswelt hat sich in den vergangenen Jahren fundamental gewandelt. Überall lauern Gefahren und Risiken, die von vielen lokalen Entscheidungsträgern verdrängt werden. Beispiel Netze. Die Netze bringen zwar berechenbare Renditen, weil das Geschäft von der Bundesnetzagentur reguliert wird. Die Einnahmen sinken allerdings beharrlich, weil die Behörde nur ein Ziel kennt, nämlich die Netzentgelte weiter zur kürzen.

Außerdem müssen die Anlagen mit viel Geld erneuert werden. Der Verband Kommunaler Unternehmen rechnet mit 25 Mrd. € Invest bis 2030. Da ist der Aufwand für neue Techniken wie intelligente Netze, sogenannte Smart Grids, noch nicht inkludiert.

Beispiel Vertrieb. Zwar können alteingesessene Stadtwerke auf ihre ultratreuen Kunden bauen, genauso wie die örtlichen Sparkassen. Aber wer eine neue Energiefirma gründet, muss viel Geld in die Hand nehmen, um im ständig schwierigeren Wettbewerb die Verbraucher zum Wechsel zu bewegen. Es gibt zahlreiche Anbieter für Energie mit großem Vorsprung im Vertrieb. Stuttgarter Stadtwerke starten ohne Kunden, komplett bei Null, und müssen schnellstmöglich eine sinnvolle Mindestanzahl an Kunden bekommen.

Beispiel die Erzeugung. Das Geschäft mit Kraftwerken wird immer volatiler. In unserem momentanen Energiekonzern mühen sich gut bestückte Handelsabteilungen, die Preise für Strom, Kohle, Gas, CO2-Zertifkate halbwegs im Griff zu behalten. Den Kommunen fehlt in diesem Bereich definitiv jegliche Erfahrung.

Wir sind grundsätzlich für die Gründung von Stadtwerken. Wir freuen uns, dass der Prozess jetzt angestoßen wird, und wir in eine positive Zukunft mit unserer Einflussnahme blicken können. Geschaut werden muss aber, dass wir Kooperationslösungen finden, die für uns das Risiko minimieren. Wir sind der Meinung, eine Ökoenergieerzeugung macht Sinn, aber ob für die Empfehlung eines reinen Finanzinvests die Gründung von Stadtwerken benötigt wird, ist zu prüfen. Wir wollen keine Investments, sondern wir wollen positiv mitgestalten. In zwei Wochen werden wir unsere Vorschläge unterbreiten."

StR Zeeb (FW):
"Die Freien Wähler unterstützen die Neuordnung der Energie- und Wasserversorgung und die Gründung von Stadtwerken. Wir wollen aber eine ehrliche Information aller Bürger dieser Stadt, was dies bedeuten kann. Nicht alles bei diesem Vorhaben ist positiv zu sehen, wie es einige Initiativen und Parteien den Bürgern täglich verkaufen. Durch fehlendes Know-how können viele Fehler gemacht werden. Wir gehen, wie schon die Vorredner gesagt haben, in einen gigantischen Markt von Anbietern und müssen dort eventuell mit neuem Personal und angelerntem Know-how konkurrenzfähig sein. Wir können heute noch nicht wirklich sagen, wie sich diese Stadtwerke rechnen und welchen Einfluss dies auf die Energie- und Wasserpreise haben wird.

Der Verhandlungspartner EnBW ist sicher nicht gewillt, vor allem wenn man seine bisherige Arbeit schlechtredet, uns Geschenke zu machen. Hier liegt noch ein hohes Risiko, wie viel Steuergeld letztendlich der Bürger bereit sein muss, für eigene Stadtwerke zu zahlen. Das sollte man ehrlicherweise immer wieder betonen.

Zusammenfassend gilt für uns Freie Wähler, wir sind für die Stadtwerke. Aber unter folgenden Bedingungen: Wir glauben, dass es nicht ohne kompetenten Partner geht, der natürlich nicht unbedingt die EnBW sein muss. Zu klären sind die Personalressourcen, die bei uns vorhanden sind und auch was bei Übernahmen an Neueinstellungsstrategien angewandt werden müsste. Wir wollen eine klare und ehrliche Information der Bevölkerung, welche Risiken gegeben sind und welche finanziellen Folgen entstehen können. Man muss nicht immer alles schönreden, sondern man muss hin und wieder zur Risikobewertung auch einen Worst Case darstellen.

