Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung und Krankenhäuser
Gz: AK
GRDrs 1062/2015
Stuttgart,
11/04/2015



Haushalt 2016/2017

Unterlage für die 1. Lesung des Verwaltungsausschuss zur nichtöffentlichen Behandlung am 09.11.2015



U2-Umlage - Mutterschutz darf nicht zu Arbeitsverdichtung führen

Beantwortung / Stellungnahme


1. Derzeitiges Verfahren zur Stellennachbesetzung während Mutterschutzfrist

Derzeit werden Ersatzkräfte grundsätzlich nur für die Elternzeit, also nach Ablauf der Mutterschutzfrist eingestellt. Von diesem Grundsatz gibt es zwei Ausnahmen: die Einstellung von Ersatzkräften in Fällen von Beschäftigungsverboten (z. B. zur Vermeidung von Infektions- und Ansteckungsrisiken), sowie eine Ausnahmeregelung in Fällen besonderer Dringlichkeit.

Zudem besetzt das Jugendamt bei Beschäftigungsverboten innerhalb der regulären Mutterschutzfrist sofort wieder nach, sofern geeignetes Personal gefunden wird, weil die Stadt wegen der gesetzlichen Vorgaben die Betreuungsschlüssel einhalten muss.

2. Kosten einer Nachbesetzung

Die nachfolgende Tabelle auf der Basis der Mutterschutzzeiten 2014 zeigt, welche Kosten eine Nachbesetzung aller Vakanzen durch Mutterschutzfristen verursacht hätte.



Ersichtlich wird, dass für die sofortige Nachbesetzung auch während der Mutterschutzfristen stadtweit (Verwaltung einschließlich der Eigenbetriebe ohne Klinikum) zusätzliche Personalkosten von bis zu rund 2.450.000 € entstehen könnten. Wenn davon ausgegangen wird, dass im Jugendamt auch weiterhin Nachbesetzungen über ohnehin offene Stellen bzw. über Springkräfte abgedeckt werden, würden sich die zusätzliche Personalkosten auf ca. 1,37 Mio. € verringern.
Es wird auch deutlich, dass die für die Maßnahme in den Haushalt einzustellenden finanziellen Mittel von einer erheblichen Größenordnung sind.

Eine Wiederbesetzung aller bisher während des Mutterschutzes im Klinikum Stuttgart nicht besetzten Stellen jährliche Personalmehrkosten von 3.751.636 Euro verursachen. Da es hierfür keine Gegenfinanzierung gibt, würde diese Maßnahme die ohnehin schwierige finanzielle Situation des Klinikums noch weiter belasten.

Außerdem wäre generell eine zunächst auf vierzehn Wochen befristete Wiederbesetzung in einigen Berufsgruppen nicht umsetzbar, da ein derartiger befristeter Arbeitsvertrag für Bewerberinnen und Bewerber uninteressant ist.

3. Zahlungsströme durch das Erstattungsverfahren

Gesetzgeberisches Ziel des 2006 eingeführten Erstattungsverfahrens für die Umlage U 2 ist es, einer faktischen Diskriminierung von Frauen im Erwerbsleben vorzubeugen. Es soll vermieden werden, dass Betrieben und Verwaltungen daraus finanzielle Mehrbelastungen entstehen, dass sie verglichen mit anderen Unternehmen vermehrt Frauen im gebärfähigen Alter einstellen. Das Umlageverfahren U 2 führt zu einer gleichmäßigen Verteilung der finanziellen Belastungen aus Beschäftigungsverboten im Mutterschutz auf alle Arbeitgeber unabhängig von der Einstellungspraxis. Eine rechtliche Verpflichtung, sie als zweckgebundene Einnahmen zur Finanzierung der Wiederbesetzung von Stellen zu verwenden, die während Mutterschutzzeiten unbesetzt sind, besteht nicht.

Die Zahlungsströme im Zusammenhang mit Beschäftigungsverboten wegen Mutterschutz stellen sich für 2014 bezogen auf die Stadtverwaltung und Eigenbetriebe (ohne Eigenbetrieb Klinikum) wie folgt dar:


Zahlung Umlage U 2 an Krankenkassen
Zahlung Mutterschutzleistungen für Mitarbeiterinnen
Erstattungen der Krankenkassen für Mutterschutzleistungen
Städtische Ämter
909.054,86 €
1.346.984,60 €
1.346.984,60 €
Eigenbetriebe
ELW
66.841,83 €
66.841,83 €
66.841,83 €
SES
44.254,88 €
18.177,00 €
18.177,00 €
AWS
80.044,79 €
4.827,91 €
4.827,91 €
BBS
27.613,57 €
16.321,72 €
16.321,72 €
Eigenbetriebe Gesamt
218.755,07 €
252.891,64 €
252.891,64 €
LHS Gesamt
1.127.809,93 €
1.599.876,84 €
1.599.876,84 €

Beim Klinikum belaufen sich die Erstattungen auf rund 1,458 Mio. €.

Für die Stadt verbleiben daher im Haushaltsjahr 2014 Kosten von rund 0,9 Mio. € für Mutterschutzleistungen (mit steigender Tendenz). Ohne das System der Umlage U 2 hätte 2014 für die Stadt, als Arbeitgeber mit einer hohen Quote junger Frauen, die Nettobelastung für Beschäftigungsverbote bei Mutterschutz rund 1,35 Mio. € betragen.
Im Durchschnitt der letzten 9 Jahre (seit Inkrafttreten der U 2 – Umlage) lagen die Kosten der Stadt bei rund 0,6 Mio. €, ohne die Systemänderung wären jährliche Kosten von 0,8 Mio. € entstanden. Durch die zweckentsprechende Verwendung der Erstattungsbeträge wurden die Kosten der Stadt für Mutterschutzleistungen etwas geringer. Die Erstattungsbeträge werden auf die Kostenstellen der Ämter und Eigenbetriebe verbucht. Überschüsse zur Abzweigung für andere Haushaltszwecke entstehen daher nicht.

4. Sachstand Entwurf Dienstvereinbarung Chancengleichheit

Der Entwurf einer Dienstvereinbarung Chancengleichheit ist mit dem Gesamtpersonalrat Verwaltung und dem Personalrat Klinikum bis auf das Thema „Stellennachbesetzung ab dem ersten Tag der Mutterschutzfrist“ einvernehmlich abgestimmt. Die Personalvertretungen halten derzeit daran fest, dass der Abschluss der DV daran gekoppelt ist, dass Stellen ab dem ersten Tag der Mutterschutzfrist nachbesetzt werden können.



Vorliegende Anträge/Anfragen

773/2015 SÖS-LINKE-PluS, 618/2015 SPD, 850/2015 Freie Wähler, 958/2015 FDP




Werner Wölfle
Bürgermeister