Mein persönlicher Wunsch lautet, dass dann, wenn es mal vielleicht soweit ist, alle 27.000, die das Bürgerbegehren unterschrieben haben, ihre Energie von diesen
Stuttgarter Stadtwerken beziehen und nicht von den anderen 122 Anbietern im Stadtgebiet, die eventuell günstiger sind.

Unsere Anträge zu Investitionen im Bereich alternativer Energien wollen wir nochmals aufrufen.

Wir möchten es nicht versäumen, uns bei der EnBW und vor allem bei ihren Mitarbeitern für die gute Arbeit in der Vergangenheit zu bedanken."

StR Rockenbauch (SÖS und LINKE):
"Sehr geehrte Damen und Herren, dass wir jetzt vor einer gewaltigen Chance, aber auch Herausforderung stehen, ist klar. Nur, man sollte nicht vergessen, dass diese gewaltige Herausforderung notwendig geworden ist, da in der Vergangenheit eine historische Fehlentscheidung stattgefunden hat. Diese lässt sich nicht mit dem Ausstieg aus der Atomenergie rechtfertigen.

Wir wollen in Richtung 100 % kommunaler Daseinsvorsorge gehen. Die Wasserversorgung ist da der zentrale Bereich. Ich erinnere mich, 2005, 2007, zu jeder Haushaltsplanberatung habe ich beantragt, in Richtung Stadtwerke zu gehen. Dass wir heute jetzt hier in diesem engen Zeitfenster arbeiten müssen, liegt daran, dass wir leider erst spät dazugelernt haben. Aber besser spät als nie. Über das Umdenken sind wir erfreut.

Bei den Zielen sind wir uns wohl schnell einig, nur bei der konkreten Begründung und Ausführung haben wir noch Beratungsbedarf. Es stört uns z. B., dass neben dem Basiswert bei den ganzen Szenarien nur das Risiko aufgemacht wird. Natürlich gibt es auch größere Chancen. So gibt es kein Netz, das profitabler als das Netz in Stuttgart betrieben werden kann. Wir haben in Baden-Württemberg sonst nirgends solche engagierten und politisierten Kunden, die auf Stadtwerke, die zu 100 % erneuerbare Energien liefern und zu 100 % kommunal sind, warten. Diese enormen Chancen tauchen leider in den Beratungsunterlagen nirgends auf. Diesbezüglich würden wir gerne mehr Informationen haben.

Wenn man es wirklich ernst meint mit kommunalen Stadtwerken, werden große Chancen auch darin gesehen, dass wir in Richtung CO2-freie Stadt ein entscheidendes
Gestaltungselement erhalten, das uns bei einer ganzheitlichen Umgestaltung der Stadt-infrastruktur durch Energieeffizienz, Energieeinsparung und eben Ökoenergieerzeugung nützt. Energieschnittstellen zu anderen städtischen Aufgaben und Programmen werden sehr von Vorteil sein, wenn wir eigene Stadtwerke und eigene Netze haben.

In Richtung EnBW sollte selbstbewusster aufgetreten werden. Man braucht doch keine Angst zu haben vor der EnBW. Die EnBW hat meiner Meinung nach politisch überhaupt keine andere Wahl. Dieses Unternehmen kann zwar juristisch tricksen und Kosten/ Preise erhöhen. In seiner jetzigen Situation sollte es dieses aber nicht tun. Wenn man als öffentliche Hand, als Kommune etwas möchte, wenn man die Bürger auf seiner Seite hat, dann ist zwar ein Partner wie einer der vier großen Energiemonopolisten eine Herausforderung, aber eine, die man managen kann. Da sollte man sich nicht immer selbst kleinreden.

Was man in der Vorlage verbindlicher darstellen muss, ist, wer verhandelt. Richtig ist ökologische und technische Kompetenz zu beteiligen. Neben der Stadtverwaltung müssen aber auch alle Fraktionen einbezogen werden. Es kann gerade bei diesem wichtigen Projekt nicht sein, wenn man die komplette Unterstützung der Stadtgesellschaft will, dass nicht alle Fraktionen dort vertreten sind. Sonst grenzt man einen großen Querschnitt der Bevölkerung aus. Zusammen mit FDP und FW ist das kein unwesentlicher Prozentanteil der Bevölkerung, der dort nicht vertreten wäre. Dies ist zu konkretisieren."

Aussprache
Von EBM Föll wird die Vorlage ebenfalls als ambitioniert bezeichnet. Um sich gegenseitig nicht zu blockieren, sollte diese Vorlage nicht mit zu vielen Einzelheiten überfrachtet werden. Die Beschlussfassung über die Vorlage könne sicherlich um 14 Tage verschoben werden, aber eine Entscheidung sei erforderlich, um mit der Arbeit beginnen zu können. Zur Fassung des Grundsatzbeschlusses würden auch alle wesentlichen Informationen vorliegen. Um bei den anstehenden Arbeiten nicht unter Zeitdruck zu kommen, sollte in zwei Wochen den Grundsatzbeschluss gefasst werden.

In der Vorlage werde das Ziel beschrieben, die Wasser- und Energieversorgung zu kommunalisieren. Insoweit stehe die Vorlage nicht im Widerspruch zu dem Bürgerbegehren, welches der Gemeinderat mit Blick auf das Wasser aufgenommen hat, und auch nicht im Widerspruch zu dem gegenwärtig via Unterschriftensammlung angestrebten Bürgerbegehren. Der Beschlussantrag enthalte den Grundsatzbeschluss. Über einzelne Formulierungen in der Begründung werde nicht abgestimmt.

Wie im Unterausschuss besprochen, solle unmittelbar nach Gründung der Stadtwerke eine öffentliche Ausschreibung der Geschäftsführung für die Stadtwerke Stuttgart erfolgen. Die Besetzung dieser Geschäftsführung sollte, und darauf legt er Wert, in Übereinstimmung mit den anderen städtischen Beteiligungsunternehmen in einem transparenten und öffentlichen Prozess stattfinden.

Der Gesellschaftszweck werde noch offener formuliert. Dabei sollen nicht nur die Netze, Ökoenergieerzeugung und Vertrieb, sondern auch Aufgaben wie Energieeinsparung, Energieeffizienz und Dienstleistungen rund um das Thema Energieversorgung Erwähnung finden. Damit werde das Stadtwerk je nach Bedarf über entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten verfügen. Die Umsetzung der Ziffer 2 des Antrags Nr. 181/2011 zur Änderung der Beschlussantragsziffer 3 hält er für unschädlich. Inhaltlich könne er keinen Unterschied feststellen.

StRin Dr. Blind (SPD) bedankt sich bei EBM Föll für dessen Signal, die Ziffern 1 und 2 des Antrags Nr. 181/2011 aufgreifen zu wollen.

Die Inhalte der Verhandlungen, so EBM Föll, würden natürlich in der Öffentlichkeit dargestellt und diskutiert. Nach dem Grundsatzbeschluss stünden natürlich noch weitere Entscheidungen durch den Gemeinderat an. Eine umfangreiche Bürgerbeteiligung kann sich der Erste Bürgermeister bei den Segmenten Ökoenergieerzeugung, Energieeffizienz und Energieeinsparung vorstellen. Gerade diese Bereiche müssten inhaltlich ausgestaltet werden. Es werde dabei um die Frage gehen, wie das von den Stadtwerken Stuttgart umzusetzende Energiekonzept aussehen soll. In diesem Zusammenhang müssten die seitens der Fraktionen gestellten Anträge diskutiert werden. So könne die Frage, ob die Stadtwerke in Offshore-Windparks investieren sollen, unterschiedlich bewertet werden. Bedeutsam sei es ja, dass Investitionen, die die Stadtwerke im Bereich der Ökoenergieerzeugung, der Energieeinsparung und der Energieeffizienz vornehmen, lokale Wertschöpfung produzieren oder ob die Investitionsmittel in Offshore-Windparks fließen, welche rechnerisch zwar einen hohen Anteil an regenerativen Energien zum Ergebnis haben, aber überwiegend eben keine lokale Wertschöpfung mit sich bringen. Solche Themen könnten sehr umfangreich im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsprozesses diskutiert werden. In diesem Rahmen bestünde die Möglichkeit, ein Energiekonzept zu erarbeiten. Dies sei auch notwendig, da von unterschiedlichsten Akteuren in der Stadt gegenüber der Verwaltung viele Anfragen gestellt würden, die strukturiert werden müssten. Nicht möglich sei, mit jedem Fragesteller vertiefte Einzelgespräche zu führen. Aber die Kompetenzen aus der Bürgerschaft müssten in das zu erarbeitende Energiekonzept eingebunden werden.

Nach Einschätzung seiner Fraktion, so StR Stopper (90/GRÜNE), gibt es beim Thema Stadtwerke noch keine ausreichende Sensibilisierung der Bevölkerung. Dies macht er an der Quote der Stromanbieterwechsel fest. Zum Nutzen künftiger Stadtwerke müssten die Bürger im Sinne von Identitätsstiftung und der Schaffung eines stärkeren Bewusstseins für die Energiewende durch die Erzeugung von Ökoenergie intensiver eingebunden werden. Hierzu habe der Erste Bürgermeister die richtigen Anmerkungen gemacht.

Die Worte in der Beschlussantragsziffer 5 "bis zur Sommerpause" suggerieren für StR Stopper, dass bis zur Sommerpause Modelle vorhanden sind und dass über deren finanzielle und rechtliche Folgen Klarheit besteht. Dies sei nicht vorstellbar und der Zeitdruck wäre auch zu groß. Bis dahin könne doch definitiv keine Geschäftsführung gefunden werden. In den Verhandlungen müssten zunächst in Ruhe die Rahmenbedingungen geklärt und die damit zusammenhängenden Zahlen bewertet werden. Die derzeitige Formulierung der Beschlussantragsziffer 5 würde auch einen sofortigen Verhandlungsbeginn voraussetzen. Dies könnten die gemeinderätlichen Vertreter unter Umständen nicht leisten. Konkret fragt er, welchen Zeithorizont sich die Verwaltung für die Verhandlungen vorstellt (wie oft wird getagt etc.).

EBM Föll stimmt mit StR Stopper darin überein, dass in der Beschlussantragsziffer 5 die Worte "bis zur Sommerpause" gestrichen werden sollen. Wichtig sei es, dass der Gemeinderat fortlaufend über wesentliche Inhalte/Zwischenstände der Verhandlungen informiert wird. Sichergestellt gehöre, dass der Gemeinderat vom letztlich erzielten Ergebnis nicht völlig überrascht ist. Er geht nicht davon aus, dass nach dem Grundsatzbeschluss kurz vor Pfingsten es gelingt, noch vor der Sommerpause dem Gemeinderat etwas Wesentliches zu berichten.

Betont wird von EBM Föll, dass die Verwaltung nicht das Ziel eines Einstiegs bei der EnBW Regional AG verfolgt. Das Ziel der Verwaltung sei vielmehr, die Wasser- und Energieversorgung im Stadtgebiet der Landeshauptstadt zu kommunalisieren. Letztlich stelle es aber eine Frage der politischen Bewertung dar, ob Stuttgart in einem Verbund ein Akteur unter vielen sein soll oder ob man möchte, die Wasser- und Energieversorgung der Stadt Stuttgart in kommunaler Hand zu haben.

Laut StRin Dr. Blind erwartet ihre Fraktion nicht, dass die Variante "Übernahme der Netze für Strom und Gas von der EnBW Regional AG" bis zur GR-Sitzung am 26.05.2011 geprüft wird. Das Anliegen ihrer Fraktion sei, kommunale Stadtwerke zu gründen. Diese Netze müssten aber eine Tochter dieser Stadtwerke sein. Entweder gehörten die Netze zu 100 % den Stadtwerken oder an Teilen der Netze sei die EnBW beteiligt. Da die Herauslösung des Stuttgarter Netzes aus der Regional AG schwierig und teuer sein wird, gebe es zudem die Möglichkeit, dass sich an den Netzen der Regional AG noch andere kommunale Stadtwerke beteiligen. In diesem Fall könnte sich auch das Stuttgarter Stadtwerk an diesem kommunalen EnBW Regional AG-Verband beteiligen. Diese Option lohne sich geprüft zu werden. Die Beschäftigten würden dieses Modell begrüßen.

Wenn die These von StRin Dr. Blind zutreffen sollte, dass das Stuttgarter Netz aufgrund der hohen Zahl von Anschlüssen den wertvollsten Bestandteil der EnBW Regional AG darstellt, ist es für EBM Föll von der Logik her nicht erstrebenswert, sich an einer Regional AG, die mehr als das Stuttgarter Netz ihr eigen nennt, zu beteiligen. Eventuell sei ja aber auch die Ausgangsthese von StRin Dr. Blind nicht ganz zutreffend. Das Weitere sollte dann diskutiert werden, wenn die Prüfergebnisse vorliegen.

Auch von OB Dr. Schuster wird nochmals, auch im Hinblick auf das von StR Kanzleiter Angesprochene eine solche Analyse zugesagt. Für diese Analyse, die möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt noch vertieft werden kann, schlägt er vor, das Büro Horvath & Partner zu beauftragen. Die Analyse werde von der SPD-Gemeinderatsfraktion ja nicht als Vorbedingung für das Gesamtpaket Stadtwerke angesehen. Vielmehr werde das Thema Stadtwerke verhandelt und im Kontext mit den Netzfragen (Netzabtrennung etc.) könne dann der Punkt EnBW Regional AG thematisiert werden. Bis dahin könnten die Analyseergebnisse intern diskutiert werden. In der Antragsbeantwortung werde dies als Auftrag aufgenommen.

Mit dieser Vorgehensweise zeigt sich StR Kanzleiter einverstanden. Zur Klarstellung führt er an, der Gutachter habe der Stadt empfohlen, als Netzinvestor aufzutreten und das Netz - vereinfacht gesagt - weiter durch die EnBW betreiben zu lassen. Im Gegensatz zu seiner Fraktion findet dies die Unterstützung der Verwaltung.

Außer Frage steht für EBM Föll, dass die Verhandlungen zeitintensiv sein werden. Dies könne den mitwirkenden Fraktionen nicht erspart werden. Die Verwaltung könne heute keine zeiteffizienten Verhandlungen mit einer umfassenden Einbindung der beteiligten Ratsmitglieder versprechen. Schon im Unterausschuss Stadtwerke habe er die Bitte geäußert, dass seitens der drei größten Ratsfraktionen jeweils nur eine Person für diese Verhandlungen benannt wird. Es sei nicht möglich, permanent in solchen Verhandlungen Personen zu wechseln. Dies würde die Verhandlungen verständlicherweise erschweren. Gleicher Informationsstand und Sachverstand seien für intensive und zielgerichtete Verhandlungen zwingende Voraussetzungen. Erforderlich sei, die Verhandlungen zügig zu führen. Schließlich müssten ja auch - je nach Ergebnis - Strukturen entwickelt werden. Insoweit gebe es nicht beliebig Zeit, die Jahre 2011 und 2012 mit Blick auf die Netze zu vertändeln.

Weiter unterstreicht EBM Föll, wenn die Verhandlungen einem Scheitern zugeführt werden sollen, müsse so wie StR Rockenbauch aufgezeigt habe, agiert werden. Es müsse mit einer professionellen, der Bedeutung des Themas angemessenen Verhandlungsstruktur vorgegangen werden. Daher werde vorgeschlagen, die Verhandlungen unter Beteiligung der drei großen Fraktionen, entsprechend zuständiger und verantwortlicher Personen und des Gutachters unter Leitung des Herrn Oberbürgermeisters zu führen. Gegebenenfalls werde das Verhandlungsteam je nach Bedarfssituation fachlich noch erweitert. An diesem bereits im Unterausschuss gemachten Vorschlag halte die Verwaltung fest.

In diesem Zusammenhang kündigt StR Rockenbauch, sollte seinem Anliegen, alle Fraktionen an den Verhandlungen zu beteiligen, nicht gefolgt werden, einen entsprechenden Antrag an.


Zum Ende der Aussprache sagt OB Dr. Schuster die schriftliche Beantwortung der seitens der Fraktionen gestellten bzw. noch eingehenden Anträge zur Verwaltungsausschusssitzung am 25.05.2011 zu.

Gegenüber StR Wölfle merkt EBM Föll an, für die Modifizierung der Vorlage zur Beschlussfassung in der Sitzung des Gemeinderates am 26.05.2011 sei es sinnvoll, zunächst die Sitzung des Verwaltungsausschusses am 25.05.2011 abzuwarten.

Gegen diese Vorgehensweise erheben sich keine Einwendungen.

Danach schließt OB Dr. Schuster diesen Tagesordnungspunkt ab.

zum Seitenanfang